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Neukonzeption der Seite Erziehung
Erziehungsstile ausgliedern / Redirekt aufheben
Definition
Erziehung bezeichnet die Interaktion zwischen Menschen, bei der der Erziehende versucht bei dem zu Erziehenden ein erwünschtes Verhalten zu erzeugen, zu bewahren oder zu bestärken. Da erwünschtes Verhalten sehr unterschiedlich ausgelegt wird, steht der Begriff Erziehung immer in Verdacht, politisch benutzt zu werden.
Erziehung beschreibt sowohl das Erziehungshandeln im familiären Bereich als auch in institutionalisierten Bereichen der Gesellschaft.
Erziehungshandeln ist immer mehrdimensional zu sehen: Normativ, instrumentell und historisch.
- Normativ meint hier: die Frage nach den Verhaltenserwartungen an den zu Erziehenden
- Auf der Ebene der konkreten Erziehungssituation zwischen Eltern und Kindern zu sehen, aber auch als Übereinkunft einer Gruppe/Gesellschaft über den Zweck des Erziehungshandelns
- Instrumentell meint hier: die Frage nach den eingesetzten Erziehungsmitteln
- Historisch meint hier: die Frage nach den historischen Kontexten eines Erziehungsereignisses
Begriffs und Problemgeschichte
In früherer Zeit wurde Erziehung als Einweisung in Religion, Brauchtum und Sitte der Bezugsgruppe/Gesellschaft verstanden. Mit der Industrialisierung veränderte sich die Gesellschaft und damit entsteht die Bemühung, die Entwicklung der Gesellschaft bewusst zu planen. Der Bürger wird als Subjekt gesehen, dass autonom seine Geschäfte führt und frei seine Verträge schließt. Damit ist aber auch das Grundproblem der Erziehung vorgegeben: Die Definition der Beziehung von Individuum und Gesellschaft und die Bewertung seiner Handlungsfähigkeit. In der weiteren Entwicklung wird Erziehung immer mehr auf das Verhältnis Erzieher-Zögling und die Hilfe zur Persönlichkeitsentwicklung eingeengt. Heute wird Erziehung häufig als Sammelbezeichnung das ganze System methodischer und planmäßiger Maßnahmen betrachtet, die individuell oder gesamtgesellschaftlich eingesetzt werden.
bürgerlicher Erziehungsbegriff
Grundlegendes Merkmal des bürgerlichen Erziehungsbegriffes ist die Vermittlung/Reproduktion von Einsicht in die funktionelen Zusammenhänge der bürgerlichen Gesellschaftsordnung zusammen mit der von dieser Gesellschaft als vernünftig angesehene Ausgleich im Falle unterschiedlicher Interessen. Hat sich der Nachwuchs diese fundamentalen Einsichten zu eigen gemacht, gilt er als mündig. Damit endet die Erziehung. Mit der gelungenen Ausbildung der Selbststeuerung des Individums hat sich die Erziehung selbst überflüssig gemacht.
Klassen- und schichtspezifische Erziehung
Die bürgerliche Erziehungstheorie hat sich immer wieder Vorstellungen über die Erziehung der "niederen Stände" gemacht, um die aus dem Gegensatz von Arbeit und Kapital resultierenden Forderungen nach Arbeitsteilung in Kopf- und Handarbeit (blue/whitecolor Jobs) Rechnung zu tragen. Gesellschaftstheoretiker (z.B. John Locke, Auguste Comte, Sextro, Rochow) hielten die auch als "preusische Sekundärtugenden" bezeichneten Erziehungsziele: Gehorsam, Disziplin, Religion und Gesetzestreue für angemessene Erziehungsziele der unteren Klassen. Konsequent planten sie auch eigene Erziehungsinstitutionen für die Unterschicht: Industrieschulen, Volksschulen, Arbeitsschulen, Fabrikschulen.
