Römisches Marschlager von Wilkenburg

Lager für etwa 20.000 römische Soldaten bei Hannover
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Das römische Marschlager von Wilkenburg aus der Zeit um Christi Geburt bot Platz für etwa 20.000 römische Soldaten und lag beim heutigen Wilkenburg in der Region Hannover. Die im Erdreich sichtbaren Spuren des römischen Marschlagers wurden erstmals im Jahr 1992 auf Luftbildern erkannt. Seit 2015 gibt es archäologische Untersuchungen. Es ist das erste in Niedersachsen entdeckte Lager dieser Art[1] und das erste in der norddeutschen Tiefebene. Seit 2014 gibt es Bestrebungen, auf dem Fundgelände großflächig Kies abzubauen, was die archäologischen Hinterlassenschaften zerstören würde.

Hauptausgrabungsfläche im südwestlichen Torbereich des römischen Marschlagers von Wilkenburg, Oktober 2015

Lage und Fundgelände

 
Lageskizze mit Bewuchsmerkmalen (rot eingefärbt) des römischen Spitzgrabens

Das römische Marschlager befand sich südlich der heutigen Stadt Hannover zwischen den Hemminger Ortsteilen Wilkenburg und Arnum. Diese Stelle ist etwa 2 km vom heute östlich gelegenen Verlauf der Leine und etwa 1,2 km vom heutigen Altarm Alte Leine entfernt. Das Lager wurde auf einer leichten Geländeerhebung angelegt, die eine trockene Rast ermöglichte. Es wird angenommen, dass es sich damals um eine freie Fläche und nicht einen Wald handelte. Ein Wasserlauf, der bei geomorphologischer Betrachtung als Altarm der Leine anzusprechen ist, durchschnitt den Lagerbereich. Er dürfte der Wasserversorgung gedient haben, die Größe und Eignung als Anlegestelle für Boote ist fraglich. Der Wasserlauf ist heute noch in Form des Baches Dicke Riede vorhanden, der in einer Vertiefung mit Gehölzstreifen das Gelände durchfließt.

Großräumig gesehen befand sich das Lager am Rande der fruchtbaren Calenberger Lößbörde in einer Gegend, die in der Zeit um Christi Geburt dicht germanisch besiedelt war. Unweit im Bereich des heutigen Hannovers kreuzten sich wichtige Nord-Süd-Verkehrslinien mit nördlich der Mittelgebirgsschwelle verlaufenden Ost–West–Verbindungen.

Heute ist der frühere Lagerbereich im Süden, Osten und zum Teil im Norden von Teichen umgeben, die in jüngerer Zeit durch den Kiesabbau in der Leineniederung entstanden sind. Auf dem Fundgelände wird heute Ackerbau betrieben.

Beschreibung

Bei dem Lager handelte es sich um eine fast quadratische Anlage von etwa 500 bis 600 Metern Seitenlänge mit einer Fläche von rund 30 Hektar, die von einem Spitzgraben der üblichen römischen Bauweise umgeben war. Von den ehemals vier abgerundeten Ecken (wie Spielkartenform) der Anlage haben sich drei im Boden erhalten, während die vierte, nordwestliche Ecke durch jüngere Wohnbebauung in Wilkenburg zerstört wurde. Das Marschlager bei Wilkenburg verfügte über zwei Torbereiche unbekannter Bauart, von denen sich das südwestliche Tor an der höchsten Stelle des Lagers befand.[2]


Gelände des früheren Marschlagers
 
Ackerfläche im Westbereich des Marschlagers mit Skizze zum Aufnahmeblickwinkel
 
Acker im Ostbereich des Marschlagers

Entdeckung

 
Der Luftbildarchäologe Heinz-Dieter Freese bei einem Vortrag

Der Luftbildarchäologe Otto Braasch erkannte bereits im Jahr 1991 bei systematischen Flugprospektionen, die er im Auftrag des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege durchführte, an drei Stellen auffällige Bewuchsmerkmale auf einem Feld bei Wilkenburg. Dies deutete auf einstige Grabenstrukturen unter der landwirtschaftlichen Anbaufläche. Wegen des besseren und feuchteren Nährbodens wachsen Pflanzen über ehemaligen Gräben höher und haben, vor allem bei Getreide, eine kräftigere Grünfärbung. In den folgenden Jahren dokumentierte der Luftbildarchäologe die Bewuchsmerkmale auf weiteren Luftbildern. Er schätzte das Objekt bereits als mögliches „Römerkastell“ ein. Derartige Strukturen lassen sich aber auch als Reste von neolithischen Erdwerken, Landwehren, Feldumhegungen, Bienenzäunen oder Feldlagern aus der Franzosenzeit interpretieren. Da es 1992 einen Antrag auf Kiesabbau gab, untersuchte das Landesamt für Denkmalpflege das Gelände durch Begehungen und 1993 durch Grabungsschnitte näher. Gefunden wurden einzelne Keramikscherben aus der Eisenzeit, die auf eine frühere Siedlung an der Stelle hindeuten. Obertägige Reste einer Befestigungsanlage oder Spuren aus der Römerzeit fanden sich nicht. Der Bereich wurde als archäologische Fundstelle unbekannter Zeitstellung eingestuft. Weitere Untersuchungen unterblieben, da das Kiesabbauverfahren nicht weiter betrieben wurde und das Bodendenkmal nicht von Zerstörung bedroht war.

Die Identifizierung der Anlage gelang erst Ende des Jahres 2014 [3] durch Recherchen des ehrenamtlichen Luftbildarchäologen Heinz-Dieter Freese [4]. Er glich seine Luftbilder, die er als Angehöriger der Luftbild AG des Freundeskreises für Archäologie in Niedersachsen aufgenommen hatte, mit denen möglicher römischer Fundstellen aus dem Bestand des Landesamtes für Denkmalpflege ab. Die etwa 180 vorhandenen Luftbilder wurden entzerrt und überlagert, so dass sich eine größere viereckige Anlage erkennen ließ. Entscheidend für das Erkennen des römischen Ursprungs der Anlage waren die abgerundeten Ecken, die in keiner späteren Kultur so gleichmäßig ausfielen.[5] Diese Feststellungen waren im Jahr 2015 Anlass für nähere Untersuchungen vor Ort. Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege und die Universität Osnabrück teilten die Entdeckung der Öffentlichkeit im Oktober 2015 mit.[6] Die Bekanntgabe fand ein breites Medienecho.[7]

Ende 2015 wurde bekannt, dass nach Bekanntgabe der Entdeckung in einem Fall illegale Sondengänger dem Areal des Römerlagers verwiesen wurden und in einem anderen Fall vermutlich Raubgräber Grabungen vorgenommen haben. Die Archäologen machten darauf aufmerksam, dass dort keine Fundstücke von finanziellem Wert zu erwarten sind; die Stücke in ihrem Fundzusammenhang aber für die Forschung von großer Bedeutung sind. [8]

Ausgrabungen und weitere Untersuchungen

 
Grabungsschnitt durch den Spitzgraben mit angezeichnetem Profil

Auf Grundlage der Luftbildbefunde führte das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege im April 2015 unter Leitung des für den Fundort zuständigen Bezirksarchäologen Friedrich-Wilhelm Wulf Sondagen im Bereich des Marschlagers durch. Parallel dazu führten die beteiligten Einrichtungen geophysikalische und systematische Flächenprospektionen im Bereich des vermuteten Lagers, unter anderem mittels Metallsuchgeräten durch. Bei zwei Suchschnitten zeichneten sich in den Bodenprofilen V-förmige Spitzgräben römischer Bauweise ab. Im Oktober 2015 folgte eine flächenmäßig größere Grabung durch das Landesamt in Zusammenarbeit mit dem Seminar für Alte Geschichte Archäologie der römischen Provinzen der Universität Osnabrück. Dabei wurden durch zwei Grabungsschnitte der südwestliche Torbereich und der Umfassungsgraben untersucht. Der Graben weist im Sohlbereich einen rechteckigen Abschluss auf, was als Reinigungsgraben interpretiert wird.

Die im Jahr 2015 vorgenommenen Untersuchungen der Denkmalpflege erfolgten nur kleinräumig und punktuell. Ab 2016 sind nach der Vegetationsperiode weitere Untersuchungen mit verschiedenen Partnern zur umfassenden Erforschung des Marschlagers vorgesehen. Dazu zählen unter anderem geophysikalische Prospektionen zum Verlauf des Spitzgrabens und Bohrungen.[9] Die Archäologen erhoffen sich davon weitere Befunde, wie beispielsweise Eingrabungen. Auch sind im Gelände die Reste von Backöfen zu erwarten, da die Römer üblicherweise im offenen Gelände Brot gebacken haben.[10] Probegrabungen im Herbst 2016 sollen auf den Bach Dicke Riede, der durch den Lagerbereich floss, ausgeweitet werden.[11] Durch paläobotanische Untersuchungen wollen das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege und das Niedersächsische Institut für historische Küstenforschung Erkenntnisse zum Zustand des Baches während der Anwesenheit der Römer erlangen.

Parallel zu den Untersuchungen erfolgt die Auswertung der bisherigen Funde und deren Restaurierung sowie die numismatische Begutachtung der gefundenen Münzen.

Funde

 
Ausgrabungsstelle und markierter Verlauf des früheren Spitzgrabens

Die Untersuchungen führten bisher (2016) zu etwa 1000 Fundstücken, wobei eine Herkunftsuntersuchung noch nicht bei allen Stücken vorgenommen wurde.[12] Zu den Fundstücken zählt eine kupferne Fibel, die einer germanischen Siedlung an dieser Stelle zugeordnet wird. Zu Fundstücken römischer Herkunft gehören Schuhnägel, eine versilberte Pinzette aus Messing und eine halbmondförmige Lunula als Schmuck eines Pferdegeschirrs, die eine Reparaturstelle aus Zinn aufweist. Außerdem fanden sich bisher (2016) rund 30 Münzen, darunter Bronze- und Silbermünzen sowie Kupfermünzen als Soldatengeld der Römer. Zwei der gefundenen Kupfermünzen sind halbiert, was um Christi Geburt im Norden üblich war, da sie dort eine doppelte Kaufkraft gegenüber Italien besaßen. Eine der Kupfermünzen, ein As aus Nemausus mit einem Krokodilkopf, wurde während des 2. und 1. Jahrzehnts vor Christus geprägt. Diese Münzen waren in der Zeit der römischen Okkupation Germaniens üblich; sie fanden sich auch im Nachschublager Hedemünden und im Römerlager Oberaden. Zu den Funden zählt auch ein Münzmeister-As, das nach einer ersten Bestimmung durch den Numismatiker Frank Berger vom Historischen Museum Frankfurt unter C. Plotius Rufus 15 v. Chr. geprägt wurde. Es fanden sich des Weiteren ein republikanischer Denar und keltische Münzen, die auch als Kleinerze bezeichnet werden und bei denen es sich um typisches Soldatengeld handelte. Die älteste Münze ist ein republikanischer Denar aus dem Jahr 90 vor Christi. Ein Gaius-Lucius Denar, der von 2 v. Chr. bis 1 n. Chr. geprägt wurde, gilt derzeit (2016) als Schlussmünze. Die Münzfunde sind laut dem niedersächsischen Landesarchäologen Henning Haßmann ein sicherer Nachweis, dass sich römische Soldaten im zentralen Niedersachsen aufgehalten haben.[13] Zur zeitlichen Einordnung des Spitzgrabens trugen etwa 2000 Jahre alte, germanische Keramikscherben bei, die sich in der Grabenverfüllung fanden.


Deutung

Beim Marschlager von Wilkenburg handelt es sich neben den Schlachtfeldern von Kalkriese und am Harzhorn, dem Römerlager Hedemünden sowie dem Fundplatz Bentumersiel um einen der wenigen Fundorte mit römischen Befunden in Niedersachsen. Während sich römische Bezüge bisher nur in niedersächsischer Randlage fanden, liegt Wilkenburg in zentraler Lage und ist das nördlichste Marschlager in der norddeutschen Tiefebene. Die besondere Bedeutung des Marschlagers von Wilkenburg wird darin gesehen, dass es die bisherigen Erkenntnisse zu römischen Feldzügen revidiert und auf neue Marschwege zur Eroberung des rechtsrheinischen Germaniens (Germania magna) hinweist. [14]

Laut dem provinzialrömischen Archäologen Salvatore Ortisi von der Universität Osnabrück, der auch die Arbeit in der Fundregion Kalkriese wissenschaftlich leitet, ließen die Ausmaße des Lagers eine Unterbringung von etwa 20.000 Soldaten zu, was drei Legionen einschließlich Hilfstruppen samt Tross entspricht. Damit gehört es zu den größten bisher entdeckten römischen Lagern dieser Art rechts des Rheins.[1]

Nach den bisher (2015) gewonnenen Erkenntnissen lässt sich das Lager anhand der Münzdatierungen grob in die sogenannte Okkupationszeit zwischen 12 v. Chr. und der Zeit der Varusschlacht 9 n. Chr. einordnen,[6] als die Römer mehrere Versuche einer militärischen Besetzung der Germania magna unternahmen.[15] Es ist bekannt, dass in der ersten Phase dieses Zeitraums der 9 v. Chr. verstorbene römische Heerführer Drusus bei Feldzügen gegen die Germanen bis an die Elbe vordrang.

Weitere Kriegszüge der Römer in Germanien in den Jahren 4 und 5 n. Chr. überlieferte der römische Historiker Velleius Paterculus, der sich im Gefolge von Tiberius als römischer Oberbefehlshaber für Germanien befand. Die Kriegszüge dienten der Unterwerfung aufständischer Germanenstämme; dazu zählten die Cherusker im Leine-Weser-Harzgebiet und die Langobarden an der Elbe.[16] Laut Einschätzung der Historikerin Karola Hagemann ist es wahrscheinlich, dass sich der spätere römische Kaiser Tiberius während der Feldzüge auch im Marschlager Wilkenburg aufgehalten hat.[11] Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand (2016) deuten die 26 gefundenen Münzen auf ein Bestehen des Lagers zwischen den Jahren 1 bis 6 n.Chr.

Die Archäologen haben zwei historische Szenarien zur Einordnung des Lagers entworfen. So könnte das Marschlager während eines Feldzuges in der Germania magna entstanden sein, mit dem die Römer in Germanien, ausgehend von ihrem großen Standlager in Mainz, ihre Machtsphäre nach Osten auszuweiten versuchten. Die römischen Expeditionen bewegten sich, um den Nachschub effektiv transportieren zu können, auch entlang von Flüssen, an deren Ufern sich Militärbasen reihten, wie zum Beispiel entlang der Lippe mit den Lagern Olfen, Beckinghausen und Oberaden. Im Fall von Wilkenburg wird das Marschlager zusammen mit dem Römerlager Hedemünden als Teil der römischen Strategie gesehen, den Leinegraben und auch den Unterlauf der Leine als Aufmarschlinie zu nutzen. Die Wissenschaftler hoffen im Abstand von je 20 Kilometern ab Wilkenburg weitere Anlagen dieser Art zu finden, da diese Entfernung einem Tagesmarsch der Römer entspricht.[17] Dem anderen Szenario zufolge könnte das Marschlager von Wilkenburg durch den römischen Heerführer Varus angelegt worden sein.[18]

Präsentation

 
Bekanntgabe der Entdeckung bei einer Pressekonferenz im Oktober 2015 im Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege

Der Öffentlichkeit wurde die Entdeckung des römisches Marschlagers von Wilkenburg erstmals am 15. Oktober 2016 bei einer Pressekonferenz im Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Hannover vorgestellt. Seither wird die Öffentlichkeit regelmäßig über den historischen Hintergrund der Anlage durch die Stadt Hemmingen und das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege informiert. Auf dem Fundgelände selbst sind keine Spuren des Marschlagers mehr sichtbar; es unterliegt heute einer landwirtschaftlichen Nutzung. Für das Gelände bestehen seitens der Stadt Hemmingen Überlegungen für eine touristische Nutzung. Laut dem Bürgermeister Claus-Dieter Schacht-Gaida handele es sich ein „archäologisches Denkmal erster Güte“, das Bedeutung für die römische Geschichtsschreibung habe.

