Jürgen Rieger

ehemaliger deutscher Rechtsanwalt, Neonazi und Politiker (NPD)
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Jürgen Rieger (* 1947 in Blexen bei Nordenham), ist Rechtsanwalt in Hamburg und zählt zu der Gruppe der Geschichtsrevisionisten, die hartnäckig den Holocaust leugnen. Neben seiner Tätigkeit als Anwalt zahlreicher Rechtsextremisten ist er auch selbst als Multifunktionär der rechtsextremen Szene bekannt und tritt in Reden und Veröffentlichungen auf. Er gilt als wichtiger Mittler zwischen den verschiedenen rechtsextremen Fraktionen.

Politischer Werdegang

Rieger begann seine politische Karriere bereits als Jurastudent, als er 1968 der Gruppe Aktion Oder-Neiße und im darauffolgenden Jahr dem „Bund Heimattreuer Jugend“ beitrat. 1970 war er Mitbegründer eines CSU-Freundeskreises (siehe Vierte Partei). 1972 wurde er Vorstandsmitglied im Nordischen Ring, Vorsitzender der Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V. mit Sitz in Ellerau und Herausgeber der Zeitschrift Neue Anthropologie. Des Weiteren übernahm Rieger Funktionen in der NPD, der seit 1994 verbotenen Organisation Wiking-Jugend und der 1995 verbotenen FAP. 1989 stieg er zum Hauptfunktionär und Vorsitzenden der völkischen „Artgemeinschaft“ und „Schriftleiter“ von deren Organ, der Nordischen Zeitung, auf. Ferner ist er verantwortlich für die Mitteilungen des Deutschen Rechtsschutzkreises/Deutsche Rechtsschutzkasse (DRSK) sowie führendes Mitglied im Norddeutschen Ring und der Northern League. Darüber hinaus trat er auch als Redner unter anderem bei der Nationalistischen Front auf und war am Aufbau des „Nationalen Einsatz-Kommandos“ (NEK) von Meinolf Schönborn beteiligt, einem Vorgänger der Anti-Antifa.

1991 wurde er Vorstandsmitglied von Heide-Heim e.V, dem Trägerverein eines Geländes in Hetendorf. Hier richtete Rieger als Organisator bis zu ihrem Verbot 1998 die „Hetendorfer Tagungswochen“,die zur sog. Sommersonnenwende stattfand, sowie ein Pfingstlager für Deutsche, aus. Neben den politischen Schulungen wurden hier auch Wehrsportübungen abgehalten.

Rieger als Rechtsanwalt

1975 begann Rieger seine Tätigkeit als Rechtsanwalt mit einer eigenen Anwaltskanzlei. Er ist Mitglied des seit 1992 bestehenden und von der Hamburger Anwältin Gisela Pahl geleiteten Deutschen Rechtsbüros, einer Vernetzung mehrerer rechtsextremer Anwälte. Seit den 1970er Jahren hat Rieger bundesweit zahlreiche Rechtsextremisten und Holocaustleugner vor Gericht bzw. in Verwaltungsverfahren vertreten, darunter Michael Kühnen, Christian Worch, Horst Mahler, Thies Christophersen, Ernst Zündel, Jürgen Mosler und Berthold Dinter.

Zu seinen Taktiken zählt insbesondere die Verschleppung von Prozessen. So verlangte er beispielsweise 1993 in einem Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart gegen die Gründer des Komitees zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers (KAH) die Vernehmung von 500 Zeugen, woraufhin er als Pflichtverteidiger abgelöst wurde. In dem Prozess vor dem Landgericht Cottbus gegen die jugendlichen Rechtsextremisten, die im Februar 1999 den algerischen Asylbewerber Farid Guendoul - in der deutschen Presse fast ausschließlich bekannt als Omar Ben Noui - durch Guben gehetzt und ihn in den Tode getrieben hatten, stellte die Verteidigung unter Beteiligung Riegers nicht weniger als 43 Befangenheitsanträge und Besetzungsrügen.

Eigene Publikationen und Thesen

1969 verfasste er unter einem Pseudonym das Buch Rasse - Ein Problem auch für uns, das 1972 indiziert wurde.

