Geschlechterunterschiede im Sport

Bedeutung des Geschlechts im Sport
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Als Geschlechterunterschiede beim Sport versteht man Unterschiede, die auf deren Zugehörigkeit zum männlichen oder weiblichen Geschlecht zurückgeführt werden und einen Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit haben.

Rūta Meilutytė (Weltrekordhalterin 100 m Brust) mit anderen litauischen Schwimmern
Lee Sang-Su und Park Young-Sook, gemischtes Doppel bei der WM 2013
Oksana Masters und Rob Jones, Mixed-Skull Team bei den Paralympics 2012
Lilly Scholz und Otto Kaiser, Paarlauf, Winterolympiade 1928
U 10 Meisterschaftsspiel, 2009

Unterschiede

Das männliche und das weibliche Geschlecht unterscheiden sich anatomisch neben den Geschlechtsteilen auch in Körpergröße, Gewicht, Muskelmasse und Körperbau. Männer sind im Schnitt 12 cm größer[1] und 10 bis 20 kg schwerer als Frauen. Während der Körperbau bei Frauen rumpfbetont ist, sind bei Männern die Extremitäten betont. Frauen haben kleinere Atemwege, und auch ihre Herzen und Lungen sind relativ kleiner, die Herzfrequenz relativ höher, die Blutmenge und der Wert des Sauerstofftransporteurs Hämoglobin sind relativ niedriger als bei Männern. Frauen haben einen höheren Anteil an Körperfett und weniger Muskelmasse, auch der Stoffwechsel ist bei beiden Geschlechtern unterschiedlich.[2]

Unterschiede in der Durchschnittsbevölkerung

Frauen besitzen im Bevölkerungsdurchschnitt etwa zwei Drittel der körperlichen Leistungsfähigkeit von Männern und haben im Durchschnitt 55 % der Muskelkraft von Männern. Die besten 20 % der Frauen haben dieselbe körperliche Leistungsfähigkeit wie die schlechtesten 20 % der durchschnittlichen männlichen Bevölkerung.[3]

Unterschiede im Leistungssport

Männer erreichen im Leistungssport im Schnitt 10 bis 20 % mehr körperliche Leistungsfähigkeit in den verschiedenen Disziplinen. Es ist nicht möglich ein einzelnes einheitliches Maß für die Leistungsfähigkeit des Menschen aufzustellen. Stattdessen wird die Leistungsfähigkeit für jede Disziplin beziehungsweise jeden Bewegungsablauf im Sport einzeln definiert. Beispiele sind in der folgenden Tabelle im Abschnitt „Weltrekorde“ aufgeführt. Dieser Effekt ist umso stärker, je mehr es auf Kraft ankommt.[4][5] Der höhere Fettstoffwechsel von Frauen ist bei Ultra-Ausdauerdisziplinen von Vorteil.[6]

Intersexualität beim Sport

Die Natur bietet eine breite Spanne von Ausprägung der Geschlechter. So gibt es beispielsweise Frauen mit erhöhtem Testosteronspiegel und Menschen mit Androgenresistenz, die bei einem XY-Karyotyp ein weibliches Erscheinungsbild haben. Diese und weitere Zwischenformen zwischen Mann und Frau werden unter dem Begriff Intersexualität zusammengefasst. Dieser Umstand erschwert es, eine allgemein für den Leistungssport gültige Definition für „Frau“ zu finden.[7][8]

Damit Männer nicht bei Frauenwettbewerben antreten, finden bei Verdachtsfällen Geschlechtsüberprüfungen statt.

Geschlechtertrennung beim Sport

Aufgrund der unterschiedlichen physischen Leistungsfähigkeit werden in den meisten Sportarten die Geschlechter getrennt. Dies gilt sowohl für Einzel- als auch Mannschaftssportarten. Häufig sind die Sportgeräte, welche Frauen verwenden anders, meist kleiner oder leichter, als jene die Männer verwenden. Beispielsweise ist der Basketball der Frauen ist 2,54 cm kleiner[9], das Frauen Volleyballnetz 19 cm niedriger und der Frauen-Diskus 1 kg leichter, als das Gegenstück der Männer.

