Der Edersee, der teils auch Edertalsperre oder Ederstausee genannt wird, liegt in Nord-Hessen im Landkreis Waldeck-Frankenberg.
Lage
Rund 35 km Luftlinie südwestlich von der Großstadt Kassel und direkt nördlich des Kellerwalds wird die Eder bei Hemfurth durch eine beachtlich große und äußerst beeindruckende Talsperre - auch Staumauer genannt - zu einem See aufgestaut. Er reicht von der Einmündung der Eder bei Herzhausen im Westen bis zur Staumauer beim Ort Edersee im Osten.
Orte & Gemeinden
Der Edersee umfasst ein Gebiet nördlich des Kellerwalds - zwischen diesen Gemeinden und / oder Orten: Herzhausen, Vöhl, Basdorf, Niderwerbe, Waldeck, Edertal, Hemfurth-Edersee, Rehbach, Bringhausen, Asel-Süd, Harbshausen und Kirchlotheim.
Geschichte
- Bauzeit & Baukosten:
- Der Bau der Talsperre fand zwischen 1908 und 1914 nach Plänen von Otto Intze statt und kostete ca. 25. Mio. Goldmark.
- Ortsverlegungen
- Die Dörfer Asel, Berich und Bringhausen sowie 3 einzeln stehende Gehöfte, die ursprünglich im Tal der Eder lagen, wurden - nachdem sie abgerissen bzw. größtenteils abgetragen wurden - an höher gelegenen Landschaftspunkten oberhalb des damals neu entstehenden Edersees recht aufwendig und liebevoll neu errichtet.
- Zerstörung im 2. Weltkrieg:
- Die Staumauer wurde durch einen britischen Bombenangriff in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 um kurz vor 2 Uhr durch eine spezielle Bombe zerstört, die von einem Flugzeug abgeworfen wurde. Erst der dritte Anflug brachte die von den Alliierten erhoffte Zerstörung, denn erst die 3. Bombe traf die Staumauer:
- Rollbombe:
- Um die Abwehranlagen am Stausee bzw. an der Staumauer zu umgehen, wurden speziell für diesen Zweck konstruierte Roll- oder Rotationsbomben (siehe dort) eingesetzt, die durch die ihnen verliehene Eigendrehung auf dem Wasser über die Abwehrnetze in Richtung Staumauer sprangen, im Wasser an der Staumauer herunterrollten, detonierten und sie einrissen.
- Todbringende Fracht:
- Durch die Bombendetonation entstand in der Staumauer ein halbkreisartiges Loch - 70 m breit und 22 m tief. Aus diesem strömten schlagartig und durchschnittlich 8.000 m³ Wasser pro Sekunde aus, insgesamt ergab dies 160 Mio. m³.
- Dadurch entstand eine laut tosende Flutwelle, die zwischen 6 und 8 Meter hoch war. Sie ergoss sich über das untere Edertal (damit u.a. nach Fritzlar, Wabern und Felsberg) und über das Fuldatal (damit u.a. nach Kassel) zum Weserstein (damit u.a. auch nach Hann. Münden) und schließlich ins Wesertal.
- Im Vergleich zum Möhnesee kamen in dieser Wasser-, Schlamm-, Geröll- und Schuttfracht verschiedenen Angaben zufolge "nur" 47 oder 68 Menschen ums Leben, als diese teils im Schlaf von der todbringenden Fracht überrascht wurden. In den brausenden Fluten starb auch unzähliges Vieh, das z.B. ohne Fluchtmöglichkeit in den Ställen angebunden war. All diese Lebewesen mussten sterben, obwohl verantwortungsvolle Bürger per Telefon versuchten, die Bewohner der weiter unten im Tal liegenden Orte zu warnen.
- Die Flutwelle - eine weiß schäumende und laut grollende Gischt - führte auch dazu, dass Hunderte Häuser, Fabriken, Straßen, Verbindungswege, Eisenbahnlinien, Brücken, Büsche, Bäume, Waldgebiete usw. zersört bzw. weggespült wurden. Dadurch trieb alles, was nicht niet- und nagelfest war, flussabwärts: Darunter waren entsetzlicher Weise auch um Hilfe schreiende und um ihr Leben kämpfende Menschen sowie heulende oder brüllende Tiere, die sich nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten: Sie trieben im aufgewühlten und reißenden Wasser oder teils auf irgendwelchem Treibgut, bis sie wohl eher per Zufall irgendwie an Land kamen oder sich auf irgendwelche Hausdächer, Masten, Bäume, inselartige und vom Wasser umspülte Landerhöhungen und andere Fixpunkte retten konnten, gerettet wurden oder jämmerlich ertranken.