Auf zahlreichen Veranstaltungen der rechtsextremistischen und neonazistischen Szene verbreitet er seine Thesen über seine Meinung, der Holocaust habe nicht stattgefunden. Obgleich Rieger seine holocaustleugnenden Thesen in aggressiver Form verficht, ist es ihm in der Vergangenheit immer wieder gelungen, dies in so kleinen Zirkeln zu halten, dass es zu keinen Gerichtsverfahren deswegen gegen ihn gekommen ist.

Im Zusammhang mit der Wehrmachtsausstellung äußerte Rieger: „In den 50ern hätte man die Ausstellung kurz und klein geschlagen, und Reemtsma wäre am nächsten Baum aufgehängt worden.

2004 schrieb Jürgen Rieger das Vorwort zur zweiten russischen Auflage von Hans F.K. Günther (Hans F.K. Günther. Ausgewählte rassenkundliche Werke), in dem Rieger rassenkundliche Thesen in der Tradition nationalsozialistischer Rassenideologie vertritt.

In den letzten Jahren sind folgende geopolitische Artikel von Jürgen Rieger in der ‚Nordischen Zeitung’ erschienen: „Amerikas Kreuzzug in den Dritten Weltkrieg“ und „Kampf der Kulturen – Kampf der Religionen?“.

Strafverfahren gegen Rieger

Rieger selbst wurde mehrfach rechtskräftig verurteilt: 1971 war er an der vorgetäuschten Entführung von Prof. Berthold Rubin (DVU) beteiligt gewesen. 1974 wurde er wegen Volksverhetzung und schwerer Körperverletzung angeklagt, jedoch zunächst von einem Würzburger Gericht freigesprochen. Im selben Jahr wurde Rieger allerdings wegen zwei Fällen der Körperverletzung im Zusammenhang mit einer Demonstration der „Aktion Widerstand“ am 31. Oktober 1970 in Würzburg zu einer Geldstrafe von 3.500 Mark verurteilt.

1981 behauptete er im Verfahren gegen seinen Mandanten, den SS-Sturmbannführer Arpad Wiegand, dass im Warschauer Ghetto kein Jude verhungert wäre, hätten die Ghetto-Insassen untereinander Solidarität geübt. Daraufhin wurde über Rieger zunächst eine Geldstrafe verhängt, diese jedoch vom Bundesgerichtshof 1987 aufgehoben, da ihm zugute gehalten wurde, als Verteidiger in "Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) seines Mandanten" gehandelt zu haben.

1989 wurde Rieger vom Landgericht Hamburg wegen anwaltlichen Parteiverrats (strafbarer Verrat der Interessen seines Mandanten zugunsten der Gegenpartei) rechtskräftig zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Nachdem er 1993 in einem mit SS-Runen versehenen Fahrzeug der Deutschen Wehrmacht durch Reinbek bei Hamburg gefahren war, wurde er im darauffolgenden Jahr wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole zu einer Geldstrafe in Höhe von 14.400 Mark verurteilt.

1996 hatte Rieger den Hamburger Rechtsextremisten Thomas Wulff in einer Strafsache wegen Volksverhetzung vertreten, da dieser in dem neonazistischen Blatt index den Judenmord geleugnet hatte. Zur Entlastung seines Mandanten hatte Rieger daraufhin beantragt, als Sachverständigen einen Diplom-Chemiker zu vernehmen, der die These untermauern werde, dass unter dem Naziregime im Zweiten Weltkrieg Vergasungen von Menschen in Auschwitz mit Zyklon B „nicht stattgefunden“" hätten. Der Fall sollte im Jahr 2000 vor dem Landgericht Hamburg zur Verhandlung kommen, doch blieb der Verteidiger Riegers, Rechtsanwalt und stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender Dr. Günther Eisenecker aus Goldenbow bei Ludwigslust, dem Termin am 7. Juni 2000 ohne Entschuldigung fern. Das Verfahren gegen Rieger endete zunächst mit einem Freispruch, doch hob der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes im April 2002 diesen auf (Az. 5 StR 485/01). Das Verfahren wegen Volksverhetzung wurde an eine andere Kammer des Landgerichts Hamburg zur neuerlichen Verhandlung verwiesen. Dieses Verfahren endete im April mit einer Verurteilung Riegers zu einer Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je 42 Euro, wobei dem Angeklagten strafmildernd zugute kam, dass die Tat bereits sieben Jahre zurücklag.

