Warendorfer Bahn
Die Warendorfer Bahn ist eine eingleisige Nebenbahn von Münster (Westfalen) über Warendorf nach Rheda-Wiedenbrück; sie wird heute mit Durchbindung nach Bielefeld und Rahden betrieben. Sie ist ein Teilstück der ehemaligen Bahnstrecke Münster–Rheda–Lippstadt. Heute ist die Strecke Bestandteil des DB-Regionalnetzes Münster-Ostwestfalen (MOW) mit Sitz in Münster. Laut der Deutschen Bahn ist sie die unfallträchtigste Bahnstrecke Deutschlands.[1]
Geschichte
Allgemein
Nachdem zunächst Planungen für eine Schmalspurbahn von Münster nach Telgte bestanden, wurde eine Strecke von Münster über Warendorf und Rheda nach Lippstadt als Vollspurbahn errichtet. Am 8. Februar 1886 wurde der Zugbetrieb zwischen Münster und Warendorf aufgenommen, 1887 ging die Warendorfer Bahn bis Rheda in Betrieb.
Anfang der 1980er Jahre wollte die Deutsche Bahn die Strecke wegen Unwirtschaftlichkeit abschnittsweise stilllegen. Dies konnten jedoch Peter Strüber und Jochen Sänger aus Rheda-Wiedenbrück durch ein Parteien- und Kommunen-übergreifendes Bündnis abwenden.
Bis zum Fahrplanwechsel 2013/14 wurde die Strecke von der NordWestBahn bedient, seitdem fährt die Eurobahn.
Rhedaer Bahn
Mit „Rhedaer Bahn“ wird die Strecke von Rheda über Wiedenbrück, Langenberg, Bad Waldliesborn nach Lippstadt bezeichnet. Am 30. November 1979 fuhr hier der letzte Personenzug. Der Güterverkehr zwischen Langenberg und Lippstadt wurde am 16. Juni 1983 eingestellt. Das Gleis ist seit 1985 abgebaut. Am 30. November 1995 wurde die Teilstrecke Wiedenbrück Süd – Langenberg stillgelegt (Güterverkehr bis 1. Dezember 1994), am 1. Mai 2001 folgte das Reststück (Güterverkehr bis 31. Dezember 2000). Seit 2006 bemühte sich die Westfälische Localbahn um eine Reaktivierung der Strecke als Museumsbahn, obwohl der Entwidmungsbescheid über die Freistellung von Bahnbetriebszwecken des Eisenbahn-Bundesamtes vorliegt. Die Stadt Rheda-Wiedenbrück baut seit 2009 auf der alten Trasse einen Fahrradweg. Nachdem verschiedene Bahnübergänge in Wiedenbrück schon vor längerer Zeit rückgebaut wurden, wurde im Frühjahr 2009 zunächst im Rahmen der Sanierung einer Straße in Rheda an Stelle des dort befindlichen Bahnübergangs eine Querungsmöglichkeit für diesen Fahrradweg angelegt. Der zweite Bahnübergang in Rheda sowie das Gleis im gesamten Stadtgebiet wurden im Sommer 2009 zurückgebaut.
Strecke
Ein Großteil der Strecke verläuft entlang der Bundesstraße 64. Eine Vielzahl größtenteils unbeschrankter Bahnübergänge ist hier der Grund für die niedrige Streckengeschwindigkeit von maximal 60 km/h. Kurz vor dem Bahnhof Rheda-Wiedenbrück unterquert die Warendorfer Bahn die Bahnstrecke Hamm–Minden und schließt dadurch nicht an die Personengleise an, sondern mit eigenem Bahnsteig an die Gütergleise – so konnte die Warendorfer Bahn ohne niveaugleiches Kreuzen in die Hauptbahn eingefädelt werden.
Mit dem Fahrplan 2006/07 wurde die Streckengeschwindigkeit zwischen Warendorf und Beelen auf 100 km/h heraufgesetzt. Dafür waren zahlreiche Umbauten an der Strecke und die Beseitigung oder technische Sicherung von zahlreichen Bahnübergängen notwendig. Gleichzeitig wurde der Haltepunkt Vohren geschlossen.
Im Oktober 2009 wurde der Streckenabschnitt zwischen Münster und Warendorf teilweise erneuert und die Strecke zwischen Münster und Beelen an das elektronische Stellwerk Coesfeld angeschlossen, der Abschnitt Beelen – Rheda folgt später. Von hier aus geschieht die vollständige Betriebsführung, was den Einsatz einzelner Fahrdienstleiter, Weichen- und Schrankenwärter überflüssig macht. Im Zuge dessen wurde in den Bahnhöfen Telgte, Warendorf und Beelen die veraltete mechanische Technik zurückgebaut.
Ende August 2011 wurden weitere Teile der Gleise und des Schotterbetts zwischen Münster und Warendorf komplett erneuert: Ein ca. 1 km langer Abschnitt erstreckt sich von Höhe Rochus-Hospital bis zum Bahnhof Telgte, ein weiterer, ca. 5 km langer Abschnitt von Raestrup bis zum Bahnübergang am Restaurant Allendorf.
