Katalytische drucklose Verölung
Die katalytische drucklose Verölung (KDV) ist ein technisches Depolymerisationsverfahren. Künstliche oder natürliche Polymere und langkettige Kohlenwasserstoffe werden unter Zusatz von einem zeolithischen Katalysators bei Temperaturen von weniger als 400 °C ohne Überdruck in aliphatische Kohlenwasserstoffe, vergleichbar mit synthetischem Leichtöl (Dieselöl) umgewandelt. Der Wirkungsgrad ist sehr stark abhängig vom Ausgangsmaterial und liegt zwischen 30%(bei Biomasse) und bis zu 90%(bei hochkalorischen Kunststoffen und Ölen).
Das KDV-Verfahren im Überblick
Ursprung
Der Ursprung des KDV-Verfahrens liegt in der technischen Nachahmung der natürlichen Entstehung von Rohöl in der Natur. Während in Jahrmillionen die Natur die biogenen Stoffe (Holz, tierische Stoffe und Pflanzenreste unter hohem Druck, Luftabschluß und Einwirkung von Sänden (Katalysator) in Rohöl umgewandelt hat, ist das KDV-Verfahren die Verfahrenstechnische Umsetzung unter Einsatz modener Technologie. Hochkonzentrierter Katalysator bewirkt bei hoher Temperatur und Luftabschluß in heißem Öl eine schnelle Umwandlung der Eingangsstoffe unter technisch kontrollierbaren Bedingungen.
1. Ausgangsmaterial (Input)
Als Ausgangsmaterial dienen alle hochkalorischen Stoffe die Kohlenwasserstoffe enthalten.
- Industrielle Wert- und Reststoffe: beispielsweise Altöle und Fettrückstände, Gummireifen, Plastikmaterial (auch PVC), sortierter Müll (auch Krankenhausmüll), Klärschlämme
- Biogene Reststoffe und nachwachsende biologische Rohstoffe: Pflanzenrückstände wie Mandelschalen, Raps (die gesamte Pflanze), Holz, Stroh, Tierabfälle
Das Ausgangsmaterial muss trocken sein oder getrocknet werden da es ansonsten bei der Einleitung in das heiße Öl zu spontaner Wasserdampfentwicklung kommt. (Die für die Trocknung erforderliche Energie verringert den Wirkungsgrad des Verfahrens). Es sollte möglichst keine Mineralien (Gestein, Glas, Porzellan) oder Metalle enthalten.
2. Zusatzstoffe
- Katalysator: (kristallisiertes NatriumAluminuimSilikat im Oberbegriff Zeolith)
- Katalysatorverbrauch ca. 1%-6% des Inputs, abhängig vom jeweiligen Eingangsmaterial
- Neutralisator: Kalkhydrat (nur bei chlor- und fluorhaltigem Ausgangsmaterial, zur Regeneration des Katalysators)
- hochsiedendes Thermoöl zur Reaktionsvermittlung
Katalysator und Neutralisator sind gängige, handelsübliche Produkte und chemisch unproblematisch zu handhaben.
3. Reaktionsprinzip
Im Reaktionsbehälter (Separator) werden das trockene Ausgangsmaterial (Input) und der Katalysator in heißem Thermo-Öl zur Reaktion gebracht. Das Ausgangsmaterial löst sich innerhalb weniger Sekunden (je nach Teilchengröße)im heißen Öl auf. Der Katalysator, der wie ein Molekularsieb wirkt, zerteilt die langkettigen organischen Verbindungen in kurzkettige, bei der entsprechenden Siedetemperatur verdampfende Kohlenwasserstoffe. (Halogene die z.B. in PVC oder anderen Kunststoffen enthalten sind werden durch den Neutralisator zu Salzen gebunden). Die Siedetemperaturen liegen unterhalb von 400 °C.
Aus dem heißen Ölgemenge verdampfen die organischen, kurzkettigen Kohlenwasserstoffe bei Siedetemperatur. Durch eine nachfolgende [Destillationskolonne] werden sie aus dem Dampf als Gemisch von aliphatischen Kohlenwasserstoffen vom Typ C10-C22) gewonnen. Dieses Gemisch weist die Eigenschaften von herkömmlichem [Dieselkraftstoff] auf.
Sofern in der Eingangsmasse Schwefelverbindungen enthalten sind müssen diese noch weiter entfernt werden.
Die bei der Reaktion nicht gecrackten Kohlenwasserstoffe sowie die übrigen, im Eingangsmaterial vorhandenen Stoffe, wie z.B. Metalle, Salze, Kohlenstoff, Lignine (bei Holz) aber auch verbrauchter und zersetzter Katalysator verbleiben im Reaktionsbehälter und werden mittels einer Schnecke ausgetragen. Der verbrauchte Katalysator besteht aus größeren Katalysatoragglomeraten, die sich aus der Anlagerung von Begleitstoffen an die Katalysatorkristalle gebildet haben. Das Gemisch aus verbrauchtem Katalysator und den sonstigen Reststoffen und Ölen muss weiter verarbeitet und entsorgt werden.
Durch die Temperaturen von weniger als 400 °C werden (im Gegensatz zur Pyrolyse) keine Dioxine oder Furane gebildet da diese erst bei höheren Temperaturen entstehen. Andererseits sollen durch den Katalysator und die Temperaturen von mehr als 250 °C alle Bakterien, Viren und Prionen zerstört werden.
