Elektronenmikroskop

Mikroskop, welches das Innere oder die Oberfläche eines Objekts mit Elektronen abbilden kann
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Ein Elektronenmikroskop ist ein Mikroskop, das das Innere oder die Oberfläche einer Probe mit Elektronen abbilden kann.

Da schnelle Elektronen eine sehr viel kleinere Wellenlänge als sichtbares Licht haben (→Welle-Teilchen-Dualismus) und die Auflösung eines Mikroskopes durch die Wellenlänge begrenzt ist, kann mit einem Elektronenmikroskop eine deutlich höhere Auflösung (derzeit ca. 0,1 nm) erreicht werden als mit einem Lichtmikroskop (ca. 200 nm).

Technik

Die Hauptbestandteile eines Elektronenmikroskopes sind:

  • Die Elektronenkanone, die die freien Elektronen in einer Kathode erzeugt und in Richtung einer ringförmig um die Strahlachse liegenden Anode beschleunigt. Zwischen Anode und Kathode liegt eine Hochspannung, die je nach Mikroskop von wenigen kV bis zu 3 MV variiert.
  • Elektronenlinsen, die die Flugbahnen der Elektronen ablenken können. Meistens werden magnetische Linsen verwendet, in der Elektronenkanone z.T. auch elektrostatische. Elektronenlinsen haben die gleiche Funktion wie Glaslinsen im Lichtmikroskop. Während die Brennweite der Glaslinsen fest liegt, ist sie bei Elekronenlinsen regelbar. Deshalb enthält ein Elektronenmikroskop im Gegensatz zu einem Lichtmikroskop keine austauschbaren oder verschiebbaren Linsen(systeme) wie etwa das Objektiv bzw. das Okular eines Lichtmikroskopes.
  • Das Vakuumsystem, das dafür sorgt, dass die Elektronenquelle arbeiten kann und die Elektronen auf ihrem Weg nicht durch Kollision mit Luftmolekülen behindert werden.
  • Die Probenhalterung, die eine stabile Lage der Probe garantieren muss. Daneben sind oft Manipulationsmöglichkeiten erwünscht, von denen je nach Art des Probenhalters unterschiedliche Kombinationen realisiert werden: Verschiebung, Drehung, Verkippung, Heizung, Kühlung, Dehnung etc.
  • Detektoren, die die Elektronen selbst oder sekundäre Signale registrieren.

Betriebsarten

 
TEM-Aufnahme von Versetzungen in einer Legierung, die sich wähend eines In-situ-Zugversuchs von oben links nach unten rechts bewegen

Die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM, steht auch für Transmissionselektronenmikroskop) ist eine Betriebsart, die eine direkte Abbildung der Probe ermöglicht. Die Elektronen durchstrahlen das Probenmaterial, das zu diesem Zweck entsprechend dünn sein muss. Je nach Ordnungszahl der Atome, aus denen die Probe besteht, der Höhe der Beschleunigungsspannung und der gewünschten Auflösung kann die sinnvolle Probendicke von wenigen Nanometern bis zu einigen Mikrometern reichen. Je höher die Ordnungszahl und je niedriger die Beschleunigungsspannung sind, desto dünner muss die Probe sein. Auch für hochauflösende Abbildung ist eine dünne Probe erforderlich. Die von der Elektronenkanone gelieferten Elektronen werden vom Kondensor-Linsensystem so abgelenkt, dass sie den zu beobachtenden Probenabschnitt gleichmäßig ausleuchten und alle etwa parallel zueinander auf die Probe einfallen.

In der Probe werden die Elektronen gestreut, d.h. ihre Bewegungsrichtung ändert sich. Teilweise verlieren sie dabei auch Bewegungsenergie (inelastische Streuung). Elektronen, die die Probe unter dem selben Winkel verlassen, werden in der hinteren Brennebene der Objektivlinse in einem Punkt fokussiert.

Man kann nun in dieser Ebene mit einer Blende (Objektivblende bzw. Kontrastblende) nur die Elektronen passieren lassen, die nicht gestreut wurden. Da Atome mit höherer Ordnungszahl stärker streuen, wird der entstehende Kontrast Massenkonstrast genannt.

 
DNA-Plasmide in verschieden Konformationen im TEM Bild nach BAC-Spreitung 60.000x/80kV

Der Kontrast kristalliner Proben folgt komplizierteren Gesetzmäßigkeiten.

Das Projektiv-Linsensystem wirft das vom Objektiv-Linsensystem erzeugte erste Zwischenbild weiter vergrößert auf einen Detektor. Als solcher kommt z.B. ein Leuchtschirm zur direkten Beobachtung in Frage, der meistens mit fluoreszierendem Zinksulfid beschichtet ist. Falls das Bild aufgezeichnet werden soll, verwendet man fotografischen Film oder eine CCD-Kamera.

Durch eine Änderung des Projektiv-Linsensystems kann anstatt des Zwischenbildes auch die Fokusebene der Objektiv-Linse vergrößert abgebildet werden. Man erhält so ein Elektronenbeugungsbild mit dessen Hilfe sich die Kristallstruktur der Probe bestimmen läßt.

Bei der Energie gefilterten Transmissionselektronenmikroskopie (EFTEM) wird die durch den Probendurchgang geänderte Bewegungsenergie der Elektronen ausgenützt, um chemische Aussagen über die Probe, etwa die Verteilung der Elemente, treffen zu können.

 
REM-Aufnahme einer Probe des WTC-Staubes mit Gips/Anhydrit-Kristallen

Bei der Rasterelektronenmikroskopie (REM, steht auch für Rasterelektronenmikroskop, oder engl. SEM, Scanning electron microscopy/microscope) wird der Elektronenstrahl vom Kondensor-System auf die Probe zu einem möglichst kleinen Fleck fokussiert und zeilenweise über den zu untersuchenden Probenbereich geführt. Nun kann man verschiedene Signale detektieren und anhand des Detektionszeitpunktes einem Punkt auf der Probenoberfläche zuordnen.

Zu diesen Signalen zählen insbesondere die transmittierten Elektronen (die Methode heißt dann STEM, scanning transmission electron microscopy) sowie Sekundärelektronen, die die Probe auf der selben Seite verlassen, von der der primäre Elektronenstrahl eingetreten ist.

Sekundärelektronen sind Elektronen, die im Laufe des Anregungsprozesses durch die primären Elektronen von einem schwach gebundenen Zustand gelöst werden und eine zumeist geringe Bewegungsenergie (<50 eV) erhalten. Sie können die Probe nur verlassen, wenn sie nahe der Probenoberfläche erzeugt wurden, denn langsame Elektronen werden im Material stark absorbiert. Je flacher der primäre Elektronenstrahl auf die Oberfläche fällt, desto mehr Sekundärelektronen werden erzeugt. Der bei einer unebenen Oberfläche entstehende Kontrast erzeugt beim Beobachter einen plastischen Eindruck, der ähnlich wirkt wie der Kontrast einer durch Licht beleuchteten Oberfläche. Die Tiefenschäfe ist jedoch viel größer als bei einem Lichtmikroskop.

Mikroskope, die speziell für den Rastermodus mit Sekundärelektronen-Detektion gebaut werden, enthalten kein Objektiv- und kein Projektiv-Linsensystem und werden mit erheblich niedrigeren Beschleunigungsspannungen (wenige kV) betrieben, weil langsame Elektronen weniger tief in die Probe eindringen und weil in der Tiefe erzeugte Sekundärelektronen im Material wieder absorbiert werden, also nutzlos und wegen der unnötigen Probenaufheizung sogar schädlich sind.

Probenaufbereitung

Biologische Proben, die im TEM betrachtet werden sollen, müssen eine Reihe von Vorbereitungen durchlaufen:

  • Fixierung - um die Probe realistischer darstellen zu können. Verwendet werden Glutaraldehyde zur Härtung und Osmiumsäure, um Lipide schwarz zu färben.
  • Dehydrierung - Wasser wird entfernt und durch Ethanol oder Aceton ersetzt.
  • Einbettung - um Gewebe sektionieren zu können.
  • Sektionierung - Aufteilen der Probe in dünne Scheiben. Diese können auf einem Ultra-Mikrotom mit einer Diamantklinge geschnitten werden.
  • Färbung - Schwere Atome wie Blei- oder Uran-Atome streuen Elektronen stärker als leichte Atome und erhöhen so den Kontrast.

