Willkommen und Abschied

Gedicht von Johann Wolfgang Goethe
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Willkommen und Abschied ist eines der Sesenheimer Lieder von Johann Wolfgang Goethe. Es zählt zu seinen berühmtesten Gedichten und erschien (noch ohne Titel) erstmals 1775 in der „Damenzeitschrift“ Iris. Die zweite Fassung erschien 1789 als Willkomm und Abschied. In der Werkausgabe 1810 erschien das Gedicht dann zum dritten Mal, und erstmals unter dem Titel Willkommen und Abschied, unter dem es heute bekannt ist.

Entstehung

Goethe schrieb das vierstrophige, durchgehend im Kreuzreim stehende Liebeslied in seiner Straßburger Zeit, wohl im Frühling 1771,[1] damals sehr hingerissen von der Sessenheimer (Sesenheimer Lieder) Pfarrerstochter Friederike Brion.

Ähnlich wie das kurz zuvor niedergeschriebene Mailied wird es noch der Sturm-und-Drang-Zeit der deutschen Dichtung zugerechnet. Der rasche Wechsel der Gefühle und Eindrücke und der ekstatische Schluss können dies rechtfertigen.

Inhalt

Das Gedicht ist aus der Perspektive eines Jünglings geschrieben, der in der Vergangenheitsform von einem Treffen mit seiner Geliebten erzählt. In aufgewühlter Stimmung beschreibt das lyrische Ich zunächst die beängstigende nächtliche Landschaft, durch die es reitet; darauf wird ekstatisch die Begegnung mit dem – direkt angesprochenen – Mädchen und schließlich in einem ständigen Wechsel von Freude und Schmerz der Abschied geschildert.

Text

Der von Goethe mehrfach überarbeitete Text lautete in der frühesten Form,[2] bei der das Mädchen den Geliebten noch bis zu seinem Pferd begleitet:

Es schlug mein Herz. Geschwind, zu Pferde!
Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht.
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht.
Schon stund im Nebelkleid die Eiche
Wie ein getürmter Riese da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.

Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah schläfrig aus dem Duft hervor,
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr.
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,
Doch tausendfacher war mein Mut,
Mein Geist war ein verzehrend Feuer,
Mein ganzes Herz zerfloß in Glut.

Ich sah dich, und die milde Freude
Floß aus dem süßen Blick auf mich.
Ganz war mein Herz an deiner Seite,
Und jeder Atemzug für dich.
Ein rosenfarbnes Frühlingswetter
Lag auf dem lieblichen Gesicht
Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter,
Ich hofft’ es, ich verdient’ es nicht.

Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe!
Aus deinen Blicken sprach dein Herz.
In deinen Küssen welche Liebe,
O welche Wonne, welcher Schmerz!
Du gingst, ich stund und sah zur Erden
Und sah dir nach mit nassem Blick.
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden,
Und lieben, Götter, welch ein Glück!

Vertonungen

Vertonungen als Kunstlied für Singstimme und Klavier schufen u. a. Johann Friedrich Reichardt (1794), Franz Schubert (D 767; 1822), Hans Pfitzner (op. 29,3; 1922) und Winfried Zillig (1944).[3]

Literatur

Wikisource: Willkommen und Abschied (1775) – Quellen und Volltexte
Wikisource: Willkommen und Abschied (1827) – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Vermutung von Erich Trunz (Hrsg.): Goethes Werke. Hamburger Ausgabe, Bd. I, Christian Wegner, Hamburg 1948, S. 453.
  2. Nach der Abschrift aus Friederike Brions Nachlass. Siehe Erich Trunz (Hrsg.): Goethes Werke. Hamburger Ausgabe, Bd. I, Christian Wegner, Hamburg 1948, S. 28 f.
  3. Willkommen und Abschied bei lieder.net, abgerufen am 13. Februar 2016