Wilhelm von Kobell

deutscher Maler
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Wilhelm Alexander Wolfgang Kobell, ab 1817 Ritter von Kobell (* 6. April[1] 1766 in Mannheim; † 15. Juli 1853 in München) war ein deutscher Landschafts-, Tier- und Schlachtenmaler.

Selbstbildnis mit Hut (um 1800), Berlin.

Biografie

Herkunft

Kobell wuchs im Künstler- und Beamtenmilieu der kurpfälzischen Residenzstadt Mannheim auf, die damals namentlich für ihr Musikleben internationales Ansehen genoss (Mannheimer Schule). Seine Eltern waren der Landschaftsmaler und Radierer Ferdinand Kobell (1740–1799) und die Hofratstochter Maria Anna Lederer (1744–1820)[2]. Die Familie Kobell stammte aus Hessen. Ein Bruder des Vaters war der Landschaftszeichner Franz Kobell (1749–1822). Von einem nach Rotterdam ausgewanderten Großonkel stammten holländische Kunstschaffende ab, etwa der Marinemaler Hendrik Kobell (1751–1779).

Ausbildung in Mannheim

 
Jagdgesellschaft am Fährplatz (1791), Schweinfurt.

Wilhelm wurde wohl vom Vater im Landschaftszeichen ausgebildet. Um 1780–1784 besuchte er die Mannheimer Zeichnungsakademie.[3] 1786–1789 arbeitete in der Werkstatt des Vaters, erhielt aber auch bereits selber Aufträge[4]. Damals entstanden erste Aquarelle mit Landschaftsdarstellungen, Porträts von Familienmitgliedern und Freunden sowie Reproduktionen von Gemälden niederländischer Meister (unter anderen Philips Wouwerman) in Aquatintamanier.[5] Kobell zeichnete viel in freier Natur. Neben der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts dürfte ihn laut Wichmann die des 18. Jahrhunderts, aber auch die zeitgenössische Kunst, insbesondere Englands, beeinflusst haben. Die Entwicklung seiner zeichnerischen Handschrift habe schon früh angedeutet, dass er „zu den bedeutendsten Künstlern des ausgehenden 18. Jahrhunderts“ gehören werde.[6]

Übersiedlung nach München

Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz war auch Kurfürst von Bayern. Kobell besuchte 1789 und 1792 München. Karl Theodor kaufte ihm 1790 zwei Landschaften ab. 1791 und 1793 gewährte er ihm Zuschüsse für geplante Reisen nach Italien und England, die der Maler aber – wohl des Ausbruchs der Koalitionskriege wegen – nicht antrat.[7] 1791 wurde Kobell außerordentliches auswärtiges Mitglied der Berliner Akademie. 1792 ernannte ihn der Kurfürst zum Hofmaler mit einem Jahresgehalt von 500 Gulden. 1793 übersiedelte Kobell mit seinem Bruder Egid (1772–1847) in die bayerische Residenzstadt, wo die beiden die nächsten Jahre zusammen wohnten. 1794 folgte der Rest der Familie.

In München heiratete Kobell 1797 Nanny (Anna Maria Theresia) von Krempelhuber (1775–1839), deren Vater Landesdirektionsrat war. Ihre Mitgift ermöglichte ihm ein gesichertes Leben.[8] Auch verkaufte er Werke an Händler und Fürsten, so 1798 an Karl Theodors künftigen Erben, Herzog Max Joseph von Pfalz-Zweibrücken. Bis 1807 gebar Nanny zwei Söhne und drei Töchter. Nach der Heirat verbrachte Kobell die Sommermonate auf dem Landgut des Schwiegervaters bei Dietramszell und durchwanderte die oberbayerische Hochebene. Er malte dort Landschaftsbilder mit Vieh, Landleuten, Jägern und Reitern.

Kobells Vater wurde 1798 – ein Jahr vor seinem Tod – Direktor der kurpfalzbayerischen Gemäldegalerie, die 1795 aus Düsseldorf nach Mannheim verbracht worden war. Auch Wilhelm reiste damals nach Mannheim und Heidelberg. 1800–1804 veröffentlichte Adam von Bartsch in Nürnberg und Wien sechzehn Umrissradierungen nach Aquarellen von ihm.[9]

Schlachtenmaler

 
Bergung des tödlich verwundeten Generals der Infanterie Deroy. Detail aus: Schlacht bei Polozk, 18. August 1812 (1813), München.

