Quanteninformation

Art von Information
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Juni 2003 um 11:19 Uhr durch Philipp W. (Diskussion | Beiträge) (Layout). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Unter Quanteninformation versteht man die in quantenmechanischen Systemen vorhandene Information, die nicht mit den Gesetzen der klassischen Informationstheorie beschrieben werden kann.

Die Theorie der Quanteninformation liefert die Grundlage für Quantencomputer und Quantenkryptographie. Außerdem besteht die Hoffnung, mit ihrer Hilfe die Quantenmechanik besser zu verstehen.

Grundlagen

Quantenmechanische Systeme haben einige Eigenschaften, die sie grundlegend von klassischen Systemen unterscheiden.

  • Komplementarität: Für ein Quantensystem sind niemals die Werte aller Observablen gleichzeitig definiert. Ist der Wert einer Observablen exakt definiert, so ist der Wert anderer Observablen völlig unbestimmt. Mißt man diese Observable, so ist das Ergebnis rein zufällig. Solche Observablen nennt man komplementär. Zusätzlich gibt es noch Observablen, deren Wert zwar auch nicht festgelegt ist, bei denen jedoch abhängig vom Wert der ersten Observablen die verschiedenen Werte unterschiedlich wahrscheinlich sind.
Wird eine solche Observable gemessen, so wird der Wert der vorherigen Observable entsprechend unbestimmt.
Beispiel:
Für ein Spin-1/2-System kann eine Spinkomponente in beliebiger Raumrichtung gemessen werden. Die möglichen Werte sind stets entweder   ("Spin up") oder   ("Spin down").
Für das Spin-1/2-System sind die Spin-Komponenten in x-, y- und z-Richtung zueinander komplementär. Kennt man den z.B. Spin in z-Richtung, so kann man keinerlei Voraussage über den Spin in x-Richtung machen, beide Ergebnisse sind gleich wahrscheinlich.
Misst man hingegen z.B. in einem Winkel von 60° zur z-Richtung, so erhält man mit Wahrscheinlichkeit 3/4 denselben Wert, den das System vor der Messung in z-Richtung hatte, und mit Wahrscheinlichkeit 1/4 den anderen Wert.
Misst man bei bekanntem Spin in z-Richtung den Spin in x-Richtung, so ist danach der Spin in x-Richtung bekannt, der Spin in der komplementären z-Richtung wird aber durch die Messung unbestimmt. Eine erneute Messung des Spins in z-Richtung wird mit gleicher Wahrscheinlichkeit beide Werte liefern; der vorherige Wert in z-Richtung ist "gelöscht".
Von zwei Observablen, deren Werte gleichzeitig definiert sein können (also das Gegenteil von komplementären Observablen) sagt man, sie vertauschen bzw. kommutieren. Das bezieht sich zwar eigentlich auf eine Eigenschaft der mathematischen Objekte (Operatoren), mit denen sie in der Quantenmechanik beschrieben werden, man kann es aber auch auf die Tatsache beziehen, dass für diese, und nur für diese, die Reihenfolge, in der man sie misst, egal ist, man also die zugehörigen Messungen vertauschen kann.
Zustände, in denen der Wert einer Observablen eindeutig festgelegt ist, nennt man Eigenzustände der Observablen, und den zugehörigen Wert der Observablen Eigenwert.
  • Superpositionsprinzip: Sind |Zustand 1> und |Zustand 2> zwei mögliche Zustände eines quantenmechanischen Systems, und sind a und b zwei komplexe Zahlen mit |a|²+|b|²=1, so gibt es einen weiteren möglichen Zustand des Systems, der sich als
|neuer Zustand> = a|Zustand 1> + b|Zustand 2>
schreiben läßt. Hierbei führt ein gemeinsamer Faktor bei a und b zum selben Zustand, amsonsten gehört zu jedem Paar von a und b ein anderer Zustand.
Falls |Zustand 1> und |Zustand 2> verschiedene Eigenzustände einer Observablen mit unterschiedlichem Eigenwerten w1 und w2 sind, so ist im Zustand |neuer Zustand> die Wahrscheinlichkeit, bei Messung der Observablen den Wert w1 zu erhalten, gerade |a|², und die Wahrscheinlichkeit, den Wert w2 zu erhalten, |b|².
Beispiel:
Für ein Spin-1/2-System ergeben die Superpositionen der Zustände |Spin up in z-Richtung> und |Spin down in z-Richtung> gerade alle Zustände der Form |Spin up in Richtung n> und |Spin down in Richtung n>, wobei n die Richtung angibt.
  • Verschränkung: Die Verschränkung ist der interessanteste Aspekt der Quanteninformation. Für zwei verschränkte Systeme gilt, dass keines der Systeme für sich genommen einen definierten Zustand hat, sondern nur das aus beiden Systemen zusammengesetzte Gesamtsystem. Dies gilt auch dann, wenn die beiden Teilsysteme nicht (mehr) miteinander wechselwirken und Lichtjahre weit voneinander entfernt sind. Verschränkte Zustände sind die Grundlage des EPR-Paradoxons.
Die Verschränkung von Zuständen ist letztlich eine Folge der Anwendung des Superpositionsprinzips auf zusammengesetzte Systeme: Wenn das System 1 im Zustand |Zustand 1a> und das System 2 im Zustand |Zustand 2a> ist, dann ist das kombinierte System im Zustand |System 1 in Zustand 1a und System 2 in Zustand 2a>, oder kurz |1a,2a>. Im Formalismus der Quantenmechanik ist dies ein Produkt der beiden Zustände (nämlich das Tensorprodukt). Analog kann das Gesamtsystem auch im Zustand |1b,2b> sein. Das Superpositionsprinzip fordert nun aber, daß das auch a|1a,2a>+b|1b,2b> ein Zustand des Systems ist. Da dieser sich (für a und b ungleich 0) jedoch nicht als Produkt schreiben läßt, kann man den Einzelsystemen keinen eigenständigen Zustand mehr zuschreiben.

