Die Lutherkirche in Hannover wurde 1895–1898 als letzte der drei großen Nordstädter Kirchenbauten von Rudolph Eberhard Hillebrand auf einem annähernd dreieckigen Baugrundstück im Zentrum der Nordstadt erbaut. Mit ihren zwei mächtigen Turmhelmen, umgeben von mehreren seitlichen Helmen, bot die Kirche bis kurz vor Kriegsende einen imposanten Anblick, an den heute nur noch wenig erinnert.


Geschichte
Ansichtskarte 279, Norddeutsche Papier-Industrie
Am 25. März 1945 wurde die Kirche bei einem der letzten Luftangriffe auf Hannover von einer Fliegerbombe getroffen. Dach, Kirchengestühl, Altar, Orgel und Glockenstuhl verbrannten und das Gebäude stand mehrere Jahre leer. Die Gottesdienste fanden unterdessen im etwa 500 Meter Luftlinie entfernten Gemeindesaal in der Callinstraße statt. Der 1948 mit ersten Sicherungsmaßnahmen an Dach, Gewölbe und Mauerwerk begonnene Wiederaufbau der Kirche konnte am 1. Dezember 1957 mit einem Festgottesdienst zur Einweihung der neuen Orgel, erbaut von der Firma Emil Hammer Orgelbau, abgeschlossen werden.[1]
Rechtzeitig vor den Festivitäten zur 100-Jahr-Feier am 24. Juli 1998 und im Zuge der sogenannten Nordstadtsanierung wurde der Kirchenvorplatz vollständig neu gestaltet. Der am Südostende vorhandene, unattraktiv gewordene kleine Spielplatz wurde aufgegeben und das umgebende Buschwerk bis auf die größeren, schattenspendenden Bäume entfernt. Die freigewordenen Flächen wurden mit Granitsteinen gepflastert und bieten so reichlich Platz für Gemeinde- und Straßenfeste. Im Zuge des neuen Verkehrskonzeptes für die Nordstadt wurden zwei Straßenzüge an der Lutherkirche für den öffentlichen Durchgangsverkehr gesperrt und zu einer Mini-Fußgängerzone mit Sitzmöglichkeiten für Jugendliche und Erwachsene vereinigt. Die im Original von 1905 erhaltene Nordstädter Pferdetränke konnte als Brunnen reaktiviert werden.
2003 fiel die Entscheidung, die Lutherkirche zur ersten Jugendkirche Norddeutschlands auszubauen. Die vom hannoverschen Architekten Bernd Rokahr geplanten Umbauarbeiten fanden im Sommer 2004 statt. Zeitgleich eröffnete in Bad Segeberg die erste Jugendkirche Nordelbiens. Das Kircheninnere wurde beim Umbau komplett modernisiert. Nach dem Ausbau des alten Holzgestühls, welches für den Wiederaufbau der Marienkirche in Chojna (Polen) gespendet wurde, wurde der Boden neu verfliest und im vorderen Kirchenteil ein – funktionellen Gesichtspunkten entsprechender – Bereich mit zwei, multifunktional nutzbaren Glaskuben eingerichtet. Neben einem Kirchencafé befindet sich nun auch eine professionelle Licht- und Tonanlage in der Kirche, wodurch ermöglicht wird, Konzerte, Theateraufführungen und Gottesdienste in besonderer Form (z. B. Live-Band oder audiovisuelle Präsentationen) zu veranstalten. Nach außen hin weisen zwei große farbige Leuchtkästen am Kirchenportal auf das Projekt Jugendkirche hin.
Am 22. August 2006 wurden bei einem Kirchturmbrand der Glockenstuhl, das Galeriegeschoss und das Dach zerstört. Durch den Glockenschacht rinnendes Löschwasser beschädigte die Orgel. Nach dem Brand begannen Wiederaufbauarbeiten, die im Oktober 2008 mit der Fertigstellung des neuen Kirchturmdaches im Wesentlichen beendet waren. Die mehrjährige Bauzeit erklärt sich daraus, dass Baugutachter den Austausch zahlreicher Steine anordneten. Die um 1,6 Meter erhöhte, durch Spenden der Gemeindemitglieder mitfinanzierte Dachkonstruktion soll optisch an den im Krieg zerstörten Ursprungszustand der Kirche erinnern. Mit einem feierlichen Läutefest wurden am 28. Oktober 2008 alle drei Glocken wieder in Betrieb genommen. Inzwischen konnten auch die Arbeiten an der Orgel zum Abschluss gebracht werden.
Orgel
Die Orgel wurde 1963 von der Werkstatt Emil Hammer Orgelbau errichtet. Das Schleifladen-Instrument hat 35 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spie- und Registertrakturen sind mechanisch.[2] Das Altarrelief wurde 1957 von der Bildhauerin Ingeborg Steinohrt geschaffen.[3]
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- Koppeln: II/I, III/I, I/P, II/P
Bleiglasfenster
Die Glasmaler Alexander Linnemann und Otto Linnemann entwarfen und fertigten zwei Bleiglasfenster, wie sich aus den Werkverzeichnissen von 1902 und 1914 ergibt. Ende der 1970er-Jahre gelangte ein Bleiglasfenster mit der Lutherrose aus der zum Abriss freigegebenen Leipziger Markuskirche nach Hannover und schmückt nun den Turm der Lutherkirche.[4]
Literatur
- Wolfgang Puschmann: Lutherkirche, in: Hannovers Kirchen. 140 Kirchen in Stadt und Umland. Hrsg. von Wolfgang Puschmann. Hermannsburg: Ludwig-Harms-Haus 2005, S. 12–15. ISBN 3-937301-35-6.
Einzelnachweise
- ↑ Stefan Amt: Die Planungs- und Baugeschichte der Lutherkirche in Hannover (PDF; 283 kB). Pub. bhb-Hannover.
- ↑ Nähere Informationen zur Orgel
- ↑ Rudolf Lange: Ingeborg Steinohrt, S.28
- ↑ Peter Gundlack: 2017 – Das Jahr des Reformationsjubiläums. In: Mittendrin. 104 (Februar/März 2017). Ev.-luth. Nordstädter Kirchengemeinde, Hannover, S. 2–3 (nordstaedter-kirchengemeinde.de [PDF; abgerufen am 11. Februar 2017]).
Weblinks
- Commons: Lutherkirche Hannover – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Homepage der Jugendkirche Hannover: Programm und Infos
- Offizielle Homepage mit Informationen zu Architektur, Interieur und Geschichte
- Planungs- und Baugeschichte - Dr.-Ing. Stefan Amt, Büro für hist. Bauforschung Hannover (PDF-Datei; 276 kB)
Koordinaten: 52° 23′ 14,1″ N, 9° 43′ 16,5″ O