Ballastwasser-Übereinkommen

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Das Ballastwasser-Übereinkommen (englisch International Convention for the Control and Management of Ships’ Ballast Water and Sediments) ist ein 2004 verabschiedetes, internationales Abkommen im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation. Ziel des Abkommens ist, die durch Ballastwasser verursachten Schäden an der Meeresumwelt zu mildern. Das Abkommen tritt am 8. September 2017 in Kraft.[1]

Anlage zur Ballastwasseraufbereitung

Problem

Schiffe müssen zur Erhöhung ihrer Stabilität und zum Beladungsausgleich Ballastwasser aufnehmen, das in Tanks, in der Regel im Doppelboden, der Vor- oder Achterpiek und in Seitentanks, transportiert wird. Das Ballastwasser wird im Hafen aufgenommen, wandert mit dem Schiff um die Welt und wird samt den im Wasser enthaltenen Organismen in anderen Häfen wieder hinausgepumpt. Je nach Schiffstyp und Beladungszustand wird sehr viel (Tanker, Massengutfrachter), viel (Containerschiffe, Kühlschiffe, Autotransporter) oder wenig (Kreuzfahrt- und Fährschiffe) Ballastwasser transportiert.

Die Bedeutung der Problematik hat aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs in Schwellenländern wie China, Brasilien oder Indien in den letzten Jahren zugenommen und wird sich aufgrund des prognostizierten Wachstums des internationalen Seehandels und der fortschreitenden Vernetzung der Regionen weltweit im Rahmen der Globalisierung in Zukunft weiter verstärken.[2] Gerade durch den Einsatz von Tankern und Massengutfrachtern, die über ein großes Ballastwasservolumen verfügen, wird ein immer höheres Volumen an Ballastwasser von Schiffen bewegt. Schätzungsweise werden jährlich bis zu 10 Mrd. Tonnen Ballastwasser und täglich über 3000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten zwischen Häfen weltweit transportiert.[3]

Durch die Verschleppung von Organismen wie der chinesischen Wollhandkrabbe oder der Wandermuschel durch Ballastwasser von Schiffen entstehen seit langer Zeit Schäden an der biologischen Vielfalt und hohe Kosten durch Produktionseinbußen in der Fischerei, durch Kosten für die Wartung von maritimer Infrastruktur und für die Eindämmung und Kontrolle dieser Neobiota. Die globalen finanziellen Auswirkungen sind kaum kalkulierbar. Ballastwasser kann auch eine Gesundheitsgefahr darstellen. In unbehandeltem Ballastwasser befinden sich zahlreiche Bakterien und Viren, durch welche auch Krankheiten wie Cholera oder Paralytic Shellfish Poisoning verursacht werden können.

Daher hat die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organization, IMO) im Jahr 2004 ein Ballastwasser-Übereinkommen verabschiedet. Es regelt die Bedingungen für den Austausch und die Behandlung von Ballastwasser.

 
Filter für eine Anlage zur Ballastwasseraufbereitung

Entwicklungsgeschichte

Die Entwicklungsgeschichte des Ballastwasser-Ü reicht zurück bis in die 1970er Jahre. Im Rahmen der verstärkten internationalen Regulierung der Meeresverschmutzung durch den Schiffsverkehr waren auch Meeresverschmutzungen durch andere Stoffe als Öl Gegenstand internationaler Diskussionen. Das erste Instrument auf dem Gebiet der internationalen Ballastwasser-Regulierung bildet Resolution 18 vom 31. Oktober 1973, die im Rahmen der „International Conference on Marine Pollution 1973“ verabschiedet worden ist.[4] Hierin werden IMO und WHO aufgefordert, den Zusammenhang zwischen Ballastwasser und epidemischen Krankheiten zu untersuchen und vermehrt Grundlagenforschung im Bereich der Invasionsbiologie zu betreiben. Aufgrund fehlender wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Wirkung von Ballastwasser auf die Meeresumwelt, dauerte es aber noch bis Anfang der 1990er Jahre, ehe innerhalb der IMO regulatorische Maßnahmen ergriffen wurden.

Konkrete Schritte zur Regulierung des Ballastwasserproblems auf internationaler Ebene wurden 1991 ergriffen, als der Ausschuss für Meeresumweltschutz (MEPC) eine Resolution verabschiedete, die Richtlinien für den grenzüberschreitenden Umgang mit Schiffsballastwasser enthielt.[5] Die Verabschiedung der Resolution ging maßgeblich auf die Initiative von Australien, Neuseeland und Kanada zurück.[6] Die verabschiedeten Richtlinien waren rechtlich nicht verbindlich.

Auch das auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro verabschiedete internationale Aktionsprogramm Agenda 21 wiederholte die Aufforderung an die Staaten und die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Verschmutzung der Meeresumwelt zu prüfen und die Verabschiedung geeigneter internationaler Vorschriften für das Ablassen von Ballastwasser in Erwägung zu ziehen, um die Verbreitung nichtheimischer Organismen zu verhindern.

Mit der Verabschiedung von Resolution A.774(18) der Versammlung der IMO am 4. November 1993 wurden die vom MEPC im Jahr 1991 verabschiedeten Richtlinien bestätigt. Bis auf wenige Korrekturen nicht inhaltlicher Art, entsprachen die neuen Ballastwasser-Richtlinien aber denjenigen, die zwei Jahre zuvor durch das MEPC erarbeitet wurden. Die erneute Verabschiedung durch die Versammlung der IMO verlieh den Richtlinien allerdings mehr politisches Gewicht.

Die Resolution A.868(20) der IMO Assembly vom 1. Dezember 1997 wurde in der Erkenntnis erlassen, dass die Ballastwasser-Richtlinien von 1993 keine ausreichende, umfassende Lösung des Ballastwasserproblems darstellen.[7] Die neuen Ballastwasser-Richtlinien ersetzten die vorherigen Regeln aus dem Jahr 1993 und erweiterten die bestehenden Strategien um neue Elemente des Ballastwasser-Managements.

Das Ziel der internationalen Staatengemeinschaft bestand jedoch weiterhin in der Ausarbeitung eines rechtlich verbindlichen Regelwerkes zur Regulierung von Ballastwasser. Zu diesem Zweck fand die „International Conference on Ballast Water Management for Ships“ im Hauptquartier der IMO in London statt. Nach komplexen Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten der IMO wurde dann am 13. Februar 2004 das Ballastwasser-Ü im Konsens von den beteiligten 74 Staaten angenommen und verabschiedet.

Struktur

Das Ballastwasser-Übereinkommen weist eine für internationale Verträge unter dem Dach der IMO übliche Struktur auf. Dem eigentlichen Vertragstext ist eine Präambel vorangestellt, bestehend aus 11 Absätzen. Die Funktion der Präambel besteht in der Darstellung der Motivation der Vertragsstaaten bei Abschluss des Übereinkommens und der Umschreibung der allgemeinen Ziele des Übereinkommens. Der Vertragstext des Ballastwasser-Übereinkommens ist mit insgesamt 22 Artikeln übersichtlich gehalten. Die Artikel 1 bis 15 enthalten materielle Vorschriften, in denen die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien allgemein niedergelegt werden. Die Artikel 16 bis 22 sind als formelle Vorschriften ausgestaltet, die sich auf Verfahrensfragen beziehen.

Dem Vertragstext des Ballastwasser-Ü ist eine Anlage zugefügt worden, ähnlich der Struktur von MARPOL. Nach Artikel 2 Absatz 2 des Ballastwaser-Übereinkommens stellt die Anlage einen integralen Bestandteil des Übereinkommens dar. Jeder Verweis auf das Ballastwasser-Übereinkommen schließt auch die Anlage mit ein. Die Anlage des Ballastwasser-Übereinkommen ist in fünf Abschnitte unterteilt. Abschnitt A bezieht sich auf „Allgemeine Vorschriften“. In Abschnitt B sind die „Behandlungs- und Kontrollvorschriften für Schiffe“ festgehalten. Die „Sondervorschriften für bestimmte Gebiete“ werden in Abschnitt C aufgeführt. Abschnitt D enthält das Kernstück des Ballastwasser-Übereinkommens, die „Normen für die Ballastwasser-Behandlung“. Abschnitt E über die „Vorschriften für Besichtigungen und die Erteilung von Zeugnissen über die Ballastwasser-Behandlung“ dient der Rechtsdurchsetzung.

Zusätzlich zum Ballastwasser-Übereinkommen hat der Ausschuss für Meeresumweltschutz weitere Richtlinien verabschiedet, die für die einheitliche Auslegung und Anwendung des Ballastwasser-Ü durch die Vertragsstaaten von Bedeutung sind:

  • Richtlinien für Sediment-Auffanganlagen (G1)
  • Richtlinien für die Entnahme von Proben aus dem Ballastwasser (G2)
  • Richtlinien für die Ballastwasser-Behandlung – Gleichwertige Einhaltung (G3)
  • Richtlinien für die Ballastwasser-Behandlung und die Erstellung von Ballastwasser-Behandlungsplänen (G4)
  • Richtlinien für Ballastwasser-Auffanganlagen (G5)
  • Richtlinien für den Ballastwasser-Austausch (G6)
  • Richtlinien für die Risikobewertung nach Regel A-4 des Ballastwasser-Übereinkommens (G7)
  • Richtlinien für die Zulassung von Ballastwasser-Behandlungssystemen (G8)
  • Verfahren für die Zulassung von Ballastwasser-Behandlungssystemen, die aktive Substanzen verwenden (G9)
  • Richtlinien für die Zulassung und Beaufsichtigung von Prototypen von Ballastwasser-Aufbereitungstechnologieprogrammen (G10)
  • Richtlinien für Entwurfs- und Bauvorschriften für den Ballastwasser-Austausch (G11)
  • Richtlinien für Entwurf und Bau zur Erleichterung der Sedimentkontrolle auf Schiffen (G12)
  • Richtlinien für zusätzliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Behandlung von Ballastwasser einschließlich Notfallsituationen (G13)
  • Richtlinien für die Festlegung von Gebieten für den Ballastwasser-Austausch (G14)

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich des Ballastwasser-Übereinkommens wird in Artikel 3 durch ein Regel-Ausnahmeverhältnis definiert. Der Grundsatz des Flaggenstaatsprinzips unterliegt speziellen Ausnahmetatbeständen, die auf Routen, Fahrtgebiete und Schiffstypen abstellen.

