Korsett

mit Stegen verstärktes Kleidungsstück, das die Taille, die Hüften und die Büste stützt
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. November 2016 um 22:14 Uhr durch BrackiBot (Diskussion | Beiträge) (Bot: geschütztes Leerzeichen eingefügt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Korsett (von frz. corset, ursprünglich Diminutiv von altfrz. cors „Körper“) wird ein steifes, zur Unterkleidung gehöriges Kleidungsstück bezeichnet, das eng am Oberkörper anliegt und diesen der jeweils geltenden Modelinie entsprechend formen soll. Daher veränderte das Korsett im Verlauf der Jahrhunderte mehrmals Form und Zuschnitt; die Versteifungsmethoden wandelten sich mit dem Fortschritt der Technik.

Modernes Korsett als Oberbekleidung in der Gothic-Szene
Typische Schnürung auf der Rückseite

Geschichte

Korsetts im Wandel der Zeit
Schnürbrust des 18. Jahrhunderts
Korsett von 1890
Coutil-Korsett, Paris, 1905
Mode-Fotografie, 2010

Die ersten Vorläufer des Korsetts entwickelten sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts aus versteiften Miedern. Ihre Existenz ist vor 1562 nur insofern erwiesen, als die in Gemälden dargestellten Kleider ab ca. 1530 in der dargestellten Form (flachgedrückte Brust und kegelförmiger Oberkörper) ohne Korsett nicht möglich wären. Das älteste erhaltene Exemplar stammt aus dem Grab der Eleonora di Toledo (gestorben 1562) und ist mit Rohr versteift.

Die spanische Hoftracht, die um 1600 vorherrschend war, erforderte ein Korsett, das den Oberkörper zu einem Konus formte und die Brust flachdrückte. Um ca. 1640 entwickelte sich daraus eine ebenfalls konische Korsettform, die aber die Brust nicht flachdrückte, sondern hochhob. Mit geringen Veränderungen blieb diese Form bis zur Französischen Revolution gültig. Den Begriff Korsett gab es damals noch nicht; man sprach von steifen Miedern (Frauenzimmer-Lexicon, 1715), Leibstückern (Liselotte von der Pfalz, um 1720), Schnürleibern oder Schnürbrüsten (Journal des Luxus und der Moden, 1780er).

Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts blieb Fischbein das wichtigste Versteifungsmaterial, auch wenn im Lauf des späten 19. Jahrhunderts Korsettstäbe aus Federstahlband, Stahlspiralen und Horn erfunden wurden.

In der Zeit von Directoire, Empire und frühem Biedermeier galten Korsetts als nicht unbedingt nötig; erst um ca. 1840 wurden sie wieder unabdingbar. Stattdessen trugen unter dem Einfluss des Dandytums um ca. 1820–50 häufig Männer Korsetts. Etwa um diese Zeit fasste der Begriff Korsett im deutschen Sprachgebrauch Fuß. 1828 wurden metallene Schnürösen erfunden, 1829 der erste Vorderverschluss mit Haken und Ösen (Planchet).

Zwischen 1840 und 1870 entwickelte sich die Sanduhrform, die heute noch als die klassische Korsettform gilt: Relativ große Ober- und Hüftweite bei möglichst kleiner Taillenweite. Bis um 1870–85 wurden die Korsetts nach unten hin länger, das heißt, sie formten auch die Hüfte und den Bauch, der bei den früheren Korsetts hervorquoll. In den 1890ern erforderte die Mode ganz besonders kleine Taillenweiten.

Gegen 1900 entwickelte sich eine neue Korsettform: Das S-Korsett, das die Brust raus- und den Bauch reindrückte und damit eine unnatürliche Haltung erzwang. Um 1910 wurde dieses S-Korsett durch Unterbrustkorsetts abgelöst; um 1913–15 gerieten Korsetts im Zuge der stärker werdenden Frauenbewegung und sprunghaft zunehmender Berufstätigkeit von Frauen (wegen des Ersten Weltkrieges) vollends aus der Mode. Stattdessen wurden bis in die 1960er Jahre hinein Hüfthalter getragen.

1901 veröffentlichte Paul Schultze-Naumburg das Buch Die Kultur des weiblichen Körpers als Grundlage der Frauenkleidung.[1] Damit trug er zur Reformierung der Frauenkleidung (Reformkleidung) und zur Abschaffung des Korsetts bei.

Gesundheit und Kleiderreform

Historische Zeichnungen zu Auswirkungen der Korsettschnürung
Vermutete Organverlagerung
Dauerhafte Brustkasten-Deformation durch übermäßiges Schnüren, insbesondere, wenn bereits in der Wachstumsphase begonnen wird (nach einem populärwissenschaftlichen Buch von 1892)[2]
 
Reformkorsett um 1910 (links); Korsett um 1890 (rechts).