Unter den 28 verschiedenen Sportarten bei den olympischen Sommerspielen 2016 ist Reiten die einzige, in der Frauen und Männer gemeinsam antreten. In Rhythmischer Sportgymnastik und Synchronschwimmen sind nur Frauen zugelassen.

Auch im Schießen werden an Olympiaden männliche und weibliche Athleten getrennt, obwohl bei diesem Präzisionssport Männer keinen Vorteil gegenüber Frauen haben. In der Schweiz treten männliche und weibliche Schützen gemeinsam an, beispielsweise beim Knabenschiessen. Seit den olympischen Spielen in Mexiko 1968 können Frauen an Schiesswettbewerben teilnehmen. Zunächst wurden sie in die Männerteams integriert. Seit Los Angeles 1984 werden die meisten Schießbewerbe für Frauen getrennt durchgeführt. Der olympische Skeet-Wettbewerb wurde jedoch weiterhin gemeinsam durchgeführt, bis 1992 die Chinesin Zhang Shan als erste Frau überraschend gewann. Vier Jahre später, bei den Olympischen Spielen in Atlanta, waren die Frauen vom Skeet-Bewerb ausgeschlossen und Zhang Shan konnte ihren Sieg nicht verteidigen. Erst 2000 in Sydney wurde das Wurfscheibenschießen für Frauen zum eigenständigen olympischen Bewerb erhoben. Auch bei anderen Präzisionssportarten, wie dem Pétanque treten beide Geschlechter gemeinsam an.

Bei allen Pferdesportarten treten Männer und Frauen gemeinsam an: Westernreiten, Distanzreiten, Dressurreiten, Springreiten, Vielseitigkeitsreiten, Fahrsport, Pferderennen und Voltigieren. Beim Polo wird der physische Vorteil der Männer durch das Handicap ausgeglichen. Beim Leistungspflügen ist der Frauenanteil bisher überschaubar, wobei die Frauen meistens die Pferde führen.

Gemischte Doppel, gemischte Teams und Paare

Gemischte Doppel mit Teams zu je einer Frau und einem Mann werden in den Rückschlag-Sportarten Tennis, Tischtennis und Badminton ausgetragen.

Gemischte Teams gibt es bei den Wassersportarten Segeln, Rudern und Kanufahren (Canadier), aber auch beim Curling, Unihockey-Mixed, Volleyball, Softball, Fussball und Ultimatefrisbee.

Beim Tanzen, Eiskunstlauf und Eistanzen gibt es Paarwettbewerbe, bei denen Paare aus Männern und Frauen antreten. Beim Eiskunstlauf und Ballett gibt es Hebefiguren, bei denen aufgrund der physischen Gegebenheiten meist der Mann Part des Untermanns übernimmt. Beim Voltigieren übernimmt das jeweils Größere die Untermann- beziehungsweise die Unterfrau-Rolle.[10]

Sportarten mit Besonderheiten bezüglich des Geschlechtsunterschieds

Der Geschlechterabstand im Schwimmen beträgt 6–15 % zugunsten der Männer. Beim Schwimmsport wirken sich die biologischen Unterschiede weniger gravierend aus als bei anderen Sportarten. Badeanzüge bedecken mehr Fläche als Badehosen und fördern auf diese Weise die Geschwindigkeit.[11]

Beim Fußball spielen Mädchen und Jungen in Deutschland üblicherweise bis zur D-Jugend gemeinsam.[12]

Weltrekorde

 
Die Rekorde in den Sprungdisziplinen liegen bei den Männern etwa 15 bis 18 % höher/weiter als bei den Frauen
 