Zur Untersuchung von Metallen im TEM werden aus dem Probenmaterial zunächst Scheibchen geschnitten und auf etwa 0,1 mm Dicke geschliffen. In den meisten Fällen kann das Metall dann durch elektrolytisches Polieren so weit gedünnt werden, dass sich ein kleines Loch in der Mitte des Scheibchens bildet. Am Rand dieses Loches ist das Metall sehr dünn und mit Elektronen durchstrahlbar.

Metalle, bei denen elektrolytisches Polieren keine zufriedenstellenden Resultate liefert, sowie nicht- oder schlecht leitende Materialien wie Silizium oder Mineralien können durch Ionendünnung transparent für Elektronen gemacht werden. Zuvor muss jedoch in die Mitte des Probenscheibchens mit einem Dimpler ein Mulde geschliffen werden, weil durch Ionendünnung nur sehr wenig Material abgetragen werden kann.

Nichtleitende Proben müssen zur Verhinderung einer elektrostatischen Aufladung mit einer elektrisch leitenden Schicht überzogen werden.

Nachteile

Da die Proben im Vakuum betrachtet werden müssen, kann kein lebendes Material untersucht werden. Die aufwändige Vorbereitung der Proben kann zu Artefakten führen - Strukturen, die nur durch die Vorbereitung entstanden sind, und nichts mit dem eigentlichen Objekt zu tun haben, was die Auswertung der Bilder erschwert. Darüber hinaus können im TEM die Materialeigenschaften durch die Nähe der Oberflächen von denen kompakter Proben abweichen. Ein weiteres Problem ist die Schädigung der Proben durch den Elektronenstrahl, z.B. durch Erwärmung oder Wegstoßen ganzer Atome nach Kollision mit den schnellen Elektronen. Elektronenmikroskope, insbesondere TEMs, sind außerdem sehr teuer in Anschaffung und Unterhalt.

Geschichte

Als erstes Elektronenmikroskop wurde 1931 ein TEM von Ernst Ruska gebaut, wenngleich zunächst keine elektronentransparenten Proben, sondern testweise kleine Metallgitter abgebildet wurden. Für diese Arbeit erhielt Ruska 1986 den Physik-Nobelpreis. Er entwickelte auch bei Siemens 1938 das erste kommerzielle Elektronenmikroskop.

Die Kontrastierung biologischer Proben mit Osmiumsäure schlug Ladislaus Marton 1934 vor. Das erste STEM wurde 1937 von Manfred von Ardenne gebaut.

Während in den frühen Jahren die Aufklärung der im Lichtmikroskop unsichtbaren Krankheitserreger (Viren) eine bedeutende Triebfeder für die Entwicklung des Elektronenmikroskopes war, erweiterte sich das Interesse später besonders auf die Materialwissenschaft, nachdem Robert D. Heidenreich 1949 die Präparation dünner durchstrahlbarer Metallfolien gelang.

In den 1960er Jahren entwickelte man TEMs mit immer höherer Beschleunigungsspannung (bis zu 3 MV, um 1965 in Toulouse, 1970 in Osaka), vor allem um dickere Proben durchstrahlen zu können. In diesem Jahrzehnt wurde auch erstmals atomare Auflösung erreicht.

Seit Ende der 1980er Jahre wurden REMs entwickelt, die mit relativ hohen Gas-Drücken (einige Dutzend mbar) in Probennähe arbeiten können. Dadurch ist es möglich, auch feuchte biologische Proben zu untersuchen. Erwähnenswert ist weiterhin der zunehmende Einsatz von Computern seit den 1990er Jahren. So lassen sich z.B. komplizierte Linsensysteme automatisch durch Analyse der Aufnahmen einer CCD-Kamera justieren, was den Bediener des Mikroskopes deutlich entlastet.