Immer wieder warnten Ärzte vor dem schädlichen Einfluss der Schnürbrust, da sie bei verfrühtem Schnüren den Knochenbau verforme und bei übertriebenem Engschnüren die inneren Organe komprimiere und verlagere oder die Funktion der Wirbelsäule über den (dauerhaften) Verlust der Muskulatur einschränkt.[3]

Auf die Mode blieben diese Warnungen ohne Einfluss. Mädchen bekamen ihre erste Schnürbrust in der Regel im Alter von 12 bis 14 Jahren, gelegentlich wurden aber auch schon Kleinkinder in schnurgesteifte Mieder gesteckt. Eine daraus resultierende Verformung des Skeletts wurde nicht nur in Kauf genommen, sondern war sogar erwünscht.

Im Kaisertum Österreich wurde 1812 eine Verordnung von 1783 wiederverlautbart, die das Tragen von "Miedern" für Schülerinnen wegen der Gesundheitsgefahren ausdrücklich verbot.[4]

Die Kritik wurde im Verlauf des 19. Jahrhunderts immer lauter, verstärkt durch die Forderungen der Frauenbewegung. Erste Versuche einer „reformierten“, das heißt korsettlosen Frauenkleidung gab es Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem „Bloomer-Kostüm“, aber erst Anfang des 20. Jahrhunderts gewann die Reformbewegung unter dem Einfluss von Jugendstilkünstlern wie Henry van de Velde und Anna Muthesius Anhänger. Bis um 1910 waren „Reformkleider“ regelrecht sackartig, als ob eine elegante Linie ohne Korsett nicht vorstellbar wäre. Erst mit den Modeschöpfern des Art Déco, allen voran Paul Poiret und Gabrielle „Coco“ Chanel, entwickelte sich ab etwa 1912 eine Modelinie, die auch ohne Korsett auskam.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden so genannte Reform- und Gesundheitskorsetts angeboten. Diese hatten dehnbare Einsätze oder waren vollständig aus dehnbaren Gummifäden gestrickt. Gleichzeitig finden sich in Frauenzeitschriften Anleitungen, um herkömmliche Modelle umzuarbeiten, z. B. durch Entfernen einiger Korsettstäbe und der starren Planchets.[5]

 
Modernes Korsett als Unterbekleidung/Dessous

Heute

Seit den 1920er Jahren werden Korsetts fast nur noch unter historischen Kostümen, wie z. B. im Theater, beim Reenactment oder selten auch zu modernen Produktionen, getragen. Ansonsten nur noch zu erotischen Zwecken auch als sexueller Fetisch. Weiterhin werden Korsetts zu medizinischen Zwecken getragen. Sie können bei Wirbelsäulen-Erkrankungen wie Skoliose und Kyphose helfen.

Hervorzuheben ist die Schwarze Szene, insbesondere die Gothic- und Steampunk-Subkultur, in der häufig Korsetts getragen werden. Ebenso ist das Korsett im BDSM-Bereich beliebt.

Seit den 1990er Jahren wurde das Korsett mehr und mehr salonfähig. Vorbilder in der Musikszene und der Modewelt ebneten den Weg für eine breitere Verwendung von Korsetts.

Weniger enge und steife, meist elastische Korsetts werden auch als Korseletts (gleichbedeutend zu fr. corselet und altfr. corsel = kleiner Leib) bezeichnet.

Rekorde

Die schmalste dokumentierte Taillenweite wird Ethel Granger zugeschrieben, die ihre Taille auf 13 Zoll (33 cm) schnürte. Das Guinness-Buch der Rekorde gibt an, dass die schmalste Taille an einer lebenden Frau Cathie Jung gehört, die mit ihrem Mann Bob, einem ehemaligen orthopädischen Chirurgen, im US-Bundesstaat North Carolina lebt. Cathie Jung schnürt ihre Taille zu besonderen Anlässen auf 38 cm, im Alltag auf 43 cm ein.

Siehe auch

Literatur

Ausstellungen
Monographien
Aufsätze
Commons: Korsett – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Korsett – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Volltext online
  2. Bernhard Langkabel: Der Mensch und seine Rassen. Fines-Mundi-Verlag, Saarbrücken 2014 (Faksimile d. Ausg. Dietz, Stuttgart, 1892), S. 15f.
  3. http://www.planet-wissen.de/gesellschaft/mode/unterwaesche/pwiekorsetteingeschnuerteweiblichkeit100.html
  4. http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=pgs&datum=1812&page=534&size=45
  5. Fürs Haus. Praktisches Wochenblatt für alle Hausfrauen. 1890, ISSN 1864-5259, Clara von Studnitz.