Sowjetische Raumfahrt

Geschichte und Grundlagen der sowjetischen Raumfahrtentwicklungen
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Die Sowjetische Raumfahrt galt seit dem Start von Sputnik 1 im Jahr 1957 als weltweit technologisch führend; sie wurde erst vom US-amerikanischen Apollo-Projekt und der Mondlandung 1969 eingeholt.

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Sojus-Rakete hebt in Baikonur ab.

Grundlagen

Die theoretischen Grundlagen des Weltraumflugs wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts vom russischen Wissenschaftler Konstantin Ziolkowski gelegt. Etwa seit Beginn des Ersten Weltkriegs entwickelte das zaristische Russland, dann die UdSSR kleinere Raketen. Bekannt wurde vor allem die seit 1938 militärisch eingesetzte Stalinorgel.

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Sergei Koroljow

Eine wichtiger Impuls für das sowjetische, ebenso wie für das amerikanische Raketenprogramm war die deutsche Rakete A4 ('V2'), die nach 1945, begleitet von einer Reihe von Ingenieuren, als Kriegsbeute in die SU kam. Diese erste Großrakete wurde genauestens analysiert, nachgebaut und schrittweise in Präzision, Nutzlast und Reichweite verbessert. Anders als in den USA, wo u.a. der frühere Leiter des deutschen Raketenprogramms Wernher von Braun auch die dortige Entwicklung leitete, wurden die deutschen Techniker später nicht in das sowjetische Programm übernommen, sondern nach getaner Arbeit nach Deutschland zurückgesandt.

Der führende Kopf der sowjetischen Raketenentwicklung war Sergei Koroljow, dessen Identität im Westen erst nach seinem Tod am 14. Januar 1966 bekannt gegeben wurde. Das sowjetische Raumfahrtprogramm war von Beginn an, wie das amerikanische, eng an militärische Interessen geknüpft und unterlag der Geheimhaltung. Koroljow war, ähnlich wie von Braun, von den Möglichkeiten der Raumfahrt fasziniert, konnte sich aber anders als dieser anfangs nur hinter den Kulissen für die Nutzung der Großraketen zu friedlichen Zwecken einsetzen.

Entwicklung

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Juri Gagarin, am 12. April 1961 erster Mensch im Weltraum.

Als herausragende Ingenieurleistung Koroljows, weil besonders einfach und damit zuverlässig, gilt die anfangs als Interkontinentalrakete konzipierte R-7. Sie wurde mit nur kleinen Variationen die am meisten eingesetzte Trägerrakete weltweit und wird bis heute benutzt, so zur Versorgung der ISS.

Mit einer R-7 startete auch der Sputnik am 4. Oktober 1957, der erste Erdsatellit - eine Sensation, die auch im Westen Begeisterung für die Raumfahrt weckte. Der Start erfolgte im Rahmen des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957 und führte in den westlichen Ländern zum sogenannten Sputnikschock.

Der größte Erfolg der sowjetischen Raumfahrt aber war der Flug Juri Gagarins, des ersten Menschen im Weltraum. Nach der erfolgreichen Erdumrundung am 12. April 1961 wurde er in Moskau und in aller Welt mit großer Begeisterung gefeiert. Am Lenin-Prospekt in Moskau wurde darauf das gewaltige, futuristische Gagarin-Denkmal errichtet, das bis heute steht.

Für die sowjetische Führung und Regierungschef Nikita Chrustschow kamen diese Erfolge eher unerwartet. Man zögerte aber nicht, sie propagandistisch zu nutzen, um die Überlegenheit des Kommunismus zu demonstrieren.

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N1 Raketen 1969 in Baikonur.

Auch in den Wettlauf zum Mond stieg die Sowjetunion ein und konnte hier mit den Lunik-Missionen bereits 1959 Erfolge verbuchen und ab 1963 mit dem Luna-Programm fortsetzen. Für eine bemannte Mission brauchte man aber eine neue, große Trägerrakete. Nach dem Tode Koroljows gelang es jedoch nicht, die vorhandenen Mittel und Fähigkeiten erfolgreich auf diese Aufgabe zu konzentrieren: Nach mehreren Fehlstarts wurden die Arbeiten an der gewaltigen N1 Rakete 1971 eingestellt und das bemannte sowjetische Mondprogramm beendet.

Mit Lunochod wurden noch beachtenswerte Roboter-Missionen angeschlossen, während die Missionen der Mars-Sonden weitgehend glücklos verliefen. In das Blickfeld der Weltöffentlichkeit rückte die sowjetische Raumfahrt erst wieder mit der Raumstation Mir, auf der zwischen dem Start am 19. Februar 1986 und dem gezielten Absturz am 23. März 2001 zahlreiche wissenschaftliche Experimente betrieben, Rekorde gebrochen, Unfälle überwunden und Lieder gesungen wurden. Die Mir erlebte auch die Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991. Die sowjetischen Ressourcen an Mensch und Material gingen damit im wesentlichen an die russische Raumfahrtagentur Roskosmos (anfangs RKA) über, die viele der bisherigen Projekte fort- und neue in Gang setzte.

Meilensteine

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Walentina Tereschkowa, 1963 erste Frau im Weltraum.

Meilensteine und Erstleistungen in der sowjetischen Raumfahrt waren:

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Vollautomatisches Mondfahrzeug Lunochod

Den vielen Erstleistungen stehen gescheiterte Ansätze wie die lange geheim gehaltene Mondrakete N1 oder der aufgegebene Raumtransporter Buran gegenüber. Details über Misserfolge wurden erst nach der Perestroika bekannt, so über das schwerste Unglück der sowjetischen Raumfahrt, die Nedelin-Katastrophe von 1960, bei der 126 Menschen den Tod fanden.

Die Arbeiten und Traditionen der sowjetischen Raumfahrt werden von der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos (früher RKI) fortgeführt, zum Teil auch von der Ukraine, Kasachstan und anderen GUS-Staaten, die früher Teil der UdSSR waren.

Wesentliche Teile der sowjetischen Raumfahrtgeschichte sind im Kosmonautenmuseum in Moskau dokumentiert, das nahe der Metrostation VDNCh liegt, dem früheren "Ausstellungsgelände der Errungenschaften der Volkswirtschaft der UdSSR".

Literatur

  • Alfred Gugerell: Von Gagarin zur Raumstation Mir, ISBN 3-9500500-0-0-0
  • Dennis Newkirk: Almanac of Soviet Manned Space Flight, ISBN 0872018482
  • Peter Stache: Sowjetische Raketen, Elbe-Dnjepr-Verlag, ISBN 3933395275
  • Levantovskij, Vladimir I., Leškovcev, Vladimir A., Rachlin, Il’ja E.: Sovetskaja raketa issleduet kosmos (Die sowjetische Rakete erforscht den Kosmos), Moskau, Verlag Gos. Izd. Fiz.-Mat. lit., in kyrillischer Schrift, 1959
Commons: Sowjetisches Raumfahrtprogramm – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch: Raumfahrt, Sowjetisches bemanntes Mondprogramm, Berühmte Kosmonauten, Russische Raumfahrtbehörde, Wostok, Sojus, Mir, Saljut, Buran