Situation der deutschen Streitkräfte in der Normandie im Jahr 1944
Die Deutsche Situation in der Normandie im Jahr 1944 war von vielen Faktoren bestimmt und durch alliierte Täuschungsoperationen, die von der Operation Overlord ablenken sollten, aber auch durch unterschiedliche Kriegserfahrungen der Entscheidungsträger geprägt.
Die Deutschen bereiteten sich vor allem im von ihnen besetzten Frankreich auf eine alliierte Invasion vor. Sie vermuteten sie am Pas-de-Calais, konnten andere Gebiete jedoch nicht ausschließen und sich deshalb nicht konzentriert auf Gegenmaßnahmen einer Invasion vorbereiten.
Deutsche Vorbereitungen auf eine alliierte Invasion
Uneinigkeit über Zeit, Ort und Gegenmaßnahmen einer alliierten Landung
Im November 1943, als Hitler entschied, dass die Möglichkeit einer alliierten Invasion in Frankreich nicht länger ignoriert werden könne, wurde Generalfeldmarschall Erwin Rommel zum Inspekteur der deutschen Küstenverteidigung und später zum Kommandeur der Heeresgruppe B ernannt, die für die Bodenverteidigung in Nordfrankreich zuständig war. Rommel hatte den festen Glauben, dass eine schnellstmögliche Verteidigung der Strände durch Panzertruppen die einzig mögliche Abwehr einer Invasion wäre. Daher wollte er für eine Gegenattacke eine entsprechende Anzahl an Panzern nahe an den Stränden postiert haben. Allerdings war Rommels Autorität stark eingeschränkt, da er nicht der Oberkommandierende der deutschen Westtruppen war. Dieses Amt hatte Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt inne. Von Rundstedt, der von Leo Geyr von Schweppenburg, dem Kommandeur der Panzergruppe West, unterstützt wurde und letzterer wiederum von Generaloberst Heinz Guderian, dem Generalinspekteur der deutschen Panzertruppen, favorisierte eine Konzentration der Panzereinheiten im Hinterland, so dass die komplette Hauptangriffslinie des Gegners ausgemacht und dann mit einem kraftvollen Gegenschlag zerschlagen werden könne.
Die Debatte spiegelte die unterschiedlichen Kriegserfahrungen der Entscheidungsträger wider. Rundstedt, Geyr von Schweppenburg und Guderian hatten den Großteil ihrer Erfahrung gewonnen, als die Luftwaffe den Himmel über dem Schlachtfeld kontrollierte, oder als keine Seite im Stande war, Luftüberlegenheit über die komplette Front zu erlangen. Die Erfahrungen von Rommel unterschieden sich davon gewaltig. Von Rundstedt und Guderian zogen anscheinend nicht in Betracht, dass die alliierte Luftmacht eine ähnliche Größe wie die deutsche zu Beginn des Krieges haben könnte. Rommel, der im Verlauf des Afrikafeldzuges unter einer alliierten Luftüberlegenheit gekämpft hatte, schätzte die gegnerischen Kapazitäten höher ein als die anderen drei.
Um den Streit zu beenden, spaltete Hitler die sechs verfügbaren Panzerdivisionen im nördlichen Frankreich und unterstellte drei davon dem direkten Befehl Rommels. Die drei anderen Divisionen wurden ins Hinterland verlegt und unter den direkten Befehl Hitlers gestellt. Die Luftverteidigungen der französischen Nordküste umfasste nur noch 169 Jagdflugzeuge, da die Flugplätze im nördlichen Frankreich durch die Alliierten andauernd aus der Luft angegriffen wurden. Hitlers Entscheidung führte schlussendlich dazu, dass die deutschen Panzerdivisionen nach der Invasion nicht in der Lage waren, den späteren Brückenkopf zu zerschlagen.
Die deutsche Hauptstreitmacht, die eine Invasion zurückschlagen sollte, konzentrierte sich auf das Gebiet beim Pas-de-Calais, da dort die Entfernung von England nach Frankreich am geringsten ist. Diese Vermutungen wurden durch die alliierte Täuschungsoperation, die Operation Fortitude, bestärkt. Die Deutschen vermuteten des weiteren, dass die Alliierten am Tag, bei gutem Wetter und bei Flut angreifen würden, da sie dies bei vorangegangenen alliierten Invasionen beobachtet hatten.
