Teer (von mittelniederdeutsch ter „Holzteer, Harz“, verwandt mit germanisch trewwa „Baum“; lateinisch pix, daraus Pech) ist ein bräunliches bis schwarzes, zähflüssiges Gemisch organischer Verbindungen, das durch zersetzende thermische Behandlung (Pyrolyse) organischer Naturstoffe gewonnen wird.[1] Eine andere, auf das spanische bzw. arabische Wort al-quitrán zurückgehende Bezeichnung für Teer ist Goudron (das französische Wort für Teer), zum Beispiel in „Goudronanstrich“.

Als Teersee bezeichnet man veraltete Deponien für flüssige Industrieabfälle. Umgangssprachlich werden manchmal auch Asphaltseen fälschlicherweise als „Teersee“ bezeichnet.
Produkte, die bei Abtrennung der leichter flüchtigen Anteile (Benzin, Kerosin, Schweröl, etc.) bei der Destillation von Erdöl als Rückstand im Sumpf verbleiben, heißen Bitumen. Bitumen und Teer sind zwei völlig verschiedene Stoffe, auch wenn beide braunschwarz und dickflüssig sind.
Gewinnung
Teer kann aus verschiedenen organischen Verbindungen stammen:[2][3]
Die industriell wichtigsten sind Steinkohlenteer und Holzteer aber es werden auch Teere aus weiteren Quellen produziert:
- Braunkohlenteer ist eine braune bis schwarzbraune, feste Masse. Er entsteht als wichtigstes Produkt bei der Schwelung[4] von Braunkohle oder Braunkohlenbriketts. Die Menge und Zusammensetzung des Braunkohlenteers ist von der Ausgangskohle und der Art der Schwelung abhängig. Während die „Heizflächenschwelung“ zu kleineren Teerausbeuten und zu spezifisch schwereren Teeren führt, erhält man bei der „Spülgasschwelung“ eine wesentlich größere Teerausbeute. Die Spülgasteere zeichnen sich durch einen hohen Alkangehalt (Paraffine) aus. Je nach den Zersetzungstemperaturen unterscheidet man Braunkohlenschwelteer (Braunkohlenurteer), der bei Schweltemperaturen von 550 bis 650 °C gewonnen wird, und Braunkohlenhochtemperaturteer (BHT-Teer), der bei Verkokungstemperaturen von 1000 bis 1200 °C anfällt. Hauptprodukt bei diesen Temperaturen ist der Braunkohlenhochtemperaturkoks (Verkokung). Im Gegensatz zum Steinkohlenteer, der in der Hauptsache aromatische Verbindungen enthält, besteht der Braunkohlenteer vorwiegend aus aliphatischen Kohlenwasserstoffen.
- Ölteer entsteht bei der thermischen Zersetzung von Mineralölen zu Ölgas und bei der Herstellung von Wassergas. Er ähnelt in Beschaffenheit und Zusammensetzung dem Steinkohlenteer, unterscheidet sich jedoch von ihm durch geringere Dichte und durch eine niedrigere Viskosität. Ferner enthält er kaum Phenole und basische Stoffe. Man verwendet Ölteer häufig als Brennstoff oder zum Betrieb von Dieselmotoren.
- Schieferteer ist eine dunkelbraune Flüssigkeit, die bei der Schwelung von Ölschiefer entsteht und vor allem auf Schmier- und Dieselöle aufgearbeitet wird.
- Wassergasteer ist eine dunkelbraune, ölig-flüssige Masse mit hohem Wassergehalt. Er entsteht bei der Erzeugung von Wassergas oder Generatorgas und enthält hauptsächlich aliphatische Kohlenwasserstoffe und aromatische Zersetzungsprodukte.
- Torfteer ist eine hochviskose, bei Zimmertemperatur oft salbenartige, schwarze Flüssigkeit von durchdringend scharfem Geruch, die neben Phenolen gesättigte und ungesättigte aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, Pyridinbasen, Schwefelverbindungen und Fettsäuren enthält.
- Fettteer ist eine braune, zähflüssige Masse, die bei der fraktionierten Destillation von Fetten und fetten Ölen anfällt. Er wird destillativ nochmals in verschiedene Fettsäuren zerlegt. Den zähen, nach dem Erkalten recht harten Blasenrückstand bezeichnet man als Stearin- oder Fettpech. Dieses wird für die Isolation von Kabeln verwendet.
