Index librorum prohibitorum

Verzeichnis der von der römischen Inquisition verbotenen Bücher
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Der Index Librorum Prohibitorum war ein Verzeichnis der für jeden Katholiken bei Strafe der Exkommunikation verbindlich verbotenen Bücher. Zuletzt nannte das Verzeichnis, welches in seiner verbindlichen Form 1967 abgeschafft wurde, 6000 Bücher.

Titelblatt einer Ausgabe aus Venedig aus dem Jahre 1564

Die drei Klassen des Index

  • Die erste Klasse bezeichnet die Namen häretischer, d.h. ketzerischer Schriftsteller.
  • Die zweite Klasse bezeichnet die häretischen, d. h. ketzerischen Werke.
  • Die dritte Klasse bezeichnet verbotene Schriften, die ohne den Namen des Verfassers erschienen sind.

Neben diesem Index gibt es noch den index librorum purgandorum, d.h. ein Verzeichnis der (im Verständnis des katholischen Klerus) von anstößigen Stellen zu säubernden Schriften.

Geschichte

Die Anfänge kirchlicher Bücherverbote

Das erste rein kirchliche Bücherverbot geht zurück auf das Jahr 400. Unter dem Vorsitz des Theophilus von Alexandria wurde verordnet, niemand dürfe die Schriften des Origenes „lesen oder besitzen“. Im Jahr 446 ließ Papst Leo I. alle Schriften der Manichäer verbrennen. Die erste Synode, die die Verbrennung der von ihr als „verdammt“ angesehenen Texte befahl, war 681 das dritte Konzil von Konstantinopel.

Das Decretum Gelasianum, das 496 auf dem römischen Konzil erschien, ist der älteste Index verbotener Bücher.

Bücherverbote im Mittelalter

Im Rahmen theologischer Auseinandersetzungen sowie im Kampf gegen Ketzer und Andersgläubige verboten die Päpste im Mittelalter immer wieder Schriften. Durchgesetzt wurden diese Verbote von der Kirche in Zusammenarbeit mit den weltlichen Herrschern.

Einige Beispiele: Die Abendmahlslehre des Berengar von Tours wurde 1050 auf der Synode von Vercelli verdammt. Nachdem Abaelard 1120 auf der Synode von Soissons gezwungen wurde, seine Theologische Einführung zu verbrennen, befahl Innozenz II. 20 Jahre später, ihn in ein Kloster einzusperren und seine Schriften zu verbrennen. In einer Bulle von Papst Johannes XXII. wurde unter anderem Marsilius von Padua zum Häretiker erklärt. Ein Jahr später verhängte er den Bann über Wilhelm von Ockham. Im 13. Jahrhundert wurde in Frankreich von verschiedenen Synoden den Laien das Lesen der Bibel, mit Ausnahme der Psalmen, verboten. Von Gregor IX. und den ihm folgenden Päpsten wurde wiederholt die Verbrennung des jüdischen Talmud angeordnet. Am 15. Juni 1520 wurden in der Bulle Exurge die Schriften Martin Luthers verboten. Am 12. Juni 1521 fand die feierliche Verbrennung der Schriften Martin Luthers in Rom statt, zugleich wurde Luther selbst in effigie, also in Abwesenheit mit verbrannt.

Die Römische Inquisition

Auf Betreiben des späteren Paul IV. ernannte Paul III. 1542 mit der Bulle Licet ab initio sechs Kardinäle zu General-Inquisitoren für die ganze Kirche und schuf damit die römische Inquisition, genauer die Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis. Ihre Aufgabe war in erster Linie der Kampf gegen den Protestantismus sowie die Ketzerverfolgung allgemein. Da Bücher und Druckwerke als wirksame Werkzeuge der Reformation erkannt worden waren, baute die Inquisition ein strukturiertes kirchliches Zensurwesen auf. Wichtigstes Mittel dieser Zensur wurde der Index Librorum Prohibitorum mit seiner fortwährenden Aktualisierung.

