Phil Katz (* 1962) ist der Erfinder der ZIP-Kompression.
Im Gegensatz zu Linux-Erfinder Linus Torvalds, der heute vielen Computernutzer ein Begriff ist, ist der Name Phillip W. Katz weitgehend unbekannt. Dabei kommt praktisch jeder Windowsnutzer mit der von ihm entwickelten ZIP-Datenkompression in Kontakt.
1985, in der Frühzeit der Computer-Komunikation, als es noch kein WWW gab, wurden Dateien mittels langsamer Modem-Verbindungen und über BBSes (Bulletin-Board-Services) ausgetauscht. Schon damals erkannte man, dass durch zusammenfassen mehrerer Dateien in einem Archiv und anschliessende Datenkompression der Übertragungsprozess stark vereinfacht und verkürzt werden konnte. Von den verschiedenen damals entwickelten Kompressionsprogrammen war ARC von System Enhancement Associates, Inc. (SEA) das Populärste, obwohl es als langsam und instabil galt.
Phil Katz wollte die Geschwindigkeit und Effizienz verbessern und schrieb am Küchentisch seiner Mutter ein eigenes, ARC kompatibeles Kompressionsprogramm in der maschinennahen Assemblersprache: PKArc. Er vertrieb das Programm ab Ende 1985 nach dem damals noch neuen Shareware-Prinzip über Bob Mahoneys BBS und verdiente genug Geld, um 1986 seine eigene Firma zu gründen, PKWare, Inc. Das erregte die Aufmerksamkeit von SEA, die Phil Katz vorwarfen, den ARC-Quellcode gestohlen zu haben und deshalb vor Gericht gingen. Der am 1. August 1988 ausgehandelten gütlichen Einigung zwischen Phil Katz und Thom Henderson von SEA folge leistend stellt er den Vertieb von PKArc ein und kehrte zum Küchentisch zurück, wo er ein völlig neues, stark verbessertes Kompressionsprogramm schrieb, das die ARC-Kompression ziemlich alt aussehen ließ: PKZip – Phil Katz’s ZIP-Programm.
Das Programm wurde ab 1989 wie zuvor schon PKArc über BBSes vertrieben und erreichte binnen kurzer Zeit eine grosse Popularität. Die meisten BBS-Operatoren („SysOps“) wechselten von ARC zu ZIP und somit mussten auch die normalen User PKZip benutzen, was sie aber wegen der hohen Geschwindigkeit und besseren Kompression gerne taten. Wärenddessen gerieten System Enhancement Associates und ihre ARC-Software langsam in Vergessenheit.
In einem mutigen Schritt erklärte Phil Katz das ZIP-Format (nicht das Programm selbst) als Public Domain, machte es also öffentlich und arbeitete sogar selbst am Info-ZIP-Projekt mit, einer kompatiblen OpenSource-Version seiner deflate- und inflate-Routinen. Aus diesem Projekt entstanden viele ZIP-Nachahmer wie WinZip, PowerArchiver oder PowerZip.
Phil Katz verabscheute Microsofts neues Betriebssystem Windows und tat es als kurzlebigen Modegag ab, so dass es bis zum Jahr 1996 dauerte, bis PKWare eine Windowsversion herausbrachte. Zu diesem Zeitpunkt war WinZip von Nicosoft (heute Winzip, Inc) aber schon einige Jahre auf dem Markt und PKWare konnte die verlorenen Marktanteile nie wieder zurück holen.
Trotz solcher Fehlentscheidungen war PKWare inzwischen eine Multi-Millionen-Dollar Firma geworden und war von Mutter Katz´s Küchentisch in ein Bürogebäude in Brown Deer (Wisconsin), nördlich von Milwaukee, gezogen. Phil Katz tat dort das, was er am meisten liebte, programmieren. Oft erschien er erst Nachmittags oder am frühen Abend, um die Nacht hindurch zu arbeiten. Die täglichen Firmengeschäfte überließ er seiner Mutter und seinen Mitarbeitern.
Zu diesem Zeitpunkt holten ihn seine persönlichen Probleme ein. Seine Freunde wussten von seinem langjährigen Alkoholproblem und wollten ihm helfen, wurden aber von ihm zurückgewiesen. Anfang 1999 machte er eine achtwöchige Entziehungskur und blieb über den Sommer trocken, fing danach aber wieder an zu trinken. Es wurden mindesten vier Haftbefehle auf ihn ausgestellt, und anderem wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss und Fahrens ohne Führerschein. Aus Angst, verhaftet zu werden, blieb er seit 1996 seiner Firma und seinem luxuriösen Appartment in Mequon (Wisconsin) ganz fern und verbrachte die meiste Zeit in schäbigen Motels und Stripclubs.
Trotzdem programmierte er weiter, trat aber nur über Fax und E-Mail mit seinen Mitarbeitern in Kontakt. Im August 1997 wurde ein Durchsuchungsbefehl für seine Wohnung ausgestellt, nachdem sich seine Nachbarn über Gerüche, Insekten und Mäuse beschwerten. Laut Behördenauskunft war die Wohnung knietief mit Müll und Essensresten gefüllt und Katz' Anwälte zahlten an die Stadt Mequon über 8.000 USD für Reinigung, Kammerjäger und Gerichtskosten.
Katz entfernte sich nach und nach immer weiter von seiner Familie und seinen Freunden, bis er schlieslich sogar für seine eigenen Angestellten ein Fremder wurde.
Am 14. April 2000 wurde Phillip W. Katz in einem Motelzimmer in Milwaukee (Wisconsin) tot aufgefunden. Er hatte dort eine Woche zuvor eingecheckt und das „Bitte nicht stören“-Schild an die Tür gehängt. Er saß in seiner Unterwäsche auf dem Boden und hielt immer noch eine leere Flasche Pfefferminzschnapps im Arm. Fünf weitere leere Flaschen lagen im Zimmer verteilt. Als Todesursache wurde eine Blutung der Bauchspeicheldrüse festgestellt, hervorgerufen durch akuten Alkoholismus.
Es war ein trauriges, einsames Ende für einen Mann, dessen Erfindung von Millionen Menschen jeden Tag genutzt wird und die die Speicherung und den Transfer von Computerdaten revolutionierte. Phil Katz wurde nur 37 Jahre alt.
Nach seinem Tod wurde PKWare im März 2001 von einer Investorengruppe gekauft, die die Hauptzielgruppe vom Endkunden auf Geschäftskunden verlagerte. Die neuen Produkte laufen auf vielen Plattformen und rücken die Verschlüsselung von Daten in den Vordergrund. Heute ist PKWare eine stetig wachsende, marktorientierte Firma mit knapp einhundert Angestellten an den Standorten Brown Deer (Wisconsin), Dayton (Ohio) und San Francisco (Kalifornien).