Da die deutschen Geheimdienste (Amt Ausland Abwehr, Fremde Heere West und Reichssicherheitshauptamt) nicht zusammenarbeiteten, wurden alliierte Täuschungsversuche meist ernst genommen. So dachte der Großteil der deutschen Befehlshaber, die Invasion würde am Pas-de-Calais stattfinden, da sich dort nach ihrer Auffassung achtzig alliierte Divisionen, aufgeteilt in fünf Armeen (die wiederum in zwei Heeresgruppen) auf eine Invasion vorbereiten würden. Hitler, der Wehrmachtsführungsstab, von Rundstedt und auch Rommel teilten diese Ansicht teilweise sogar noch nach der Operation Neptune. Lediglich das Marinekommando West und das Luftflottenkommando 3 hegten Zweifel. So vermutete die Marine, dass die Alliierten nicht an der engsten Stelle des Kanals und da wo die Deutschen sie erwarten, angreifen würden. Außerdem stellten sie den Wahrheitsgehalt der abgefangenen Meldungen über achtzig Divisionen im Südosten Englands in Frage, da die für eine Invasion in einer solchen Größenordnung benötigten Schiffsverbände fehlen würden. Sie hielten das Gebiet zwischen Sommemündung und Cherbourg für wahrscheinlicher als Invasionsort. Das Luftflottenkommando 3 kam aufgrund alliierter Bombardierungen in dem Gebiet zum gleichen Schluss. Deren Nachricht an das Oberkommando der Wehrmacht wurde jedoch kaum berücksichtigt.
Die Deutschen vermuteten, dass die Alliierten etwa zwei bis drei Stunden nach Niedrigwasser im Morgengrauen eine Invasion beginnen würden. Nach den Messungen der Marine herrschten optimale Bedingungen für eine solche Landung im Gebiet von Le Havre und Cherbourg zwischen dem 5. und 7. Juni 1944. Hitler, von Rundstedt und Rommel, sowie andere Befehlshaber alarmierte diese Erkenntnis jedoch nicht.
Atlantikwall und andere deutsche Verteidigungsvorkehrungen
Schon 1942 hatte die deutsche Führung mit der Planung und dem Bau des Atlantikwalls begonnen, der sich von Norwegen bis zur französischen Biskaya erstreckte. Besonders in Nordfrankreich und dort an der engsten Stelle des Ärmelkanals, dem Pas-de-Calais, wurde großes Augenmerk auf eine mögliche Invasionsabwehr von der Seeseite her gelegt. Es wurden schwere Artillerieanlagen, Geschützbunker und Widerstandsnester mit Maschinengewehrstellungen an der Küste erbaut. Die größeren Häfen sowie die Flussmündungen wurden dabei besonders geschützt.
Rommel inspizierte 1944 die deutschen Verteidigungsanlagen, die zu diesem Zeitpunkt teilweise schon wieder varaltet waren und gab mehrere Neuerungen vor dem D-Day in Auftrag. Er hatte sich stark für den Ausbau der Strandbefestigungen und des nahen Hinterlandes mit Hindernissen und Minen eingesetzt. Einige der Bunker waren jedoch noch in der Bauphase, als die alliierten Verbände landeten. In Frankreich wurden mit einem riesigen Bauaufwand durch die Organisation Todt und mit dem Einsatz tausender Zwangsarbeiter Bunkeranlagen für Geschütze schwersten Kalibers errichtet.
Große Teile des Landegebietes der amerikanischen Fallschirmjäger im Westen waren von deutschen Pionieren, durch Stauung der Flüsse Merderet und Douve überschwemmt. Auf zur Landung von Lastenseglern geeigneten Feldern wurden Holzpfähle eingerammt, die so genannten „Rommelspargel“. Die Strände waren überall dort, wo eine Landung möglich war, mit Bunkern, Minen, Über- und Unterwasserhindernissen verstärkt.
