Das Genus utrum, kurz Utrum (lat. uter, utra, utrum, ‚einer von beiden‘), auch Genus commune, kurz Commune (lat. communis, commune, ‚gemeinsam‘), Nicht-Neutrum, Realgenus,[1][2] deutsch gemeinschaftliches Geschlecht oder gemeinsames Geschlecht, ist ein grammatisches Geschlecht (Genus) mit einer gemeinsamen Form für das männliche und weibliche Geschlecht (Maskulinum und Femininum). Das Gegenstück dazu ist das sächliche (neutrische) Geschlecht (Neutrum, ne-utrum).
Es ist zum Beispiel im Dänischen (dort heißt es auch fælleskøn = „gemeinsames Geschlecht“[3]), im Norwegischen (Riksmål/Bokmål), im modernen Schwedischen und größtenteils auch im Niederländischen (dort bekannt als commuun genus) gebräuchlich. Auch die Genera in anatolischen Sprachen sind als Genus commune und Genus neutrum bekannt.[4]
Beispiel
Das folgende Beispiel zeigt, dass im Schwedischen in der Flexion kein Unterschied zwischen Feminina und Maskulina gemacht wird, also ein Genus utrum verwendet wird:
- flicka „Mädchen“ (unbestimmte Form) – flickan (bestimmte Form)
- pojke „Junge“ (unbestimmte Form) – pojken (bestimmte Form)
Die Flexionsendungen bei solchen Personenbezeichnungen unterscheiden sich also nicht danach, ob es sich um weibliche oder männliche Personen handelt.[5]
Ein allgemeineres Beispiel: sol („Sonne“):
- dänisch, schwedisch und norwegisch (Riksmål/moderates Bokmål): Utrum
- en sol / solen („eine Sonne“ / „die Sonne“)
- norwegisch (Nynorsk und radikales Bokmål): Femininum
- ei sol / sola („eine Sonne“ / „die Sonne“)
Literatur
- Kurt Braunmüller: Die skandinavischen Sprachen im Überblick. Francke, Tübingen 1991. ISBN 3-7720-1694-4.
- Helmut Glück (Herausgeber): Metzler Lexikon Sprache. 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Metzler, Stuttgart/Weimar 2010. ISBN 978-3-476-02335-3. Artikel: Utrum.
Weblinks
- Thomas Steinfeld: Debatte um geschlechtsneutrale Sprache - Süddeutsche, 15. März 2012
Einzelnachweise
- ↑ Sebastian Kürschner: Deklinationsklassen-Wandel: Eine diachron-kontrastive Studie zur Entwicklung der Pluralallomorphie im Deutschen, Niederländischen, Schwedischen und Dänischen. Walter de Gruyter, 2008, S. 58
- ↑ Helmut Glück: Deutsch als Fremdsprache in Europa vom Mittelalter bis zur Barockzeit. Walter de Gruyter, 2002, S. 306
- ↑ Braunmüller, Seite 42.
- ↑ Frank Starke: Untersuchung zur Stammbildung des keilschrift-luwischen Nomens. 1990, S. 26.
- ↑ Prisma. Handwörterbuch Schwedisch – Deutsch. Völlige Neubearbeitung 1992. Langenscheid, Berlin/München/Wien/Zürich/New York 1992, ISBN 3-468-04301-5, Seite 7.