Von dem in Straßburg aufgewachsenem Max Joseph (1799–1825) und von dessen Minister Montgelas einer Revolution von oben unterzogen, von Napoleon vergrößert und zum Königreich erhoben, wurde Bayern zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Satellitenstaat Frankreichs. 1806 bestellte Max Joseph bei Kobell als Geschenk für Marschall Berthier[10] sieben Darstellungen der Siege Napoleons über die 1805 in Bayern eingedrungenen Österreicher[11]. Nachdem der Künstler diese Gemälde 1807 ausgestellt hatte, beauftragte ihn Kronprinz Ludwig (I.) mit der Ausführung größerformatiger Werke, welche die Waffentaten der Bayern für – und nach der Niederlage in Russland (1812) gegen – Napoleon verherrlichen sollten. Dieser Zyklus von insgesamt zwölf Gemälden[12] beschäftigte Kobell bis 1816/17. Seine Schlachtenbilder sind das Ergebnis umfangreicher Recherchen[13] und zeichnen sich durch bemerkenswerten Realismus aus. Sie haben Quellenwert für die Kriegsgeschichte und die Uniformkunde. Auch sind darauf historische Persönlichkeiten dargestellt.

1808 ernannte die Wiener Akademie Kobell zum Ehrenmitglied. Er und sein Onkel Franz wurden in das Kunstkomitee der neu gegründeten Münchner Akademie berufen. Die Professur für Landschaftsmalerei jedoch erhielt der einige Jahre ältere Johann Georg von Dillis (1759–1841). 1809 reiste Kobell nach Wien, 1810 möglicherweise mit seinem Bruder Egid nach Paris.

Vom Klassizismus zum Biedermeier

 
Drei Jäger, die Strecke besichtigend (1822), Weimar.

Im Vormärz, vor allem unter dem repressiven Regime Ludwigs I. (1825–1848), wandelte sich Kobells Stil von einem romantisierenden Klassizismus zu einem erstarrten Biedermeier. Auf den Bildern dieser Schaffensperiode zeigen die Ebenen Bayerns ihre ganze Kargheit, wachsen die berittenen Edelleute mit ihren Zylinderhüten (wie auch ihre Schatten) in die Länge.

1814–1826 war Kobell als Nachfolger von Dillis Professor der Landschaftsmalerei an der Münchner Akademie.[14] 1817 erhielt er das Ritterkreuz des Zivilverdienstordens und damit den persönlichen Adel[15], 1833 (auf sein viertes Gesuch hin) den erblichen Adel[16]. Mit 60 Jahren wurde er zu vorteilhaften Bedingungen pensioniert.[17]

Im Alter ließ der Künstler Palette und Grabstichel ruhen und kolorierte winzige Zeichnungen. Der „hagere, hochgewachsene Mann mit blassem, freundlichen Gesicht“ (Eisenhart) wurde 87-jährig. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten Südfriedhof in München (Gräberfeld 23, Reihe 13, Platz 20/21) (Standort).

Wilhelms und Nannys jüngerer Sohn Sebastian (1801–1875) war 40 Jahre lang Generalsekretär des bayerischen Staatsrats, ihr Enkel Ludwig von Kobell (1840–1907) wurde Regierungspräsident von Unterfranken. Kobells Bruder Egid (1772–1847) brachte es – über den Posten des Gesandten in Griechenland[18] – gar zum Mitglied des Staatsrats. Ein anderer Bruder des Malers, Franz von Kobell (1779–1850), war Generalsekretär des Ministeriums des Innern, Vater des Mineralogen und Schriftstellers Franz von Kobell (1803–1882) und Großvater der Schriftstellerin Luise von Kobell verheirateten von Eisenhart (1827–1901).

Galerie

Im Internet verfügbare Digitalisate. Die Aufnahme impliziert keine Wertung.