4. Endprodukte (Output)
Aus der Destillation:
- leichtflüchtige brennbare [Kohlenwasserstoffe], ([Aromaten]) und Gase
- Dieselöl, als Gemisch kurzkettiger aliphatischer [Kohlenwasserstoffe]
- Wasser, als Prozesswasser (bedingt durch überschüssigen Sauerstoff, der Wasserstoff bindet)
- geringe Mengen CO² und CO durch die Reaktion des enthaltenen Kohlenstoffes mit organisch gebundenem Sauerstoff
- Stickstoff und Ammoniak bei der Verarbeitung von tierischen, eiweisshaltigen Produkten
- es wäre wünschenswert wenn chemische Analysen des Endproduktes und seine Eigenschaften in Bezug auf die EN 590 Dieselnorm aufgezeigt werden würden
Aus dem Reaktionsbehälter:
- Verbrauchter Katalysator
- Salze aus der Reaktion des Neutralisators mit Halogenen
- Mineralische Bestandteile des Eingangsmaterials
- Metalle und Metallsalze sofern im Eingangsmaterial vorhanden u.a. Schwermetallsalze aus Farbstoffen und Kunststoffen
- [Kohlenstoff]
Abgrenzung des Verfahrens
Die katalytische drucklose Verölung ist von der [Pyrolyse] abzugrenzen. Im pyrolytischen Prozess kommt es bei Temperaturen von 450 bis 1200°C zu weitgehender Crackung der C-C Bindungen und durch Cyclisierungen zu Aromaten unter anteiliger Bildung von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) mit toxischen Eigenschaften. Bei der thermokatalytischen Umsetzung von z.B. organischer Masse destillieren aliphatische Kohlenwasserstoffe (Rohöle) aus dem Katalysereaktor. Zurück bleibt Aktivkohle und mineralische Salze.
Größe der KDV-Anlagen
Das KDV-Verfahren ist ein technisches Verfahren mittlerer Größe. Es ist derzeit nicht als private Kleinanlage im häuslichen Bereich geplant. Zur Zeit sind eine Anlage KDV500 mit einem Output von 500 l/h und eine Anlage KDV5000 mit 5000 l/h konzipiert. Die Basistechnik (Separator, Destillation, Steueranlage) einer KDV500 benötigt eine Fläche von 12 m x 6 m bei einer Höhe von 9,5 m (durch die Destillationsanlage).
Entwicklungsstand
Die Patente und Rechte des technischen KDV-Verfahrens liegen bei Dr. Christian Koch bzw. bei der von ihm vertretenen Firma Alphakat GmbH, Buttenheim. (Deutsche Pat. Nr. DE 10049377 C2 siehe www.dpma.de). Er hat in über 30-jähriger Arbeit die Verfahrenstechnik entwickelt bei der das Thermoöl durch einen hydraulischen Energieeintrag auf die Reaktionstemperatur erhitzt wird um die Eingangsmasse anschließend im Reaktor zu depolymerisieren. In Monterey, Mexiko wurde am 4.12.2004 die weltweit erste KDV Anlage mit einer Leistung von 650 - 700 l/h in Betrieb genommen. In Deutschland stehen zwei Forschungs- und Versuchsanlagen (in Markt Bibart und in Flötz, bei Magdeburg).
Von der Bundesregierung erhielt das KDV-Verfahren bis Ende 2005 keinerlei Förderung.
Parallele Entwicklungen
Grundlegende Forschungen zur chemischen Reaktion des Verfahrens wurden in den 80ziger Jahren von Prof. Bayer an der Universität Tübingen geleistet und erstmals 1981 weltweit patentiert. Mittelererweile gehört das von Prof. Bayer als NTK (Niederdruck-Thermo-Konvertierung) bezeichnete Verfahren und die eingesetzten Katalysatoren zum Stand der Technik.
An der Fachhochschule Gießen wird u.a. von Herrn Prof. Dr. Stadlbauer, in Fortsetzung der Entwicklungen von Prof.Dr. E. Bayer, ein Reaktor präsentiert, der Klärschlämme und Tierische Abfallprodutke verarbeitet. Dieser Reaktor wurde mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück konzipiert und entwickelt und ist an verschiedenen Standorten im Bundesgebiet zur Erprobung Einsatz. Zum Einsatz kommen Klärschlamm sowie tierische Abfallprodukte.
- Kurzdarstellung der Forschungen von Prof. Dr. E. Bayer und Prof. Dr. Stadlbauer, ->[1]
Weltweit wird an der Nutzung von hochkalorischen biogenen Stoffen und Kunststöffabfällen nach dem NTK Verfahren geforscht.
Weiterführende Informationen findet man in den gängigen Suchmaschinen unter dem Suchbegriff BTF (Biomass to Fuel) und NTK (Niederdruck-thermo-konvertierung)
Medien und Politik
Seit ca. 2003 wurde über die katalytische drucklose Verölung in Zeitungen und Fernsehen berichtet. Den mit Abstand schwächsten Bericht druckte die Bild-Zeitung (Autoren: J. Helfricht und S. Günther) unmittelbar vor den Bundestagswahlen 2005. Eine Richtigstellung des Artikels erfolgte durch den unabhängigen, kritischen Internet-Informationsdienst BILDblog.
Weblinks
- Forschungsprojekt der Fachhochschule Gießen, -> [2]
- Offizielle Web Site der Firma ALPHAKAT-Vertrieb -> [3]
- MDR-Fernsehen (20.5.2003): "Treibstoff aus Müll", [4]
- Bayrisches Fernsehen (BR3) (27.5.2004): Magazin "Faszination Wissen"
- Die Welt (8.1.2005): "Müll wird Diesel", [5]
- 3sat-Fernsehen (Sendung "Nano"): [6]
- rbb-Fernsehen (7.9.2005): "Billig-Diesel aus Hausmüll", [7]
- Bild-Zeitung (13.9.2005): "Deutscher Erfinder kann aus Katzen Benzin machen", [8]
- BILDblog (14.9.2005): "Von Katzen und dummen Menschen", [9]