Draisine (Laufmaschine)

einspuriges, von Menschenkraft betriebenes Fahrzeug
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Die Draisine ist eine Laufmaschine auf Rädern (so auch der ursprüngliche Name, im Gegensatz zu den moderneren Laufrobotern) und wurde vom badischen Erfinder Karl Drais 1817 in Mannheim als Reaktion auf Hungersnot und Pferdesterben nach der Tambora-Eruption erfunden und zum Patent angemeldet (badisches Privileg und französisches Brevet 1818). Damit war, ohne Vorbild in der Natur, das Zweiradprinzip erfunden und der Anstoß zum Individualverkehr ohne Pferd (Fahrrad, Motorrad, Automobil) gegeben.

Drais' Maßlaufmaschine 1817
Kinderlaufmaschine ca. 1833
Fehlrestaurierte Laufmaschine aus Drais' Nachlaß 1851 (Nachbau)
Eisenbahn-Draisine Templin – Fürstenberg (Havel)
Russische Eisenbahn-Draisine auf der Murmansk-Bahn nahe dem Onega-See
Motordraisine KLV 12 der DB, FME

Zwischen zwei hintereinander stehenden Rädern befindet sich ein Sattel als Sitz und ein Bügel zum Aufstemmen der Arme. Die Fortbewegung erfolgt durch abwechselndes Abstoßen der Füße auf dem Erdboden. Auf ebenen Wegen kann man so bis zu 15 km/h erreichen, etwa die dreifache Geschwindigkeit eines Fußgängers. In Deutschland wurde der Begriff Fahrrad für Bicycle erst 1885 eingeführt.

Eisenbahn-Draisine

Fahrzeuge

Ein von der ursprünglichen Draisine verschiedenes drei- oder vierrädriges Fahrzeug zur Streckenkontrolle und zum Transport von Werkzeug wird auf Eisenbahnstrecken benutzt und Anfangs ebenfalls durch Muskelkraft fortbewegt. Später fanden auch viele Motordraisinen verwendung. Der Name erklärt sich aus der 1837 erfolgten Erfindung eines Schienenfahrzeuges, das ebenfalls durch das Abstoßen der Füße angetrieben wurde. Später bauten sich Eisenbahnarbeiter aus alten Fahrrädern teilweise abenteuerliche Gefährte für diese Aufgabe.

Die Handhebeldraisine ist eine besonder Bauform und war insbesondere bei amerikanischen Bahnverwaltungen weit verbreitet: Auf einer Plattform stehend treibt man das Fahrzeug dadurch vorwärts, dass man einen an einer Säule montierten pumpschwengelähnlichen Hebel periodisch auf und ab bewegt. Die Kraft wird dann über eine Kurbelschwinge auf die Räder übertragen. Dieser Typ war und ist ein häufig eingesetztes Requisit in amerikanischen Filmen, vor allem in slapsticks und Zeichentrickfilmen.

Die bei den Freizeit-Tourismus-Strecken vermieteten Fahrzeuge sind technisch nur wenig weiterentwickelt, da sie möglichst simpel sein müssen. Eine technische Neuentwicklung einer Draisine wurde im Landkreis Reutlingen von einer Berufsfachschule im Jahr 2003 präsentiert. Das Fahrzeug verfügt über 6 Sitzplätze, die jeweils über eine 7-Gang-Nabenschaltung verfügen. Das Fahrzeug wird 2006 auf der Ostertalbahn eingesetzt. Im Gegensatz zu bestehenden Strecken begleitet ein ausgebildeter Fahrzeugführer die Fahrgäste, da es sich um eine Eisenbahnstrecke handelt, die als EBO-Strecke vorgehalten wird.

Freizeit-Tourismus-Strecken mit Draisinen

In Europa werden in mehreren Ländern stillgelegte Eisenbahnstrecken für den Fremdenverkehr mit Draisinen befahren. In Deutschland gibt es beim Stand 2004 ca. 10 Projekte, die Draisinenfahrten anbieten. In der Regel werden Fahrten im Vermietbetrieb auf stillgelegten Eisenbahnstrecken angeboten. Bei den Fahrzeugen werden entweder Handhebeldraisinen z.B. am Kulturbahnhof Ratzeburg oder einfache Fahrraddraisinen z.B. im Glantal angeboten. Für das Glantal konnten nach der Etablierung der Draisinenbahn positive Effekte für den Tourismus in der Region festgestellt werden (Zeitschrift Praxis Geographie 12/2004).

Draisinen-Betriebsstrecken

  • Die Draisinenstrecke Zossen-Jüterbog ("Erlebnisbahn Berlin/Brandenburg") erstreckt sich über 40 Kilometer im Fläming durch das Baruther Urstromtal.
  • Im Naturpark Nossentiner-Schwinzer Heide führt eine Draisinenstrecke von Karow (Plauer See) nach Borkow, auf der mit modernen Alu-Fahrraddraisinen bis zu vier Personen auf der stillgelegten Gleisstrecke Tagesausflüge unternehmen können.
  • Auf der stillgelegten Eisenbahnverbindung zwischen Templin und Fürstenberg/Havel kann eine vierrädrige Draisine benutzt werden. Die Strecke ist seit dem 15. Juni 1996 in Betrieb, 28 km lang und führt über Lychen durch die Seenlandschaft Brandenburgs.
  • Zwischen Marne und Sankt Michaelisdonn in Dithmarschen können in den Sommermonaten mit Pedalen und zusätzlich mit Segeln angetriebene Draisinen von 4 Personen pro Gefährt gefahren werden.
  • Zwischen Rinteln-Süd und Alverdissen kann in den Sommermonaten mit viersitzigen Draisinen auf den Schienen der Extertalbahn gefahren werden, auch für Rollstuhlfahrer ist eine Draisine vorhanden.

Kinder-Draisinen

Laufmaschinen

Für Kinder werden Laufmaschinen angeboten, die in ihrer Grundkonstruktion auf der Laufmaschine des Freiherrn von Drais basieren. Populärität erlangte die Kinderlaufmaschine seit 1997, als die Firma KOKUA unter dem Markennamen LIKEaBIKE eine gefällige und gut gestaltete Laufmaschine präsentierte. Zunächst hatte diese Vollgummibereifung, wurde aber nach einiger Zeit auch mit komfortablerer Luftbereifung angeboten. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Nachahmungen, auch aus Metall.

Einen anderen Ansatz verfolgt seit 2003 die Kinderlaufmaschine LEOCHRIMA, bei der ein handelsüblicher Roller in eine Laufmaschine umgebaut wird. Die Grundidee des Karl Drais wird dabei um die Möglichkeit erweitert, die Füße während der Fahrt auf einem Trittbrett abstellen zu können.

Handhebeldraisine

Bis etwa in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es „Holländer“ - gummibereifte vierrädrige Kinder-Draisinen, die nach dem Handhebelprinzip konstruiert waren: Die Hinterachse wurde durch eine horizontale Pumpbewegung beider Hände an einem T-förmigen Hebel angetrieben und die bewegliche Vorderachse wurde mit den Füßen gesteuert. Dieses Spielzeug wurde dann vom Tretauto vollständig abgelöst und ist heute nur noch selten anzutreffen.

Literatur

  • Hans-Erhard Lessing: Automobilität – Karl Drais und die unglaublichen Anfänge, Maxime-Verlag, Leipzig 2003
  • Coen, Annette: Natur und Erlebnis pur, Mit der Draisine durch das Pfälzer Bergland, in Praxis Geographie 12/2004