Salsa, span. "Soße", ist eine Form der lateinamerikanischen Musik.
siehe auch: Liste der Salsa-Interpreten
Vorgeschichte
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war Kuba das Zentrum lateinamerikanischer Musik und wichtigster musikalischer Impulsgeber für alle an die Karibik angrenzenden Länder, insbesondere für Mexiko und die USA. Kuba war das bevorzugte Urlaubs- und Freizeitparadies der US-Amerikaner – es gab einen regen musikalischen Austausch und musikalische Neuerungen fanden schnell Eingang in den US-amerikanischen Musikmarkt. Anfang des Jahrhunderts gelangte der Danzón von Kuba nach Mexiko und etablierte sich dort ab den 20er-Jahren zunehmend in Mexiko-Stadt und Veracruz. In den 30er-Jahren unternahm die Rumba ihren Siegeszug von Florida bis nach New York City, angefangen mit „El Manisero“ von Dan Azapiazu y su Havana Casino Orquesta, dem ersten Rumba-Hit in den USA. Ab den 40er-Jahren mischten sich lateinamerikanische Rhythmen zunehmend mit dem Louisiana-Jazz - unter dem Einfluss von Bebop und Big Band Jazz formierten sich in den USA die sog. „Latin Big Bands“. Insbesondere New York wurde zur Hochburg des Latin-Jazz (Palladium, José Curbelo, Tito Rodríguez, Tito Puente, Israel „Cachao“ López). Einen anderen Weg nahm Ende der 40er der Mambo: Der Kubaner Dámaso Pérez Prado spielte in Mexiko bereits einige Zeit Mambo-Rhythmen, bis 1949 mit dem Hit „Qué rico es el Mambo“ der Durchbruch kam. Von Mexiko begann er daraufhin seine Tour die amerikanische Westküste entlang hoch nach Kalifornien, wo lateinamerikanische Musik traditionell weniger verbreitet war. 1955 feierte ein vom Mambo abgeleiteter, langsamerer Rhythmus in New York einen Übernachterfolg: der Cha Cha Cha. Es war die Zeit der großen Tanzorchester und Charangas, die in den Tanzpalästen aufspielten (Beny Moré, Ex-Sänger von Pérez Prado und Celia Cruz mit dem Tito Puente Orchestra). Zwei puerto-ricanische Musiker, Ismael Rivera und Rafael Cortijo, fanden sich 1948 zusammen: sie mixten die afro-karibischen Rhythmen Bomba und Plena mit der Latin-Big-Band-Musik, was für die damalige Zeit neuartig war. Mit ihrer Gruppe „El Combo de Cortijo“ erlangten sie in den USA und Puerto Rico große Popularität.
Mit der kubanischen Revolution 1959 und der darauffolgenden amerikanischen Blockadepolitik kam die fruchtbare musikalische Verbindung mit Kuba zu einem jähen Ende. Viele Kubaner flohen in die USA, kubanische Musik in den USA erlebte Anfang der 60er Jahre eine letzte Hoch-Zeit. Die USA versuchten ab 1962, den kulturellen Einfluss Kubas zurückzudrängen, der legendäre Tanzpalast Palladium in New York musste schließen. Rhythmen aus Brasilien, wie der Bossa Nova und die Samba sollten die entstandene Lücke schließen. 1964 kam eine Gruppe nach New York, die die Musikwelt international revolutionierte: Die Beatles. Der Einfluss der Rockmusik war nicht mehr aufzuhalten. Die großen lateinamerikanischen Tanzorchester waren unmodern und unökonomisch geworden und lösten sich 1963/64 auf. Die lateinamerikanische Musik schien dem nichts entgegensetzen zu können. Dann entstand eine neue Fusion von lateinamerikanischen Rhythmen und Rockmusik unter dem Vorbild des Twists: der Boogaloo. Er hatte seine kurze Blütezeit von 1966 bis 69 und war musikgeschichtlich der direkte Vorläufer der Salsa. Der andere gewichtige musikalische Strang hin zur Salsa stammt aus dem Latin-Jazz.
Ursprung des Begriffs
Izzy Sanabria, Journalist und Promoter des berühmten Fania Schallplatten-Labels, hat im Jahre 1974 den Begriff „Salsa“ als Bezeichnung der neuen Musikrichtung eingeführt. In seiner Zeitschrift „Sanabria“, dem „Latin NY Magazin“ und als Gastgeber der Salsa TV Show „'73“ hat er den Begriff verstärkt zur Kategorisierung und Beschreibung des neuen Stils eingesetzt. Im Fania-Film „Salsa“ 1975 wurde der Begriff dann endgültig im Titel etabliert. Dies bewirkte einen enormen Bekanntheitsschub, wodurch die Anfänge der Salsa vielfach auf die Mitte der 70er-Jahre angesetzt werden.
