Der Audi 100 C1 ist ein Pkw der Auto Union GmbH (ab 1969: Audi NSU Auto Union AG) der oberen Mittelklasse[1] Das Fahrzeug mit längs eingebautem Vierzylinder-Reihenmotor und Frontantrieb wurde ab März 1968 als viertürige Limousine angeboten, die zweitürige Version folgte im Oktober 1969.[2] Die Fertigung des im September 1969 vorgestellten Audi 100 Coupé S begann im Juli 1970.
Audi | |
---|---|
![]() Audi 100 Viertürer (1968–1974)
| |
100 C1 (Typ F104) | |
Produktionszeitraum: | 1968–1976 |
Klasse: | Obere Mittelklasse |
Karosserieversionen: | Limousine, Coupé |
Motoren: | Ottomotoren: 1,6–1,9 Liter (63–85 kW) |
Länge: | 4590 mm |
Breite: | 1729 mm |
Höhe: | 1421 mm |
Radstand: | 2675 mm |
Leergewicht: | 1060–1090 kg
|
Nachfolgemodell | Audi 100 C2 |
Nach ca. 880.000[3] produzierten Wagen kam im Sommer 1976 der Nachfolger Audi 100 C2.
Modellgeschichte
Die Entstehungsgeschichte dieses Autos gilt als ungewöhnlich. Im Wesentlichen dachten die Verantwortlichen bei Volkswagen in Wolfsburg, mit der Mitte der 1960er Jahre vom Konkurs bedrohten Daimler-Benz-Tochter Auto Union ein weiteres Montagewerk in Ingolstadt für den sich immer noch bestens verkaufenden VW Käfer erworben zu haben. Dort freie Kapazitäten wurden mit der Montage des VW Käfer ausgefüllt. Der sich schlecht verkaufende DKW F102 wurde überarbeitet und mit einem Viertaktmotor ausgerüstet. Mit diesem als „Audi F103“ bezeichneten Wagen entstand die Auto-Union-Marke Audi neu. Der Vorstandsvorsitzende Heinrich Nordhoff verfügte, dass in Ingolstadt keine neuen Modelle mehr entwickelt werden sollten.
Der bis 1963 bei Daimler-Benz tätige Ludwig Kraus glaubte indes nicht an die Zukunft des VW Käfer und entwickelte bei der Auto Union ohne Wissen des VW-Vorstands und größtenteils nach Feierabend ein neues Modell unter dem Namen Audi 100. Erst das fertige Auto wurde Nordhoff schließlich präsentiert. Beim Audi 100 wurde erstmals in der Entstehung eines Serienfahrzeuges eine computerberechnete Karosserie (Finite Elemente) entwickelt.
Geplant war, eine einmalige Auflage von 100.000 Fahrzeugen zu produzieren, doch die Nachfrage war so groß, dass bis Juli 1976 vom ersten Audi 100 827.474 Fahrzeuge hergestellt wurden.
Die heimliche Entwicklung dieses Modells war letztlich der Grund, dass Audi als eigenständige Marke erhalten blieb. Audis moderne und gut verkäufliche Fahrzeuge retteten Anfang der 1970er-Jahre die mit Absatzproblemen kämpfende Volkswagenwerk AG. Diese hatte sich mit dem Käfer und dessen Derivaten bis zum VW 411 mit luftgekühltem Heckmotor technisch ins Abseits manövriert und war nur durch Rückgriff auf Entwicklungen der Konzerntochter Audi NSU (VW K 70 – 1970 und Audi 80 – 1972, ab 1973 auch als VW Passat) in der Lage, ihr Angebot in kurzer Zeit auf moderne Modelle mit wassergekühlten Frontmotoren und Frontantrieb umzustellen.
Zunächst waren alle Wagen mit Vierzylindermotoren von 1,7 l bis 1,9 l Hubraum versehen. Sie basierten auf dem von Mercedes übernommenen „Mitteldruckmotor“ des Audi F103, einer konventionellen Konstruktion mit seitlicher Nockenwelle und Stoßstangen, die zwar zuverlässig und sparsam, aber auch rau lief. 1974 ersetzte Audi den schwächsten der 1760-cm³-Motoren durch einen EA827-Motor mit 1588 cm³ und obenliegender Nockenwelle aus dem neuen Audi 80.
1971 wurde die Produktion des Audi 100 nach Neckarsulm in das ehemalige NSU-Werk verlegt.