Die Öffentlichkeitsarbeit zum Marschlager wird vor allem von der Römer AG Leine (RAGL) betrieben. Es handelt sich um eine interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen, wie Bodenkunde, Chemie, Graphik und Luftbildarchäologie[19], die sich im November 2015 kurz nach dem Bekanntwerden des Marschlagers gründete. Sie führt in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege unterstützende Aktionen zum Römerlager Wilkenburg durch und organisiert seit Anfang 2016 regelmäßig Führungen unter Beteiligung eines Legionärs auf dem Fundgelände.[20] [21]

Am Tag des offenen Denkmals 2016 fanden öffentliche Führungen auf dem Fundgelände statt, an denen rund 400 Personen teilnahmen; dabei wurde eine Informationstafel enthüllt.[10] Im September 2016 veranstalteten die Universität Hannover, die Römer AG Leine, das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege (NLD) und der Heimatbund Niedersachsen im Hemmingener Rathaus ein Symposium zum Thema Römerlager Wilkenburg[22]. Vor rund 90 Besuchern informierte der Bezirksarchäologe des NLD Friedrich-Wilhelm Wulf über den aktuellen Forschungsstand. Der Althistoriker Horst Callies vom Historischen Seminar der Universität Hannover referierte zum Vordringen der Römer nach Germanien im Zusammenhang mit der Politik der römischen Kaiser Tiberius und Augustus. [23]


Bedrohung durch Kiesabbau

Das Fundgelände ist von der Zerstörung durch Kiesabbau bedroht. Das Unternehmen Holcim stellte im Jahr 2014 einen Abbauantrag, demzufolge die Auskiesung 2016 beginnen sollte. Dagegen hat sich der Hemminger Stadtrat ausgesprochen,[24] ebenso die St.-Vitus-Kirchengemeinde Wilkenburg-Harkenbleck als Grundeigentümerin.[25] Derzeit (2016) läuft noch das Planfeststellungsverfahren bei der Region Hannover, zu dem die Unterlagen 2015 öffentlich auslagen. [26] 2016 wurde bekannt, dass es sich um ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz handelt[27], dass durch die Entdeckung des römischen Marschlagers verzögerte.[28] Die Region Hannover wird unter Abwägung von wirtschaftlichen, bodendenkmalpflegerischen und weiteren Interessen über das Abbauvorhaben entscheiden. Da der Kiesabbau die untertägigen Reste des Lagers zerstören würde, obliegen nach dem im niedersächsischen Denkmalschutzgesetz verankerten Verursacherprinzip dem abbauenden Unternehmen die Kosten einer Rettungsgrabung.[13] Laut dem Chemiker Robert Lehmann, der die Fundstücke archäometrisch untersucht, sprechen sich 20 weitere archäologische Experten für den Erhalt der Fundstelle und gegen den Kiesabbau aus. Sie messen dem römischen Marschlager eine große historische Bedeutung bei, da es das bisher einzige in Niedersachsen gefundene sei.[28]

Bei einem Symposium zum Thema Römerlager Wilkenburg (siehe unter Präsentation) im September 2016 kritisierten die Teilnehmer, dass die Region Hannover als untere und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur als oberste Denkmalschutzbehörde bis dahin keine Stellungnahme zu der Fundstätte abgeben haben. [23]