Man hat danach aus dem Rückblick versucht, den Ursprung des Begriffs „Salsa“ als Bezeichnung für die Musik zurückzuverfolgen: 1933 schrieb der kubanische Komponist Ignacio Piñerio den Son „Échale Salsita“. Der Begriff verselbstständigte sich im Laufe der Zeit zum Anfeuerungsruf für die Tänzer (ähnlich wie „azúcar“). Beny Moré eröffnete in den 50er-Jahren seine Shows oft mit der Begrüßung „Hola, Salsa!“. 1962 gab es erste Lieder, die den Begriff „Salsa“ auch im Titel trugen: „Salsa y Bembé“ in Joe Cuba Sextet's LP „Steppin' Out“ und Pupi Legarreta's Debut-LP „Salsa Nova“. Und nicht zu vergessen: „Salsa y Dulzura“ von Ray Barretto (auf dem Album: El „Ray Criollo“): ein Son Montuno, jedoch mit einem erweiterten Posaunen- und Trompetensatz (=„charanga moderna“). 1963 brachte der Pianist Charlie Palmieri mit seinem Orchester ein ganzes Album unter dem Titel „Salsa Na' Ma'“ heraus. Man darf dies jedoch nicht verwechseln. Salsa Na' Ma' war eine typische Charanga-LP mit traditionellen kubanischen Rhythmen – das gleichnamige Stück „Salsa Na' Ma'“ war ein Son Montuno mit der klassischen Violinen- und Flötenbesetzung. Dies alles hatte mit „Salsa“ im heutigen Sinne nicht viel gemein.
Dennoch entstand der von Fania propagierte Begriff „Salsa“ als Bezeichnung für die neue Musikrichtung nicht aus dem luftleeren Raum heraus: 1967 publizierten Ricardo Ray und Bobby Cruz ihr Lied „Salsa y Control“. Dies war eine Mischform, oft als „Salsa-Boogaloo“ bezeichnet. 1970 gab es eine Cover-Version der Lebron-Brothers unter dem Fania-Label, die dann in die Salsa-Geschichte einging: plötzlich entstanden in den 70er-Jahren in den USA eine Vielzahl von Clubs und Tanzschulen, die sich „Salsa y Control“ nannten. Zudem hatten lateinamerikanische Musikgruppen traditionell eine enge Bindung zu Venezuela. Venezuela ist das Land mit den größten Karnevals-Feierlichkeiten im karibischen Raum. Jährliche Tourneen nach Caracas gehörten daher zum festen Programm für lateinamerikanische Musiker. 1966 veröffentlichte „Federico y su Combo“ in Venezuela den Titel „Llegó la Salsa“. 1967 strahlte der venezolanische Radiomoderator Phidias Danilo Escalona sein Radioprogramm „La hora del sabor, la salsa y el bembé“ aus. Gruppen wie die von Ricardo Ray stellten 1967 den Boogaloo in Venezuela vor und diskutierten mit Escalona über die neue Musik in Interviews, so dass nicht mehr genau auszumachen ist, ob der Begriff „Salsa“ nun in New York oder Caracas geprägt worden ist (siehe dazu auch: Bobby Cruz). Auch Johnny Pacheco, Musikdirektor von Fania, und die Musiker der frühen Salsa-Ära sind 1974 zum Karneval nach Venezuela gereist und sollen von dort die Bezeichnung „Salsa“ mit zurück nach New York genommen haben.
Mit nachhaltiger Begeisterung aufgenommen wurde der Boogaloo auch in Kolumbien, wo er gegenüber der Cumbia vor allem durch seinen schnellen Rhythmus bestach. Bis in die Gegenwart wird der Boogaloo in Kolumbien noch geschätzt (Sonora Carruseles, Grupo Galé). Auf diese Weise erklärt sich, wie die Salsa ungefähr zeitgleich Ende der 60er-Jahre in den verschiedenen Zentren der USA, Puerto Ricos, Kolumbiens und Venezuelas entstehen konnte.
Bedeutung
Es wurde anfänglich vielfach behauptet, Salsa sei nur eine Etikettierung gewesen für die Vermarktung der Musik und somit eine Modeerscheinung. Im Grunde verberge sich dahinter nur die alten traditionellen kubanischen Rhythmen, aufgepeppt mit Jazz-Elementen zur besseren Kommerzialisierung. Beides ist so nicht haltbar. Natürlich braucht die Musikindustrie für einen neuen Musikstil einen Namen und nimmt damit eine Kategorisierung vor. Was eine Musikform aber über eine kurzfristige Mode hinaushebt ist der Grad der Identifikation der Musiker und der Zuhörer mit der Musik.