-
Audi 100 Zweitürer (1969–1974)
-
Audi 100 Coupé S (1970–1976)
-
Heckansicht
-
Audi 100 GL (1971–1974)
Modellpflege
Im Sommer 1973 (Modelljahr 1974) bekam die Doppelquerlenkerachse[4] vorn des Audi 100 einen negativen Lenkrollradius wie die des Audi 80. wanderten die Bremsscheiben vom Getriebe an die Radnaben und gleichzeitig wurde eingeführt. Die Torsionskurbelachse hinten blieb, jedoch wurde die Drehstabfederung durch konventionelle Feder-Dämpfer-Einheiten ersetzt. Diese Modellvariante ist an einer kantig gestalteten Front erkennbar. Alle Modelle erhielten serienmäßig eine Wisch-Intervallschaltung und Sicherheitsgurte (bei GL und Coupé S Automatikgurte mit Kopfstützen). Im Motorraum wurde ein Zentralstecker für das Mitte 1971 eingeführte VAG-Diagnosesystem eingebaut (die Computerdiagnose entfiel Mitte 1977 bei allen VW/Audi-Modellen wieder).
Mitte 1974 erhielten die Fahrzeuge modifizierte Stoßstangen mit schwarzen Kunststoffkappen an den Seiten. Gleichzeitig wurden die Scheibenbremsen vom Getriebe weg nach außen zu den Rädern verlegt und wegen des vom Audi 80 übernommenen negativen Lenkrollradius mussten die Radschüsseln eine bauchigere Form erhalten – bedingt durch den Platzbedarf der Schwimmsattel-Scheibenbremsen.
-
Audi 100 Viertürer (1974–1976)
-
Heckansicht
Listenpreise ab Werk incl. 11 % Mehrwertsteuer im November 1973 (zweitürige Wagen):[5]
- Audi 100 (85 PS) 11.050 DM (nach heutiger Kaufkraft: 20.000 Euro)
- Audi 100 LS (100 PS) 11.735 DM (21.300 Euro)
- Audi 100 GL (112 PS) 12.700 DM (23.000 Euro)
- Audi 100 Coupé S (112 PS) 15.090 DM (27.400 Euro)
Aufpreis bei viertüriger Limousine: 375 DM (700 Euro)
Heutiger Bestand
Durch die Verwendung von minderwertigem Recycling-Blech stellten sich die ab Mitte der 1970er-Jahre gefertigten Produkte des Volkswagen-Konzerns später als sehr rostanfällig heraus. Dies war bedingt durch einen relativ hohen Kupferanteil im Karosserieblech, der zu interkristalliner Korrosion führte.
Am 1. Juli 1991 waren beim Kraftfahrt-Bundesamt noch 8216 Limousinen der ersten Baureihe des Audi 100 gemeldet.[3]
Modellvarianten
- Audi 100 (1760 cm³, 80, später 85 PS, ein Fallstromvergaser)
- Audi 100 S (1760 cm³, 90 PS, ein Fallstrom-Registervergaser)
- Audi 100 L (ab Oktober 1974; 1577 cm³,85 PS, ein Fallstrom-Registervergaser Solex 32/35 DIDTA)
- Audi 100 LS (1760 cm³, 85 PS mit einem Fallstromvergaser Solex 35 PDSIT-5, 100 PS mit einem Fallstrom-Registervergaser Solex 32/35 TDID; ab Januar 1976: 1577 cm³, 85 PS, ein Fallstrom-Registervergaser Zenith 2 B 2)
- Audi 100 GL (ab August 1971; 1871 cm³, 112 PS, ein Fallstrom-Registervergaser Solex 32/35 TDID, Doppelscheinwerfer)
- Audi 100 Coupé S (1871 cm³, 115 PS mit zwei Fallstrom-Registervergasern Solex 32/35 TDID, ab Herbst 1971 mit 112 PS und einem Vergaser Solex 32/35 TDID)
- Sonderkarosserien
- Audi 100 LS Cabriolet (Karmann/Osnabrück)
- Audi 100 LS Cabriolet (Karl Deutsch/Köln)
- Audi 100 Convertible (Crayford Engineering)
- Audi 100 LS Estate Kombi (Crayford Engineering)
Technische Daten
Modell | 100 (L) (bis August 1974) |
100 S 100 LS |
100 GL 100 Coupé S |
100 L (ab September 1974) |
---|---|---|---|---|