Jürgen Rieger und die Bundeswehr

Wie der Aussteiger aus der rechtsextremen Szene Ingo Hasselbach berichtete, hatte Rieger im Sommer 1990 auf einem Bundeswehrgelände, der Wagrien-Kaserne im schleswig-holsteinischen Putlos, eine Wehrsportübung organisiert, die als Treffen von „Liebhabern militärischer Fahrzeuge“ angemeldet worden war. Laut dessen Angaben hatten daran 60 Neonazis teilgenommen. Die Bundeswehr stellte für Schießübungen großzügig Schreckschussmunition zur Verfügung, beteiligte sich mit eigenen Jeeps an einem Wettrennen und lud anschließend zu einer Grillparty in der Kaserne ein und ließ die Neonazis nach reichlich Alkoholgenuss auch noch dort übernachten. Zu dem Umtrunk sollen die Gäste nach Hasselbach in SS-Uniform erschienen sein.

Die Immobilien

Rieger hat in der Vergangenheit immer wieder teure Immobilien erstanden, die als Tagungs- und Versammlungszentren für Treffen der Rechtsextremisten und Neonazisten geplant waren und sind. Als Käufer tritt in fast allen Fällen die von ihm gegründete Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd. mit Sitz in London auf. Die Herkunft des Geldes ist nicht geklärt, dass seine Kanzlei das abgeworfen hat, wird aber bezweifelt.

Bereits 1978 war er an dem Kauf des Anwesens in Hetendorf beteiligt, das sich im Besitz des Bundes befunden hatte.

1995 erwarb er in in der Nähe von Mariestad in Südschweden für ca. drei Millionen Deutsche Mark (ca. 1,6 Millionen Euro) das Anwesen „Sveneby Säteri“, ein burgähnliches Herrenhaus mit 650 Hektar Land. Angeblich sind wegen der dort angesiedelten ökologischen Schweinezucht, die Rieger mit übernommen hat, trotz Protesten der schwedischen und der deutschen Regierung, EU-Gelder in in Höhe von jährlich 300.000 Mark an ihn geflossen. Obgleich Rieger versucht hatte, per Anzeige „reinrassige“ Deutsche zur Umsiedlung dorthin zu bewegen, die fernab von schädlichen Einflüssen germanische Nachkommen großziehen sollten, ist dieses Projekt bislang nicht erfolgreich. Offensichtlich fanden sich nicht genügend Umsiedler. Stattdessen wurde im Herbst 2003 bekannt, dass sich nun schwedische Neonazis in der Gegend des Anwesens konzentrierten, nachdem der führende schwedische Rechtsextremist Klas Lund ein weiteres Gelände von 650 Hektar in unmittelbarer Nähe des Gutes Sveneby erworben hatte. Bis November 2003 waren mindestens vier Personen aus dem Führungskreis der „Schwedischen Widerstandsbewegung“ (SMR) dort eingezogen, einer Nachfolgeorganisation der antisemitischen Gruppe Weißer Arischer Widerstand. Nach schwedischen Angaben hatten die SMR und die „Nationalsozialistische Front“ (NSF) in geheimen Lagern in den Wäldern Waffentechnik und Selbstverteidigung trainiert. Nach Angaben der Zeitung Expressen brannte in der Nacht auf den 7. Dezember 2003 ein Teil des Hauptquartiers der schwedischen Neonazis auf dem Gutshof von Rieger nieder. Autonome Gruppen gaben gegenüber dem Blatt an, das Feuer sei „höchstwahrscheinlich“ gelegt worden.

Doch auch in Deutschland sind in den letzten Jahren mehrere Immobilien in den Besitz Riegers gelangt und dienen häufig ähnlichen Zwecken bzw. zunächst lediglich als Geldanlage. 1999 hatte er einen angeblich etwa 2 Millionen Euro teuren Gebäudekomplex mit einem Kino in Hameln erworben, zu denen auch Wohnungen und mehrere Ladengeschäfte gehörten.

