Langwasser

Stadtteil im Südosten von Nürnberg
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Langwasser ist ein Stadtteil im Südosten von Nürnberg und gehört zum Stadtbezirk 6 (Südoststadt). Es ist der Prototyp einer sogenannten Trabantenstadt. Die Bezeichnung Langwasser kommt von einem kleinen Bach der das Areal am östlichen Rand durchzieht.

Geschichte

Das heute Langwasser genannte Areal im Südosten Nürnbergs war Anfang des 20. Jahrhunderts dicht bewaldet und gehörte zum Lorenzer Reichswald, um 1910 war das Gelände wegen eines Schießplatzes ein militärisches Sperrgebiet. Nach verheerenden Waldbränden 1917 bis 1919 wurde das Gebiet in den zwanziger Jahren gerodet und diente zeitweise landwirtschaftlichen Zwecken.

Die Zeit der Reichsparteitage

In den Zeiten der nationalsozialistischen Reichsparteitage bot sich die gerodete und praktisch ungenutzte Fläche für die Massenzeltlager der Teilnehmer an. Ab 1934 wurden hier immer im September die Zeltstädte aufgebaut, die wenige Infrastruktur an die neuen Bedürfnisse angepasst. So wurde z.B. ein - zwar nie ganz fertig gestellter - für mehrere Bahnsteige und Gleise ausgelegter Bahnhof am sued-ostlichen Rand des Zeltstadtareals angelegt. So konnten die einfachen Parteitagsteilnehmer welche im Zeltlager übernachteten einfach an- und abtransportiert werden. Als einfacher Haltepunkt wurde dieser Bahnhof bis Anfang der 90er Jahre des 20Jhr. genutzt. Die zum teil zugemauerten Rohbau-Ruinen des Bahnhofs sind noch heute versteckt erhalten. Die heute zwischen U-Bahn-Betriebshof-Damm und Bahndamm versteckt gelegene und zum teil eingewachsene Portal-Fassade in einer art Neo-Klassizistischem Stil spiegelt den damals herschenden Geist wieder. In der ersten Hälfte der vierziger Jahre hat die Wehrmacht das Gelände beschlagnahmt und als Kriegsgefangenenlager genutzt. In hölzernen Baracken des Reichsarbeitsdienstes waren ausländische Kriegsgefangene untergebracht. Im Süd-Westlichen Teil Langwassers lag ein dazugehörender Kriegsgefangenen-Friedhof. Dort erinnert heute noch eine Gedenktafel an diesen.

Ein Teil der Fläche auf der Langwasser gebaut wurde rekrutierte auch aus dem Märzfeld des Reichsparteitagsgeländes.

Die Nachkriegszeit

Die eigentliche Stadtteilgeschichte von Langwasser beginnt nach dem Zweiten Weltkrieg 1949. Für 10 Jahre waren Teile des Geländes eine Mischung von Flüchtlingslagern, ersten Wohnsiedlungen und Bauresten der Reichsparteitage. Am bekanntesten ist das Valka-Lager, eine Art Übergangslager für Ausländer die auf Auswanderung oder einen Neuanfang in Deutschland warten, von 1978 bis 1999 war das Valka-Lager das Bundessammellager für Ausländer. Dort liegt auch das heutige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Die ersten Wohnsiedlungen entstanden um 1950. Viele deutsche Vertriebene aus Polen und Zigeuner fanden in Langwasser eine neue Heimat.

Die Neuzeit

Die Neuzeit Langwassers beginnt mit dem Entschluss der Stadt Nürnberg zu einer koordinierten Bebauung auf dem Gelände unter dem Slogan "Wohnen im Grünen". Ein Architektenwettbewerb (s. u.) wird 1956 abgeschlossen, in 1957 beginnt dann der Aufbau des neuen Stadtteils, der erst Ende der 90er Jahre in den Grundzügen abgeschlossen wurde.

Architektur

Die Stadt Nürnberg und ihre Wohnungsbaugesellschaft WBG schrieben 1955 einen Architekturwettbewerb für eine auf 40.000 Einwohner konzipierte Neustadt aus. Aus dem Wettbewerb gingen Franz Reichel als Architekt zusammen mit dem Landschaftsplaner Hermann Thiele als Sieger hervor. Die Grundstrukturen seines Entwurfs sind bis heute erhalten und waren Vorbild für viele städtebauliche Entwicklungen in der Folgezeit. So gehörten zu den Grundideen die Erschließung von Wohngebieten nur noch durch Stichstraßen, durchziehende Grüngürtel und die Versorgung der Bevölkerung durch zentralisierte Einkaufszentren. Wohn- und Gewerbegebiete blieben zwar räumlich getrennt, jedoch war die Grundidee 'Wohnen und Arbeiten' im Stadtteil. Die Gebäudearchitektur hingegen war stets dem Wandel der Zeiten unterzogen, so dass sich in der etwa 40-jährigen Hauptbebauungsphase recht gut die neuzeitliche Entwicklung deutschen Städtebaus nachverfolgen lässt, wobei viele Entwicklungen in ihrer Entstehungszeit wegweisend waren - Beispiele hierfür sind die Rückentwicklung vom Flachdach wieder hin zum Giebeldach im Mehrfamilienhausbau, die Fernwärmeversorgung des gesamten Stadtteils oder auch das Franken-Center als eines der ersten großen vollständig überdachten Einkaufszentren Deutschlands.

Wirtschaft

Da die Planung des Stadtteils von vorneherein sowohl Wohngebiete als auch Gewerbegebiete vorsah, finden sich heute zwischen den Wohngebieten Gewerbeachsen entlang der Bahn- bzw. Hauptstraßen mit zahlreichen kleineren und größeren Wirtschaftsbetrieben. Als wesentlich zu nennen sind u.a.

Verkehr

Langwasser liegt an den Bundesautobahnen A6 und A73. Innerhalb der Stadt Nürnberg erfolgt die Haupterschließung im öffentlichen Nahverkehr zum Zentrum hin mit der U-Bahn U1 und auch in diverse Stadtteile durch die Stadtbuslinien der VAG vom nördlich des Franken-Center gelegenen überdachten Busbahnhof an der U-Bahn-Haltestelle Langwasser Mitte. Der Omnibusverkehr Franken (OVF) hat sein Depot in der nähe des Franken-Center. Mitten durch Langwasser verläuft ausserdem in West-Ost-Richtung eine Bahnlinie auf welcher hauptsächlich Güterzüge verkehren. Bis Anfang der 90er Jahre des 20Jhr. hatte Langwasser am ehemaligen Langwasserbahnhof auch einen eigenen Zug-Haltepunkt. Heute hält in Langwasser kein Zug mehr. Der Zugang zum noch vorhandenen Bahnsteig ist vergittert und verschlossen.

Literatur

  • Geschichte Für Alle e.V.: Langwasser — heimisch werden in Nürnbergs jüngstem Stadtteil ISBN 3-930699-30-3
  • Geschichte Für Alle e.V. (Hsg.): Nürnberg-Langwasser, Geschichte eines Stadtteils ISBN 3-930699-05-2

Verein Geschichte für Alle e.V.