Motor | wassergekühlter Vierzylinder-Viertaktreihenmotor, nach rechts geneigt längs eingebaut fünffach gelagerte Kurbelwelle, Druckumlaufschmierung untenliegende Nockenwelle über Duplex-Steuerkette angetrieben, Stoßstangen, Kipphebel 100 L ab September 1974: obenliegende Nockenwelle über Zahnriemen angetrieben, Tassenstößel | |||
Gemischerzeugung | Ein Fallstromvergaser mit Startautomatik |
Ein Fallstrom-Registervergaser mit Startautomatik |
Zwei a Fallstrom-Registervergaser mit Startautomatik |
Ein Fallstrom-Registervergaser mit Startautomatik |
Hubraum | 1760 cm³ | 1871 cm³ | 1588 cm³ | |
Bohrung × Hub | 81,5 × 84,4 mm | 84 × 84,4 mm | 79,5 × 80,0 mm | |
max. Leistung kW (PS) bei 1/min |
59 (80)/5000 63 (85)/5100 b |
66 (90)/5000 74 (100)/5100 b |
82 (112)/5800 85 (115)/5800 c |
63 (85)/5800 |
Getriebe | Frontantrieb, Vollsynchronisiertes Viergang-Schaltgetriebe hinter der Vorderachse, Lenkradschaltung, a. W. Mittelschaltung (Serie bei Coupé S und GL, ab Oktober 1974 alle Modelle), ab August 1970 mit 100-/112-PS-Motor: a. W. Dreigang-Automatikgetriebe mit hydraulischem Wandler | |||
Vorderachse | Doppelquerlenker, Federbeine mit Schraubenfedern, Querstabilisator Scheibenbremsen (bei Coupé S innenbelüftet), bei allen Modellen bis August 1974 innenliegend | |||
Hinterachse | Torsionskurbelachse: Starrachse an Traghebeln, Panhardstab zur Seitenführung, bis August 1973: Drehstabfedern, ab September 1973: Schraubenfedern hydraulische Teleskopstoßdämpfer, Trommelbremsen | |||
Maße | Länge: 4610 mm (100 LS/GL: 4636 mm, Coupé S: 4400 mm) Breite: 1728 mm (100 LS/GL: 1730 mm, Coupé S: 1750 mm) Höhe: 1414 mm (100 LS/GL: 1422 mm, Coupé S: 1341 mm) Leergewicht: 1050 kg (100 LS/GL: 1090–1120 kg, Coupé S: 1100/1120 kg) | |||
Karosserie | selbsttragende Stahlblechkarosserie, Tankinhalt 58 Liter | |||
Lenkung | Zahnstangenlenkung, Wendekreis 11,1 Meter | |||
Radstand | zwei- und viertürige Limousine: 2675 mm, Coupé S: 2560 mm |
Literatur
- Christian Steiger, Thomas Wirth: Audi 1965-1975, Die entscheidenden Jahre, Heel Verlag GmbH, Königswinter 2004, ISBN 3-89365-445-3.
- Dieter Korp: Jetzt helfe ich mir selbst, Band 35: Audi 100, LS/GL, Coupé (bis Ende '75), Motorbuch Verlag, Stuttgart
- Dieter Korp: Jetzt helfe ich mir selbst, Band 51: Audi 100 - alle Modelle (von August 1974 bis Juli 1976), Motorbuch Verlag, Stuttgart, ISBN 3-87943-419-0.
- Querschnitt durch die Motortechnik, Band 238: Reparaturanleitung Audi 100, 100 S, 100 LS, 100 GL, 100 Coupé S, (November 1968 bis Juli 1976), Verlag Bucheli, Zug (Schweiz)
Einzelnachweise
- ↑ Motor Rundschau Heft 15/1969, S. 686-692
- ↑ Werner Oswald: Deutsche Autos 1945-1975, 2. Aufl. Stuttgart 1976, S. 317, ISBN 3879433917
- ↑ a b Kaufberatung Youngtimer der Sechziger und Siebziger, MARKT - Klassische Automobile und Motorräder, Sonderheft Nr. 12 (1992), VF Verlagsgesellschaft mbH Mainz
- ↑ http://4.bp.blogspot.com/_9e-njbXh8BU/TU_ADhBBvvI/AAAAAAAABA0/EOrtmHHAEJs/s1600/D-E+2536+D.JPG Prospektseite mit technischen Daten
- ↑ Audi-NSU-Anzeige in: DM - Deutsche Mark, Heft 11 vom November 1973, DM-Verlag für Verbraucher-Publizistik GmbH, Frankfurt/M.
Weblinks
- Commons: Audi 100 C1 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Audi 100 Coupé S Club Deutschland e. V. (A.C.C.D.)
- AutoBild Klassik Online: „Der Prokuristen-Mercedes“
- Linkkatalog zum Thema Audi 80, 90, 100 und 200-Modelle bei curlie.org (ehemals DMOZ)