Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad

Luftangriff
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Am 7. Mai 1999 um 23:46 Uhr bombardierte die NATO unter der „Operation Allied Forces“ die chinesische Botschaft in Belgrad, der Hauptstadt der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien. Sie wurde von fünf 2000 Pfund schweren GPS-gelenkten JDAM Raketen einer B-2 getroffen, die von der Whiteman Air Force Base in Missouri startete. Hierbei kamen drei chinesische Journalisten ums Leben, wovon zwei für Guangming Daily und einer für die Xinhua News Agency arbeiteten. Insgesamt wurden 21 Menschen verletzt. Das Ereignis sorgte für internationales Aufsehen, da es die Botschaft eines am Kosovo-Konflikt unbeteiligten Staates betraf. Die Absicht der NATO war es, das jugoslawische Bundesamt für Nachschub und Versorgung (FDSP) zu treffen; irrtümlicherweise traf man jedoch die chinesische Botschaft. Auf die rasche Entschuldigung des US-Präsidenten Bill Clinton begegnete die chinesische Regierung mit Empörung und Skepsis. Sie verlangte eine sofortige Untersuchung und Aufklärung der Tatbestände.[1][2]

Die chinesische Botschaft in Belgrad, zehn Jahre nach der Bombardierung

New York Times Untersuchung

Ursachen und Motive

Im Zuge des Kosovokriegs führte die NATO die Militäroperation „Operation Allied Force“ durch, bei der 2000 Ziele in Serbien angedacht waren, darunter das Bundesamt für Nachschub und Versorgung, das sich jedoch als die chinesische Botschaft herausstellte. Die New York Times interviewte hierzu mehr als 30 Amtsträger der NATO in Washington und Europa, wobei die  Bombardierung der chinesischen Botschaft als das Ergebnis einer Reihe von fehlenden Fachkenntnissen und schlechtem Urteilsvermögen der Mitwirkenden an vielerlei Stellen beschrieben wurde.[3]

Der ursprüngliche Plan der NATO war es, die damalige Bundesrepublik Jugoslawien für zwei Nächte zu bombardieren und durch Unterbrechungen tagsüber dem Präsidenten Slobodan Milosevic die Möglichkeit zu bieten, in die Forderungen der NATO einzuwilligen, die serbischen Truppen aus Kosovo zurückzuziehen.  Die Erkenntnis, dass der serbische Präsident diesen Forderungen nicht nachkommen wird, löste bei der NATO die Frage nach der Bombardierung von politisch heikleren Zielen aus. Als die NATO am 24. März 1999 mit der Bombardierung begann, waren 219 Ziele für ganz Serbien vorgesehen. Zum Ende des Krieges wurden 1021 Ziele anvisiert, wovon sie tatsächlich rund 650 ausführten.[3]

Die CIA reichte ihre erste Zielvorlage für den Krieg ein, die von ihrer Counter-Proliferation Division ausgewählt wurde. Diese hatten jedoch weder Fachkenntnisse über den Balkan noch für Zielsetzungen von Bomben. Die Beamten der Counter-Proliferation Division betrachteten den Krieg als eine Chance, um das Hauptquartier des Bundesamts für Nachschub und Versorgung zu zerstören, da es länger unter Verdacht stand am Schmuggel von Raketenteilen in Orte wie Libyen und Irak beteiligt zu sein. Zudem stand das Bundesamt unter Verdacht die serbischen Streitkräfte mit Ersatzteilen für Raketen, Artilleriegeschosse und Mörsergranaten zu versorgen. Trotz der Erwähnung dieser Zielsetzung in mindestens drei Meetings, wurde nicht über den Standort des anvisierten Hauptquartiers diskutiert.[3]