Ende 2003 kam das Schützenhaus im thüringischen Pößneck für 360.000 Euro hinzu, das Rieger über die „englische Kulturstiftung“ in London bei einer Immobilienauktion ersteigert hatte. In dem Haus haben ein Restaurant, eine Disco, eine Biergarten und einen Festsaal für über 500 Personen Platz. Der Kauf wurde erst bekannt, nachdem Rieger den Vertrag für einen türkischen Dönerstand, der ebenfalls in dem Haus eingemietet war, kündigen ließ. Nach eigenen Angaben plant der Anwalt, hier ein „Bildungszentrum zu errichten“. [1] Damit würde auch in Pößneck ein rechtes Zentrum für Tagungen, Kongresse und Musikveranstaltungen entstehen. Bereits 2004 waren verstärkte rechtextreme Aktivitäten und Übergriffe in der Stadt zu verzeichnen.

Im Juli 2004 wurde bekannt, dass Rieger in Dörverden/Niedersachsen ein 26.000 m² großes, mit alten Wirtschaftsgebäuden bebautes ehemaliges Bundeswehrgrundstück, den „Heisenhof“, erworben hat. Rieger kaufte die Immobilie für 255.000 Euro im Namen einer Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd., die sich der „Fruchtbarkeitsforschung“ verschrieben hat und kinderlosen Ehepaaren zu Kindern verhelfen soll. Das Gelände dient Rieger unter anderem für seine umfangreiche Sammlung von Wehrmachts- und anderen Militärfahrzeugen. Es wird von Rechtsextremisten bewacht, die in Tarnanzügen und mit Hunden patroullieren. Sie werden der so genannten „Schuloffensive“ zugerechnet, die zwischen November 2003 und Mai 2004 an 18 Schulen im Bremer Umland rechtsextremistisches Propagandamaterial verteilte und im April in Verden eine Veranstaltung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gestürmt hatte, die über die „Schuloffensive“ informieren wollte. Ein Anführer dieses „Bildungseinsatzkommandos“ der NPD wohnt inzwischen im Heisenhof.

Außerdem besitzt Rieger Immobilien in Schleswig-Holstein (Hummelfeld) und in Mecklenburg-Vorpommern.

Rudolf-Hess-Gedenkmarsch

Jürgen Rieger ist Hauptorganisator des Rudolf-Heß-Gedenkmarsches, welcher jährlich in der Stadt Wunsiedel in Oberfranken (Bayern) stattfindet. Er wurde auch schon viele Jahre aktiv auf der Demo beobachtet. Der Gedenkmarsch ist zahlenmäßig eine der größten jährlichen Demonstrationen in Europa, vergleichbar mit den Ausmaßen von Demonstrationen bei G8-Gipfeln. Viele internationale Faschisten beteiligen sich am Gedenkmarsch und reisen aus Ländern wie zum Beispiel Frankreich, Italien, Spanien oder Portugal an. Im Jahre 2004 erlebte der Marsch seinen Höhepunkt, als nach Polizeiangaben sich etwa 7000 Rechtsradikale beteiligten. Weniger als 1000 Antifa-Aktivisten beteiligten sich ebenfalls an den Vorkommnissen im Jahr 2004. Viele Jahre lang konnte der Marsch problemlos stattfinden, bis sich in den letzten Jahren vermehrt Widerstand regte. Der Bürgermeister der CSU in Wunsiedel, beteiligt sich ebenfalls aktiv, jedoch friedlich an den linken Demonstrantionszügen und Sitzdemos. Er gab dabei das typische Bild ab , was man in der BRd kennt. Ein armer Lümmel, der versucht den Marsch der Patrioten durch die Institutionen aufzuahlten.

Es zeigt sich, dass diese Gegendemonstationen ihr Ziel nicht verfehlen. Zwar hat Rieger bei der Polizei bis 2010 schon seine Rudolf-Hess-Märsche angemeldet, doch wurde 2005 der Marsch, der für den 28. August 2005 angesetzt war, vom Bundesverfassungsgericht aufgrund NS-Verherrlichung untersagt und dies dürfte Rieger auch in den nächsten Jahren Probleme bereiten, seine Märsche durchzuführen.

Literatur

  • Thomas Grumke/Bernd Wagner (Hsg.): Handbuch Rechtsradikalismus, Opladen, 2002, S. 300 - 302.