Als Baumaßnahmen in den nächsten Jahren ist vorgesehen, den Haltepunkt Raestrup-Everswinkel nach Müssingen zu verlegen und durch die technische Sicherung von drei bedeutenderen und der Schließung von 22 kleinen Bahnübergängen die Streckengeschwindigkeit zwischen Münster und Telgte zu erhöhen. Den Planungen zufolge sollen die drei technisch voll gesicherten Bahnübergänge an der Einmündung der neuen Kreisstraße K 50n (in Höhe Haus Droste), an der Einmündung Blanke/ Delsener Heide und bei der Kreuzung zur Kreisstraße 19 in Raestrup entstehen. In Raestrup kann ein Umbau des Bahnübergangs erst erfolgen, wenn der neue Haltepunkt Warendorf-Einen/Müssingen fertiggestellt sowie in Betrieb genommen wurde und damit der bestehende Haltepunkt Raestrup-Everswinkel geschlossen werden kann. Im Bereich des Haltepunktes müssen dann die Gleise neu trassiert werden, um ausreichend Platz für die neue Bahnübergangsanlage zu schaffen. Außerdem sollen die Ungesicherten Bahnübergänge zwischen Beelen und Clarholz geschlossen werden
Angebot
Die Warendorfer Bahn wird im Personennahverkehr von der Regionalbahn RB 67 „Der Warendorfer“ von Münster bis Bielefeld im Stundentakt bedient, an Sonntagen zwischen Warendorf und Bielefeld jedoch nur alle zwei Stunden. Die Linie ist in Bielefeld auf die Regionalbahn RB 71 „Ravensberger Bahn“ nach Rahden durchgebunden. Die Fahrgäste müssen also in dieser Relation in Bielefeld nicht umsteigen.
Die Kreuzungen finden in Beelen und bei Stundentakt zusätzlich in Telgte statt. Da die Symmetriezeit des Fahrplans etwa drei Minuten später als allgemein üblich liegt[2], wird in Brackwede der Anschluss zur Sennebahn in Richtung Paderborn verpasst. Der Stundentakt für die gesamte Strecke konnte erstmals mit dem Fahrplan 2006/07 eingeführt werden. Zuvor wurde der Abschnitt zwischen Warendorf und Rheda-Wiedenbrück überwiegend im Zwei-Stunden-Takt bedient, zwischen Münster und Warendorf wurde bereits ein Stundentakt angeboten. Voraussetzung dafür war die Erhöhung der Streckengeschwindigkeit zwischen Warendorf und Beelen von 60 km/h auf 100 km/h.
Durchgeführt wird der Schienenpersonennahverkehr im Auftrag des Verkehrsverbundes OstWestfalenLippe und des Zweckverbandes SPNV Münsterland von der Eurobahn, die Bombardier-Talent-Triebwagen entsprechend der DB-Baureihe 643 einsetzt. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt 50 km/h.
Tarif
Für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr gilt
- in Münster und im Kreis Warendorf der Münsterland-Tarif (Verkehrsgemeinschaft Münsterland),
- im Kreis Gütersloh, Kreis Lippe und in der Stadt Bielefeld der Sechser-Tarif (Verkehrsverbund OstWestfalenLippe),
- zwischen Warendorf und Rheda-Wiedenbrück ein Übergangstarif zur jeweils anderen Tarifgemeinschaft
- und Tarifraum-überschreitend der NRW-Tarif.
Trivia
In der Warendorfer Bevölkerung wird aufgrund der hohen Anzahl an Verkehrsunfallopfern die Linie umgangssprachlich auch als „Westfalentöter“ bezeichnet.
Literatur
- Anna Scheler, Ullrich Scheler: Die Rhedaer Bahn. Eine Lippstädter Eisenbahngeschichte oder: Lippstadts Traum von der grossen Nord-Süd-Verbindung. 100 Jahre Eisenbahnlinie Münster-Rheda-Lippstadt (der Abschnitt Lippstadt-Rheda). Heimatbund Lippstadt, Lippstadt 1987 (Lippstädter Spuren 1, ZDB-ID 2277949-8).
- Clemens Schröder, Michael Schumann, Alfred Smieszchala: Münster – Warendorf – Rheda – Lippstadt. 1887–1987. Arbeitsgemeinschaft Schienenverkehr Münsterland (ASM), Münster-Roxel 1987.
- Josef Högemann: Münster – Rheda – Lippstadt. In: Wolf-Dietger Machel (Hrsg.): Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland. Loseblatt-Ausgabe. GeraMond, München 2002, ISSN 0949-2143, S. 1–16.
- Peter Strüber: Die Rhedaer Bahn – Ende einer Strecke. Rheda-Wiedenbrück 2008.
Weblinks
NRWbahnarchiv von André Joost:
- Beschreibung der Strecke 2013: Münster ↔ Rheda-Wiedenbrück
- Beschreibung der Strecke 2951: Rheda-Wiedenbrück ↔ Lippstadt
Fußnoten
- ↑ http://www.wn.de/Muensterland/Kreis-Warendorf/Warendorf/Unfalltraechtigste-Bahnstrecke-in-ganz-Deutschland-Anlieger-befuerchten-Flaechenverlust
- ↑ Ankunft in Beelen von Bielefeld zur Minute 01 und Abfahrt dort nach Bielefeld zur Minute 02