Die 60er-Jahre war die Zeit der politischen Umbrüche (Kennedy-Attentat, Vietnam-Krieg, die Proteste der schwarzen Bürgerrechtsbewegungen und Rebellion der Beatniks). In New York formierten sich puerto-ricanische Jugendliche zu den Young Lords, die bei ihrem Kampf um Gleichstellung und Anerkennung auch vor Gewalt nicht zurückschreckten. Allgemein litt die Latino-Gemeinschaft als Minderheit in New York unter Identitätsproblemen: die angloamerikanische Kultur schien übermächtig, puerto-ricanische Familien lebten nun schon in der 2.Generation in New York und die Kinder/Jugendlichen übernahmen selbstverständlich die amerikanischen Lebensgewohnheiten, insbesondere die englische Sprache. Die amerikanische Rockmusik dominierte die Medien. Die Salsa setzte in dieser Situation einen Kontrapunkt und schaffte einen Raum kultureller Identität ausgehend von der eigenen Herkunft und den besonderen Lebensumständen im “Barrio”. Das “Barrio” in New York, insbesondere Spanish Harlem und die South Bronx, war hauptsächlich von Puerto-Ricanern bewohnt. Sie nahmen Salsa selbstverständlich als eigene Musik auf. Aber auch die lateinamerikanische Gemeinde im New York der 60er-Jahre war bereits im Wandel begriffen und veränderte sich zusehends durch die Migranten aus Kuba, Panama und der Dominikanischen Republik. Sie alle wirkten an der Entstehung der neuen Musik mit.
Zur Verbreitung der Musik im karibischen Raum hat beigetragen, dass sich die sozialen Konflikte in den städtischen Ballungsgebieten New Yorks auch auf andere Städte Lateinamerikas übertragen lassen. Zudem war auch außerhalb der USA der Einfluss der englischsprachigen Rockmusik enorm: Venezuela am Ende der 60er Jahre war ein musikalisch gespaltenes Land: im Osten widmeten sich die Jugendlichen fast ausschließlich dem ”Surf” (=venezolanischer Ausdruck für die Rockmusik aus den USA), im Westen der “Salsa”. Salsa zu hören bedeutete zugleich immer auch eine Hinwendung zu den eigenen Traditionen und der eigenen Kultur. Eng verbunden war damit nicht nur die spanische Sprache, sondern auch die Liedtexte an sich bekamen eine größere Bedeutung für die Musik (etwa im Gegensatz zum Mambo, wo die Musikstücke reihenweise ganz ohne Text auskamen). "If you can't get into the lyrics you're missing at least 75% of it's significance." (Willie Colon).
Die politische Bedeutung ging streckenweise noch weiter: für Rubén Blades ist die Salsa eine Probe für die wundervollen Dinge, die Lateinamerikaner zu leisten vermögen. Sie ist die musikalische Identität des einen "Gran Colombia". Der Wunschtraum Simón Bolívars nach einem Zusammenschluss aller lateinamerikanischer Länder aufgrund der gemeinsamen Sprache und der kulturellen Wurzeln kam in der Salsa immer mal wieder zum Vorschein (etwa in Rubén Blades Plástico oder Gloria Estefans Hablemos el mismo idioma), gleichwie die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte mit ihrer Diskriminierung und dem Rassismus.
Entwicklung der Salsa
1963 spielte Tito Rodríguez mit seinem Orchester das letzte Mal beim Karneval in Venezuela; danach löste er es auf. Sein Pianist Eddie Palmieri, der jüngere Bruder von Charlie, formierte daraufhin seine eigene Gruppierung “La Perfecta”, allerdings in stark verminderter Besetzung: als Basis neben dem Gesang zwei Posaunen, Piano, Bass, Tumba (=Congas) und Bongos. Die Arrangements, in die er Jazz-Elemente und Improvisationen einfügte, schrieb er selbst. Das Vorbild, sich auf die Posaunen als einzigen Begleitinstrumenten für den Rhythmus zu konzentrieren, nahm er von dem Puerto-Ricaner Mon Rivera. Damit wurde er zu einem einsamen Pionier der Salsa-Musik. Er löste sich von dem Pomp und dem Glamour der großen Charanga-Orchester mit ihrer klassischen Besetzung, zugleich löste er sich aber auch von den Son-Conjuntos, in denen die Trompeten das Führungsschema innehatten, niemals die Posaunen. Ort der Musik waren nicht mehr die Tanzpaläste, sondern die kleinen Clubs und Bars in den Barrios. Die Arrangements mit den Posaunen-Riffs wurden aggressiver, in die Texte flossen die sozialen und politischen Konflikte seiner Zeit ein.
