Lipide
Das Lipid (von griechisch λίπος, lípos, „das Fett“) ist eine Sammelbezeichnung von Naturstoffen, die sich in ihrer chemischen Struktur teilweise erheblich unterscheiden, aber aufgrund ihrer geringen Polarität, das heißt die elektrische Ladung ist gleichmäßig im Molekül verteilt, in Wasser unlöslich (hydrophob) sind. Die Stoffe lösen sich jedoch gut in anderen organischen Lösungsmitteln ohne Teilladungen (apolar) wie Benzin, Benzol, Äther oder Chloroform (Lipophilie).
Lipide werden in drei Gruppen eingeteilt:
- Fettsäuren, Triglyzeride (noch einmal unterteilbar in Fette und fette Öle) und Wachse, die Fettsäuren (genauer gesagt hydrophile Fettsäure-Ester) als Grundstruktur haben,
- Membranlipide (Phospholipide und Sphingolipide), sind amphiphile Fettsäure-Ester (das heißt, sie haben einen polaren und einen unpolaren Teil) und bilden deswegen in polaren Lösungsmitteln dünne Häute (Membranen) und
- Terpenoide, genauer Steroide (Derivate des Steran) und Carotinoide (Derivate des Isopren).
Abhängig von ihrer Fähigkeit zur Verseifung (durch Laugen) werden die Lipide auch in verseifbar und unverseifbar klassifiziert. Verseifbar sind dementsprechend die Fettsäuren, Triglyzeride, Wachse und Membranlipide, unverseifbar die Terpenoide. Eine engere Klassifikation bezeichnet nur Triglyzeride (Fette und Öle) als Lipide, alle anderen als Lipoide.
Die biologischen Funktionen der Lipide sind ebenso vielfältig wie ihre chemische Struktur. Während Fettsäuren, Triglyzeride und Wachse hauptsächlich als Energiespeicher und Baumaterial dienen, sind Membranlipide, wie der Name schon sagt, die Grundbausteine von Biomembranen. Terpenoide hingegen dienen zum Beispiel als Hormone, Pflanzenfarbstoffe oder Antennenpigmente (z.B. Chlorophyll). Viele Lipide können vom menschlichen Körper selbst synthetisiert werden, aber manche müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Diese werden dann als essentielle Lipide bezeichnet.
Fettsäuren, Wachse, Fette und fette Öle
Diese Gruppe der Lipide sind ein wichtiger Bestandteil der Nahrung, da sie sehr energiereich sind (1 g Fett enthält 39 kJ = 9 kcal Energie, 1 g Zucker nur 4 kcal). Triglyzeride sind der wichtigste Speicherstoff des Körpers für Energie (Zucker dagegen werden in viel geringerer Menge in Form von Glykogen in der Leber gespeichert), sie sind ein guter Kälteschutz in der Haut, und dort schützen sie auch vor Verletzungen, da sie eine Polsterfunktion haben. Alle wichtigen Organe werden durch einen Fettmantel geschützt. Im Nervensystem spielen sie in Form des Myelins eine herausragende Rolle. In Abhängigkeit vom Myelinisierungsgrad besteht das Säugetiergehirn bis zur Hälfte der Trockenmasse (zehn Prozent der Frischmasse) aus Lipiden, wovon nahezu dreißig Prozent auf das Myelin entfallen (siehe auch Dystrophie).
Fettsäuren
Fettsäuren sind unverzweigte Monocarbonsäuren, die aus einer unverzweigten Kette von Kohlenstoffatomen bestehen, an deren einem Ende sich eine Carboxylgruppe befindet.
Es werden gesättigte Fettsäuren, in denen keinerlei Doppelbindungen vorkommen, und ungesättigte Fettsäuren, die ein oder mehrere Doppelbindungen, die immer in cis-Stellung und voneinander isoliert vorkommen, unterschieden. Ein Beispiel für gesättigte Fettsäuren ist die Buttersäure, sie ist zugleich die kürzeste und enthält vier Kohlenstoffatome. Wichtige Vertreter der ungesättigten Fettsäuren sind Ölsäure (einfach ungesättigt) und Arachidonsäure (mehrfach ungesättigt). Je mehr Doppelbindungen eine Fettsäure enthält, desto niedriger liegt ihr Schmelzpunkt. Ungesättigte Fettsäuren können vom tierischen Organismus nur unter Einschränkung synthetisiert werden. Man bezeichnet daher all jene Fettsäuren, die mit der Nahrung aufgenommen werden müssen als 'essentielle Fettsäuren' (s.u.).
Die Seitenketten R1, R2 und R3 stehen für Alkylreste der Fettsäuren.
=== Trit]] (das heißt, dass eine Lösung einfallendes polarisiertes Licht dreht) auf.
