Reichsflugscheibe

fiktives Flug- und Raumfahrzeug
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Unter dem Begriff Reichsflugscheiben wird ein Mythos behandelt, wonach untertassenförmige Flug- und Raumfahrzeuge im Dritten Reich gebaut und getestet worden sein sollen. Historisch und technisch gibt es keine Belege, jedoch taucht das Thema in der pseudowissenschaftlichen Literatur gelegentlich auf.

Konstruktion

Neben der scheibenförmigen Bauform werden diesen Luftfahrzeugen teils enorme Flugleistungen zugeschrieben, die wiederum auf einer fortschrittlichen, bis heute nicht bekannten oder auch geheim gehaltenen Technologie beruhen würden. Die Grenzen zwischen Physik, Fantasy und Fälschung sind dabei fliessend.

Reichsflugscheiben werden teils auch zusammen mit neuartigen U-Booten (USO - Unbekannte Unterwasser Objekte) erwähnt, wobei flug- und tauchfähige Kombinationen etwa für Vorfälle im Bermuda-Dreieck verantwortlich gemacht werden.

Als Beweis werden gerne handgezeichnete Konstruktionsskizzen oder unscharfe Schwarzweissfotos vorgelegt, die auch im Internet zirkulieren (z.B. als "Haunebu"). Vollständige Beweise und Unterlagen, heisst es meist, seien vor Kriegsende vernichtet oder auch von den Alliierten mitgenommen und geheim gehalten worden.

Erklärungsversuche

Der Mythos könnte bereits aus deutschen Experimenten mit Nurflüglern zum Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden sein. Belegt ist unter anderem die Existenz der Sack AS-6 von Arthur Sack, einem Flugzeug mit kreisrunder Tragfläche, dessen Startversuche im Februar 1944 allerdings nur zu kurzem Abheben führten.

Andere Flugscheiben, so des deutschen Erfinders Friedrich Jebens, sind nicht einmal vom Boden abgehoben. Diese um ihren Mittelpunkt rotierende Konstruktion diente angeblich der gängigen Hollywood-Version vom UFO als Vorlage (z.B. in dem Film Mars Attacks).

Eine Reihe manntragender, UFO-ähnlicher Luftfahrzeuge wurde in den 1950er Jahren entworfen. Keine dieser Konstruktionen ist jedoch je geflogen.

Berichterstattung

Im März 1950 berichtete erstmals der Spiegel über Nazi-Flugscheiben. Von der Boulevardpresse wird die Reichsflugscheibe selten behandelt, nur die Bild-Zeitung brachte am 6. Dezember 2004 dazu einen Aufmacher in der Druck- und Onlineausgabe.

Rechte Szene

Ebenso wurde das Thema von Teilen der rechten Szene aufgegriffen. Dabei vermischen sich ein esoterischer und ein Nazi-Diskurs in eigentümlicher Weise: Der ehemalige SS-Mann Wilhelm Landig spinnt in seinen Romanen das Thema der Flugscheiben aus, mit denen SS-Leute in die Antarktis geflohen seien, um ihren Kampf gegen die Freimaurerei fortzuführen. Der deutsch-kanadische Holocaustleugner Ernst Zündel hat unter dem Pseudonym Christof Friedrich ebenfalls zwei Bücher über diesen Mythos verfasst.

In Deutschland wird die Zeitung Ufo-Kurier zusammen mit rechter Literatur vertrieben. Ein Dachverband im deutschsprachigen Raum war die „Deutsche Ufo/Ifo-Studiengesellschaft“ (DUIST), die wiederum mit Hermann Oberth, Raketenpionier zu Nazizeiten, und dessen Hermann-Oberth-Gesellschaft verbunden war. Oberth hatte sich, anders als Wernher von Braun, nie vom Nationalsozialismus distanziert.

Literatur

  • K.H. Fuchs, F.W. Kölper: Militärisches Taschenlexikon - Fachausdrücke der Bundeswehr, Stichwort: Fliegende Scheibe, Athenäum Verlag Bonn 1958.
  • Peter Bahn, Heiner Gehring: Der Vril-Mythos, 1997 ISBN 3930243032. (Siehe auch: Vril-Gesellschaft).
  • J. A. Epp, Die Realität der Flugscheiben, 2002 ISBN 3895396052.
  • Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Thule. Vom völkischen Okkultismus bis zur neuen Rechten. 2., erw. und aktualisierte Aufl. Stuttgart : Schmetterling-Verl., 1998. ISBN 3896570900.