Bohuslav Kokoschka [22. November 1892; † 12. Januar 1976 in Wien) war ein österreichischer Maler, Grafiker und Schriftsteller. Er war der jüngere Bruder von Oskar Kokoschka.
] (*Leben und Werk
Bohuslav Kokoschka wurde als jüngster Sohn des Handelsreisenden Gustav Josef Kokoschka (1840–1923) und dessen Ehefrau Maria Romana, geb. Loidl (1861–1934), und als Bruder des österreichischen Malers Oskar Kokoschka (1886–1980) geboren. Die Vorfahren väterlicherseits stammten aus einer Prager Goldschmiedefamilie. 1887 zog die Familie nach Wien um; sein Bruder Gustav starb im selben Jahr, also noch vor Bohuslavs Geburt. Außerdem hatte er eine Schwester, Berta (1889–1960).
Die Geburt von Bohuslav Kokoschka war hoch dramatisch. Seine Mutter erlitt eine Sturzgeburt, in der Wohnung anwesend war nur der sechs Jahre alte Bruder Oskar. Die Assistenzleistungen bei der Geburt sollen den kleinen Oskar nachhaltig traumatisiert haben und sie führten zu einer besonderen Beziehung der beiden Brüder. Oskar Kokoschka fühlte sich seinem Bruder wie ein Vater verbunden.[1] Bohuslav entwickelte wie sein älterer Bruder früh Interesse an Kunst und Literatur. Ab 1911 sind Gemälde nachgewiesen, ab 1919 schriftstellerische Arbeiten.
Kokoschka war wie sein älterer Bruder Oskar Maler, Grafiker und Schriftsteller. Seine künstlerischen Ambitionen wurden beinahe sein ganzes Leben lang von seinem berühmten Bruder unterdrückt. Oskar Kokoschka sorgte für Bohuslavs Lebensunterhalt, der sich im Gegenzug um die Mutter und die Schwester kümmerte. Das Verhältnis der beiden Geschwister war zeitlebens sehr eng, aber auch von Abhängigkeit und Unterdrückung geprägt.[2] Erst spät ermutigte Oskar den jüngeren Bruder, mit seinen literarischen Arbeiten an die Öffentlichkeit zu gehen.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges meldete er sich freiwillig zur K.u.k. Kriegsmarine und wurde im Kriegshafen Pula in Istrien auf der SMS Erzherzog Karl eingeschult. Das Kriegsschiff nahm während des Weltkriegs an großangelegten Flottenoperationen in der Adria teil, erlebte dennoch eine recht unauffällige Laufbahn. Er setzte seinen Dienst 1918 in der Marine-Sektion in Wien fort.[3] Die Konfrontation mit der Realität des Soldatenlebens führte zu zwei längeren Texten, zum Roman Ketten in das Meer, dessen Niederschrift er 1919 abschloss, und das Logbuch des B.K.. Die Beziehung der beiden Brüder wird von Christa Eder als „ungewöhnliche Symbiose“ bezeichnet.[1] Oskar finanzierte schließlich den Unterhalt von Bohuslav, verpflichtete ihn im Gegenzug jedoch zu einem Leben als Privatmann und übertrug ihm quasi alle familiären Verpflichtungen.
Bohuslav Kokoschka war verheiratet, hatte einen Sohn und lebte bis zuletzt in Wien.
1920 erschien im Münchner Kurt Wolff Verlag die expressionistische Novelle Adelina oder Der Abschied vom neunzehnten Lebensjahr. 1972 erschien Bohuslav Kokoschkas Roman Logbuch des B.K., den er bereits kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs unter dem Titel Ketten in das Meer fertiggestellt hatte. Im Roman erzählt er von seiner Zeit als Matrose bei der k.u.k. Kriegsmarine, vielmehr handle es sich jedoch „um einen einzigartigen authentischen Erlebnisbericht aus dem Inneren des Krieges …, nämlich vom Leben auf besagtem Marineschiff“.[4] Der Roman sei „originell in eine Rahmenhandlung über südslawische Mädchen, die das Manuskript finden, eingebettet“, so Gerhard Strejcek in einer Besprechung in der Wiener Zeitung.[5]
1970 wurden Teile seines bildnerischen Schaffens im Museum des 20. Jahrhunderts in Wien ausgestellt. In der Neuausgabe von Ketten in das Meer finden sich sechs Original-Grafiken Bohuslav Kokoschkas.