Die 80er-Jahre wurden oft als dekadenter Niedergang der Salsa empfunden. Um Fania, das Zentrum der Salsa-Musik, wurde es ruhiger, die ehemaligen Fania-Musiker starteten Solo-Karrieren. Auf der Suche nach Innovationen experimentierte man mit Rock-Instrumenten, insbesondere wurden Synthesizer in die Salsa-Bands mit aufgenommen. Ruben Blades entwarf 1980 ein sog. “Konzeptalbum”: Maestra Vida I and II, in dem jedes Lied mit dem nächsten verknüpft ist und alle Lieder auf diese Weise zu einer Gesamtgeschichte verbunden werden. Aber das blieb eine Ausnahme. Der Drang des musikalischen Schaffens, wie ihn noch die Salsa-Musiker der 70er-Jahre kannten, flaute ab.
Das Kabelfernsehen erreichte Anfang der 80er Puerto Rico und damit die MTV-Ära mit Rock, Pop, Metal und New Wave. Das Angebot an musikalischen Alternativ-Rhythmen vervielfältigte sich schlagartig und verdrängte die Salsa zunehmend aus den Medien. Stattdessen füllte ein anderer karibischer Rhythmus die Lücke: der Merengue! Puerto Rico erfuhr seit einiger Zeit eine zunehmende Einwanderungswelle von Dominikanern, die vor den Unruhen auf die Nachbarinsel flohen und den Merengue mitbrachten. Begleitet wurde die Welle insbesondere von einem Sänger: Wilfrido Vargas, der 1983 mit El Africano den Auftakt für eine ganze Reihe Merengue-Hits setzte und ihn damit international populär machte.
Das Interesse an der Salsa-Musik ließ dagegen allgemein nach. Um sie wieder in das Mainstream-Radio zu bringen begann man ältere Lieder, Balladen, etc. umzuarrangieren und mit Salsa-Rhythmen zu versehen. Salsa-Stücke wurden auf diese Weise zu Liebesliedern, oft mit einem frivolen Anklang. Das Thema “Sex” in den Texten wurde bewusst zum kommerziellen Erfolg eingesetzt. Was man persönlich nie zu sagen gewagt hätte, konnte in der Musik ganz offen besungen werden: sexuelles Verlangen, Aufforderung zur Untreue, Aufforderung zum Liebesspiel, usw. Damit hatte die Salsa ihre erste Sub-Kategorie: die “salsa erótica” war geboren. Die bekanntesten Vertreter dieser Ära sind Eddie Santiago in Puerto Rico (Tú me quemas, Tú me haces falta, Todo empezó) und der aus New Jersey stammende Frankie Ruiz (Desnúdame mujer, La rueda, Primero fui yo, Tú con él, Esta cobardía, etc.). Weitere bekannte Salsa-Erfolge waren Héctor Tricoches Lobo domesticado, David Pabon’s Aquel viejo motel oder der Klassiker Ven devórame otra vez von Lalo Rodgríguez. Jedoch der mit Abstand populärste Song, omnipräsent und anscheinend zeitlos beliebt, ist Lluvia von Eddie Santiago. Natürlich lässt sich Musik schlecht in Schablonen pressen: das 1986 am meisten in den US-Latino-Charts gespielte Salsa-Stück war El gran varón von Willie Colón. Es ist eine Erzählung über die sozialen Folgen des damals kürzlich entdeckten AIDS-Virus mit dem Aufruf zur Vorsicht vor der tödlichen Krankheit. 1987 suchte ein junger, bis dahin unbekannter Trobador aus Nicaragua den Kontakt zu Eddie Santiago in Puerto Rico und leitete nach einer kurzen, aber sehr fruchtbaren Zusammenarbeit mit ihm (1989-91) das Ende der “salsa erótica” ein: Luis Enrique. Er wandte sich ruhigeren und sanfteren Tönen in der Salsa zu, die er als bewusstes Gegenkonzept zur “salsa vieja” verstand (siehe auch: Luis Enrique). Dieser Salsa-Stil fand als “salsa romántica” Eingang in die Salsa-Geschichte und hält bis in die Gegenwart an. Der zurzeit kommerziell erfolgreichste Salsa-Sänger und zugleich Vertreter der “salsa romántica” ist Marc Anthony.