Verlauf der Zielsetzung

Der Beamte, dem die Hauptschuld gegeben wurde, war ein pensionierter Armeeoffizier, der unter Vertrag genommen worden war, um in dieser Abteilung zu arbeiten. Ihm wurde die Aufgabe erteilt, das Hauptquartier der Direktion zu lokalisieren. Er rief am 9. April 1999 bei der National Imagery and Mapping Agency (NIMA, heute: National Geospatial-Intelligence Agency) in Washington an und forderte eine Karte von Belgrad an. Unter Verwendung dieser Karte, zweier Touristenkarten und nur der Adresse versuchte der Offizier, das Hauptquartier genau zu bestimmen. Die 1997 produzierte NIMA-Karte enthielt wichtige Gebäude, Wahrzeichen, Besonderheiten, aber keinerlei Straßenbezeichnungen. Anhand des Wahrzeichens am Hauptquartier von Milosevics Sozialistischer Partei, die von der NATO während des Krieges bombardiert wurde, orientierte sich der Beamte und lokalisierte die Stelle, von der er dachte, dass es das Hauptquartier sei. Mit dieser Auswahl rief er am 12. oder 13. April 1999 bei der NIMA an und fragte nach Satellitenaufnahmen, die er am 14. April 1999 erhielt. Zu diesem Zeitpunkt ordnete ein NIMA-Analyst dem Gebäude die Nummer - 0251WA0017 - der „bombing encyclopedia“ des Militärs zu, eines weltweiten Verzeichnisses für potenzielle Ziele und andere Wahrzeichen. Die Satellitenaufnahmen ließen keine Zweifel an der Richtigkeit aufkommen. Angesichts der ergriffenen Selbstinitiative des Offiziers wurde ein perfekter Antrag geschaffen. Sowohl der Download des Formulars aus dem sicheren Intranet des Militärs und das Ausfüllen mit der „bombing encyclopedia“-Nummer als auch die achtstelligen Längen- und Breitenangaben vervollständigten das Gesamtbild. Der Antrag veranlasste keine weiteren Fragen und wurde sofort vom Brigadegeneral Roderick J. Isler, dem stellvertretenden Geheimdienstdirektor für militärische Unterstützung, freigegeben. Anschließend gelangte es an die European Command, die aber keine gründliche Überprüfung durch den Vereinigten Generalstab veranlasste.[3]

Am 28. April 1999 wiesen die europäischen Planer dem Ziel eine laufende Nummer - No.: 493 - zu. Die wesentliche Information zur Zielsetzung war hiermit auf ein Dokument reduziert worden. Dieses sollte Präsident Bill Clinton und den anderen NATO-Führungskräften, unter der Bezeichnung „Belgrade Warehouse“ 1 mit der Verknüpfung zum Hauptquartier des Bundesamts für Nachschub und Versorgung, vorgelegt werden. Ein Offizier, der zuvor auch in der Counter-Proliferation Division arbeitete, aber keine Befugnis zur Überprüfung von Zielsetzungen hatte, erfuhr inoffiziell die Zielsetzung der Direktion. Am 29. April 1999 teilte dieser Beamte einem NIMA-Analysten telefonisch mit, dass die tatsächliche Adresse der Direktion 1000 Yards südlich liegt. Am 3. Mai 1999 fertigte der NIMA-Analyst sechs weitere Abbildungen an, und diese bestätigten dem skeptischen Offizier, dass die Zielsetzung nicht die Direktion anvisierte. Er äußerte seine Besorgnis gegenüber den Militäroffizieren in Neapel und verließ seinen Arbeitsplatz für einen dreitägigen Lehrgang. Nach seiner Rückkehr am 7. Mai 1999 erfuhr er erneut inoffiziell, dass die Zielsetzung auf der Liste für diese Nacht vorgesehen war. Ein zweiter Anruf in Neapel und die Unterhaltung mit einem anderen Offizier stellten klar, dass der B-2-Langstreckenbomber bereits unterwegs aus der Luftwaffenbasis in Missouri war.[3]

The Observer

Im Bezug auf den Artikel der britischen Zeitung The Observer wird der Bombardierung eine vorsätzliche Handlung nahegelegt. Ihre Quellen sind drei NATO-Mitarbeiter: ein Fluglotse der NATO in Neapel, ein Geheimdienstoffizier, der in Mazedonien stationiert war, und ein hochrangiger Mitarbeiter des Hauptquartiers in Brüssel. Diesen zufolge wurde die chinesische Botschaft vorsätzlich anvisiert, da sie zugunsten der serbischen Regierung gearbeitet hatte, indem sie für die Übertragung von Informationen des jugoslawischen Militärs sorgte und verdächtigt wurde, Cruise-Missiles-Angriffe der NATO zu überwachen und Gegenangriffe zu entwickeln. Aufgrund von Signalen aus der chinesischen Botschaft in Belgrad 24 Stunden nach der Bombardierung der Residenz von Präsident Milosevic am 23. April 1999 ging man von diesem Tatbestand aus. Das offizielle Ziel war das jugoslawische Bundesamt für Nachschub und Versorgung (FDSP). Jedoch deckte der Observer auf, dass das Bundesamt nie an dieser Adresse gewesen ist, sondern 500 Meter weiter entfernt.

