Carl Ritter

deutscher Hochschullehrer, Begründer der wissenschaftlichen Geographie (1779-1859)
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Carl Ritter (* 7. August 1779 in Quedlinburg, Steinbrücke 15 (Haus ca. 1955 abgerissen); † 28. September 1859 in Berlin) gilt als Begründer der wissenschaftlichen Geographie.

Carl Ritter

Carl Ritter war ab 1785 Schüler von Johann Christoph Friedrich Guts Muths in Schnepfenthal an der Salzmannschule Schnepfenthal. 1795 wurde ihm durch die Unterstützung eines reichen Bankiers ein Universitätsstudium ermöglicht.

1819 wurde er Professor am Frankfurter Gymnasium. Ein Jahr später wurde er auf den ersten Lehrstuhl für Geographie in Deutschland an der Berliner Universität berufen. Seine Vorlesungen waren sehr beliebt und wurden auch von Studenten besucht, die andere Fächer belegt hatten. Unter diesen befanden sich so gegensätzliche Persönlichkeiten wie Otto von Bismarck und Karl Marx. Ritters Forschungsschwerpunkt lag allerdings nicht auf dem Gebiet der physikalischen Geographie, sondern durchaus im Sinne der Romantik auf den Beziehungen zwischen der natürlichen Umwelt einerseits und dem Menschen und seiner Kultur, wobei er sich freilich nicht mystischen Spekulationen hingab, wie sich diese häufig in der zeitgenössischen Naturphilosophie finden. Ritters Ansatz schuf vielmehr langfristig die Grundlage für eine Kulturökologie. Überdies befasste sich Ritter sehr stark mit historischer Geographie.

Carl Ritter war sehr an der außereuropäischen Welt interessiert, vor allem an Afrika, dem er den ersten Band seines vielbändigen Werkes über "Erdkunde" (1817, erw. Ausgabe 1822) widmete. Die Beschäftigung mit Afrika ließ ihn zu einem radikalen Gegner der Sklaverei und des Sklavenhandels werden, was ihn mit Alexander von Humboldt verband. Besonderes Ausgenmerk richtete Ritter auf die Kolonie Liberia, von der er einen zivilisatorischen Impuls für den gesamten Kontinent erwartete. Insofern war Ritter in traditionellen, christlich-abendländischen Denkkategorien verhaftet, aber er war im Gegensatz zu vielen Zeitgenossen nicht von der angeborenen Höherwertigkeit der Weißen überzeugt, also kein Rassist. Aus verschiedenen Gründen förderte Carl Ritter die Afrikaforschung. Einer seiner bekanntesten Studenten war bis 1844 der nachmalige Afrikaforscher Heinrich Barth. Durch Vermittlung Carl Ritters und der preußischen Gesandtschaft zu London schloss der Privatdozent an der Berliner Universität Heinrich Barth 1849 mit dem Londoner Foreign Office den Expeditions-Vertrag als Teilnehmer an der Sahara-Sudan-Expedition ab. Insbesondere auf Veranlassung des 1855 aus Afrika zurückgekehrten Heinrich Barth wurde die Carl-Ritter-Stiftung gegründet. Barths Versuch, als außerordentlicher Professor für Geographie an der Universität Berlin das von Ritter vorgegebene kulturhistorische Forschungsparadigma weiterzuführen, scheiterte an der Abwendung der Geographie von historischen Fragestellungen und der Hinwendung zu einer naturwissenschaftlichen Ausrichtung, d. h. zur physikalischen Geographie, wie sie ab ca. 1870 von Georg Gerland und Oscar Peschel erfolgreich propagiert und in den Universitäten (u. a. Straßburg) etabliert wurde.

Ein weiterer Schüler von Carl Ritter, der Bedeutung in der Geschichte der Forschungsreisen erlangte, war der spätere Chinaforscher Ferdinand von Richthofen.

In Quedlinburg wurde Carl Ritter 1865 am Eingang zum Brühl ein Denkmal gesetzt. Ein weiteres Denkmal im Mummental stellt Johann Christoph Friedrich Guts Muths und Carl Ritter als Lehrer und Schüler dar.


Literatur

  • K. Lenz (Hg.), Carl Ritter – Geltung und Deutung. Beiträge des Symposiums zum 200. Geburtstag von Carl Ritter, 1979. Berlin: D. Reimer, 1981. (darin u. a. Peter Kremer, "Carl Ritters Einstellung zu den Afrikanern - Grundlagen für eine philanthropisch orientierte Afrikaforschung")