Musikalische Gestaltung
Instrumentierung
In mehr als 35 Jahren Salsa-Geschichte lassen sich Salsa-Bands in den unterschiedlichsten Zusammensetzungen finden. Im Salsa-Boom wuchsen die Gruppen auf die stattliche Größe von Tanzorchestern an, und je nach den verschiedenen regionalen Einflüssen wurden auch die entsprechenden Instrumente mit aufgenommen (Querflöte, Violinen, Akkordeon, Tres, etc.). Ausgehend von den Anfängen der Salsa um Fania in den 70er-Jahren lassen sich aber folgende Beobachtungen machen:
Salsa-Bands wurden gegenüber den Charanga-Orchestern drastisch reduziert, meistens auf eine Besetzung von maximal acht/neun Musikern. Neben dem Bass, dem Piano und dem Sänger wurde insbesondere ein Blechbläsersatz von zwei Posaunen oder zwei Trompeten aufgenommen. Manchmal findet man auch eine Mischung aus Posaunen und Trompeten, jedoch fast nie Saxophone, die mit ihrem weichen Klang später in größeren Bands höchstens zur Verstärkung der Blechbläser herangezogen werden. Posaunen bilden seitdem einen Eckpfeiler der Salsa-Musik – und das war ungewöhnlich. Komplettiert wird die Instrumentalisierung durch eine Rhythmus-Sektion von drei Musikern: Tumbao (=Congas), Bongos und Timbales. Dieses Trio wird manchmal durch Güiro, Maracas und Clave ergänzt. Letztere gehören aber zu den Rhythmus-Instrumenten, die nur gelegentlich eingesetzt werden – der Sänger nimmt etwa den Güiro zur Hand, während er singt.
Alle Rhythmus-Instrumente unterlegen die Musik gleichzeitig mit verschiedenen Schichten und spielen so in einer Polyrhythmik zusammen (den sog. "Patterns"). Der klassische Salsa-Sound entsteht dabei aus dem untrennbaren Zusammenspiel “tumba-bongó”. Beide Rhythmus-Instrumente betonen in der Tradition des Swing die 4. Zähleinheit im 4/4-Takt bei leichter Nebenbetonung des 2.Schlages. Der Gesang und alle Musikinstrumente betonen dagegen nach der europäischen Tradition die erste Zähleinheit, bei leichterer Nachbetonung des 3.Schlages. Auf diese Weise entsteht in der Salsa-Musik eine andauernde leichte rhythmische Disharmonie zwischen Melodie und Musikbegleitung auf der einen Seite und den Rhythmus-Instrumenten auf der anderen Seite, was aber das besondere “Salsa-Feeling” ausmacht.
Liebhaber der kubanischen Musik betonen des Weiteren die Bedeutung der Clave. Sie markiert eine Rhythmus-Einheit über zwei Takte nach dem Schema des kubanischen Son (siehe Bild).
Phrase: 1 . 2 . 3 . 4 . | 5 . 6 . 7 . 8 . ------------------+------------------ "3-2"-Clave: X X X | X X "2-3"-Clave: X X | X X X
Geschwindigkeit
Salsa umfasst mit ihren 40 bis 60 TPM (entspricht 160 - 240 bpm) einen ungewöhnlich breiten Geschwindigkeitsbereich und bewegt sich damit stufenlos auf einer Skala zwischen ruhigen Balladen und treibenden Stücken, die zu schnell sind um noch tanzbar zu sein. Gerade diese Variabilität steigert jedoch die Beliebtheit der Musik, da sie sich verschiedenen Stimmungen anpasst.
Die Zentren der Salsa
New York
In den USA findet sich Salsa seit Anbeginn vor allem in New York; hier findet auch jährlich das "Salsa-Festival" im Madison Square Garden statt.
Miami
Aufgrund der vielen Exilkubaner, die nach der kubanischen Revolution 1959 nach Florida geflohen sind, hat sich Miami nach New York zur zweiten großen Hochburg der Salsa in den USA entwickelt. Die kubanischen Einwanderer ließen sich vorwiegend in einem Stadtteil Miamis nieder, der "La pequeña Habana" genannt wird. Jedes Jahr fiebert man dort dem "Carnaval en la Calle Ocho" im März entgegen. 1978 wurde er zum ersten Mal gefeiert - mittlerweile verläuft er über 23 Avenidas und hat sich zum größten Straßenfest in den USA gesteigert. Seit 1988 findet dort auch das Musikfestival "Premio Lo Nuestro" statt, älter als der "Latin Grammy" und der bedeutendste Wettbewerb lateinamerikanischer Musik in den USA.
Der Karneval in Miami ist zugleich politisch ausgerichtet. Kubanische Emigranten hegen oft einen tiefen Groll gegen das Castro-Regime. Viele Künstler sind zugleich in Menschenrechtsbewegungen aktiv. Man gibt sich konservativ. Musik-Gruppen aus Kuba, bei denen der Verdacht besteht, dass sie mit der kubanischen Regierung in Verbindung stehen oder staatlich gefördert wurden, werden zum Karneval nicht eingeladen. Hier ist die Salsa Ausdruck der Sehnsucht nach einem freien Kuba ohne Fidel Castro.
