Ostesperrwerk


Nach der Sturmflut von 1962, auf dem 19 km des Ostedeich beschädigt und aus über 36 so genannte „Grundbrüche“ Wasser ca 10.000ha Land überflutete, wurde ein Sperrwerk für die Oste in Angriff genommen und nach nur zwei Jahre Planungszeit mit den Bau begonnen. Als Hintergrund sei angemerkt, das die Oste eine Fläche von ca 68.200 ha entwässert. Diese wird durch 41 Schöpfwerke entlang der Oste ermöglicht. Durch das Sperrwerk verkürzt sich außerdem die Deichlinie der Elbe um 135km. Da die Deiche an der Oste aus der Kategorie 1. der Deichordnung herausgenommen werden können. In dieser Kategorie sind alle Deiche des dringenden Deichschutzen aufgelistet und somit unter ständiger Beobachtung, bzw. mit größeren Deicherhaltungszuwendungen bedacht. Der Zustand der heutigen Ostedeiche ist als vernachlässigt zu betrachten, da eine eventuelle Sturmflut in der Oste durch die Zerstörung bzw. Überflutung des Ostesperrwerks in den Planungen nicht berücksichtig wird.
Planungen

Schon vor der Sturmflut von 1962 gab es verschiedenen Planungen für ein Sperrwerk an der Oste. Um das Jahr 1930 gab es verschiedenen Vorarbeiten für ein Sperrwerk bei Hechthausen. In den Jahren 1935/36 gab es ein „Vorarbeitenamt“ und in den 50giern gab es verschiedenen Planungen des Schiffartsamtes Stade für ein Sperrwerk an der Ostemündung. 1961 und verstärkt 1963 wurden verschiedene Modelversuche am Franziusinstitut in Hannover vorgenommen.
Als Bauherr fungierte der Wasser- und Bodenverband Oste, bezahlt wurde es zu 30% aus dem niedersachsischen Küstensicherungsplan und zu 70% beteiligte sich der Bund an den Bauwerk. Planfeststellungsbehörde war die Bezirksregierung Stade, die Baubehörde das Wasser- und Schiffartsamt Stade, betrieben wird es durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Stade, seit 1978 WSA Cuxhaven
Technische Daten:
Breite: 136,5 m
Länge: 42,2 m
Breite der fünf Öffnungen: 22 m
Der Bau

Im Oktober 1964 begannen die Bauarbeiten östlich des natürlichen Ostelaufes in der Gemarkung Balje Ortsteil Hörne und Neuhaus (Oste) , nahe der Mündung in die Elbe durch das Ausheben einer großen offenen, durch Absenkung des Grundwassers mittels 117 Brunnen mit dazugehörigen Pumpen auch trockenen Baugrube. Diese riesige Grube wurde durch neu angelegte Deiche vor eventuellen Sturmfluten geschützt, eine große Umschlagstelle für Kies und andere Baumaterialien wurde am Altarm der Oste, im heutigen Oste See an der Spundwand noch zu erkennen, errichtet. Im Frühjahr 1966 wurden alle Vorarbeiten abgeschlossen und es konnte mit den Betonarbeiten begonnen werden. Hierbei wurde ein Teil der Sohle mit dem dazugehörigen Betonfeiler in einem Arbeitsschritt gegossen. Insgesamt wurden 20.000 m3 Beton verarbeitet. Der gesamte Betonkörper ist mit einer Stahlspundwand sowie Flügelspundwände durch eine Stahl- Zugpfahlverankerung eingefasst.
Zeitschiene

Oktober 1964
Eine Zufahrtstraße von 1,8km Länge und eine mit Spundwand versehende Verladestelle für alle Baumaterialien wird gebaut.
Herbst 1965
Beginn der Grundwasserabsenkung auf -15 Meter unter Normal Null (NN), hierzu werden 101 Brunnen für die Absenkung auf -14m NN und 16 Brunnen auf -22m NN gebohrt. Diese tiefen Brunnen dienen auch als Entlastungsbrunnen. Gleichzeitig wurde Deiche zur Sicherung der nun entstehenden Baugrube errichtet.
Frühjahr 1966
Beginn der Betonarbeiten. Die Betonsohlen sind 1,6m dick, die Pfeiler sind 30- bzw 40 m lang, 4 bzw 5,5m breit und haben eine Höhe von 12,60, was eine Höhe von 7,80 über NN bedeutet (die neue Deiche sind ca. 60 cm höher). Die Solenteile und Pfeiler wurden immer zusammen gegossen um eine bessere Verbindung zu bekommen Das größte Teilstück der Sohle ist fast 4000 m2 groß. Es wurden 20.000 m3 B 225 mit vier getrennten Körnungen bis 70mm verbaut. Dieser Portlandzement aus dem nahen Zementwerk Hemmoor mit der Bezeichnung 275 „Aquafirm“ wurde mit Sand aus Sandkuhlen des benachbarten Cadenberge sowie mit Kies aus Dänemark verbaut. Es war immer ein Zementvorrat von ca. 400t mit Verzögerer vorhanden. Zwei „Ibag Zwangsmischer“ mit je 1,5 m3 Inhalt, einer automatischen Beschickung und einer Dauerleistung von 60m3 Beton pro Stunde sowie ein Portalkran von 52m Länge und 26m Höhe mit ein 10t Kübel der den Beton in großer Geschwindigkeit auf der Baustelle verteilte.

