Koordinaten: 38° 50′ 31″ N, 69° 55′ 9″ O
Der Rogun-Staudamm in Tadschikistan (Asien) soll mit 335 m Höhe die höchste Talsperre der Erde werden.
Staudamm
Der Rogun-Staudamm wird am Fluss Wachsch stehen, einem Nebenfluss des Amudarja, etwa 100 km nordöstlich der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe oberhalb des Nurek-Staudamms. Die Talsperre ist ein 660 m langer Steinschüttdamm mit 75,5 Mio. m³ Bauwerksvolumen, der noch nicht fertiggestellt ist.
Das Absperrbauwerk wäre – wie oben erwähnt – das höchste der Erde; in anderen Kategorien – wie dem Stauinhalt oder dem Bauwerksvolumen – wird es dies jedoch bei weitem nicht. Die bislang mit 300 m höchsten Talsperren der Welt sind der 1980 fertiggestellte Nurek-Staudamm, ebenfalls in Tadschikistan, und Jinping I in China. Die dritthöchste ist mit 292 m die Xiaowan-Talsperre in China, gefolgt von der Grande Dixence in der Schweiz mit 285 m Höhe.
Das besondere Problem des Staudammbaus ist neben dem politischen Konflikt mit dem Unterlieger des Gharm-Flusses, Usbekistan, der um die Bereitstellung des Wassers für die Bewässerung seiner Baumwollkulturen fürchtet, dass beim Ausbau auf die höchste Planstufe bis zu 30.000 Familien zwangsumgesiedelt werden müssten. Bisher sind bereits rund 1.000 Haushalte umgesiedelt, ohne dass ihnen eine wirtschaftliche Grundlage als Ersatz bereitgestellt wurde. Dies lässt bei der Realisierung des Projektes ein soziales Drama großen Ausmaßes befürchten.
Stausee
Der geplante Speicherraum des Rogun-Stausees beträgt 11,600 Mrd. m³, das sind 11,6 km³. Der Stausee ist allerdings noch nicht eingestaut. Die Füllung wird fünf bis sechs Jahre in Anspruch nehmen.
Wasserkraftwerk
An der Talsperre ist ein Wasserkraftwerk mit 3600 MW Leistung geplant. Damit könnten pro Jahr 13,3 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und große Gebiete Zentralasiens mit Elektrizität versorgt werden. Es wäre eines der größten Wasserkraftwerke der Erde.
Geschichte
Pläne und erste Arbeiten an dem Damm begannen 1976, noch zu Sowjetzeiten. Seitdem wurden nur unvollständige Arbeiten ausgeführt, die im Vergleich mit dem Gesamtausmaß des Projekts unbedeutend sind.
Nach der Unabhängigkeit Tadschikistans und dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 wurden die Bauarbeiten aus Geldmangel eingestellt. Erst ein Teil der Untertage-Bauwerke (Kavernen, Stollen, Schieberkammern etc.) waren fertiggestellt. Im Mai 1993 wurden durch eine Flut zwei Fangedämme zerstört.[1] Mit dem Bau des eigentlichen Staudamms war noch nicht begonnen worden. Verschiedentlich wurde danach ein Weiterbau angekündigt.
Nach dem Ende der Sowjetunion wurde ein Abkommen mit RusAl (Russkiy Aluminium) abgeschlossen, das in der Hoffnung auf günstige Bezugsbedingungen für Hydro-Strom für weitere Aluminiumwerke auf tadschikischem Boden zusagte, den Löwenanteil der auf USD 3 Milliarden geschätzten Baukosten auf sich zu nehmen.
Tadschikistan hat mittlerweile dieses Abkommen mit RusAl aufgekündigt. RusAl erwartete einen Kontrollanteil an der Staudammgesellschaft, den die tadschikische Seite nicht zu gewähren bereit war. Entsprechend war die russische Seite nicht zu größeren Vorlagen bereit. Im Gegenzug warf die tadschikische Regierung RusAl Vertragsbrüchigkeit vor.
Tadschikistan will nun jährlich USD 79 Millionen Budgetmittel in den Bau des Staudamms investieren. Angesichts geschätzter Gesamtkosten von USD 3 Milliarden benötigt die Regierung aber liquide Ko-Investoren. Zwar sind die geplanten Kapazitäten so groß, dass nach Abdeckung des gesamten tadschikischen Strombedarfs inklusive zweier Aluminiumschmelzen auch Indien, Pakistan und Afghanistan mit Strom beliefert werden könnten, doch müssten hierfür die Überland-Starkstromleitungen durch extrem anspruchsvolles Terrain erst noch errichtet werden. Mit der bisher aufrechterhaltenen Weigerung, einem etwaigen Investor entscheidende Anteile an der Staudammgesellschaft zu gewähren, sind die Anreize, das Projekt zu unterstützen, gering.
Der Weiterbau ist in der Region umstritten. Tadschikistan wäre dann in der Lage, den Wasserfluss im Amudarja verstärkt zu kontrollieren, was Misstrauen in den unteren Anrainerstaaten hervorruft.[2]
Nach einer Machbarkeitsstudie von Lahmeyer International ist ein Weiterbau des Projekts in drei Schritten vorgesehen, in denen die Dammhöhe auf 225 m, 285 m und 335 m wachsen soll.
Im Jahr 2011 begann die Weltbank einen Konsultationsprozess mit den Anrainerstaaten und eine Prüfung des Projekts in zwei Bereichen:[3]
- Techno-Economic Assessment Study (TEAS)
- Environmental and Social Impact Assessment (ESIA)
Gutachter zu TEAS waren das französische Konsortium Coyne et Bellier sowie die Consulting-Unternehmen Electroconsult aus Italien und IPA aus Großbritannien. Gutachter zu ESIA war die Schweizer Pöyry Energy Ltd. [4]
Am 1. September 2014 wurde dieser Prozess mit der Veröffentlichung der Gutachten[5] und den "World Bank Note - Key Issues for Consideration on the Proposed Rogun Hydropower Project"[6] abgeschlossen.
Am 29. Oktober 2016 wurde offiziell - durch Präsident Emomalii Rahmon persönlich am Steuer einer Planierraupe - mit dem Bau des Staudammes begonnen. [7]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Roland Schmidt: Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie für den Weiterbau der WKA Rogun in Tadschikistan, 14. Deutsches Talsperrensymposium September 2007
- ↑ Silvia Steininger, Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK): ZENTRALASIEN: DER WASSERKONFLIKT
- ↑ Weltbank:Assessment Studies for Proposed Rogun Hydropower Project in Tajikistan
- ↑ AHK Deutsche Auslandshandelskammer Zentralasien: Weltbank gibt grünes Licht für Staudamm-Projekt Rogun
- ↑ Weltbank:Final Reports Related to the Proposed Rogun HPP
- ↑ Weltbank:World Bank Note - Key Issues for Consideration on the Proposed Rogun Hydropower Project
- ↑ [1]:Tadschikistan beginnt mit Bau des welthöchsten WasserkraftwerksP
Weblinks
- Google Earth Panoramio: Bild des (geplanten) Standortes vom 16. März 2007
- Encyclopædia Britannica
- Beobachtungen am Vakhsh-Fluss in Tadschikistan
- Die Nurek- und Rogun-Staudämme am Vachsch (PDF-Datei; 718 kB)
- Fotos vom Bau auf Flickr 2010/2011 (Bild 1, Bild 2, Bild 3, Bild 4, Bild 5)
- Sares, Rogun, Aral