Erziehung und Emanzipation
Wie über schichtenspezifische Erziehungsformen entwickelten sich in der bürgerlichen Erziehung auch Gedanken unter dem Neuhumanismus, der Aufklärung und des deutschen Idealismus. Emanzipation sollte nicht nur die eigene Klasse fördern, sondern letztlich allen Menschen dazu verhelfen, sich selbst zu finden, sich voll zu entfalten und ihr Leben bewußt planen zu können (Fichte, Kant, Pestalozzi, Rousseau). Erziehung wurde als Motor für jede gesellschaftliche Veränderung gesehen. Diese Gedanken wurden von konservativen Vertretern der bürgerlichen Erziehung und von Vertretern der schichtenspezifischen Erziehung bekämpft. Dieser Kampf findet auch heute noch statt, wenn es um den Erhalt des gegliedertes gegliederten Schulsystems geht oder um die Einführung der Gesamtschule als ersetzende Schulform oder die Verlängerung der Grundschulzeit.
weitere Erziehungsbegriffe
Eine in der Wissenschaft als alternative, wert- und zielfreie bezeichnete Definition von Erziehung stammt von Wolfgang Brezinka: "Unter Erziehung werden Handlungen verstanden, durch die Menschen versuchen, das Gefüge der psychischen Dispositionen anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Bestandteile zu erhalten oder die Entstehung von Dispositionen, die als schlecht bewertet werden, zu verhüten" (Brezinka, 1981, S. 95).
Die Systemtheorie betrachtet Erziehung gemäß der Definition als Interaktion als permanente gegenseitige Beeinflussung von Individuen. dabei spielt es keine Rolle, ob diese Beeinflussung bewußt und planvoll, oder außerbewußt und zufällig (möglicherweise sogar gegenläufig) stattfindet. Damit gerät in den Blick, daß nicht nur die geplanten Erziehungsaktivitäten wirken, sondern ebenso der gesamte Kontext, in dem diese Aktivitäten stattfinden am Ergebnis der Erziehung beteiligt ist und daß dieser Kontext auch dann wirkt, wenn gar keine geplanten Erziehungsaktivitäten stattfinden. Aus dieser Sicht ist es a) nicht möglich nicht zu erziehen (Interaktion findet immer statt) und b) ist Erziehung ein lebenslanger Prozeß (Individuen sind bis zum Tode Beeinflussungen mit Wirkung ausgesetzt).
Erzieher
Mit Erzieher werden die in der Erziehung handelnden Menschen bezeichnet. Die Funktion des Erziehers und die Maximen seines Handelns sind zentraler Gegenstand der Erziehungstheorie.
Erziehung findet in einem Netz von unterschiedlichen Interessenlagen, Abhängigkeiten, Herrschaftsverhältnissen, in denen der zu Erziehende lernen soll, seine eigenen Interessen möglichst früh zu erkennen und zu vertreten.
Erzieher werden einerseites gesehen als diejenigen, die diesen Prozess in Gang setzen und begleiten, das Bild der Anwaltschaft wird gerne benutzt.
Die Erzieher sind allerdings auch Vertreter der Gesellschaft und vertreten die herrschenden Normen und Werte. Sie sollen den zu Erziehenden in diese Normen und Werte einführen und die Erziehenden dazu bringen, sich mit diesen Normen und Werten zu identifizieren.
Der Konflikt zwischen den unterschiedlichen Erwartungen ist unausweichlich, aber auch notwendig, um Gesellschaft nicht in der Form mittelalterlichen Ständegesellschaft erstarren und verkrusten zu lassen.
Daher sind die Ziele der Erziehung, die Methoden und das konkrete Erziehungshandeln genauso Gegenstand permanenter Diskussion, wie die Strukturen in denen diese Erziehung stattfindet: z.B. der Streit um das Recht der Eltern, das eigene Kind auch mit körperlicher Gewalt, d.h. Schlägen, zu erziehen oder die Auseinandersetzung um Studiengebühren und damit den Zugang zu Hochschulen unabhängig von Besitzverhältnissen.
Nicht erst seit PISA wird diese notwendige Überprüfung gesehen. Auch unabhängig davon gewinnen zunehmend Tatsachen Aufmerksamkeit - z.B. das Migranten und sozial Schwache durch Schule institutionell diskriminiert werden, das das Bemühen um Chancengleichheit folgenlos bleibt - die auf systemische Fehler im Erziehungsprozeß hinweisen.