- Knochenteer (Hirschhornöl, Tieröl) entsteht bei der Verkohlung entfetteter, oft noch zerkleinerter Knochen als eine schwarzbraune, dicke Flüssigkeit von unangenehmem Geruch, aus der man durch Destillation Dippels Öl gewinnt. Der Destillationsrückstand ist Knochenteerpech.
Verwendung
Aus Teer können aromatische Bestandteile wie beispielsweise Naphthalin, Anthracen und Phenanthren isoliert werden. Ruß und Imprägnieröle für den Holzschutz werden ebenfalls aus Teer hergestellt.
Steinkohlenteeröl hat nach wie vor eine große Bedeutung für den industriellen Holzschutz, z. B. für Eisenbahnschwellen oder Freileitungsmasten. Er wurde in den letzten Jahren weiterentwickelt, um seine Umweltverträglichkeit zu verbessern.
Entgegen der im allgemeinen Sprachgebrauch für das Einbauen von Asphalt auf Straßen verwendeten Bezeichnung Teeren ist Teer in Westdeutschland seit 1984[5] und in Ostdeutschland seit 1990 für den Einsatz im öffentlichen Straßen- und Wegebau verboten und vollständig durch Bitumen ersetzt worden.
In manchen Fällen wurde auch so genanntes Carbobitumen (auch Pechbitumen)[6] verwendet. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Bitumen und Teer. Diese Mischform ist ebenso wie der reine Teer als gesundheitsschädlich einzustufen und muss gesondert entsorgt werden.
Gefahren
Langzeitiges Einwirken des Teers auf der Haut kann Hautveränderungen hervorrufen, die im schlimmsten Fall krebsverursachend sind. Teerpräparate werden in der Medizin allerdings auch als äußerlich anwendbare Arzneimittel gegen Hautkrankheiten genutzt, da sie juckreizstillend, keimtötend und durchblutungsfördernd wirken.
Der Grund für das Verwendungsverbot von Teer im öffentlichen Bereich ist das Risiko für die Umwelt und die Gesundheit, insbesondere bei dessen Verarbeitung. Bei Kontakt mit Wasser können polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) ins Grundwasser gelangen. Teer wurde im Straßen- und Wegebau durch Bitumen ersetzt. Als Asphalt wird das Baustoffgemisch aus Gesteinskörnungen und dem Bindemittel Bitumen bezeichnet.
Wenn heute bei Straßenbauarbeiten bitumenhaltige Schichten aufgebrochen werden sollen, bei denen ein Verdacht auf Teerhaltigkeit besteht, geben Schnelltests mit UV-Licht oder Sprays beispielsweise mit Silberiodid vorläufigen Aufschluss darüber. Zur weiteren Analyse werden bei positivem Testergebnis Proben genommen, an denen im Labor der PAK-Wert (EPA) nach DIN ISO 18287 bestimmt und aufgrund des Ergebnisses eine bestimmte Entsorgung vorgenommen wird. Nur schwach belastetes Material darf je nach Grad der Belastung in unterschiedlicher Weise wieder verwendet werden, zum Beispiel im Kaltrecycling [siehe: Technische Lieferbedingungen für Asphaltgranulat (TL AG-StB)].
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Otto-Albrecht Neumüller (Hrsg.): Römpps Chemie-Lexikon, 8. Auflage, Frank'sche Verlagshandlung, Stuttgart, 1983, ISBN 3-440-04513-7, S. 4137.
- ↑ Teer auf spektrum.de, abgerufen am 4. August 2016.
- ↑ Teer auf zeno.org., abgerufen 4. August 2016.
- ↑ Schwelung auf spektrum.de. abgerufen am 4. August 2016.
- ↑ Gefährdungen und Schutzmaßnahmen im Straßenbau ( vom 1. Mai 2014 im Internet Archive), Wissensportal TU Dresden, Seite 303–309.
- ↑ G. Herion, G. von Mossen, : CARBOBITUMEN - EIN VIELSEITIG VERWENDBARES PECHBITUMEN FUER DEN BITUMINOESEN STRASSENBAU, Straße und Autobahn, Volume: 37, Issue Number: 3, Kirschbaum Verlag, 1986, OCLC 7286414.