Elektromagnetische Welle
Elektromagnetische Wellen sind die uns im Alltag neben Wasserwellen und Schallwellen am häufigsten begegnenden Arten von Wellen. Zu ihnen gehören unter anderem das sichtbare Licht und die Rundfunkwellen. Im Gegensatz zu Schallwellen handelt es sich bei elektromagnetischen Wellen, wie bei Wasserwellen, um Transversalwellen, d.h. Ausbreitungsrichtung und Schwingungsrichtung stehen senkrecht zueinander, was am Phänomen der Polarisation bemerkbar wird.
Physikalisch betrachtet handelt es sich bei elektromagnetischen Wellen um sich ausbreitende Schwingungen des elektromagnetischen Feldes. Hierbei stehen elektrisches und magnetisches Feld senkrecht aufeinander und haben ein festes Größenverhältnis (in SI-Einheiten ist dieses gerade durch die Lichtgeschwindigkeit c gegeben). Insbesondere verschwinden elektrisches und magnetisches Feld an denselben Orten zur selben Zeit, so dass die häufig gelesene Darstellung, dass sich elektrische und magnetische Energie zyklisch ineinander umwandeln, nicht ganz korrekt ist. Sie stimmt allerdings z.B. für das Nahfeld eines elektromagnetische Wellen erzeugenden elektrischen Dipols oder Schwingkreises.
Die Entstehung elektromagnetischer Wellen erklärt sich aus den Maxwellgleichungen: Die zeitliche Änderung des elektrischen Feldes ist stets mit einer räumlichen Änderung des magnetischen Feldes verknüpft. Ebenso ist wiederum die zeitliche Änderung des magnetischen Feldes mit einer räumlichen Änderung des elektrischen Feldes verknüpft. Für periodisch (insbesondere sinusförmig) wechselnde Felder ergeben diese Effekte zusammen eine fortschreitende Welle.
Das Besondere an der elektromagnetischen Welle ist, dass kein Medium vorhanden sein muss; eine solche Welle kann sich also im absolut leeren Raum fortpflanzen. Im Gegenzug dazu stehen die Materiewellen, wie z. B. der Schall, die ein Medium zur Übertragung brauchen.
Im Vakuum breitet sich eine elektromagnetische Welle mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit aus. Dieser Wert ist exakt, da die Einheit Meter durch die Lichtgeschwindigkeit c definiert ist, und gilt unabhängig von der Frequenz der Welle.
In einem Medium (also in Materie) verringert sich die Geschwindigkeit abhängig von der Permittivität und der Permeabilität des Stoffes. Es gilt dann: . Zudem wird sie abhängig von der Frequenz der Welle (Dispersion), sowie (je nach Medium) abhängig von ihrer Polarisation und ihrer Ausbreitungsrichtung gebrochen. Eine direkte Krafteinwirkung (z.B. Richtungsänderung) auf eine sich ausbreitende elektromagnetische Welle kann nur durch das Ausbreitungsmedium (Begrenzungen wie Spiegel eingeschlossen) oder die Gravitationskraft erfolgen.
Elektromagnetische Wellen sind im elektromagnetischen Spektrum nach der Wellenlänge sortiert (eine Liste von Frequenzen und Beispiele elektromagnetischer Wellen gibt es im dortigen Artikel).
Das am besten bekannte und am meisten studierte Beispiel einer elektromagnetischen Welle ist das sichtbare Licht. Beim Licht bestimmt die Frequenz beziehungsweise die Wellenlänge die Farbe des Lichtes. Monochromatisches Licht, also Licht nur einer einzigen Wellenlänge, hat stets eine Spektralfarbe.
Bei elektromagnetischen Wellen äußerst geringer Intensität oder bei den kurzwelligen Erscheinungsformen der elektromagnetischen Wellen (beispielsweise Gammastrahlung) genügt das oben beschriebene Wellenmodell nicht mehr, um alle beobachtbaren Phänomene zu beschreiben, vielmehr treten die Teilcheneigenschaften einzelner Photonen, der Quanten des elektromagnetischen Feldes, in den Vordergrund. Der Wellencharakter (etwa Interferenz) tritt dagegen zurück. Im Rahmen dieser Teilchenvorstellung des Lichtes wird jeder Frequenz die Energie eines einzelnen Photons zugeordnet. Beide Aspekte elektromagnetischer Strahlen werden theoretisch im Rahmen der Quantenelektrodynamik erörtert.
Einige neuere Theorien, zum Beispiel die Loop-Quantengravitation, sagen eine geringe Frequenzabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit c im Vakuum voraus.