Die bekannteste Salsa-Sängerin aus Miami ist sicherlich Gloria Estefan. Mit ihrem Album Mi tierra (1993) traf sie genau die melancholische Stimmung der Exil-Kubaner und machte kubanische Salsa in den USA populär. Aber auch Celia Cruz ist der kubanischen Gemeinde in Miami immer verbunden geblieben.
Puerto Rico
Puerto Rico stand auch in den 70er-Jahren noch unter dem Stern der Altmeister Rafael Cortijo und Ismael ("Maelo") Rivera. 1975 trafen sie sich zu einem Konzert im "Coliseo Roberto Clemente" in San Juan, Puerto Rico, und legten gemeinsam ihre alten Hits wieder auf (El bombón de Elena, Quítate de la vía Perico, Oriza, El negro bombón, Maquinolandera, u.a.). Mit dabei: Rafael Ithier am Piano, Roberto Roena an den Bongos, Cortijo selbst an den Timbales und Rivera Gesang. Die Wiedervereinigung hatte jedoch keinen Bestand, die Musiker trennten sich und kehrten zu ihren alten Gruppen zurück: Cortijo zu seiner Combo, Ithier zu El Gran Combo, Roena zu "El Apollo Sound" und Rivera zu seinen "Cachimbos".
"Cortijo y su Combo" blieb der kommerziell durchschlagende Erfolg versagt. El Gran Combo mit den Sängern Pellín Rodriguez und Andy Montañez wurde das Gegenstück zu Fania in New York und wuchs zur bedeutendsten Salsa-Gruppe Puerto Ricos heran. Sie arbeiteten unabhängig unter dem "Coco"-Label. 1973 stieg Rodriguez aus der Gruppe aus und wurde durch Charlie Aponte ersetzt. Das Duo Aponte/Montañez sang dann auch zu der berühmten Eröffnung in New York 1973 im Yankee Stadion vor 50.000 Zuschauern. 1977 verließ Montañez überraschend "EGC", um nach Venezuela zum Salsa-Orchester "Dimensión Latina" zu wechseln. Für ihn kam schließlich Jerry Rivas.
Neben El Gran Combo und "Cortijo y su Combo" sind Roberto Roena und "El Apollo Sound", Bobby Valentin (mit den Leadsängern Marvin Santiago und Luigi Texidor), Ricardo Ray & Bobby Cruz und nicht zuletzt die berühmte Gruppe La Sonora Ponceña von Papo Lucca die Salsa-Stars der 70er-Jahre in Puerto Rico.
Seit 1952 gilt Puerto Rico als „assoziierter Freistaat“ der USA, was Puerto-Ricaner de facto zu amerikanischen Staatsbürgern (ohne Wahlrecht) macht. Dies hat einen regen musikalischen Austausch zwischen der Insel und dem Festland zur Folge. Puerto-ricanische Einwanderer, wie der in New Jersey geborene Salsa-Sänger Domingo Quiñones kehren nach Puerto Rico zurück oder umgekehrt, in Puerto Rico geborene Sänger suchen den Erfolg in den USA (Cheo Feliciano, Tito Nieves, u.a.). Zudem war Puerto Rico traditionell immer Anziehungspunkt für lateinamerikanische Emigranten, insbesondere für dominikanische (José –El Canario- Alberto) und neuerdings auch wieder für kubanische (Rey Ruiz). Puerto Rico ist ebenfalls bekannt für seine Salsa-Sängerinnen, in Puerto Rico (Choco Orta), aber vor allem in den USA (La India, Brenda K. Starr, Helena Santiago).
In den 80er-Jahren hat sich das Zentrum der Salsa von New York weg hin nach Puerto Rico verschoben, insbesondere um die damals sehr populären Eddie Santiago und Frankie Ruiz.
Gilberto Santa Rosa und die Newcomer der 90er-Jahre, Jerry Rivera und Victor Manuelle, zählen aktuell zu den bekanntesten Salsa-Sängern Puerto Ricos.