Über die Menge der Information

Klassisch wird die Informationsmenge in Bit angegeben. Äquivalent dazu ist in der Quanteninformation das Qubit. Während ein klassisches Bit sozusagen 'eindimensional' ist, also nur eine Ja-Nein-Alternative, ist das Qubit 'dreidimensional'. Z. B. ein Photon kann

  • 1.) linkszirkular oder rechtszirkular,
  • 2.) horizontal oder vertikal und
  • 3.) 45° oder -45° polarisiert sein.

Zudem sind beim Photon aber auch alle Überlagerungen dieser Zustände möglich. Ein Photon kann nicht nur links- oder rechtszirkular polarisiert sein, sondern auch zu 90 % linkszirkular und zu 10 % rechtszirkular. Das heisst: Von vielen Photonen, die so polarisiert sind, erscheinen bei einer Messung 90 % linkszirkular polarisiert. Vor der Messung trägt aber jedes einzelne Photon die Eigenschaft der Überlagerung (siehe Schrödingers Katze). Um den Zustand eines Photons exakt anzugeben, reicht also ein Bit, also eine Wahl zwischen 1 und 0, nicht aus. Vielmehr müssen beide Anteile angegeben werden, was einer reellen Zahl, also unendlich vielen Bits entspricht. Um ein Photon exakt nach Vorschrift zu präparieren, ist unendlich viel klassische Information nötig.

Dennoch ist es völlig unmöglich, diese Information aus einem einzelnen Photon wieder herauszukriegen. Denn wenn in einer Richtung die Polarisation bestimmt wird, wird gleichzeitig der Zustand des Photons zerstört, so dass keine Aussage über die ursprüngliche Wahrscheinlichkeitsverteilung gemacht werden kann. Es ist auch nicht möglich, ein Quant tausendmal zu kopieren und die Polarisation der Kopien in tausend verschiedenen Richtungen zu messen.

Der Begriff der Information hängt eng mit den Begriffen Entropie, Energie und Temperatur zusammen und scheint in der Physik ähnlich fundamental zu sein.