Ein weiteres Indiz für die Kenntnis der Adresse der Botschaft ist die Abhörung dieser seit 1996 durch die CIA, MI6 und der GCHQ. Außerdem stand die chinesische Botschaft mit der korrekten Adresse auf einer Nicht-Angriffsziel-Liste und nicht mit ihrer Alten, wie die Vereinigten Staaten und NATO behaupteten. Der britische Außenminister Robin Cook stritt dies ab.[4][5][6]

Folgen

 
Die amerikanische Flagge hängt vor dem Konsulat in Hong Kong im Gedenken an die Opfer des Anschlags auf halbmast

Am 8. Mai 1999, einen Tag danach, entschuldigte sich US-Präsident Bill Clinton, auf dem Rollfeld eines Flughafens im vom Sturm zerstörten Oklahoma stehend, was bei der chinesischen Regierung den Eindruck erweckte, der Vorfall sei für die Amerikaner nicht sonderlich wichtig.[7] Als dieser es bemerkte, versuchte er mehrmals den chinesischen Präsidenten Jiang Zemin zu erreichen, wurde aber stets abgewiesen.[8] Es folgten weitere förmlichere Entschuldigungen, unter anderem von US-Außenministerin Madeleine Albright, sowohl in der chinesischen Botschaft in Washington D.C.,[9] als auch per Brief an Chinas Außenminister Tang Jiaxuan,[8] von dem US-Botschafter in China und von der NATO, die ein Statement veröffentlichten. In diesem wird die Reue und das Beileid gegenüber den Opfern, ihren Familien und der chinesischen Regierung ausgesprochen. Die NATO hat und wird nie vorsätzlich Zivilisten angreifen; die Luftangriffe würden allerdings erst eingestellt, sobald die Konditionen zur friedlichen Verhandlung des Kosovo-Konfliktes von der Bundesrepublik Jugoslawien akzeptiert würden.[10]

China hält jedoch die Erklärung, man habe sich bei der Lokalisierung des Ziels vertan, für unglaubwürdig, da die Artillerie hauptsächlich den Teil des Gebäudes traf, in dem der Geheimdienst untergebracht war und abgesehen davon bereits US-amerikanische Diplomaten die Botschaft an der Adresse besucht hatten.[7] Als „barbarisch“ bezeichneten sowohl die chinesische Regierung als auch der russische Präsident Boris Jelzin[7][11] das Vorgehen, worauf Präsident Clinton antwortete:

„Es war nicht barbarisch. Was barbarisch ist, ist was Milosevic (Präsident Jugoslawiens) getan hat. Es ist tragisch. Es ist schrecklich. Was barbarisch ist, ist die absichtliche „ethnische Säuberung“, die er seit einem Jahrzehnt hervorruft.“[12]

Am 10. Mai 1999 reicht Chinas Außenminister Tang Jiaxuan die vier Forderungen ein, die zur Wiederherstellung der Beziehungen von den USA erfüllt werden müssten. Er fordert Entschuldigungen und offizielle US- und NATO-Erklärungen, eine vollkommene und gründliche Ermittlung und schnelle Veröffentlichung der Ergebnisse, eine strenge Bestrafung der Verantwortlichen und Kompensation für Leben und Eigentum.[7][8] Folglich rief Clinton Präsident Jiang an, um ihm zu versichern, dass die USA umfassende Ermittlungen einleiten werden.[13]

In der folgenden Woche nach der Bombardierung brach die chinesische Regierung, bekanntgegeben durch Außenministeriumssprecher Zhu Bangzao, drei  Dialoge mit den Vereinigten Staaten ab, welche sich auf den Austausch im Militär, Menschenrechte und die Nichtverbreitung von nuklearen Kernwaffen bezogen.[8][13] Daraufhin verweigerten die Chinesen auch das Anlegen von US-Militärschiffen im Hafen Hong Kongs;[7][8] die US-Luftwaffe durfte in Hong Kong nicht landen.[7]