Das Indizierungsverfahren begann mit der Anzeige eines Buches, die entweder aus der Kurie selbst oder von außerhalb kommen konnte. In einer ersten Stufe prüfte der Sekretär der Kongregation mit zwei Gutachtern, ob überhaupt ein Zensurverfahren gegen das Buch eingeleitet werden sollte. Das Hauptverfahren bestand aus einem, bei katholischen Autoren aus zwei schriftlichen Gutachten, die von einem Fachgremium, den Konsultoren, ausgewertet und in einer Versammlung beraten wurden. Am Ende der Versammlung stand ein Beschlussvorschlag, der dem Kardinalsgremium der Inquisition vorgelegt wurde. Die Kardinäle wiederum beschlossen, ob das Buch als gefährlich oder nicht einzustufen sei, worauf der Papst die endgültige Entscheidung zur Aufnahme in den Index traf. Am Ende des Verfahrens standen drei mögliche Urteile: Indizierung mit anschließender Veröffentlichung des Beschlusses, Nicht-Indizierung ohne Veröffentlichung, dass es ein Indizierungsverfahren gegeben hatte, oder Einholen eines weiteren Gutachtens.

Abschaffung

Erstmals erschien der Index Librorum Prohibitorum 1559, die letzte amtliche Ausgabe erschien 1948 mit Nachträgen bis 1962. Der Index wurde 1965 unter Papst Paul VI. zusammen mit der Reform des Heiligen Offiziums in seiner bindenden Form abgeschafft, weil sich seine ständige Aktualisierung angesichts der nicht mehr überschaubaren Flut von Büchern und Schriften als nicht mehr praktikabel erwies. Die Kongregation für die Glaubenslehre als zuständiges Gremium äußert sich heute nur noch selten zu einzelnen theologischen Lehrwerken (etwa 1975 zu "Christ sein" von Hans Küng). Der Index enthielt zuletzt zwar über 6000 Titel. Doch wäre eine Fortführung im Zeitalter neuer Medien völlig undurchführbar gewesen. Das II. Vatikanische Konzil wandte sich hingegen mit einem eigenen Text der Frage der Sozialen Kommunikationsmittel zu; in der Kurie wurde in Folge dessen ein Gremium für die Medienarbeit eingerichtet (Päpstlicher Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel).

Auf dem Index von 1949 finden sich die Schriften, die sich mit der Glaubens- oder Sittenlehre der Kirche nicht vereinbaren lassen, zum Beispiel die Liebesgeschichten von Honoré de Balzac, die Chansons von Pierre-Jean de Béranger, sieben Werke von René Descartes, zwei Werke von Denis Diderot (darunter seine Französische Enzyklopädie), die Liebesgeschichten von Alexandre Dumas (Vater) und von Alexandre Dumas (Sohn), vier Werke von Heinrich Heine, die Kritik der reinen Vernunft von Immanuel Kant, das Gesamtwerk von Maurice Maeterlinck und nahezu alle Werke von Voltaire, aber auch weniger bekannte Bücher wie Die Unvereinbarkeit der neuen päpstlichen mit der bayerischen Staatsverfassung von Joseph Berchtold, 1871, Die klösterlichen Genossenschaften in Bayern und die Aufgabe der Reichsgesetzgebung von Heinrich Dürrschmidt, 1875, Vergangenheit und Gegenwart der katholisch-theologischen Fakultäten von Sebastian Merkle, 1913, Politik aus dem Glauben von Ernst Michel, 1926 und Herrgottswissen von Wegrain und Straße. Geschichten von Webern, Zimmerleuten und Dorfjungen von Joseph Wittig, 1922.

Situation heute

Heute wird durch die einflussreiche Gruppierung Opus Dei eine inoffizielle Version des Index weitergeführt. Diese Liste umfasst nach Angaben des Theologen Peter Hertel etwa 1000 Werke. Opus Dei leitet die Päpstliche Universität vom Heiligen Kreuz und andere Ausbildungsstätten in Rom. Auf diesem Opus-Dei-Index stehen beispielsweise Werke der genannten Aufklärer Immanuel Kant, Gotthold Ephraim Lessing, Jean-Jacques Rousseau. Aber auch glaubens- und kirchenkritische Bücher zeitgenössischer Schriftsteller wie zum Beispiel Der Name der Rose von Umberto Eco, einem führenden Linguisten, Schriftsteller und Enzyklopädisten oder der berühmte Roman „Sakrileg“ des amerikanischen Schriftstellers Dan Brown oder der zölibat-kritische Roman der deutschen Schriftstellerin Margit Hähner: „Auch nur ein Mann“ (1998) sind für Mitglieder des Opus Dei verboten und dürfen nur aufgrund einer besonderen Erlaubnis gelesen werden.

Siehe auch

Commons: Index Librorum Prohibitorum – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien