Strodival
Die von einem User Pety abgegebene Empfehlung Strodival nach Belieben zu dosieren (wie einen Lutschbonbon sozusagen) ist sehr fahrlässig bei einem herzwirksamen Mittel. Wenn ein solcher gefährlicher Eintrag hier wiederholt werden sollte, muss ich erwägen Sie einem einem Administrator zu melden zwecks Begrenzung Ihrer Schreiberechte ! Dr. med. Wiessner
@Dr. med. Wiessner:
Die Nebenwirkungen, die dem oralen g-Strophanthin in der Roten Liste zugeschrieben werden, ergeben sich aus der Einordnung in die Substanzgruppe der Herzglykoside, deren bekanntere Vertreter die Digitalis-Glykoside sind. Da das gängige wie falsche Dogma (noch) herrscht, alle Herzglykoside wirkten gleich, stehen aus formalen Gründen beim oralen g-Strophanthin (Strodival(R)) die Nebenwirkungen des Digitalis, die aber bei oralem g-Strophanthin NIEMALS beobachtet werden.
Die unterschiedliche Wirkung ergibt sich schon allein aus der von mittlerweile immer mehr Forschern (z.B. von Prof. Schoner / Giessen) anerkannten Tatsache, daß g-Strophanthin und Digoxin in niedrigen Konzentrationen gegensätzlich auf die Na-K-ATPase wirken, g-Strophanthin stimulierend, Digoxin hemmend. Höhere (toxische) Konzentrationen von g-Strophanthin, wie man sie mit hoher i.v.-Dosierung und natürlich in vitro erreichen kann, wirken hemmend auf die Na-K-Pumpe. Aus diesem Grund kumuliert orales Strophanthin auch nicht mit Digitalis, sondern wird von etlichen Praktikern der oralen Strophanthin-Therapie (insgesamt immerhin mehrere Tausend Ärzte in Deutschland) ohne Probleme seit Jahrzehnten zusätzlich zu einer Digitalis-Therapie empfohlen und eingesetzt, ja gerade mit Erfolg bei Digitalis-Intoxikationen (zusätzlich zu speziellen, auch in diesem Wikipedia-Artikel angeratenen Maßnahmen), zumindest nicht abgesetzt in letzterem Fall.
Hierzu ein kurzer Auszug aus meinem Buch über Strophanthin: "Gibt es in der praktischen Therapie-Erfahrung mit oralem g-Strophanthin eine konkrete Gefahr der Ver-giftung? Von der vom Hersteller des Strodival® (vorsichtig) angegebene ma-ximalen Dosis von 4 mal 2 Dra-gees zu 3 mg pro Tag sind bis auf mehr oder weniger seltene Schleimhaut-Rei-zungen des Verdauungstraktes (= Phänomene bei der Resorption) keinerlei Vergiftungserscheinungen bekannt. Laut Dr. Walter Dürsch, ehemaliger leitender Chemiker der Hoechst-AG und selbst vom Herz-in-farkt betroffener Autor der 860-Seiten-Dokumentation “Sind die meisten Infarkte ver-hütbar ?” (6), sind aber selbst 60 mg orales g-Strophanthin täglich, verteilt auf 5-20 Einzeldosen von 3-12 mg, noch als völlig ungefährlich zu betrachten. Dr.med.Berthold Kern als bester Kenner des Medikaments verordnete bei schweren Herzmus-kelschäden bis zu 5 mal 5 magensaftresistente Kapseln Strodival mr® (75 mg täglich), ohne ir-gendwelche gefährlichen Nebenwirkungen (1). Zitat aus W.Maus: “Strophanthin-Re-port 85” (541), S.4: “Die Ungiftigkeit oralen Strophanthins ist nicht nur aus Klinik und Praxis be-kannt, sondern noch deutlicher aus Suizidversuchen, die ausnahmslos miß-lungen sind. Einmaldosen von mehreren Hundert Milligramm blieben symptomlos von Seiten des Herzens. Nach einer Einzeldosis um 900 mg wurden zwar flüchtige Übelkeit, Reizmyokard-Anomalien und ST-Veränderungen (im EKG, Anm.d.Autors) beobachtet, aber sie waren schon nach drei Tagen wieder zu subjektiv wie objektiv ‘bestem Wohlbefinden’ spontan abgeklungen. ... Auch wo Kranke nicht aus Suizidabsicht, son-dern aus Unverstand oder Angst sinnlos über den Bedarf hinaus dosiert hatten (z.B. um 200 mg), da konnten Überdosierungsschäden klinisch nie festge-stellt werden.’ Dziuba berichtete in der Münchner Med. Wochenschrift 1953 (1061) von einem Patienten, der in Suizidabsicht 60 mg g- und k-Strophanthin (Strophoral®) nahm, was nach 30-45 Minuten zu Übelkeit und Erbrechen sowie Herzrhythmus-Störun-gen führte. Am 4. Tag im Krankenhaus gingen die Symptome bis zur vollständi-gen Normalisierung zurück.
Das Oberlandesgericht München untersagte dem “Stern” die unrichtige Behauptung zu verbreiten, es sei gefährlich, bei einem akuten Herzinfarkt Strophanthin in Zerbeißkap-seln einzunehmen (826). Im Rahmen des eingeholten Gutachtens gab es eine Anfrage an das Bundesgesundheitsamt nach Informationen über Zwischenfälle mit Strophanthin. Zitat von Peter Schmidsberger (826), S.16: “Dort sind trotz Meldepflicht derartige Risi-ken nie registriert worden.” 1998 teilt die Arzneimittel-Kommission der Deutschen Apo-theker mit, daß ihr ein Fall von Schwindel, Benommenheit, Atemnot und Tachykardie berichtet worden war, jedoch eine Literatur-Recherche keinerlei weitere Fälle von Ne-benwirkungen von Strodival ergab, und dies bei einer Zahl von 130.145 Patienten-jahren, die sich 1997 bei einer durchschnittlichen Tagesdosis von 9 mg Strodival® oder Strodival spezial bzw. mr® errechnet, wobei die umfangreichen Erfahrungen mit Strophoral(R) und anderen Präparaten hierbei nicht berücksichtigt sind.
In mehreren Jahrzehnten praktischer Erfahrung mit zigtausenden Patienten nach dem Zweiten Weltkrieg ist bislang nur ein einziger, sehr zweifelhafter und unbewiesener Fall einer tödlichen Vergiftung mit oralem Strophanthin dokumentiert worden. Zitat aus Walter Neugebauer: “Vergiftung durch Strophoral-konzentrat”, Archiv für Toxikologie, 1960, S.272: “In der ersten Zeit der Strophanthin-Behandlung sind ... bei Injektionen ... immer wieder Todesfälle vorgekommen, doch lag dies daran, daß man damals meist 1,0 mg verabfolgt hat, eine Dosis, die bereits an oder über der gefährlichen therapeuti-schen Breite liegt. Seitdem man mit kleineren Dosen von 0,25 - 0,5 mg arbeitet, ist die Gefahr des plötzlichen Herzto-des praktisch beseitigt, wobei allerdings gelegentlich bei 0,5 mg das eine oder andere Mal unliebsame, selbst bedrohliche Erscheinungen eintre-ten können. Bei Dosen von 0,25 - 0,125 mg sind für den Patienten praktisch alle Gefah-renmomente ausgeschaltet (684). Es ist sicher als Fortschritt zu werten, daß die phar-mazeutische Industrie nun auch die orale Strophanthinbehandlung möglich gemacht hat. Dem einsichtigen Kranken kann man sie ohne Bedenken in die Hand geben. ...Die Dosis liegt natürlich höher als bei intravenösen Injektionen, doch gehören Zwischenfälle bei oraler Verabfolgung sicher zu den Seltenheiten.” Es folgt die detaillierte Beschreibung eines Falles, in dem ein Patient mit langjähriger schwerer Nierentuberkulose und Herz-schaden sowie in den letzten Monaten mit starken Nierenschmerzen und häufigen schmerzhaften Herzanfällen, häufigem Fieber und starkem Gewichtsverlust neben der Tuberkulose-Behandlung Strophoral® und Polamidon®, ein Schmerzmittel, erhält. Als er eines Tages wegen plötzlich heftig auftretender Schmerzattacken die Arzneien ver-wechselt und anstelle von Polamidon 20 Tropfen Strophoral® mit insgesamt 10 mg Strophanthin einnimt, tritt “fast schlagartig ein lebensbedrohliches Bild auf”. Der bald eintreffende Arzt fand einen totalen Reizletungs-Block des Herzens vor; kurz danach, 30 Minuten nach Einnahme des Mittels, trat der Tod durch Herzstillstand ein. Eine Au-topsie wurde nicht veranlaßt. - Kann man in einem solchen Fall wie diesem behaupten wollen, der Tod sei zweifelsfrei auf das Strophanthin zurückführen? Zwar gab die Do-sierungsvorschrift des Herstellers 4 mal 3 mg täglich als Obergrenze an, doch liegen 10 mg als Einzelgabe durchaus noch im heutigen therapeutisch unbedenk-lichen und bei akuten schweren Anfällen wie in diesem Fall im üblichen Dosierungsbereich. Mögli-cherweise wäre der Patient auch verstorben, wenn kein Medikament eingenommen wor-den wäre. Niemand hat jemals ernsthaft behauptet, daß mit Strophanthin alle Herz-Todesfälle verhindert werden können. Diesbe-züglich stellt sich die Frage, ob der Patient das Strophoral® vorher überhaupt regelmäßig eingenommen hatte. Daß er gegen seine Herzattacke das Schmerzmittel und nicht das in diesem Fall angezeigte Stro-phanthin einnehmen wollte, spricht eventuell dagegen. In den Rundbriefen der “Internationalen Gesell-schaft für Infarktbekämpfung” (26) berichtet ein Arzt über einen Fall, in dem er bei einem Haus-besuch einem Patienten mit schwerem Herzanfall eine Strophanthin-Injektion geben wollte. Noch während er die Spritze vorbereitete, verstarb der Patient. Wenn der Arzt zufällig etwas schneller gewesen wäre, dann hätte alles danach ausgese-hen, als hätte ihn der Arzt mit Strophanthin zu Tode gespritzt.
1929 gab es einen Giftmordprozeß, in dem der Arzt Dr.Richter für schuldig befunden wurde, seine Ge-liebte mit einer übergroßen rektalen Dosis von g-Strophanthin zusam-men mit Kokain zur Verhinderung der massiven Entleerungs-Reaktion, getötet zu haben (685). 1952 berichteten Heilmeyer et al. (667 b) bei 12 mg Strophoral® täglich am 5. Tag von Überreaktionen (Herzrhythmusstörungen, Übelkeit) bei einer Patientin, die auch intravenöses g-Strophanthin schlecht vertrug. Die Beschwerden verschwanden nach Absetzen des Mittels ohne Folgen. Weitere Vergiftungen mit nicht gespritztem g-Strophanthin sind nicht dokumentiert worden. Alle therapeutischen Erfahrungen mit oralem / perlingualem Strophanthin geben keinerlei Anhalt für ernsthaftere Nebenwir-kungen, Intoxikationen oder relevante Interaktionen mit anderen Medikamenten."
nebenbei: immerhin anerkennen Sie die Resorption von oralem g-Strophanthin, denn wenn die Lehrbücher diesbezüglich richtig wären (große Differenz zwischen Forschung und Lehre !), könnte orales g-Strophanthin ja überhaupt keine Wirkung haben...
Ich hoffe, ich konnte zur Klärung dieses (ohne vorige nähere Information verständlicherweise) strittigen Punktes beitragen.
So wie der betreffende Satz nun wieder da steht (..."sollte ihr Einsatz in individueller Dosierung unter engmaschiger Blutspiegelkontrolle erfolgen.), ist er das orale Strophanthin betreffend einfach nicht zutreffend.
--RJ Petry 02:14, 25. Jul 2005 (CEST)
Ergänzung: Zwischen strenger Kontrolle der Blutspiegel durch den Arzt und fahrlässigem Umgang wie mit einem Lutschbonbon gibt es ja auch noch etwas dazwischen. Ich gehe davon aus, daß die Dosisfindung nach Erfolg und Bedarf in einem gewissen Rahmen vonstatten geht und der Patient schon aus Gründen der Sparsamkeit (heutzutage aktueller wg. Praxis- und Rezeptgebühr) so niedrig wie möglich dosiert und so hoch wie nötig.
--RJ Petry 11:34, 25. Jul 2005 (CEST)
Also ichhab bei Pubmed und bei Google nach Contrerasund die >Stimulation der Na-K-Pumpedurch andere Herzglykoside geforscht, aber nix gefunden. Würde mich sehr interessieren !!! Auch daß Convallaria eine größere Rolle in der Therapie spielen soll als Strophanthin, würde ich sehr gerne nachlesen - ich kanns nämlich kaum glauben, das wäre mir doch mal begegnet. Aber ich laß mich ja gerne überraschen. Oder handelt es sich hier um homöopathische Arzneien ? Nix gegen die Homoöpathie, aber das wär schon was anderes...
--RJ Petry 11:17, 29. Jul 2005 (CEST)