- Durch diese Flut verwandelten sich nicht nur die teils weit ausgedehnten Täler um die Mündungen der Schwalm in die Eder und letzterer in die Fulda in einen teils mehrere Kilometer breiten See, sondern auch die rund 35 km von der Staumauer entfernte Kasseler Senke, so dass dort z.B. Ortsteile - wie Bettenhausen und die Karlsaue mit der Orangerie - im Wasser versanken.
- Angriffszweck:
- Zweck des Angriffs, bei dem gleichzeitig auch die Möhnetalsperre und die Sorpetalsperre angegriffen wurden (die letztere Staumauer blieb ganz), war u.a. die Beeinträchtigung der Rüstungsindustrie in Kassel.
- Wiederaufbau:
- Die zerstörte Staumauer wurde noch im gleichen Jahr durch Zwangsarbeiter der Organisation Todt wieder aufgebaut.
- Solche Personen, die Hilfskräfte der Hitlerjugend und die des Reichsarbeitsdienstes bauten die zerstörten Häuser und anderen wichtige Bauten wieder auf. Damit hatte man selbstverständlich monatelang zu tun.
- Sanierungen:
- Sanierungen der Mauer fanden 1947 bis 1948, 1961 bis 1962 und 1991 bis 1995 statt. Bei der letzten Sanierung wurden 104 Anker von je 75 m Länge im Untergrund verankert. Jeder dieser Anker wurde mit einer Tragkraft von 450 t angespannt.
Technische Daten der Staumauer und des Sees
Staumauer:
Für den Bau der Mauer wurden ca. 300.000 m³ Gesteinsmaterial verarbeitet.
Die Mauer ist ...
- an der Krone ca. 400 m lang
- von der Sohle bis zur Fahrbahn ca. 48 m hoch
- an der Krone ca. 6 m breit
- in der Sohle ca. 36 m breit
Größe und Stauvolumen des Stausses:
Der Edersee ist - gemessen an seinem Inhalt - Deutschlands drittgrößter Stausee und gehört zu den 10 deutschen Stauseen mit einem Inhalt von mehr als 25 Mio m³ Wasser (siehe hierzu Liste von Talsperren in Deutschland).
Der See hat bei Vollstau 199,3 Mill. m³ Wasserinhalt (neu vermessener Wert aus dem Jahr 2003; ehemaliger Wert: 202,4 Mio. m³).
Seelänge, -breite & -tiefe:
- Bei Vollstau ist der See 27 km lang
- Bei Vollstau ist der See an seiner breitesten Stelle rund 1,2 km breit
- Vor der Mauer staut sich das Wasser dann 41,7 m hoch
Funktion der Talsperre
- Wasserregulierung & Hochwasserschutz:
- Die Edertalsperre und die Diemeltalsperre wurden errichtet, um dem Mittellandkanal bei Minden in Westfalen genug Wasser zuführen zu können; weiterhin wird nicht nur in den Sommermonaten der (Hoch-)Wasserstand der Eder Fulda und Weser stabilisiert.
- Stromerzeugung:
- Mit einem Kavernenkraftwerk wird Strom erzeugt.
- Tourismus:
- Seit dem 2. Weltkrieg hat die touristische Bedeutung ständig zugenommen und die äußerst große Region um den Edersee ist heutzutage ein sehr gut erschlossenes Naherholungsgebiet sowie Urlaubs- und Freizeitzentrum.
Niedrigwasser
Bei extremen Niedrigwasser - z.B. nach langen Trockenperioden - werden die Überreste der ehemaligen Dörfer, die Bericher Klosterkirche, der Friedhof Bringhausen und die alte, noch gut erhaltene und begehbare Ederbrücke bei Asel und andere Anlagen wieder sichtbar:
Als im Jahr 2002 Süd- und vor allem Ostdeutschland von der großen Hochwasserkatastrophe heimgesucht wurde, fiel parallel dazu in der Region um den Ederkopf, vor allem aber in Nord-Hessen so gut wie gar kein Regen. Das folgende Winterhalbjahr war niederschlagsarm und 2003, als Mitteleuropa vom Jahrhundertsommer heimgesucht wurde, war das in dieser Region noch viel extremer, so dass der Edersee zur größten leeren "Badewanne" Deutschlands wurde und, so dass die zuvor genannten Orte über Monate trocken lagen. Den absoluten Tiefststand erreichte all dies im November 2003. Erst ab dem 20. Dezember 2003 kam immer mehr Regen, so dass sich der See bis Ende März 2004 wieder komplett auffüllte.
Ausflugsmöglichkeiten
- das nahe Schloss Waldeck
- der benachbarte Kellerwald
Siehe auch
Ort:
Listen: