Kongruenz (Zahlentheorie)

Begriff aus der Mathematik
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In der Zahlentheorie heißen zwei ganze Zahlen und kongruent modulo mit einer natürlichen Zahl , wenn die Differenz ein ganzes Vielfaches von ist. Verschiedene Zahlen, die kongruent modulo sind, können daher durch "Verschiebung" um ein Vielfaches der Zahl zur Deckung gebracht werden.

Notationen in der Zahlentheorie

Häufig werden für die Aussage „  und   sind kongruent modulo  “ die folgenden Schreibweisen benutzt:

 

oder

 

Kongruenz und Reste

Sind zwei Zahlen kongruent modulo einer Zahl  , ergibt sich bei der Division durch   derselbe Rest.

Mithilfe der vor allem in der Informatik verbreiteten Modulo-Funktion kann man dies so schreiben:

 .

Man beachte, dass dies mit der in der Informatik üblichen Modulo-Funktion nur für positive   und   richtig ist. Damit die Gleichung tatsächlich für alle   und   äquivalent zur Kongruenz wird, muss man die durch

 

definierte Modulo-Funktion verwenden. (  ist die Gaußklammer.) Mit dieser Definition gilt beispielsweise  .

Beispiele

  •  , denn 7 teilt -21 ( )
  •  , denn 7 teilt -42 ( )
  •  , denn 7 teilt 49 ( )

Restklassen

Man bezeichnet die Menge aller Zahlen, die modulo einer Zahl   zu einer festen Zahl   kongruent sind, als die Restklasse von   modulo  :

 

Es gibt genau   Restklassen ( ) modulo  .

Beispiel:

Modulo 2 sind die beiden Restklassen die Menge der geraden Zahlen ( ) und die Menge der ungeraden Zahlen ( ).

Die Restklassen modulo   bilden einen Ring, den sog. Restklassenring. Ist   eine Primzahl, so bilden sie einen Körper.

Die Theorie der Kongruenzen wurde von Carl Friedrich Gauß im Jahre 1801 in seinem Werk Disquisitiones Arithmeticae begründet.

Veranschaulichung am Ziffernblatt der Uhr

Veranschaulichen kann man das Rechnen mit Restklassen anhand des Ziffernblattes einer Analoguhr. Die Stunden sind von 1 bis 12 nummeriert, wobei Stunde 12 als Stunde 0 betrachtet wird.

Beginnt man bei Stunde 0 und addiert jeweils eine Stunde, erhält man der Reihe nach jede der 12 Stunden des Ziffernblattes. Man addiert zwei beliebige Stunden miteinander, indem man bei der ersten angegebenen Stunde beginnt und im Uhrzeigersinn die zweite Stundenangabe abzählt: Um   zu ermitteln, beginnt man bei Stunde 4 und zählt 5 Stunden weiter, man landet bei Stunde 9. Berechnet man nun  , zählt also von Stunde 9 aus 5 Stunden weiter, landet man bei Stunde 2, es ist also   in diesem System. Wie kommt dieses Ergebnis zustande? Addiert man einfach die Stundenwerte, erhält man 14; und "14 Uhr" stimmt auf dem zwölfstündigen Ziffernblatt mit "2 Uhr" überein, also ist hier  . Das Ergebnis einer Addition ist also die normale Summe, eventuell abzüglich einer 12. Dies entspricht dem Rest bei Division durch 12. Diese Art der Addition heißt "Addition modulo 12". Man erkennt hier, dass die Addition der 12 eine Zahl nicht verändert,   für jede Stunde  . Das erklärt, warum die 12. Stunde hier als Stunde 0 bezeichnet wird.

Die Multiplikation wird auf die Addition zurückgeführt: Um z. B.   zu bestimmen, bildet man die Summe  , und landet bei der 12. Stunde. Das Produkt   liefert "16 Uhr", und das ist identisch mit "4 Uhr"; modulo 12 ist also  .

Die 12 Stundenwerte, zusammen mit den Regeln für Addition und Multiplikation, schreibt man als  .

Was für 12 geht, funktioniert auch für jede andere natürliche Zahl  . In   ist 1 = 1, 2 = 1 + 1, 3 = 1 + 1 + 1, 0 = 1 + 1 + 1 + 1.

Elementare Rechenregeln

Für das Rechnen mit Kongruenzen lassen sich einige elementare Rechenregeln aufstellen.