Die Ergebnisse der Ermittlungen und einen Brief zur Entschuldigung Clintons lieferte [[Under Secretary of State]] und Sondergesandter Thomas R. Pickering am 16. Juni 1999 mit seiner Delegation, bestehend aus Vertretern des Außenministeriums, des Weißen Hauses, des Verteidigungsministeriums und der CIA. Sie besagten, dass drei ausschlaggebende Irrtümer zur Bombardierung des falschen Gebäudes führten. Ziel war ursprünglich das ca. 300 Meter von der Botschaft entfernt liegende, Jugoslawische Bundesamt für Nachschub und Versorgung, welches als legitimes militärisches Ziel galt, da sie die jugoslawische Armee mit Munition belieferte.[14]

Der erste Irrtum war die angewandte Lokalisierungstechnik, um exakte Koordinaten des Bundesamts herauszufinden, das sich jedoch als die chinesische Botschaft erwies. Dabei verwendete der CIA-Angestellte eine Technik, die man in der Armee auf dem Feld verwendete, aber für solch ein präzises Anliegen ungeeignet war. Außerdem verwendete man zwei öffentlich zugängliche Karten aus den Jahren 1989 und 1996, welche eine nicht aktuelle Anschrift der Botschaft zeigten und eine Karte der NIMA aus dem Jahr 1997, worauf sie auch nicht eingezeichnet war.

Der zweite Irrtum war, dass, obwohl bereits US-Diplomaten die Botschaft an der Adresse besucht hatten, diese nie in Militär- oder Geheimdienstdatenbanken gespeichert worden war. Dies führte dazu, dass keine möglichen Kollateralschäden in den Systemen angezeigt wurden.

Der dritte Irrtum war die abschließende Kontrolle vor dem Ausführen des Luftschlags. Da man auf die Richtigkeit der gegebenen Karten und Daten vertraute, hatte man keines der beiden vorigen Irrtümer entdeckt. Dazu sagt Pickering, dass die Ermittlung weder die Crew der B-2 noch die Führungskräfte verantwortlich machen kann, da die Fehllokalisierung auf fehlerhaften, alten Daten basierte.[2]

Später, am 9. April 2000 wurde bekannt, dass die CIA den Schuldigen entlassen und sechs weitere Angestellte gemahnt hatte. Die Vereinigten Staaten hätten, laut Regierungsangaben, Maßnahmen unternommen, um solche Irrtümer künftig zu verhindern.[14]

Die Chinesen beurteilen die Ergebnisse, die Pickering vorgestellt hatte, als unzureichend und fordern die Kompensation. So schlossen die beiden Staaten am 30. Juli 1999 einen Beschluss zur Zahlung von 4,5 Millionen US-Dollar für die Opfer des Luftschlags.[13] Die Zahlung wurde als „freiwillige Reparationszahlung“ von den Amerikanern bezeichnet und am 25. August 1999 aus dem Budget des Verteidigungsministeriums der USA beglichen. Ein weiterer Beschluss zur Deckung des materiellen Schadens wurde am 16. Dezember 1999 bekannt gegeben, wobei die USA 28 Millionen US-Dollar an China und China 2,87 Millionen US-Dollar an die USA zahlen mussten. Die 2,87 Millionen US-Dollar wurden ausgelöst durch Demonstrationen vor US-Botschaften in mehreren chinesischen Großstädten in den Folgetagen des Luftschlags. Die USA beschrieb den Umfang der Zahlung als Kompensierung der Gebäude- und Mobiliarschäden, der zerstörten chinesischen Antiquitäten und der technischen Ausrüstung in der chinesischen Botschaft, sowie die Deckung von Kosten der vorübergehenden Unterkünfte des chinesischen Botschaftspersonals, das im Gebäudekomplex untergebracht war. Die Summe wurde aus dem Economic Support Fund beglichen, welches für die US-Sicherheit und politischen Interessen vorhanden ist.[8]

Sechs Wochen nach dem Luftschlag versuchte die Elite der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) die vorherigen Beziehungen wieder aufzunehmen.[7] Zwar ruhten die militärischen Beziehungen etwas länger, allerdings konnten die wirtschaftlichen, medien- und bildungstechnischen Bindungen zunächst wieder aufgebaut werden.[1] Chinesische Autoritäten motivierten amerikanische Unternehmen durchgehend, weiterhin in China zu investieren und Fachpersonal nicht abzuziehen. Vor allem in der Bildung hatte man Wert auf die Aufrechterhaltung des Fulbright Programms gesetzt, da man schlechte Erfahrungen zuvor gemacht hatte, als sie nach der Tianamen-Tragödie abgesetzt worden waren.[1]

Chinesische Reaktionen

Ab Mittag des 8. Mai 1999 reagierten chinesische Zivilisten mit der Brandstiftung des Anwesens des US-Generalkonsuls in Chengdu,[8] Demonstrationen und Aufruhren. Betroffen waren die Städte Peking, Shanghai, Chengdu, Shenyang und Guangzhou,[7][15] wo hauptsächlich US-Botschaften, aber auch britische und deutsche Botschaften und Konsulate von[8] mindestens 30.000 Chinesen[15] angegriffen wurden.