Inkrafttreten des Ballastwasser-Übereinkommens

Das Ballastwasser-Übereinkommen tritt zwölf Monate nach dem Tag in Kraft, an dem wenigstens 30 Staaten, deren Handelsflotten insgesamt mindestens 35 Prozent des Bruttoraumgehalts der Handelsflotte der Welt ausmachen, ihre Ratifikationsurkunde bei der IMO als Verwahrer hinterlegt haben. Dies ist mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde Finnlands am 8. September 2016 erreicht.[1] Mit Panama hat im Oktober 2016 einer der größten Flaggenstaaten seinen Beitritt zu dem Übereinkommen erklärt, sodass nunmehr 53 Staaten das Übereinkommen ratifiziert haben, die insgesamt gut 53,28 % der weltweiten Handelstonnage abdecken.[8]

Für Deutschland haben Bundestag und Bundesrat das Übereinkommen zum 14. Februar 2013 mit dem Ballastwasser-Gesetz ratifiziert.[9] Die Bundesrepublik hat am 20. Juni 2013 die entsprechende Ratifizierungsurkunde beim Generalsekretär der IMO hinterlegt.[10] In Deutschland ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie für die Zulassung von Ballastwasser-Behandlungssystemen zuständig. Die Überwachung der Einhaltung des Ballastwasser-Übereinkommens durch Schiffe unter deutscher Flagge und Schiffe unter fremder Flagge, die sich in deutschen Häfen befinden (Hafenstaatkontrolle) obliegt der Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr. Die Ahndung von Verstößen gegen das Ballastwasser-Übereinkommen wird in Deutschland durch die See-Umweltverhaltensverordnung (SeeUmwVerhV) geregelt (BGBl. 2014 I S. 1371).

Ballastwassermanagement

 
Desinfektion von Ballastwasser durch UV-Bestrahlung

Das Ballastwasser-Übereinkommen sieht für das Ballastwassermanagement grundsätzlich zwei verschiedene Methoden vor, wie unter Ballastwasser beschrieben:

  • Austausch von Ballastwasser auf See
  • Ballastwasseraufbereitung an Bord.

Einzelnachweise

  1. a b Global treaty to halt invasive aquatic species to enter into force in 2017, International Maritime Organization, 8. September 2016. Abgerufen am 9. September 2016.
  2. UNCTAD/RMT/2013, Review of Maritime Transport 2013, S. 172.
  3. Ballast Water Hitchhikers, International Maritime Organization (PDF; 1,22 MB), abgerufen am 4. September 2015.
  4. MP/CONF/WP. 29, Resolution 18: Research into the Effects of Discharge of Ballast Water containing Bacteria of Epidemic Diseases, 31 October 1973, S. 24
  5. MEPC.50 (31), International Guidelines for preventing the Introduction of unwanted Aquatic Organisms and Pathogens from Ships’ Ballast Water and Sediment Discharges, 4 July 1991
  6. Maria Helena Fonseca de Souza Rolim: The International Law on Ballast Water, Boston: Martinus Nijhoff Publishers, 2008, S. 86
  7. A 20/Res.868, Guidelines for the Control and Management of Ships’ Ballast Water to minimize the Transfer of Harmful Aquatic Organisms and Pathogens, 1 December 1997
  8. Panama accedes to global treaty to halt invasive aquatic species, IMO Briefing vom 19.10.2016
  9. Ballastwasser-Gesetz vom 5. Februar 2013 (BGBl. II S. 42); Geltung ab 14. Februar 2013.
  10. Deutschland ratifiziert das Ballastwasser- und das Wrackbeseitigungsübereinkommen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO), Pressemitteilung des BMVBS vom 20. Juni 2013.

Literatur

  • International Maritime Organization: Ballast Water Management Convention. London: IMO, 2005
  • Christian Mehrkens: Analyse der Ballastwasseraufbereitung auf Seeschiffen. Hamburg-Harburg, Technische Universität, Studienarbeit, 2006
  • Karl-Heinz Hochhaus, Christian Mehrkens: Ballastwasseraufbereitung – eine Übersicht; Schiff & Hafen, Nr. 3, 2007
  • Andreas R. Zink: Das Ballastwasser-Übereinkommen der internationalen Seeschifffahrts-Organisation von 2004 - Anwendung in Nord- und Ostsee. Baden-Baden, 2016