Mathematische Beschreibung
Die Existenz elektromagnetischer Wellen folgt aus den Maxwellgleichungen. Sie wurden 1865 von James Clerk Maxwell theoretisch postuliert, bevor Heinrich Rudolf Hertz sie 1888 experimentell nachweisen konnte.
An dieser Stelle sollen zunächst elektromagnetische Wellen im Vakuum betrachtet werden, also Wellen im ladungsfreien Raum unter Ausschluss von dielektrischen, dia- und paramagnetischen Effekten ( und , siehe Materialgleichungen der Elektrodynamik). Stromdichte j und Ladungsdichte ρ sind Null.
Man geht zunächst von der dritten maxwellschen Gleichung aus (mit j=0):
und wendet auf beide Seiten den Rotationsoperator an. Zum einen erhält man dadurch
und setzt die vierte maxwellsche Gleichung ein,
Zum anderen gilt ganz allgemein die vektoranalytische Beziehung
mit dem Laplace-Operator Δ
- .
Wendet man diese Beziehung auf (1) an, und bedenkt man, dass der ladungsfreie Raum betrachtet wird, in dem nach der ersten maxwellschen Gleichung die Divergenz von D Null ist, so ergibt sich
-
- .
Setzt man nun (2) und (3) zusammen ergibt sich folgende Wellengleichung
- .
Fast alle Wellen lassen sich durch Gleichungen der Form
beschreiben, wobei v die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle ist. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen ist die Lichtgeschwindigkeit c. Für sie gilt daher
- .
Damit erhält man also aus (4) die Gleichung
die für jede Komponente eine Wellengleichung der Form (5) darstellt. Ihre Lösungen sind Wellen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit c ausbreiten.
Breitet sich die Welle in linearen Materialien mit dem Dielektrizitätskonstante ε und der Permeabilität μ aus, so ist die Lichtgeschwindigkeit c etwas niedriger, nämlich
wobei im aber allgemeinen die Materialkonstanten nicht linear sind, sondern selbst z.B. von der Feldstärke oder der Frequenz abhängen.
Während das Licht sich in der Luft immer noch fast mit Vakuumlichtgeschwindigkeit c ausbreitet (die Materialkonstanten sind in guter Näherung 1), gilt das für Wasser schon nicht mehr, was u.a. den Tscherenkow-Effekt ermöglicht.
Weiterhin ist auch eine mathematische Beschreibung mit Hilfe von Potenzialen möglich, denn wegen
und
kann der Feldvektor der magnetischen Flussdichte auch als Rotation eines Vektorfeldes A aufgefasst werden. A wird deshalb das Vektorpotenzial von B genannt und es gilt:
Diese Beziehung kann nun weiter verwendet werden. Die Rotation des elektrischen Feldes ist bestimmt durch
Setzt man nun die eben gewonnene Beziehung aus (3) in (4) ein, so erhält man
und daraus folgt
Nun verschwindet aber die Rotation eines jeden Gradienten, so dass der innere Ausdruck von (6) als Gradient einer skalaren Funktion aufgefasst werden kann:
Dies kann nun wieder in den ursprünglichen Maxwell-Gleichungen verwendet werden. Mit
und (8) und der Beziehung
erhält man
Um diese Gleichungen (11) und (12) voneinander zu entkoppeln, wird verlangt, dass der Term unter dem Gradienten in (12) verschwindet (siehe Eichtransformation), also
Ist die Bedingung aus (13) erfüllt, so ergibt sich aus (12) automatisch die Wellengleichung für das Vektorpotenzial A mit
und aus (11) und (13) die Wellengleichung der skalaren Potenzialfunktion mit
Im quellfreien Vakuum folgt
Diese Beschreibung elektromagnetischer Phänomene kann durch Eichtransformation an verschiedene Probleme angepasst werden um diese zu vereinfachen. In der Quantenmechanik wird dem Vektorpotenzial des magnetischen Feldes oft eine fundamentalere Rolle als der Feldgröße selbst zugeschrieben. Das Vektorpotenzial ist nämlich selbst dann vorhanden, wenn das magnetische Feld verschwindet. Dieses Phänomen ist unter dem Namen Aharonov-Bohm-Effekt bekannt. Experimentell kann das Vektorpotenzial durch Interferenz von Elektronenstrahlen nachgewiesen werden, die an einem abgeschirmten Magnetfeld vorbeilaufen. Die Elektronen werden durch das Magnetfeld also nicht beeinflusst. Dennoch werden die Interferenzmuster durch den Zustand des Feldes verändert. Als Ursache wird das Vektorpotenzial angenommen, das auch bei nicht vorhandenem B-Feld existieren kann. Diese Ansicht ist jedoch umstritten.