In Chengdu gelangen Demonstranten teilweise über den Dachvorsprung des US-Konsulates,[15] in Guangzhou wurde das deutsche Generalkonsulat angegriffen. Die heftigsten Demonstrationen fanden in Peking statt. Einige Stunden nach dem Luftschlag wurden Studenten der Pekinger Universitäten mit Buskolonnen in das Botschaftsviertel gefahren und reichten Petitionen an die US-Botschaft ein.[1] Einige trugen T-Shirts mit Zielscheibe und der Aufschrift „Target“, die in Belgrad bereits zur Gewohnheit wurden. Studenten, Schüler, Arbeiter und buddhistische Mönche[15] bewarfen die US-Botschaft am Nachmittag mit Steinen, Lebensmitteln, Farbflaschen,[9] Glasflaschen und Molotovcocktails, Autos mit Botschaftskennzeichnung wurden beschädigt.[15] Die Botschaft wurde komplett geschlossen. Mit der Befürchtung, die Chinesen könnten die Botschaft stürmen, wurde damit begonnen vertrauliche Inhalte zu liquidieren. Währenddessen stand die Webseite der Botschaft dauerhaft unter Hackerangriffen, die erfolgreich abgeblockt wurden.[1] Die US-Diplomaten verschanzten sich für mehrere Tage in der Botschaft.[8] Die Polizei bildete eine Trennmauer, sodass zwar niemand mehr zu den Demonstranten dazu stoßen konnte, dennoch wurden die Demonstranten nicht am Angriff gehindert.[16] Chinesische Sicherheitskräfte der Botschaften führten teilweise ihre Aufgaben nicht aus.[1] Nach drei Tagen endeten die Massendemonstrationen.[15]

Einige westliche Journalisten beschuldigten die chinesische Regierung bezüglich der Proteste, da sie die Meinung waren, dass diese hätten unterbunden werden können.[8] Unter Anderem wurde die Veröffentlichung der US- und NATO-Entschuldigungen bis zum 11. Mai 1999[8] hinausgezögert. Die offizielle Begründung seitens Chinas war, dass sie so oberflächlich seien, dass es für noch mehr Wut unter dem Volk sorgen würde.[7] Neben dem Nichthandeln während der Aufruhre kündete die chinesische Regierung an, dass das Erlauben einer kontrollierten Reaktion (des Volkes) einen großen Wutausbruch verhindern würde.[7] Die KPCh teilte mit, die Partei sei nicht in der Lage, der Wut des Volkes Zügel anzulegen.[15] Auch den staatlichen Medien wurde nachgesagt zu den Unruhen beigetragen zu haben, indem sie von einer Vorsätzlichkeit des Luftschlags berichtet hätten und patriotische Parolen wie „China lässt sich nicht schikanieren“[7] veröffentlichten. Zudem wurde bekannt, dass die Buskolonnen, gefüllt mit aufgebrachten Studenten und Schülern, die von den Universitäten und Mittelschulen[15] der Stadt anfuhren, von der KPCh organisiert worden waren. Die Insassen wurden von den Komitees des KPCh auf den jeweiligen Campus der Bildungsinstitute angeworben und motiviert, zu protestieren.[16] Im Nachhinein gestanden sich Demonstranten ein, dass sie von den chinesischen Medien manipuliert worden waren.[7]

Präsident Jiang Zemin hielt am 13. Mai 1999 eine Rede bei der Versammlung, um die aus Belgrad heimgekehrten Betroffenen willkommen zu heißen, in dem er seinen Wunsch nach Weltfrieden und Ablehnung der Hegemonie äußert. Die Volksrepublik China dürfe nicht schikaniert werden; so sollen alle justizachtenden Länder hart arbeiten, sich gegen die Hegemonie und Machtpolitik vereinen und für eine neue, faire und angemessene Weltordnung sorgen.[13]