Landschafts- und Tierbilder

Schlachtenbilder

Literatur

Commons: Wilhelm von Kobell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Nur das Datum der Taufe in der Jesuitenkirche (13. April) ist belegt.
  2. Königlich-Baierische(r) Polizey-Anzeiger von München. 29. Oktober 1820, S. 710.
  3. Seine Lehrer an der Akademie waren der Historienmaler Franz Anton Leydensdorf (1721–1795) und der Kupferstecher Egid Verhelst der Jüngere (1733–1804).
  4. Für den Hof des Herzogs von Pfalz-Zweibrücken.
  5. Claudia Valter: Wilhelm von Kobell (1766–1853). Meister des Aquarells. Hirmer, München 2006, S. 138.
  6. Siegfried Wichmann: Kobell, Wilhelm von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 240–242 (Digitalisat).
  7. Belegt ist hingegen, dass Kobell 1787 nach Trier reiste, 1792 nach der pfalz-zweibrückischen Residenz Karlsberg und nach Salzburg, 1792 nach Homburg vor der Höhe.
  8. Die Mitgift von 10 000 Gulden trug jährlich 500 Gulden Zins, außerdem erhielt Kobell 1000 Gulden Hochzeitsgeld.
  9. Rudolf Rieger: Die Radierungen Adam von Bartschs nach Aquarellen Wilhelm von Kobells. In Claudia Valter: Wilhelm von Kobell (1766–1853), Meister des Aquarells, München 2006, S. 23–36.
  10. Berthier heiratete 1808 eine Nichte von Max Joseph.
  11. Einnahme von Braunau, Gefecht bei Elchingen, Gefecht bei Wertingen, Einnahme von München, Beschießung von Ulm, Angriff auf Spielberg und Michaelsberg (bei Ulm), Donauübergang bei Donauwörth.
  12. 1806/07: Schlacht bei Pułtusk, Belagerung von Wrocław (Breslau), Übergabe von Brzeg (Brieg), Erstürmung des Lagers bei Kłodzko (Glatz), Belagerung von Koźle (Cosel); 1809: Gefecht bei Arnhofen, Schlacht bei Eggmühl, Schlacht bei Wagram; 1812: Schlacht bei Polozk; 1813: Schlacht bei Hanau; 1814: Schlacht bei Brienne, Schlacht bei Bar-sur-Aube.
  13. So rekognoszierte Kobell 1809 das Schlachtfeld von Eggmühl.
  14. Kobells Gehalt betrug 800 Gulden jährlich, zusätzlich zur bis dahin bezogenen „Künstlerpension“ in derselben Höhe. Zu seinen Schülern zählten Carl Friedrich Heinzmann (1795–1846), Joseph Anton Sedlmayr (1797–1863), Carl August Lebschée (1800–1877), Friedrich Simmler (1801–1872), Gustav Kraus (1804–1852), Johann Nepomuk Ott (1804–1870) und Napoleon Neureuther (1806–1882).
  15. Hof- und Staats-Handbuch des Königreichs Baiern. München 1819, S. 42; Allgemeines Intelligenz-Blatt für das Königreich Baiern. 31. März 1819, Spalten 235 f.
  16. Regierungs-Blatt für das Königreich Bayern. 23. November 1833, Spalten 1013 f.
  17. Kobell bezog jährlich 920 Gulden Pension, dazu 450 Gulden „Künstlerpension“. Seine Stelle wurde nicht wieder besetzt.
  18. 1832 wurde Otto von Wittelsbach, ein Sohn Ludwigs I., erster König von Griechenland.
  19. Im Hintergrund links Weilheim in Oberbayern.
  20. Es existiert eine Variante mit demselben Sujet im Nebel, ohne Schnee.
  21. Im Besitz von Kobells Schwiegervater, an der Stelle der heutigen Erzabtei Sankt Ottilien.
  22. Erstes Oktoberfest.
  23. Französischer Generalstab, Garde- und Linienkavallerie.
  24. Im Zentrum des Bildes ist der verwundete Feldmarschall Wrede dargestellt.
  25. Obwohl Eisenhart mit Kobells Großnichte Luise verheiratet war, enthält sein Artikel viele Fehler: So gibt er als Todestag des Malers den 10. Juni 1855 an. 1778 – also mit zwölf Jahren – lässt er Kobell nach Rom reisen und Kabinettsmaler werden, usw.