Speziallager Nr. 2 Buchenwald
Das Speziallager Nr. 2 in Buchenwald entstand 1945 als Internierungslager auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald und bestand bis 1950.
Das KZ Buchenwald wurde nach der Befreiung durch die amerikanischen Truppen und deren darauf erfolgten Abzug aus Thüringen durch die sowjetischen Machthaber in der sowjetischen Besatzungszone weiter genutzt. Wie in den meisten Lagern wurden KZ-Häftlinge aus der Zeit des Nationalsozialismus nicht sofort freigelassen, sondern es vergingen Tage, Wochen und mitunter sogar Monate, bis diese Häftlinge den Weg in die Freiheit antreten konnten.
Die sowjetischen Besatzer nutzten seit dem 12. August 1945 das bisherige KZ als „Speziallager des MWD Nr. 2“. Zunächst werden Gefangene des MWD (später:NKWD, vorher:GPU) aus Arnstadt, Jena, Erfurt und Weimar dorthin gebracht. Im November 1945 erfolgt die Einrichtung eines „Isolators“. Am 25. Dezember 1945 werden allen Inhaftierten die Brotrationen gestrichen. Zum Jahresende 1945 sitzen 3.000 Menschen in Buchenwald ein; im Januar 1946 kommen 4.000 Häftlinge aus dem Lager Landsberg (Warthe) hinzu.
Die Inhaftierten
Die „Infrastruktur“ des Lagers Buchenwald wurde zunehmend zur Internierung von Nationalsozialisten, Mitläufern und vermeintlichen Kriegsverbrechern verwendet. Gemäß der stalinistischen Herrschaft des Terrors gegen Andersdenkende wurden in der Zeit von 1945-1950 immer mehr Sozialdemokraten und andere Gegner des sich entwickelnden SED-Regimes interniert, darunter auch ehemalige Insassen des Nazi-Konzentrationslagers bis 1945 sowie willkürlich Denunzierte, der Zusammenarbeit oder Sympathie mit dem Westen Verdächtige und Jugendliche. Der Inhaftierung gingen keine Gerichtsverfahren oder -Urteile voraus. Verhöre fanden oft unter Anwendung von Folter statt. Insgesamt waren unter der sowjetischen Kontrolle ca. 28.000 Menschen, davon etwa 1000 Frauen, im Speziallager Buchenwald inhaftiert. Mehr als 7000 Menschen gingen an den unmenschlichen Lagerverhältnissen, insbesondere an der völlig unzureichenden Ernährung und den unbehandelten Folgeerkrankungen zugrunde und wurden am Rande des Lagers in Massengräbern vergraben.
Buchenwald nach 1945 war kein Arbeitslager.Ein Merkmal der Lagerhaft war das Fehlen jedweder Beschäftigung. Auch dies und die völlige Isolation von der Außenwelt und den Angehörigen, die nicht wußten, wo der Verhaftete war, trug mit zur Belastung der Inhaftierten bei. Sehr viele waren vor ihrer Ankunft in Buchenwald bereits durch andere Lager des NKWD wie Ketschendorf, Mühlberg/Elbe oder Jamlitz gegangen.
Auflösung des Lagers
Am 14. Januar 1950 teilte der Vorsitzende der Sowjetischen Kontrollkommission in Deutschland, Tschujkow, Walter Ulbricht mit, dass mit Bautzen, Sachsenhausen und Buchenwald die letzten Lager aufgelöst würden. Etliche Entlassene wurden in die Sowjetunion deportiert oder in Zuchthäuser der DDR überstellt. 2.154 Häftlinge wurden am 9. und 13. Februar 1950 nach Waldheim gebracht, wo sie in Schnellverfahren zu langjährigen Haftstrafen sowie in 32 Fällen zu Tode verurteilt wurden. Die Scheinprozesse fanden ohne Rechtsgrundlage statt, und die Urteile standen in stalinistischer Verfahrensweise bereits vorher fest.
In der DDR wurde dieser Teil der Geschichte des Konzentrationslagers offiziell nicht erwähnt. Vor allem in den frühen 1950er-Jahren wurde durch die SED ein Klima der Angst geschaffen, das Fragen zu diesem Teil der Geschichte verhinderte.
Erst mit dem Ende der DDR begann eine Aufarbeitung dieser Zeit und führte bisher zur Einrichtung einer Dauerausstellung zum Speziallager Nr. 2 auf dem Ettersberg, neben der, schon zu DDR-Zeiten bestehenden, Dokumentation der KZ-Vergangenheit unter dem Nationalsozialismus. Sie belegt den fast nahtlosen Übergang zwischen den beiden Terrorherrschaften im Lager Buchenwald.
Auch heute noch gibt es gelegentlich Tendenzen, das Verbrechen der Weiterbenutzung der Nazi-KZ durch die sowjetische Besatzungsmacht zu verharmlosen oder zu relativieren.
Literatur
- Bodo Ritscher (Hrsg.): Das sowjetische Speziallager Nr. 2 1945-1950. Katalog zur ständigen historischen Ausstellung. Wallstein, Göttingen 1999 ISBN 3-89244-284-3
- Volkhard Knigge und Bodo Ritscher (Hrsg.): Totenbuch. Speziallager Buchenwald 1945-1950. Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, Weimar 2003 ISBN 3-935598-08-4
- Kathrin Krypczik / Bodo Ritscher: Jede Krankheit konnte tödlich sein. Medizinische Versorgung, Krankheiten und Sterblichkeit im sowjetischen Speziallager Buchenwald 1945–1950. Herausgegeben von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Göttingen 2005; ISBN 3-89244-953-8
- Das sowjetische Speziallager Nr. 2. Buchenwald 1945-1950. Materialien für die Vorbereitung von Besuchen in den Gedenkstätten, hrsg. vom Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM-Heft 61), Bad Berka 2002; ISSN: 0944-8705
- Jan von Flocken/Michael Klonovsky: Stalins Lager in Deutschland 1945-1950 Dokumentation,Zeugenberichte, Ullstein 1991, ISBN 3550074883
- Herbert Taege: Die Gefesselten, Deutsche Frauen in sowjetischen Konzentrationslagern in Deutschland, Askania 1987 ISBN 3921730228
- Joel Kotek, Pierre Rigoulot: Das Jahrhundert der Lager. Gefangenschaft, Zwangsarbeit, Vernichtung, Propyläen 2001 ("Le siècle des Camps, Lattès 2000), ISBN 3549071434
Filme
Buchenwald. Speziallager Nr. 2 1945-1950. Dokumentarfilm von Peter Friedrich Leopold. Eine Produktion von Chronos-Film im Auftrag der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora; 1997