Wachse
Wachse sind Einfach-Ester von Fettsäuren, und unterscheiden sich als solche von Fetten und Ölen, die Dreifach-Ester sind. Sowohl der Säuren- als auch der Alkoholteil von Wachsen haben lange gesättigte Fettsäurereste. Im Gegensatz zu Triglyzeriden sind Wachse weniger „ölig“, außerdem härter und poröser.
Eine andere Definition (Deutsche Gesellschaft für Fettwissenschaft) sieht Wachse als Stoffklasse, die ausschließlich über ihre mechanisch-physikalischen Eigenschaften definiert wird. Laut dieser Definition sind Wachse bei 20 °C knetbar, fest bis brüchig hart, sie weisen eine grobe bis feinkristalline Struktur auf, farblich sind sie durchscheinend bis opak (undurchsichtig), aber nicht glasartig, über 40 °C schmelzen sie ohne Zersetzung, wenig oberhalb des Schmelzpunktes sind sie leicht flüssig (wenig viskos), weisen eine stark temperaturabhängige Konsistenz und Löslichkeit auf und sind unter leichtem Druck polierbar.
Membranbildende Lipide
Membranbildende Lipide sind Lipide, die einen hydrophilen und einen hydrophoben Teil besitzen. Der hydrophile Teil richtet sich immer zu polaren Lösungsmittel wie Wasser, der hydrophobe Teil richtet sich immer weg von ihnen. Somit können sie Mizellen (Aggregate aus amphiphilen Molekülen, die sich in einem Dispersionsmedium (meist Wasser) spontan zusammenlagern) oder Doppellipidschichten bilden. Aus diesen Doppellipidschichten sind alle Biomembranen aufgebaut, was membranbildende Lipide zu einer der Grundvorraussetzungen allen Lebens macht.
Die Reste R1 und R2 bestimmen die Fettsäuren, der Rest X bestimmt die Klasse.
Phospholipide
Phospholipide sind neben Proteinen der Hauptbestandteil von Biomembranen. Man unterscheidet sie in Phosphoglyzeride und Sphingomyeline. Die Struktur der Phosphogylzeride ist ähnlich der von Triglyzeriden, mit dem Unterschied, dass eine der Gruppen durch einen Phosphat-Alkohol ersetzt ist. Sphingomyeline hingegen unterscheiden sich von diesen durch sein Sphingosin-Grundgerüst. Der phosphorylierte Alkohol aller Phospholipide ist hydrophil und wird „Kopf“ genannt. Die beiden Fettsäuren der Phosphatidylgruppe (Fettsäuren, Glyzerin und Phosphat) werden als „Schwanz“ bezeichnet und sind hydrophob. Dieser gegensätzliche Charakter führt zur Bildung von Doppellipidschichten, bei denen der hydrophobe Teil nach innen und der hydrophile Teil nach außen zeigen. Die wichtigsten am Aufbau von Biomembranen beteiligten Phospholipide sind die Phosphoglyzeride Phosphatidylcholin (auch Lecithin), Phosphatidylethanolamin, Phosphatidylserin und außerdem Sphingomyeline. Phosphatidylethanolamin und Phosphatidylserin werden auch als Kephaline bezeichnet. Eine vor allem in der intrazellulären Weiterleitung extrazelluärer Signale (Signaltransduktion) wichtige Gruppe der Phosphoglyzeride sind die in verschiedenen Phosphorylierungsstufen auftretenden Phosphatidylinositole. Als Kopfgruppe besitzen sie ein Phosphoinositol.
Verschiedene Reste (R) ergeben unterschiedliche Untergruppen.
Wasserstoff - Ceramide
Phosphocholin oder Phosphoethanolamin - Sphingomyeline
Saccharid - Glycolipide
Sphingolipide
Sphingolipide sind ebenfalls Bestandteile von Zellmembranen. Ihr Grundgerüst besteht aus einer Fettsäure und Sphingosin. Sie werden unterschieden in die Gruppen der Ceramide, der Sphingomyeline und Glycolipide. Sphingolipide finden sich im Nervengewebe, sie spielen eine wichtige Rolle in der Signalübertragung und der Interaktion einzelner Zellen.
Glycolipide
Glycolipide sind Sphingolipide mit einem glykosidisch an die 1-Hydroxyl-Gruppe des Sphingosin gebundenen Kohlenhydrat-Anteil. Sie bilden häufig die Außenseite biologischer Membranen, wobei ihr Kohlenhydrat-Anteil auf der Zellmembran präsentiert wird. Es wird vermutet, dass diese eine Rolle in der Kommunikation und Interaktion zwischen einzelnen Zellen spielen. Glycolipide werden in Cerebroside, Ganglioside und Sulfatide unterschieden.