Werke
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Editionen
- Als Autor
In alphabetischer Reihung
- Adelina oder der Abschied vom neunzehnten Lebensjahr
- Der jüngste Tag; Bd. 6
- Poeschel & Trepte, Leipzig, München: Wolff 1920 (Der jüngste Tag, Bd. 76/77)
- Versöhnung : Gesänge u. Psalmen / Oskar Schürer, Ausg. Scheffler 1970
- Faks.-Ausg., Nachdr. d. Ausg. Scheffler 1970, Frankfurt am Main: Societäts-Verlag 1981
- Geh, mach die Türe zu, es zieht, Szenen aus dem bürgerl. Leben [auf d. Johannes-Presse ... in 33 Ex. gedruckt]. Mit zwei Orig.-radierungen von Oskar Kokoschka. Wien: [Neue Galerie] 1926
- Ketten in das Meer , Roman
- Als Logbuch des B. K., Roman, München: Ehrenwirth Verlag 1972, 446 Seiten
- Hg. und mit einem Nachwort versehen von Adolf Opel, Wien: Edition Atelier 2016, ISBN 978-3-903005-23-5, 344 Seiten
- Als Illustrator
- Der schönste Garten. Ein Märchen von Emil Alphons Rheinhardt, mit 4 Orig. Lithogr. von Bohuslav Kokoschka, Wien ; Prag ; Leipzig : Strache 1920
- Als Herausgeber
- Variationen über ein Thema: Oskar Kokoschka. Mit einem Vorwort von Max Dvořák. Wien: Richard Lány - Wien, Prag, Leipzig: Ed. Strache 1921
Auszeichnung
- 1973: Verleihung des Berufstitels Professor durch den österreichischen Bundespräsidenten
Literatur
- Erinnerung an Bohuslav Kokoschka : Ausstellung der Oskar-Kokoschka-Dokumentation im Geburtshaus Oskar Kokoschkas in Pöchlarn ; 3. Juni - 17. September 1978 / [Hrsg.: Oskar-Kokoschka-Dokumentation Pöchlarn] (nicht eingesehen)
Weblinks
- Literatur von und über Bohuslav Kokoschka im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Infos auf der Website des Verlages Edition Atelier
- Edition Atelier, Leseprobe aus dem Roman Ketten in das Meer
- Kunsthandel Widder, Abbildung des Gemäldes Die Geschwister (um 1915)
- Artnet, Abbildung des Porträts von Albert Paris Gütersloh (1919)
Einzelnachweise
- ↑ a b Christa Eder und Markus Moser: Bohuslav Kokoschka: Roman "Ketten in das Meer", Leporello, Ö1, 18. November 2016, 07:52 Uhr, mit Stellungnahmen von Adolf Opel und Jorghi Poll, abgerufen am Tag der Sendung.
- ↑ Zum Verhältnis Bohuslav Kokoschkas zu seinem berühmten Bruder siehe auch das Nachwort von Adolf Opel in der neuen Ausgabe des Romans Ketten in das Meer: Von der Ungnade der späteren Geburt: Bohuslav Kokoschka (S. 325–341)
- ↑ Kunsthandel Widder: Bohuslav Kokoschka, abgerufen am 18. November 2016.
- ↑ Gespräch zwischen Adolf Opel und Christa Eder im Radiosender Ö1 Ö1, 18. November 2016
- ↑ Rezension zur Neuausgabe von Ketten in das Meer Wiener Zeitung, 20. November 2016
Personendaten | |
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NAME | Kokoschka, Bohuslav |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller, Maler und Grafiker, Bruder von Oskar Kokoschka |
GEBURTSDATUM | 22. November 1892 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 12. Januar 1976 |
STERBEORT | Wien |