Literatur

  • Henning Haßmann, Salvatore Ortisi, Friedrich-Wilhelm Wulf: Römisches Marschlager bei Hannover entdeckt. In: Archäologie in Deutschland, Nr. 6/2015 (Anfang online frei zugänglich)
  • Rom an der Leine. Das römische Truppenlager bei Wilkenburg., 2016, Hrsg: Römer AG Leine (RAGL), Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Stadt Hemmingen
Commons: Römisches Marschlager Wilkenburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Römisches Marschlager bei Hannover entdeckt. Pressemitteilung der Universität Osnabrück vom 15. Oktober 2015.
  2. Riesiges Römerlager entdeckt! In: Bild.de vom 15. Oktober 2015.
  3. Deutscher Preis für Denkmalschutz. „Silberne Halbkugel“ an F.A.N.-Mitglied Heinz-Dieter Freese. In: Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen (Hrsg.): FAN-Post 2015, S. 5 (PDF).
  4. Pastor erforscht das Land aus der Luft bei NDR.de vom 2. Mai 2016
  5. Mit Martfelds Pastor haben die Legionäre nicht gerechnet in: kreiszeitung.de vom 4. November 2015.
  6. a b Das neu entdeckte römische Marschlager von Wilkenburg, Stadt Hemmingen, Region Hannover. Pressemitteilung des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege und der Universität Osnabrück vom 15. Oktober 2015 (PDF).
  7. Andreas Zimmer: Großes Medienecho auf Römerlager in Wilkenburg in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 30. Oktober 2015.
  8. Simon Benne: Sondengänger im Römerlager in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 29. Dezember 2015.
  9. Illegale Schatzsucher im Römerlager in: Neue Presse vom 28. Dezember 2015
  10. a b Tobias Lehmann: Infotafel Römerlager steht - Symposium folgt in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 11. September 2016.
  11. a b War Kaiser Tiberius in Wilkenburg? in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 21. August 2016
  12. Römerlager oder Kiessee? So geht es weiter in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 9. Januar 2016
  13. a b Gräben und Münzen als Beweis: Die Römer waren hier! In: NDR.de vom 15. Oktober 2015.
  14. Marschlager: Die Römer im Norden bei Leinetal Online News vom 10. Februar 2016
  15. Eine kurze Literaturübersicht dazu bei Klaus Bringmann, Thomas Schäfer: Augustus und die Begründung des römischen Kaisertums. Akademie, Berlin 2002, ISBN 3-05-003054-2, S. 292, Fn. 87.
  16. Rom an der Leine. Das römische Truppenlager bei Wilkenburg., 2016, Hrsg: Römer Arbeitsgemeinschaft Leine (RAGL), Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Stadt Hemmingen
  17. Römerlager und Römermünzen bei Hannover entdeckt bei: Deutsche Numismatische Gesellschaft
  18. Berthold Seewald: Varus kam bis Hannover. Dann musste er sterben. In: Die Welt vom 17. Oktober 2015.
  19. Die Römer AG Leine (RAGL)
  20. Zeitreise ins Wilkenburger Marschlager in Leinetal Online News vom 14. Februar 2016.
  21. Auf den Spuren des "Roms an der Leine" in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 14. Februar 2016.
  22. Programm Symposium „Römerlager Wilkenburg“ 17. September 2016 11-15 Uhr bei leinetal-online.news (pdf)
  23. a b Was denn nun: Kulturgut oder Kiesabbau? in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 18. September 2016
  24. Tobias Lehmann: Hemmingen: Einstimmiges Votum gegen Kiesabbau. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 16. Oktober 2015.
  25. Andreas Zimmer: Wilkenburg/Arnum/Harkenbleck: Kirche sagt Nein zu Landverkauf für Kiesabbau. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 15. Oktober 2015.
  26. Planfeststellungsverfahren zur Neuaufnahme eines Bodenabbaus in der Stadt Hemmingen – OT Wilkenburg. Amtliche Bekanntmachung. In: StadtHemmingen.de, 19. August 2015.
  27. Wilkenburger Römerlager von Kiesgrube bedroht bei NDR.de vom 20. September 2016
  28. a b Grüne stellen Anfrage zum Kiesabbau in Hannoversche Allgemeine Zeitung von 7. August 2016.

Koordinaten: 52° 18′ 22″ N, 9° 45′ 20″ O