Terpenoide
Als Terpenoide werden Verbindungen bezeichnet, die auf Isopreneinheiten aufbauen. Zu den Lipiden zählende Verbindungen sind die Steroide und die Carotinoide. Natürlich vorkommende Steroide gehören zu den Triterpenoid-Derivaten (Triterpenoid bedeutet es besteht aus 30 Kohlenstoffatomen), da sie alle ausgehend von Squalen biosynthetisiert werden. Carotinoide werden zu den Tetraterpenoid-Derivaten (40 Kohlenstoffatome) gezählt, sie leiten sich von Lycopen ab.
Steroide
Alle Steroide haben als Grundstruktur ein System aus vier, üblicherweise trans-verbundenen Kohlenstoffringen, drei sechseckigen und einem fünfeckigen. Der bekannteste Vertreter der Steroide ist das zu den Sterinen zählende Cholesterin. Es ist unter anderem auch ein essentieller Bestandteil aller Zellmembranen mit Ausnahme der Innenmembran der Mitochondrien.
Gallensäuren, die an der Fettverdauung beteiligt sind, besitzen einen hydrophoben und einen hydrophilen Teil, können somit Fette ummanteln und damit deren Absorption im Verdauungstrakt erleichtern. Sexualhormone sind in den Eierstöcken und den Hoden produzierte Steroide, die die Fortpflanzung und die Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale steuern. Die weiblichen Geschlechtshormone sind Progesteron und Östrogen, die männlichen Androgene (z.B. Testosteron und Androsteron).
Weitere Beispiele sind die Sterine und Sterinester Phytosterin, Ergosterin, Vitamin D und Herzglykoside (z.B.: Digitalis und Strophantin).
Carotinoide
Carotinoide sind Polymerisationsprodukte von Isopren, die ausschließlich in Pflanzen hergestellt werden und dort als gelb bis rötliche Farbstoffe fungieren. Sie bestehen meist aus ungesättigten Kohlenwasserstoffketten und deren Oxidationsprodukten, und sind aus 8 Isopren-Einheiten aufgebaut. Sie werden in Carotine und Xanthophylle unterschieden. Das bekannteste und am häufigsten vorkommende Carotinoid ist das β-Carotin, auch bekannt als Provitamin A. Es wird im Körper in Retinol (Vitamin A) umgewandelt, das eine wichtige Rolle für den Sehvorgang spielt.
Ernährungsphysiologische Bedeutung
Während manche Lipide vom menschlichen Körper selbst im Fettstoffwechsel selbst hergestellt werden können, müssen andere mit der Nahrung aufgenommen werden. Diese bezeichnet man als essentielle Lipide. Dazu gehören die essentiellen Fettsäuren und die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K.
Essentielle Fettsäuren
Doppelbindungen in der Kohlenwasserstoff-Kette einer Fettsäure, die mehr als 9 C-Atome von der Carboxyl-Gruppe entfernt sind, kann der Organismus nicht eigenständig herstellen. Diese sind jedoch von wichtiger Bedeutung und müssen daher über die Nahrung aufgenommen werden. Deshalb werden sie als essentiell bezeichnet. Zu den Vertretern der essentiellen Omega-3-Fettsäuren zählen die Linolensäure, Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure. Essentielle Omega-6-Fettsäuren sind die Linolsäure und die Arachidonsäure, aus der die Eikosanoide, die wichtige Gewebshormone und Mediatoren im Körper sind, synthetisiert werden. Omega-9-Fettsäuren sind nicht essentiell, da sie aus Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren synthetisiert werden können. Mögliche Nahrungsquellen für Omega-3- und Omega-6-fettsäuren sind Fische, Leinsamen, Sojaöl, Hanföl, Kürbiskerne oder Walnüsse.
Essentielle Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle in vielen Stoffwechselprozessen, und es gibt Hinweise, dass Mängel oder Ungleichgewichte in der Aufnahme der essentiellen Fettsäuren Ursache zahlreicher Krankheiten sind.
Fettlösliche Vitamine
Die fettlöslichen Vitamine sind
- Vitamin A, ein Terpen, das eine wichtige Rolle zum einen beim Sehvorgang, zum anderen für Wachstum, Funktion und Aufbau von Haut und Schleimhäuten spielt,
- Vitamin D, zuständig für die Regelung der Kalzium- und Phosphor-Konzentrationen im Blut und somit für die Knochenstabilität von entscheidender Bedeutung
- Vitamin E, ein Terpenoid mit antioxidativer Wirkung und
- Vitamin K, ein Terpenoid, das bei der Blutgerinnung mitwirkt.
Literatur
- Georg Löffler, Petro E. Petrides: Biochemie und Pathobiochemie. Springer, Berlin 2003, ISBN 3540422951
- Florian Horn, Isabelle Moc, Nadine Schneider: Biochemie des Menschen. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3131308834
- Charles E. Mortimer, Ulrich Müller: Chemie. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3134843080