Gilt   und   und  , so gilt:
  Reflexivität
  Symmetrie
  Transitivität
  Skalarmultiplikation
  Addition
  Subtraktion
  Multiplikation
  Potenzregel
Weiterhin gilt für das Rechnen mit Restklassen:
  Addition
  Subtraktion
  Multiplikation

Abgeleitete Rechenregeln

  1. Für   gilt:  

  2. Ist   ein Teiler von  , dann gilt:  

  3. Sei   sowie   (größter gemeinsamer Teiler), dann gilt:  
    Sind   und   teilerfremd, also  , dann folgt sofort  

  4. Sei   mit einer Primzahl  , wobei   kein Teiler von   ist. Dann gilt:  

  5. Sei   und  . Dann gilt:  

  6. Sei  . Ferner sei   ein Teiler der ganzen Zahlen  ,  . Dann gilt:  

  7. Für jede ungerade Zahl   gilt  
    Mit anderen Worten: Teilt man   durch 8, dann bleibt als Rest 1.

  8. Für jede ganze Zahl gilt entweder   oder   oder  
    Mit anderen Worten: Entweder   ist durch 9 teilbar oder es bleibt als Rest 1 oder 8.

  9. Für jede ganze Zahl   gilt  
    Mit anderen Worten: Teilt man   durch 6, dann bleibt als Rest die Zahl a mod 6 selbst.

  10. Für jede ganze Zahl gilt entweder   oder   oder  
    Mit anderen Worten: Entweder   ist durch 7 teilbar oder es bleibt als Rest 1 oder 6.

  11. Für jede ganze Zahl gilt entweder   oder  
    Mit anderen Worten: Entweder   ist durch 5 teilbar oder es bleibt als Rest 1

  12. Ist   sowohl eine Quadratzahl als auch eine Kubikzahl (z. B.  ) dann gilt entweder   oder   oder   oder  

  13. Sei   eine Primzahl mit  . Dann gilt
     

  14. Sei   eine ungerade ganze Zahl. Ferner sei  . Dann gilt:  

  15. Seien  ,   sowie   (d. h.   und   sind teilerfremd). Dann gilt:  

  16. Es gelte   und   sowie  . Daraus folgt:  

  17. Sei  . Ferner seien   und   Primzahlzwillinge. Dann gilt:  

Anwendungen

Mit Hilfe von Kongruenzen lassen sich zum Beispiel die Teilbarkeitsregeln leicht beweisen. Eine wichtige Aussage über Kongruenzen von Primzahlen ist der kleine Satz von Fermat bzw. der Fermatsche Primzahltest.

Ferner sind Kongruenzen bzw. Restklassen oft hilfreich, wenn man Berechnungen mit sehr großen Zahlen durchführen muss.

Siehe auch: lineare Kongruenz, simultane Kongruenz, chinesischer Restsatz

Beispiel 1

Frage: Mit welcher Ziffer endet die Zahl  ?

Es ist  . Daraus folgt mit der Potenzregel ( ):  .

Es gilt  . Erneute Anwendung der Potenzregel ( ) liefert:  .

Antwort: Die Endziffer lautet 9.

Beispiel 2

Frage: Ist   durch 41 teilbar?

Man sieht leicht:  .
Daraus folgt mit der Potenzregel ( ):  .
Andererseits gilt:  . Die Potenzregel liefert  .
Insgesamt ergibt sich nun:  

Antwort:   ist durch 41 teilbar.

Beispiel 3

Behauptung:   ist durch 341 teilbar.

Von dieser Eigenschaft ist im Artikel Fermatscher Primzahltest die Rede. Sie besagt, dass die Zahl 341 eine (fermatsche) Pseudoprimzahl zur Basis 2 ist.

Beweis:  

 
 

Beispiel 4

Frage: Welches ist der Rest, wenn man die Summe   durch 12 teilt?
Gesucht wird ein   mit  .

Es gilt:  
und  
Daraus folgt mit der Multiplikationsregel für  
Anwendung der Additionsregel liefert  

Antwort: Wenn man   durch 12 teilt, dann bleibt als Rest 9 übrig.
Aus der Herleitung folgt allgemeiner:   für alle  .

Siehe auch: Modulo (Rest)

Beispiel 5

Frage: Was ist das Inverse von 71 in 101?

Mit folgendem Algorithmus kann man das Inverse von a in b berechnen:

a - 0 * b = a

71 - 0 * 101 = 71

101 - 1 * 71 = 30

71 - 2 * 30 = 11

30 - 2 * 11 = 8

11 - 1 * 8 = 3

8 - 2 * 3 = 2

3 - 1 * 2 = 1 = ggT

2 - 2 * 1 = 0

x0 - c * x1 = x0 mit x0 = 1, x1 = 0 und für c setze die fetten Zahlen jeweils (von oben nach unten) ein.

1 - 0 * 0 = 1

0 - 1 * 1 = -1

1 - 2 * (-1) = 3

-1 - 2 * 3 = -7

3 - 1 * (-7) = 10

-7 - 2 * 10 = -27

10 - 1 * (-27) = 37 = Inverse.