Kuba
Kuba in den 70er-Jahren als "Salsa-Zentrum" bezeichnen zu wollen wäre verfrüht. Salsa wurde außerhalb Kubas entwickelt und wird bis in die Gegenwart zum weitaus größten Teil auch außerhalb Kubas gemacht. Trotz der Blockadepolitik der USA gelangte die Salsa über Puerto Rico relativ schnell nach Kuba - El Gran Combo war auch in Kuba bekannt. Dennoch waren Musiker in Kuba auf sich selbst gestellt. Es war bis in die 80er-Jahre hinein so gut wie unmöglich, ein Reise-Visum zu bekommen, ein Austausch mit dem Ausland fand nicht statt. Von Musik-Gruppen im Ausland erwirtschaftete Gewinne wurden einfach wegbesteuert. Das änderte sich erst Anfang der 90er-Jahre, als mit dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes und der Auflösung der Sowjetunion auch die Wirtschaftshilfe für Kuba wegfiel. Dies zwang die kubanische Regierung zu einer Liberalisierung des Musikmarktes. Kubanische Musiker genießen neuerdings bedingte Reisefreiheit und dürfen ihre Musik zum Teil selbst vermarkten. Zudem hat in den 90er-Jahren ein regelrechter Musik-Tourismus nach Kuba eingesetzt.
Der große Übervater kubanischer Salsa-Musik ist Juan Formell mit seiner Gruppe "Los Van Van" (1969). Ihm gelang, was nur wenigen kubanischen Musikern in den 70er-Jahren möglich war: er durfte Kuba verlassen und mit seiner Gruppe nach Peru reisen. Von dort brachte er den Surfrock und den Reggae mit. Im Anschluss scheute er sich nicht, E-Gitarre, E-Bass und Drum Set in seine Gruppe mit aufzunehmen (ein Synthesizer war in Kuba zu dieser Zeit unerschwinglich). Die neuen Rock- und Reggae-Klänge vermischt mit der traditionellen kubanischen Charanga-Musik nannte er Songo. Die große Zeit für Juan Formell y Los Van Van kam aber erst in den 90er-Jahren. Zusammen mit der kubanischen Gruppe Irakere mischten sie vermehrt Jazz-Elemente in ihre Arrangements und nannten die Musik fortan Timba. Der neue Stil schlug international wie eine Bombe ein (Te pone la cabeza mala [1997], Aqui llegó Van Van, Temba Tumba, Timba [1998]) und traf die Salsa-Szene der Welt an einem sensiblen Punkt. Von den USA und Puerto Rico ausgehend befand sich die „salsa romántica“ auf ihrem Höhenflug. Doch die neue kubanische Musik zeigte einen deutlich anderen Weg: Salsa ist nicht nur sanft und romantisch, sondern auch schnell und lebendig. Passend zur „Timba-Musik“ gab es auch einen eigenen Tanz-Stil gegen Hüftsteifheit: Despelote. Seit der Jahrtausendwende widmet sich Juan Formell dem Aufbau einer „Cuban All Star“-Musiker-Truppe in besonderer Zusammenarbeit mit der Gruppe NG La Banda. Deren Ex-Sänger Isaac Delgado hat mittlerweile eine erfolgreiche Solokarriere gestartet und sogar einen Vertrag bei einem US-Label.
Gleichwie Juan Formell y Los Van Van profitierten mehrere kubanische Salsa-Gruppen in den 90er-Jahren von der neuen Freiheit. Bekanntes Beispiel ist der Pianist Manolo Simonet, der 1993 seine Gruppe Manolito y su Trabuco gründete. Neben der typischen Posaunen- und Trompeten-Sektion nahm er auch die klassischen Charanga-Instrumente Flöte, Violine und Cello mit in seine Band auf. Der größte Erfolg der Gruppe war 1998 Marcando la distancia.
Weitere neue kubanische Salsa-Gruppen sind Bamboleo (1995), Orlando Valle, gen. „Maraca“ (1995), Ex-Flötist von Irakere, die Formation Charanga Habanera (1996) oder Azúcar negra (1997).
Venezuela
Federico Betancourt mit seiner Combo und die Gruppe "Sexteto Juventud" waren in Venezuela die Wegbereiter der Salsa in den 60er-Jahren. Angefangen hat alles 1966, als Federico seinen Titel Llegó la salsa veröffentlichte. Doch die Gruppen fanden aus sich heraus noch nicht das entsprechende Echo, um einen wirklichen Boom karibischer Musik in Venezuela erzeugen zu können.