Die deutsche Schlachtordnung
Die deutschen Verteidigungen in der Normandie befanden sich unter dem Kommando des LXXXIV Deutschen Korps (General Erich Marcks), der 7. Deutschen Armee (Generaloberst Friedrich Dollmann). Die Schlachtordnung im alliierten Landungsbereich war von Ost nach West etwa folgende:
- 21. Panzerdivision (Generalleutnant Edgar Feuchtinger):
"Veteranen-Panzerdivision", die in der Region um Caen stationiert und Teil Rommels mobiler Reserve war. - 716. Infanteriedivision (Generalleutnant Wilhelm Richter):
Küstenverteidigungsdivision, die die Küstenabschnitte von Omaha, Gold, Sword und Juno bewachte. - 352. Infanteriedivision (Generalleutnant Dietrich Kraiss):
Infanteriedivision, die die Küste von Omaha, Gold und die Stadt Saint-Lô bewachte. - 6. Fallschirmjägerregiment (Major Friedrich von der Heydte):
Deutsches Elite-Fallschirmjägerregiment und Teil der 2. Deutschen Fallschirmjägerdivision. Das Regiment verteidigte die Stadt Carentan. - 91. Infanteriedivision (Generalleutnant Wilhelm Falley):
Normale Infanteriedivision, die für Luftlandungen trainiert und ausgerüstet war. Die Division befand sich im Hinterland der Cotentin Halbinsel, einschließlich des Bereichs, wo die amerikanischen Luftlandungen am 6. Juni stattfanden. - 709. Infanteriedivision (Generalleutnant Karl-Wilhelm von Schlieben):
Küstenverteidigungsdivision, die die östliche und nördliche Küste der Cotentin Halbinsel (einschließlich Cherbourg und Utah Beach) verteidigte. - 243. Infanteriedivision (Generalleutnant Heinz Hellmich):
Küstenverteidigungsdivision, die die westliche Küste der Cotentin Halbinsel bewachte. - 30. Motorisierte Infanteriebrigade:
Infanteriebrigade bestehend aus drei Motorradbataillonen.
Die strategische Lage
Die meisten deutschen Verbände wurden an der Ostfront, seit Sommer 1943 auch in Italien, sowie auch in Griechenland und Jugoslavien (zum Bekämpfen von Partisanen) gebraucht. Nachdem Hitler sich jedoch Ende des Jahres 1943 entschlossen hatte, Teile des Terrains im Osten aufzugeben, die Rote Armee jedoch vor den Grenzen des Deutschen Reichs zurückschlagen wollte und gleichzeitig eine alliierte Invasion in Frankreich als kriegsentscheidend einschätzte, änderte er die Strategie. Hitler plante, die Westalliierten zu besiegen und danach konzentriert gegen die Rote Armee zu ziehen.
Die Deutschen hatten jedoch keine Strategie für den gewünschten Sieg. Einige favorisierten die Idee, die alliierten Verbände am Strand oder schon im Wasser zu zerschlagen. Andere wiedrum wollten die deutschen Verbände in Sicherheit zurückhalten, um dann einen Gegenangriff auf den Gegner zu starten.
Die deutschen Verbände waren in eine komplizierte Befehlsstruktur eingeordnet. So konnte der OB West nicht frei über alle Einheiten verfügen. Auch andere Befehlshaber, wie Rommel, mussten auf Zugehörigkeiten zu den Teilstreitkräften, wie bspw. der Marine, oder zur SS Rücksicht nehmen. So war kein einheitlicher Zugriff auf alle Einheiten möglich. Die 2. Panzerdivision gehörte beispielsweise der Gliederung nach zur Panzergruppe West, taktisch zum I. SS-Panzerkorps, territorial zum Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich und versorgungstechnisch zur 15. Deutschen Armee. Günther Blumentritt schrieb im Januar 1944 an Alfred Jodl: "Hier ist alles so verzwickt und durch 100 mögliche Stellen überschnitten und verfiltzt." Vorlage:Ref.
Die deutsche Heeresführung zog oftmals vor der alliierten Invasion Panzerverbände aus dem Befehlsbereich des OB West zurück, um sie an die Ostfront zu verlegen. Außerdem waren viele der Divisionen in Nordfrankreich und vor allem in der Normandie noch im Aufbau bzw. ohne Kampferfahrung. Nach der Invasion wurden zwar erfahrene Divisionen in die Normandie verlegt, die jedoch lange Zeit benötigen, um vollständig am Einsatzort anzukommen. So verfügten die Deutschen zwar über viele Divisionen, die jedoch eine geringe Kampfkraft hatten.
Der deutsche Atlantikwall wurde zudem von Divisionen bewacht, von denen ein Großteil entweder aus Deutschen bestand, die meist aus gesundheitlichen Gründen nicht für den Einsatz an der Ostfront tauglich waren, oder aber aus Menschen anderer Nationalitäten, so beispielsweise sowjetischen Kriegsgefangenen, die den Dienst in der Armee gewählt hatten, um nicht den Alltag im Kriegsgefangenenlager erleiden zu müssen.