Oktober 1966
Beginn der Ausgrabungen für den neuen Flussverlauf, dieser Durchstich ist ca. 2,6 km lang, hat eine Breit von 155m und seine Sohle liegt auf -5m bezogen auf NN. Bei den Erdarbeiten wurde über 3 Millionen m3 Erdreich verbracht, je ein Drittel wurde für die Anschlußdeiche, Zufahrten, Sommerdeiche und dem Altarmverbau, für die Erhöhung der Insel mit dem Natureum zwischen der alten und neuen Oste, sowie das letzte Drittel als Bodenvorrat den neuen Kehdinger Deichens, heutige Höhe 8,20m, verplant. Dabei wurden Erdspülungen mit den „Cuttern“ durch einer Zwischenpumpenstation auf bis zu 10 km weite erreicht. In der Nähe des Sperrwerkes wurden die neuen Böschungen mit Deckwerken aus Schüttsteinen der Klasse 3 sowie Schotter und Pfahlwände mit einer Länge von 6 Metern eingeschlagen.
Herbst 1967
Die Stahlwasserbauarbeiten sind beendet, alle Verschlüsse sind aus Sicherheitsgründen doppelt, die Oberkante ist auf NN +7 Meter berechnet, zuzüglich der Betonplatte kommt so eine Höhe von 7,80m über Normal Null zu Stande.
Sommer 1968
Alle Erdarbeiten sowie die Abdämmung des Altarms sind beendet. Drei Cutter mit einer Spülleistung von zusammen 3.000 m3 die Stunde durchdämmen an zwei Stellen die alte Oste, wobei die Elbseitige Druckdämmung als Hauptdeich ausgeführt wird.
15.Okt 1968

Das Sperrwerk ist einsatzbereit, ein Jahr vor dem Zeitplan, obwohl weitere Arbeiten erforderlich waren. So musste der Neuhäuser Oste-Bogen gesichert werden, die Entwässerung müsste binnendeichs umgestellt und neue Siele gegraben werden. Das Leitwerk an der Schiffahrsöffnung sowie zwei Schiffsanlegestellen, Pegel, drei Wohnhäuser, ein Werkstattgebäude und eine Slipanlage für die Notverschlüsse mußten gebaut werden. Nicht zu vergessen die zahlreichen Kleiabdeckungen, Ansaaten, Bepflanzungen der Insel und der Bau der Deichverteidungsstraßen.
1994
Die gesamte Elektrik und Hydraulik wurde ausgetaucht um das Werk auf den neusten Stand der Technik zu bringen, jede wichtige Einheit ist redundant vorhanden. Zur Not kann vieles auch per Muskelkraft bewegt werden.
Beschreibung


Das Bauwerk besteht aus fünf Öffnungen mit ein Breite von je 22m. In den beiden rechten und linken Öffnungen wurden fast halbrunde schalenförmige Segmente mit einem Gewicht von 70t eingebaut. Diese Schalen werde mit Elektromotoren angetrieben und stehen in der Ruhestellung mit der Öffnung nach unten um möglichst eine geringe Sichtbehinderung für die Schiffahr darzustellen (siehe Bilder). Mit Ketten wurde die Verbindung zwischen den Antrieben und dem Gegenlager realisiert. Zur Sicherheit sind alle Verschlüsse doppelt angelegt.
Der schiffbare Mittelteil der Sperre wurde mit einem Paar Stemmtore von je 75t Gewicht, sowie einer aus ebenfalls zwei Teilen bestehenden Klappbrücke realisiert. Eine Brücke aus zwei Klappteilen aus Spannbetonteilen ist notwendig, da ein Deichverteidigungs- und Verbindungsweg zwischen Balje und Neuhaus benötigt wurde. Die beiden Flügel kommen ohne Gegengewichte aus, da eine sehe kräftige Hydraulikanlage mit je einem großen Stempel eingebaut wurde. Die Fahrbahn ist 5m breit und ist für ein max Gewicht von 5,5t ausgelegt.
Heizungen von insgesamt 50Kw in den Betonwänden und in den Stemmtoren sowie eine Luftsprudelanlagen mittels zweier Kompressoren sollen die Vereisung und Verschlickung des Sperrwerkes verhindern. Zwei Notstromdieselaggregate von je 137 KVA sowie drei USV (Unterbrecherfreie Spannungsversorgung) für ca 20 min Notstrom, vier Luftsäcken hinter den Stemmtoren und zwei mobile Hydraulikpumpen ermöglichen eine rasche Notschließung des Sperrwerkes auch ohne externe Stromversorgung.
Baukosten
Die Kosten für den Bau des Sperrwerkes mit samt den hier aufgeführten Arbeiten sollten nach den Planungen ca. 57 Millionen DM kosten. Entgegen den heute üblichen Überschreitungen der veranschlagten Planungskosten wurden „nur“ 54 Mio DM benötigt.
Einsatz des Sperrwerkes

Die Betriebsordnung schreibt vor, dass das Sperrwerk die Tore schließen muß, wenn die Wasserstandsvorhersagen sowie die Wasserstandsbeobachtungen einen Wasserstand von über einem Meter über NThw (niedrigstes Tidehochwasser oder auch NTHw Nipptide-Hochwasser) erwarten lässt. Das Jahr der häufigsten Schließungen war das Jahr 1978 mit 75 Schließungen. Das Jahr der geringsten Schließungen (7) ist 1996 (Stand 1996)