Der Rekord im Speerwerfen der Männer ist etwa 27 % weiter als der Rekord der Frauen.
Sportart Disziplin Rekord Unter­schied
Werfen Diskuswurf[13] 74,08 m (2 kg)   kein Vergleich möglich:
versch. Wurfgewichte
76,80 m (1 kg)  
Laufen Ultramarathon 100 km[14] 6:10:20 h   6 %
6:33:11 h  
Laufen Marathonlauf[15] 2:02:57 h   9 %
2:15:25 h  
Eisschnelllauf 100 m-Eisschnelllauf[16] 9,40 s   9 %
10,21 s  
Laufen 100-Meter-Lauf[17] 9,58 s   10 %
10,49 s  
Laufen 400-Meter-Lauf 43,18 s   10 %
47,60 s  
Laufen 1500-Meter-Lauf 3:26,00 min   12 %
3:50,07 min  
Schwimmen 50 m Brust[18] 26,42 s   12 %
29,48 s  
Schwimmen 50 m Rücken 24,04 s   13 %
27,06 s  
Schwimmen 50 m Freistil 20,91 s   14 %
23,73 s  
Springen Hochsprung[19] 2,45 m   15 %
2,09 m  
Springen Weitsprung 8,95 m   16 %
7,52 m  
Springen Stabhochsprung 6,16 m   18 %
5,06 m  
Gewichtheben Zweikampf Gewichtsklasse bis 69 kg[20] 359 kg   20 %
286 kg  
Gewichtheben Reißen Gewichtsklasse bis 69 kg[21] 166 kg   23 %
128 kg  
Werfen Speerwurf[22] 98,48 m (800 g)   27 %
versch. Wurfgewichte
72,28 m (600 g)  
Gewichtheben Stoßen höchste Gewichtsklasse [23] 263 kg   27 %
193 kg  


Einzelnachweise

  1. A century of trends in adult human height, 26. Juli 2016
  2. Männersport – Frauensport. Abgerufen am 28. Januar 2017 (deutsch).
  3. „Women on average possess 55 per cent of the muscle strength and 67 per cent of the endurance of men. The average 20-to-30 year-old woman has the same aerobic capacity as a 50 year-old man. (…) The top 20 per cent of women are at a physical performance level comparable to the bottom 20 per cent of the average male population“ aus: Helena Carreiras u.a. (Hrsg.): Women in the Military and in Armed Conflict, Verlag für Sozialwissenschaften, 1. Auflage, Wiesbaden 2008, S. 10
  4. „The top 20 per cent of women are at a physical performance level comparable to the bottom 20 per cent of the average male population“ aus: Helena Carreiras u.a. (Hrsg.): Women in the Military and in Armed Conflict, Verlag für Sozialwissenschaften, 1. Auflage, Wiesbaden 2008, S. 10
  5. Frauen-/Männer-Fußball: So groß ist der Unterschied wirklich. In: https://www.tz.de. 25. Juni 2011 (tz.de [abgerufen am 28. Januar 2017]).
  6. Energiebilanz und Fettstoffwechsel, Lutz Aderhold, German Road Races, 23. Januar 2014
  7. Remo Geisser: 800-m-Lauf der Frauen: Der Endlauf der Kontroverse. In: Neue Zürcher Zeitung. 20. August 2016, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 28. Januar 2017]).
  8. Diese intersexuellen Sprinterinnen deklassieren ihre Gegnerinnen – liegts am Testosteron? In: az Aargauer Zeitung. (aargauerzeitung.ch [abgerufen am 28. Januar 2017]).
  9. http://www.fibaamericas.com/files/informes/A025ACC10A544F25857E5C8576F69696.pdf
  10. leopardhuga: Barbie & Ken (Eszter Somogyi & Balázs Bence) CVIO Stadl Paura 2010. 19. Mai 2010, abgerufen am 28. Januar 2017.
  11. Stärker als Männer? Die Grenzen des weiblichen Körpers. In: Die Presse. (diepresse.com [abgerufen am 28. Januar 2017]).
  12. „Mädchen und Jungen so lange wie möglich zusammen“ :: DFB - Deutscher Fußball-Bund e.V. Abgerufen am 28. Januar 2017.
  13. Diskuswurf
  14. IAU World Best Performances
  15. Leichtathletik-Weltrekorde
  16. Liste der Eisschnelllaufweltrekorde
  17. Leichtathletik-Weltrekorde
  18. Liste der Schwimmweltrekorde
  19. Leichtathletik-Weltrekorde
  20. Liste der Weltrekorde im Gewichtheben
  21. Liste der Weltrekorde im Gewichtheben
  22. Leichtathletik-Weltrekorde
  23. Liste der Weltrekorde im Gewichtheben