Der 21. Deutsche Panzerdivision bewachte Caen und die 12. SS-Panzerdivision Hitlerjugend war im Südosten Caens stationiert. Die Offiziere und Unteroffiziere der Division "Hitlerjugend" waren lange dienende Veteranen, aber die Soldaten mit niedrigeren Rängen waren 1943 in einem Alter von etwa sechzehn Jahren direkt aus der Hitlerjugend rekrutiert worden. Neben diesen zwei Panzerdivisionen lag auch die Panzerlehrdivision in der Normandiegebiet.
Ein weiterer Faktor für die deutsche Lage war der zunehmende Mangel an Betriebsstoff, wie Treibstoff für die Fahrzeuge. Um diese Ressourcen zu schonen, mussten unter anderem Übungen verkürzt werden. Darüber hinaus herrschte Personalnot. So durchsuchten die Behörden ihr Personal nach überflüssigen Mitarbeitern, die an die Front geschickt werden konnten. Im Westen brachte man dadurch 6.500 Soldaten zusammen, wobei allein in Paris 50.000 Soldaten in Dienststellen beschäftigt waren.
Die Moral der deutschen Truppen war oft schlecht. Die Soldaten hatten, sofern sie nicht von der Ostfront verlegt worden waren, lange keinen Kampfeinsatz mehr gesehen. Daher wurden sie zunehmend nachlässiger und unvorsichtiger. So verloren manche sogar ihre Waffen. Auch gab es zwischen den deutschen Truppen an der Westfront einen wesentlichen Unterschied zu denen an der Ostfront: Die deutsche Propaganda hatte im Osten einen Kreuzzug gegen den Bolschewismus propagandiert und so die Soldaten besonders aggressiv gegen ihre Gegner gemacht. An der Westfront herrschte jedoch oft ein "humanes" Bild des Gegners, was die Kampfmotivation der Truppe verminderte.
Die Situation der Deutschen während der alliierten Landung
Die deutsche Abwehr wusste von zwei Zeilen aus Paul Verlaines Gedicht Herbstlied, die kurz vor der Invasion Störaktionen der französischen Widerstandsbewegung auslösen sollten, und die über BBC verlesen wurden. Die entscheidende zweite Strophe kündigte die Invasion innerhalb der nächsten 48 Stunden gerechnet von 0:00 Uhr des auf die Durchsage folgenden Tages an. Diese Strophe wurde am 5. Juni um 21:15 Uhr von deutschen Funkstellen abgehört. Die 15. Armee, die allerdings am Pas-de-Calais stationiert war, wurde daraufhin in Alarmbereitschaft versetzt. Die 7. Armee in der Normandie wurde aus nicht mehr nachzuvollziehenden Gründen nicht benachrichtigt.
Da für den 5. und am 6. Juni 1944 schlechtes Wetter vorausgesagt worden war, waren viele Generäle abwesend. Einige, wie der Befehlshaber der 7. Armee, Generaloberst Friedrich Dollmann, hielten sich bei Kriegsspielen in Rennes auf. Rommel besuchte am 6. Juni seine Frau in Deutschland, da diese ihren 50. Geburtstag feierte.
Die SS-Panzerdivisionen, also auch die 12. SS-Panzerdivision, durften nur mit Genehmigung Adolf Hitlers in Bewegung gesetzt werden. Da dieser aber schlief, blieb die Division dort, wo sie stationiert war und griff nicht in das Kampfgeschehen ein. Die Kampfhandlungen wurden von den Deutschen als Täuschungsversuch von der eigentlichen Invasion beim Pas-de-Calais herabgestuft. Da die Résistance die Telefon- und Telegraphenleitungen zerstört hatte, gab es bei den Deutschen nur wenige Informationen über die alliierten Truppenbewegungen. Die Alliierten setzten zudem Puppen in Fallschirmjägeruniform, die sie Rupert nannten und laute Kampfgeräusche imitierten, über der Normandie ab. Da zusätzlich zu diesen Imitaten auch sechs SAS-Soldaten absprangen und mehrfach Scheinattacken auf deutsche Stellungen ausführten, waren die Deutschen vollkommen irritiert und nicht dazu imstande, sinnvoll zu agieren.
Um eine Luftlandung zu vertuschen, führten die alliierten Flugzeuge Bomben mit, die sie über unterschiedlichen Zielen im Gebiet abwarfen. Eine Reihe alliierter Fallschirmjäger sprang zudem versehentlich über falschem Gebiet ab, so dass sie sich zu ihren Einheiten in der Normandie durchschlagen mussten und während ihres Marsches dorthin verschiedentlich deutsche Verbände angriffen. Auch dadurch wurden die Deutschen von den tatsächlichen Operationsgebieten abgelenkt und schickten ihre Truppen erneut in die unwichtigeren Areale.