Literatur

  • David M. Lampton: Same bed, different dreams: managing U.S.-China relations 1989-2000. University of California Press, London 2001, ISBN 9780520234628
  • Institut für Asienkunde der Universität Hamburg (Hrsg.): CHINA aktuell Jahresindex 1999 Band 1. Hamburg 2000, ISSN 0341-6631
  • Rixta Wundrak: Die Entstehung und Entwicklung der chinesischen Migration nach Osteuropa und die erlebte Geschichte der Migranten. VS Verlag für Sozialwissenschaften 2010, ISBN 9783531172477
  • Taryn Shepperd: Sino-US Relations and the Role of Emotion in State Action. Palgrave Macmillan UK 2013, ISBN 9781349437436

Einzelnachweise

  1. a b c d e f American Diplomacy, Warts and All: Dealing with a PR Disaster — The U.S. Bombing of the Chinese Embassy in Belgrade. Huffington Post, 17. Februar 2016, abgerufen am 25. Januar 2017 (englisch).
  2. a b Thomas Pickering: 1999 Accidental Bombing. Embassy of the United States in Beijing, 6. Juli 99, abgerufen 25. März 17 (englisch).
  3. a b c d e Steven Lee Myers: Chinese Embassy Bombing: A Wide Net of Blame. New York Times, 17. April 0, abgerufen 27. Januar 17 (englisch).
  4. John Sweeney, Ed Vulliamy, Jens Holsoe: Nato bombed Chinese deliberately. The Observer, 17. Oktober 99, abgerufen 28. Januar 17 (englisch).
  5. o.A.: Truth behind America's raid on Belgrade. The Observer, 28. November 99, abgerufen 28. Januar 17 (englisch).
  6. Chris Marsden: Britische Zeitung berichtet: Nato bombardierte chinesische Botschaft in Belgrad vorsätzlich. World Socialist Web Site, 26. Oktober 99, abgerufen 28. Januar 17 (deutsch).
  7. a b c d e f g h i j k l David M. Lampton: Same bed, different dreams: managing U.S.-China relations, 1989-2000. Hrsg.: The Regents of the University of California. ISBN 978-0-520-23462-8, S. 59–61.
  8. a b c d e f g h i j k Kerry Dumbaugh: CHINESE EMBASSY BOMBING IN BELGRADE: COMPENSATION ISSUES. Congressional Research Service, 12. April 0, abgerufen 26. Januar 17 (englisch).
  9. a b Terry McCarthy, Jaimie A. Florcruz: Collateral Damage. TIME, 24. Mai 99, abgerufen 26. Januar 17 (englisch).
  10. NATO: Statement on the bombing of the Chinese Embassy in Belgrade by the North Atlantic Council. NATO, 8. Mai 99, abgerufen 26. Januar 17 (englisch).
  11. CNN SATURDAY 07:00 pm ET, 08 May 1999 - TV-Show "NATO Draws Fire From Accidental Bombing of Chinese Embassy; Russia Steps Up Criticism of NATO" Byline: Gene Randall, Brent Sadler, Matthew Chance, Steve Harrigan; eingesehen: 20.01.17
  12. David M. Lampton: Same bed, different dreams: managing U.S.-China relations, 1989-2000; S.59: "It wasn't barbaric. What is barbaric is what Milosevic has done. It's tragic. It's awful. What is barbaric is the international 'ethnic cleansing' that he has provoked for a decade now."
  13. a b c d Embassy of the People's Republic of China in the Republic of Estonia: Strong Protest by the Chinese Government Against The Bombing by the US-led NATO of the Chinese Embassy in the Federal Yugoslavia. Embassy of the People's Republic of China in the Republic of Estonia, 17. Mai 4, abgerufen 26. Januar 17 (englisch).
  14. a b United Nations International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia: Final Report to the Prosecutor by the Comittee Established to Review the NATO Bombing Campaign Against the Federal Republic of Yugoslavia. United Nations International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia, abgerufen 26. Januar 17 (englisch).
  15. a b c d e f g h Oskar Weggel: Zerstörung der chinesischen Botschaft in Belgrad durch NATO-Bomben. In: Institut für Asienkunde, Universität Hamburg (Hrsg.): China Aktuell Jahresindex 1999. Band 1, Januar 2000, ISSN 0341-6631, S. 328–329.
  16. a b NPR Weekend Edition Saturday 1:00 AM EST, 08.05.99 - Radio Show; Titel: China's reaction to the bombing last night of their embassy in Belgrade; Host: Scott Simon; Reporter: Mary Kay Magistad; eingesehen: 20.01.17