Michail Semjonowitsch Woronzow
Prinz Michail Semjonowitsch Woronzow (* 19. Mai 1782 in Sankt Petersburg; † 6. November 1856 in Odessa) war ein russischer Offizier und Verwaltungsbeamter. Er war Kommandeur der russischen Streitkräfte unter Wellington, Generalgouverneur von Noworossia und Bessarabien sowie Vizekönig des Kaukasus. Er war ein Verfechter liberaler Ideen, modernisierte Südrußland und den Südkaukasus.
Er verbrachte seine Kindheit und Jugend in Venedig und England, wo sein Vater Russland als Diplomat vertrat. Dort erhielt er eine breite Erziehung zu denen Geistes- und Naturwissenschaften genauso gehörten wie der Besuch des englischen Parlaments und von Fabriken. Weil der Vater auch in Russland mit einer bürgerlichen Revolution und Abschaffung der Adelsvorrechte rechnete, mußte der Sohn darüberhinaus einen Handwerksberuf erlernen.
1801 kehrte Waronzow nach Russland zurück. Nach einem Jahr als Leutnant bei der Leibgarde des Preobraschenskij Regiments, diente er bei den russischen Streitkräften im Kaukasus, focht in Pommern gegen die Schweden, an der Donau und bei Ruschtschuk gegen die Türken. 1805 wurde er Major, 1807 Oberst, 1810 Generalmajor. 1812 verteidigte er in der Schlacht von Borodino die Schewardinskij Schanzen gegen die französische Armee. Woronzow zeichnete sich in der Völkerschlacht bei Leipzig und in der Schlacht von Craon gegen Napoleon aus. 1813 wurde er als Generalleutnant Kommandeur der russischen Streitkräfte in der Armee des Herzogs von Wellington.
1820 zurück in Moskau schloß sich Woronzow der liberalen Bewegung Russlands an. Bereits als Offizier hatte er eine Denkschrift zur menschenwürdigen Behandlung der unteren Ränge verfaßt. Nun schlug er Zar Alexander I. eine Gesellschaft zur Befreiung der Leibeigenen vor. Der Zar lehnte das ab.
1823 ging Woronzow als Generalgoverneur von Noworossia und Bessarabien in die heutige Ukraine, nahm den Verwaltungssitz in Odessa und eine Privatresidenz auf der Krim. Er erwarb sich große Verdienste bei der Entwicklung Odessas zu einer modernen Hafenstadt, engagierte westeuropäische Ingenieure und Ärzte, schob städtebauliche Projekte an. Er gründete ein Theater, eine öffentliche Bibliothek, ein Lyzeum, ein Institut für orientalische Sprachen und verschiedene wissenschaftliche Gesellschaften, protegierte englische und französische Lokalzeitungen.
Unter seiner Herrschaft wuchs die Bevölkerung des russischen Südens, weil es bekannt war, daß er entflohene Leibeigene nicht verfolgte. Flüchtlinge fanden schnell Arbeit in der expandierende Wirtschaft der Hafenstädte am Schwarzen Meer. Zwischen 1823 und 1849 verdoppelte sich die Bevölkerung Odessas. Der russische Dichter Alexander Puschkin lobte die Freiheit in der Stadt.
1844 wurde Woronzow zum Vizekönig des Kaukasus ernannt, erhielt den Prinzentitel. Trotz vorangeschrittenen Alters erwarb er sich auch im Südkaukasus Verdienste um die Entwicklung von Handel, der Industrie, Straßen und Häfen. Die Gründung des Theaters von Tiflis geht auf ihn zurück. Sein Ziel war es, in den von ihm verwalteten Gebieten privates Kapital zu schaffen und private Investitionen zur Ausbeutung der Bodenschätze in der Region anzuregen.
1853 bat Woronzow aus dem Staatsdienst entlassen zu werden. 1856 wurde er von Zar Alexander II. zum Feldmarschall ernannt. Im gleichen Jahr starb er.
Woronzow war mit Elisaweta Ksawerewna Branitskaia, einer Verwandten des Prinzen Potemkin, verheiratet und galt als einer der reichsten Männer in Russland.
Literatur
- M.I. Mikeshin: M.S. Vorontsov. A Metaphysical Portrait in the Landscape. A Monograph. in: The Enlightened Person in the Russian History. Problems in Historiosophical Anthropology. Reports & Materials of the International Conference, 23-26 June 1997, 1st vol., Sankt Petersburg 1997
- A.M. Dondukov-Korsakov: Prince Mikhail Vorontsov. in: Starina i Novizna, 1902, S. 298
Werke
- Mikhail Sergeyevich Vorontsov: Extracts from the Diaries of M.S. Vorontsov 1845-54. Sankt Petersburg 1902