Der alliierten Streitmacht stand eine relativ kleine deutsche Luftwaffe gegenüber. Am Tag der Landung waren es genau zwei deutsche Flugzeuge, geflogen von Oberstleutnant Josef Priller und Feldwebel Heinz Wodarczyk, die die alliierten Landungstruppen angriffen. Alle anderen Flugzeuge waren am 4. Juni ins Landesinnere verlegt worden, da man die bisherigen Flugplätze für zu bedroht ansah. Im Verlaufe des D-Days hatten die Alliierten die absolute Luftherrschaft. (→ Luftkrieg während der Operation Overlord)
Einige Zeit später wurde den Deutschen klar, dass eine Invasion stattfand. Doch sie hielten diese für eine Finte und vermuteten weiterhin, dass die eigentliche Invasion im Gebiet des Pas-de-Calais stattfinden würde. Manche der deutschen Generäle rechneten sogar noch Monate später mit einer Hauptinvasion beim Pas-de-Calais.
Deutsche Reaktionen auf die alliierte Invasion
Das Kampfgebiet bestand zum Teil aus einer Bocage-Landschaft mit vielen Feldern, kleinen Wegen, Flüssen und Bächen, die gute Verteidigungspositionen für die deutschen Verbände boten. Überlebende alliierte Soldaten berichteten, dass jedes einzelne Feld durch heftige Kämpfe erobert werden musste. Daneben war für Panzer sehr gut befahrbares Gelände vorhanden, was für die Alliierten wie auch für die Deutschen von großer Bedeutung war.
Die Stadt Caen war für die Abstimmung der deutschen 7. und 15. Armee im Pas-de-Calais äußerst wichtig. Nahmen die Alliierten Caen ein, dann würde ein Rückzug der deutschen Truppen von der Kanalküste unvermeidbar werden, um eine Verbindung zwischen ihnen aufrecht zu erhalten. Ein Rückzug entsprach aber keineswegs den Vorstellungen Adolf Hitlers, der befohlen hatte, jeden Meter Land zu verteidigen bzw. zu halten. Aus diesem Grund konzentrierten die Deutschen ihre Streitkräfte im Gebiet um Caen, wo britische Truppen mehrere Operationen starteten (→ Schlacht um Caen). So verlegten die Deutschen 150 schwere und 250 mittlere Panzer in das Caen-Gebiet, jedoch lediglich 50 mittlere Panzer und 26 Panther in das Gebiet, in dem amerikanischen Verbände kämpften.
Als Antwort auf die alliierten Vorstöße starteten die Deutschen am 6. August 1944 zwischen den Städten Mortain und Avranches einen Gegenangriff, das Unternehmen Lüttich, auch Konterattacke von Mortain genannt. Der deutsche Plan sah vor, mit der 7. Armee die Linie der Alliierten im südlichen Bereich der Cotentin-Halbinsel zu durchbrechen und die amerikanischen Einheiten abzuschneiden und aufzureiben. Die Anweisung Hitlers dazu erreichte den OB West, Generalfeldmarschall Günther von Kluge, am 2. August. Von Kluge erklärte später, dass er den vorgelegten Plan für zu grandios und unmöglich in der Ausführung hielt, doch im Moment der Übergabe war er durchaus von ihm angetan. Nach einigen Rückschlägen entschied von Kluge gegen Mitternacht des 8. August, den Angriff vorerst auszusetzen, bereitete jedoch seine Einheiten auf einen späteren Vorstoß vor. Hitler war nicht sofort davon überzeugt, dass sein Vorrücken auf Avranches gescheitert war. In der Hoffnung, die Alliierten in der Bretagne abschneiden zu können und dann im Norden die wichtigen Häfen und Teile der Küstengebiete zurückzuerobern, bestand er auf einer Wiederaufnahme des Angriffs. Am 9. August warf er von Kluge vor, den Angriff zu früh gestartet zu haben und dass der Zeitpunkt den alliierten Luftoperationen in die Hände gespielt habe. Er befahl dem OB West, sein Unternehmen unverzüglich wieder aufzunehmen und zwar aus dem Raum um Domfront, südöstlich von Mortain.