1972 entstand die Gruppe Dimensión Latina nach puerto-ricanisch/newyorkinischem Vorbild mit einem Posaunen-Satz als einzigen Führungsinstrumenten. Mit dabei als Bassist und als Sänger war Oscar d’Leon. Innerhalb von 2 Jahren stieg "Dimensión Latina" zur führenden Salsa-Band Venezuelas auf und leitete den Salsa-Boom ein. Mit beigetragen dazu hat sicherlich auch der Besuch von Fania zum Karneval 1974. Es kam zum gegenseitigen Austausch, 1975 besuchte El Gran Combo den Karneval von Caracas, Dimensión Latina besuchte 1976 New York zum Salsa-Festival im Madison Square Garden. Doch auf dem Höhepunkt des Erfolgs verließ Oscar d’Leon 1976 überraschend die Gruppe und gründete seine eigene Formation "La Salsa Mayor". Dimensión Latina erholte sich von diesem Schlag erst, als 1977 der Sänger Andy Montañez von "El Gran Combo de Puerto Rico" nach Venezuela wechselte. Mit ihm setzte die Gruppe im Anschluss zwar noch deutlich Akzente in der Salsa-Musik, konnte aber den langsamen Niedergang nicht wirklich aufhalten. Später, im Jahre 1978, wechselte noch ein zweiter bekannter Sänger von El Gran Combo nach Venezuela und verstärkte "La Salsa Mayor“, nachdem diese sich ebenfalls mit Oscar d’León zerstritten hatte: Pellìn Rodriguez. Der Wechsel puerto-ricanischer Sänger nach Venezuela ist dabei kein Zufall gewesen: Venezuela, damals durch seine Erdölvorkommen für lateinamerikanische Verhältnisse ungewöhnlich wohlhabend, war ab Mitte der 70er-Jahre der führende Weltmarkt für Salsa-Musik. Nach dem Vorbild der Fania All Stars und der Puerto Rico All Stars versuchte der Perkussionist und Arrangeur Alberto Naranjo auch in Venezuela 1977 eine Vereinigung von Salsa-Musikern zu bewirken, genannt “Trabuco Venezolano“, doch nur mit bedingtem Erfolg.
Zur venezolanischen Salsa-Legende stieg dagegen Oscar d’León auf. Wie kein anderer hat er die venezolanische Salsa geprägt und sein Ruhm wirkt bis in die Gegenwart hinein: Oscar d’León, der Salsa-Teufel, der Salsa-Löwe, der König der Musiker (1992) und der Welt-Musiker (“sonero del mundo“, 1996). Sein Mythos hat ihn fast zum alleinigen Salsa-Vertreter Venezuelas gemacht, aus dessen Schatten es für andere Gruppen, wie "Los Dementes", "Federico y su Combo", "Los Satélites", "Billo’s Caracas Boys", "Watusi", "Grupo Mango" und viele andere trotz des Salsa-Booms fast unmöglich war, herauszutreten.
Zu den Gruppen, denen dies gelungen ist, gehört sicherlich in den 80er-Jahren "Naty y su Orquesta" (Josè Natividad Martínez), zudem die 18-köpfige Gruppe Guaco, die in den 90er-Jahren unter ihrem Sänger und Leiter Gustavo Aguado international bekannt geworden ist. Zwei jugendliche venezolanische Salsa-Gruppen, die in der jüngeren Gegenwart auf sich aufmerksam gemacht haben, sind Adolescent’s Orquesta (1994) unter der Leitung des Pianisten „Porfi“ Baloa. Daraus hervorgegangen sind nach internen Streitereien das Orquesta Pasión Juvenil (mit Sänger Wilmer Lozano, 1997).
Kolumbien
Nicht zu vergessen Kolumbien mit den Hochburgen Barranquilla, Cartagena und Cali, in denen jährliche Tanz-und Musikwettbewerbe stattfinden.
Aus Kolumbien stammen La Sonora Carruseles , Fruko y sus Tesos , Joe Arroyo, Grupo Niche,Yuri Buenaventura, Grupo Galé und Los Titanes.
Japan
Und last but not least soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine große Anzahl peruanischer Emigranten auch in Japan zur Bildung einiger bedeutender Salsa-Enklaven geführt hat (Orquesta de La Luz, Orquesta del Sol).
Literatur
- Aparicio, Frances R. , Listening to Salsa (Music/Culture), University Press of New England, 1998
- Arne Birkenstock und Eduardo Blumenstock: Salsa, Samba, Santeria. Lateinamerikanische Musik. Mit Audio-CD., dtv 2002. ISBN 3-423-24341-4 (Ausführlicher Überblick über die geschichtliche Entwicklung der lateinamerikanischen Musik).
- César Miguel Rondón: El Libro de la Salsa (Colombia 2004) [span.] Beschreibung und Inhalt des Buches
- Hernando Calvo Ospina: Salsa. Havana Heat - Bronx Beat., Schmetterling Verlag 1997. ISBN 3-896-57395-0
Weblinks
- Salsa Repräsentative Musiker, CDs, Salsa Musik-Clips zum Anhören. (englisch)
- http://www.justsalsa.com (englisch)
- http://www.salsaholic.de (deutsch / englisch) <-- incl. aktuellem Konzertkalender
- http://www.salsa-in-cuba.com