Tarifvertrag

vertragliche Regelung der Arbeitsverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
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Der Tarifvertrag ist in Deutschland ein Vertrag in Schriftform, abgeschlossen zwischen den Tarifvertragsparteien. In der Schweiz heißt es Gesamtarbeitsvertrag, in Österreich Kollektivvertrag. Zu den Tarifvertragsparteien zählen Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände einerseits und Gewerkschaften andererseits. Ein Vertrag mit nur einem Arbeitgeber auf der einen Seite nennt sich Firmen- oder Haustarifvertrag.

Der gesetzliche Rahmen ist im Tarifvertragsgesetz vom 9. April 1949 festgelegt.

Ein Tarifvertrag ist nur dann auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar, wenn der Betrieb in den fachlichen und regionalen Bereich des Tarifvertrages fällt und wenn beide Vertragsparteien Mitglied eines tarifschließenden Verbandes sind (der Arbeitgeber also im Arbeitgeberverband, der Arbeitnehmer in der entsprechenden Gewerkschaft). Dann gilt er aber "unmittelbar" (also ohne dass seine Geltung noch vertraglich vereinbart werden müsste) und "zwingend" (mit der Folge, dass vertragliche Abweichungen zum Nachteil des Arbeitnehmers unwirksam sind). Unabhängig davon kann jederzeit einzelvertraglich die Geltung eines Tarifvertrags oder einer bestimmten Tarifregelung vereinbart werden (sog. Bezugnahmeklausel).
Ein Sonderfall ist die sog. Allgemeinverbindlichkeitserklärung.

Ein Austritt aus dem Arbeitgeberverband, mit welchem ein Verbandstarifvertrag - oft Flächentarifvertrag - geschlossen wurde, beendet die Bindung an den Tarifvertrag nicht sofort. Vielmehr bleiben der ausgetretene Arbeitgeber und die Gewerkschaft bis zu dem Zeitpunkt an den Tarifvertrag gebunden, zu dem dieser durch eine Kündigung von Seiten des Arbeitgeberverbands oder der Gewerkschaft endet. Bis dahin herrscht auch beim ausgetretenen Arbeitgeber weiterhin die tarifliche Friedenspflicht, das heißt ein Arbeitskampf ist unzulässig.

Nach Ablauf des Tarifvertrags wirkt dieser nach, bis eine neue Abmachung getroffen ist. In der Praxis bedeutet das, dass die Arbeitsbedingungen, die beim Ende des Tarifvertrags gegolten haben, im Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers fortleben (Nachwirkung). Die neue Abmachung kann entweder in einem neuen Tarifvertrag bestehen oder in der Änderung des Arbeitsvertrags. Die Nachwirkung betrifft nur jene Arbeitnehmer, die beim Ende des Tarifvertrags schon beschäftigt waren und Mitglied der jeweiligen Gewerkschaft sind. Geht das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers im Fall eines Betriebsübergangs auf den Betriebserwerber über, werden die im Veräußererbetrieb geltenden Tarifverträge gem. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB für die Dauer eines Jahres zum Bestandteil des individuellen Arbeitsvertrags, wenn der Erwerber nicht seinerseits tarifgebunden ist.

Viele Arbeitnehmer werden vom Arbeitgeber einem Tarifvertrag entsprechend behandelt (also auch so bezahlt), obwohl sie nicht Mitglied in einer Gewerkschaft sind. Der Grund liegt darin, solchen Arbeitnehmern keine zusätzliche Motivation zu geben, Mitglied einer Gewerkschaft zu werden, denn Gewerkschaftsmitgliedschaft des Arbeitnehmers ist die Voraussetzung für die zwingende Anwendung eines entsprechenden Tarifvertrags.

Abweichungen

Abweichungen zu Ungunsten der Beschäftigten von Tarifnormen, sind nur zulässig, wenn diese ausdrücklich im Tarifvertrag vereinbart sind, bspw. durch eine Öffnungsklausel. Ansonsten gilt die Unabdingbarkeit oder das Günstigkeitsprinzip eines Tarifvertrages.

Bestimmte Mitarbeiter mit speziellen Qualifikationen werden als sog. außertarifliche Angestellte mit einem AT-Vertrag vergütet, der über der höchsten Tarifgruppe des Tarifvertrages liegt. Für die Leitenden Angestellten eines Betriebes gilt der Tarifvertrag nach Gesetz nicht.

Tarifautonomie

Tarifverträge handeln die Tarifpartner (die Tarifvertragsparteien) alleine aus. Es herrscht in Deutschland Tarifautonomie. Das heißt, keiner darf den Tarifpartnern über Zustandekommen und Inhalt eines Tarifvertrags etwas vorschreiben oder gar durch Gesetz verordnen.

Inhalt

Im Tarifvertrag werden die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien geregelt (schuldrechtlicher Teil).
Er enthält aber auch Rechtsnormen über den Inhalt (darunter oft sog. Ausschlussfristen), den Abschluss und die Beendigung (z.B. Kündigungsfristen) von Arbeitsverhältnissen sowie Regelungen betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen (normativer Teil).

Arten

Es lassen sich folgende Arten der Tarifverträge unterscheiden:

In Manteltarifverträgen werden grundlegende Fragen, nämlich allgemeine Arbeitsbedingungen wie Urlaub und Arbeitszeiten geregelt. Im Rahmentarifvertrag wird eine Eingruppierung der Arbeitnehmer in Lohn- und Gehaltsgruppen vorgenommen. Die Vergütungstarifverträge (Entgelt-, Lohn- und Gehaltstarifverträgen) regeln die zu leistenden Vergütungen für die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer. Der Flächentarifvertrag gilt wie der Name schon sagt für ein regional begrenztes Gebiet und der Firmentarifvertrag gilt für eine einzelne Firma oder ein einzelnes Unternehmen.

Spezielle Tarifverträge

Es werden immer häufiger Sondermodelle entwickelt. Hier sind einige aufgeführt:

Siehe auch

Tarifregister

Alle Tarifverträge werden in Tarifregistern registriert. Tarifregister sind öffentlich, jeder kann sie einsehen. Sie werden beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und bei allen Bundesländern geführt. In den Bundesländern sind in der Regel die Arbeits- oder Sozialministerien zuständig.

siehe auch: Gesamtarbeitsvertrag, Günstigkeitsprinzip