Die Ansammlung der deutschen Panzereinheiten im Raum südlich von Falaise gab den Alliierten die Chance, sie zwischen Falaise und Argentan im so genannten Kessel von Falaise einzukesseln. Die deutsche Wehrmacht verlor zwischen dem 7. und 21. August im Westen 50.000 Soldaten und weitere 200.000 gerieten in Kriegsgefangenschaft. Bis zu diesem Zeitpunkt beliefen sich die Verluste der Deutschen in der Normandie auf mehr als 240.000 Tote oder Verwundete und weitere 250.000 Gefangene. An Material büßte die Wehrmacht dabei 1.500 Panzer, 3.500 Geschütze und 20.000 sonstige Fahrzeuge ein. Durch ihren Sieg bei Falaise waren die alliierten Streitkräfte anschließend in der Lage, Richtung Seine und schließlich Paris (→ Schlacht um Paris) vorzurücken.
Behandlung von Kriegsgefangenen und Kriegsverbrechen
Der deutsche General der Waffen-SS Kurt Meyer berichtet wie folgt über die kanadischen Behandlung von deutschen Kriegsgefangenen:
- "Am 7. Juni wurde mir ein Notizblock eines kanadischen Captains gegeben. Zuzüglich zu handgeschriebenen Befehlen, wiesen die Notizen an: 'no prisoners were to be taken' ['keine Gefangenen nehmen']. Einige kanadische Gefangenen wurden [daraufhin] gefragt, ob die Instruktionen der Wahrheit entsprechen würden [...] und sie sagten, dass sie den Befehl hatten, wenn die Gefangenen den Fortschritt behinderten, sie nicht gefangen zu nehmen." Vorlage:Ref
Meyer soll daraufhin befohlen haben: "Was sollen wir mit diesen Gefangenen tun? Die essen nur unsere Rationen. In Zukunft werden keine Gefangenen mehr gemacht." Vorlage:Ref
Mehr als 156 kanadische Kriegsgefangene sind Berichten zufolge von der 12. SS-Panzerdivision in den Tagen und Wochen nach dem D-Day in der Nähe von Caen getötet worden. Ein Kriegsverbrechen spielte sich in der Abbaye d'Ardenne ab, bei der zwanzig kanadische Kriegsgefangene von Angehörigen der 12. SS-Panzerdivision erschossen wurden (→ Deutsche Kriegsverbrechen bei Caen).
Weitere Informationen und Verarbeitungen
Filme
- Der Doku-Spielfilm D-Day 6.6.44 - Entscheidung in der Normandie vom britischen Fernsehsender BBC dokumentiert außerdem die Ereignisse beim Angriff auf die Merville-Batterie. Produzent: Tim Bradley; Regie: Richard Dale, Kim Bour, Pamela Gordon, Sally Weale. (FSK: 16)
Literatur
- Tony Hall (Hrsg.): Operation "Overlord", Motorbuch Verlag, 2004, ISBN 3613024071
- Will Fowler: D-Day: The First 24 Hours, Amber Books Ltd., London, 2003, ISBN 3854928556
- Anthony Hall: Operation Overlord: D-Day Day by Day, New Line Books, 2005, ISBN 1840135921
- Hans Speidel: Invasion 1944. Ein Beitrag zu Rommels und des Reiches Schicksal, Wunderlich, Tübingen, 1949, ISBN 0837159881
- Maurice Philip Remy: Mythos Rommel, List, 2004, ISBN 3-548-6038-58
- Robin Niellands: The Battle of Normandy - 1944, Weidenfeld & Nicholson military, 2002, ISBN 0304358371
- Dieter Ose: Entscheidung im Westen 1944. Der Oberbefehlshaber West und die Abwehr der alliierten Invasion, Stuttgart, 1982
- Janusz Piekalkiewicz: Invasion. Frankreich 1944, München, 1979
- Friedrich Ruge: Rommel und die Invasion, Bonn, 1959
- Percy Ernst Scramm (Hrsg.): Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtführungsstab), Band IV: 1. 1.1944 - 22. 5.1945, Frankfurt, 1961
- Hans Wegmüller: Die Abwehr der Invasion. Die Konzeption des Oberbefehlshabers West 1940-1944, Freiburg, 1979
- John Pimlott: Die Wehrmacht - Die Geschichte der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, Kaiser, ISBN 3704360368
- Gordon Williamson: Die SS - Hitlers Instrument der Macht, Kaiser, ISBN 3704360376
Weblinks
- Informationen bei normandiememoire.com (englisch)
Quellen
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