Geschichte Nordirlands

Geschichte Nordirlands seit 1920
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Geschichte des Vereinigten Königreiches => Geschichte Nordirlands


Die Geschichte der Provinz Nordirland ist durch soziokulturelle Konflikte zwischen den verstärkt seit dem 17. Jahrhundert in Ulster angesiedelten, anglikanischen Engländern und presbyterianischen Schotten auf der einen Seite und den katholischen Iren und den Nachfahren englischer Siedler aus anglo-normannischer Zeit auf der anderen Seite geprägt, bei die unterschiedliche Religion allerdings nicht der wirkliche Grund für den Konflikt ist.

Hinweise: Zu Informationen bis zur Teilung Irlands 1921 siehe Geschichte Irlands.
Die Geschichte Nordirlands ist hauptsächlich die Geschichte des Nordirland-Konflikts. Informationen über den genauen geschichtlichen Ablauf finden sie auf dieser Seite, zu weitergehenden Informationen benutzen sie bitte den Artikel Nordirland-Konflikt.

Geschichte bis 1921

Irland war 1169 von den Normannen besetzt worden. Im 17. Jahrhundert wurden vor allem in Ulster, der Provinz die später größtenteils zu Nordirland wurde, protestantische Briten angesiedelt (Plantation of Ulster). Es gab immer wieder Versuche seitens der katholischen Iren wieder unabhängig zu werden, die aber scheiterten. Am 1. Juli 1690 besiegte Wilhelm von Oranien im battle of the boyne (=Schlacht an der Boyne, Fluss in Irland). Dem Sieg in dieser Schlacht wird immer noch alljährlich durch die Märsche des Oranier-Ordens gedacht, die immer wieder zu heftigen Unruhen führen.

Anfang des 20. Jahrhunderts kommt Irland langsam von Großbritannien los. 1905 wird die Sinn Féin gegründet, die für die Unabhängigkeit Irlands kämpfte und kämpft. Nach dem ersten Weltkrieg wütete 1919 bis 1921 ein Unabhängigkeitskrieg, der auf Seiten der Iren von der Irish Republican Army (IRA) geführt wurde. Das Ergebnis war eine Teilung Irlands: Der großteil wird unabhängig aber 6 der Grafschaften der Provinz Ulster bleiben bei Großbritannien.

Autonomie und Beruhigung

Auch Nordirland erhielt ein gewisses Maß an Autonomie (Homerule) und 1922 beschloss ein seit 1921 bestehendes nordirisches Parlament, das Stormont den Verbleib bei Großbritannien. Bis 1923 gibt es einen Bürgerkrieg zwischen den Gegnern der Teilung, den radikalen Anhängern der Sinn Féin Bewegung, und zwischen den gemäßigten Befürwortern der Regelung, bei dem sich die Befürworter durchsetzen. Die Grenze wurde 1925 von allen drei Seiten anerkannt.

1937 tritt in Irland eine Verfassung in Kraft, die als Staatsgebiet die ganze Insel bezeichnet, wobei Gesetze nur im südlichen Teil gelten. Die nächsten Jahre war die Lage ruhig, allerdings wurden die weitgehend armen Katholiken, zum Beispiel bei den nach einem Zensuswahlrecht durchgeführten Wahlen, benachteiligt und diskriminiert. Das britische Unterhaus beschloss 1949 den Ireland Act, nach dem Nordirland solange bei Großbritannien bleibt, wie eine Mehrheit in Nordirland dies wünscht.

Rückkehr der Gewalt

Bürgerrechtsbewegung

Seit 1967 kämpfte die Northern Ireland Civil Rights Association (= Nordirische Bürgerrechtsvereinigung) mit gewaltfreien Mitteln für eine Gleichberechtigung der Katholiken. Nachdem einer ihrer friedlichen Protestmärsche von der protestantischen Polizei niedergeschlagen wurde, erhielt die gewaltbereite Provisioal IRA, eine Splittergruppe der seit 1922 in beiden Teilen Irlands verbotenen IRA, wieder zulauf. 1969 sandte Großbritannien Truppen nach Nordirland, 1972 waren 21.000 Soldaten in Nordirland stationiert. 1970 verzeichneten die Katholiken mit der Auflösung der B-Specials, eine Spezialtruppe der Polizei, die nur aus Protestanten bestand und beispielsweise Hausdurchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl durchführen durfte. Einer der Gegner der Reformen war der protestische Pfarrer Ian Paisley.

Bloody Sunday

Am 30. Januar 1972 kommt es zum Blutsonntag (Bloody Sunday): In Londonderry werden mindestens 14 Katholiken von britischen Fallschirmjägern getötet. In der Folge kam es zu einem starken Zulauf zur IRA und zu Terrorakten verschiedener Gruppierungen (auf Seiten der irischen Nationalisten v.a. der IRA, auf Seiten der Unionisten beispielweise die Ulster Defense Association), denen viele Zivilisten zum Opfer fielen. Im März löste die britische Regierung das nordirische Parlament auf und Nordirland wurde von London aus durch einen Nordirland-Minister regiert. Am 21. Juli (Bloody Friday) führt die IRA mindestens 21 Bombenattentate durch, bei denen mindestens 9 Menschen sterben.

1973 spricht sich bei einem von vielen Katholiken boykottierten Volksentscheid eine Mehrheit für einen Verbleib Nordirlands bei Großbritannien aus. Ein auf Grundlage einer neuen Verfassung nach dem Verhältniswahlrecht gewähltes Parlament, dem Mitglieder aus beiden Bevölkerungsgruppen angehören, wird nach wenigen Monaten wieder aufgelöst. Auch andere Versuche, den Nordiren einen Teil der Gewalt zurückzugeben scheitern.

Am 2. Mai 1975 wird eine verfassunggebende Versammlung die 1976 ergebnislos wieder aufgelöst wird. Am 15. November 1985 schließen Großbritannien und Irland einen Vertrag, der Irland ein gewisses Mitspracherecht in Nordirland gibt.

Friedensprozess

Am 31. August 1994 rief die Sinn Féin, der politische Arm der IRA, erstmals einen einseitigen Waffenstillstand aus, der Friedensgespräche ermöglichte, allerdings 1995 mit einem Bombenanschlag in London endete.

Am 30. Mai 1996 wird ein Nordirland-Forum ohne Beteiligung der Sinn Féin gewählt. Eine neu gewählte Labour-Regierung beginnt am 16. Mai 1997 Verhandlungen mit der Sinn Féin und am 7. Oktober beteiligen sich erstmals seit 1922 sowohl die Sinn Féin als auch protestantische Unionisten (sie kämpfen für eine Einheit=Union mit Großbritannien) an Verhandlungen.

Am 10. April 1998 schließen die Regierungen Irlands, Großbritanniens sowie die nordirische Parteien (Ulster Unionist Party, Social Democratic and Labour Party, Sinn Féin) das Karfreitagsabkommen.

Das Abkommen:

  • gibt Nordirland wieder die Selbstverwaltung
  • legt eine Entwaffnung der katholischen (v.a. IRA) und protestantischen (Ulster Defence Association, Ulster Volunteer Force) paramilitärischen Verbände fest
  • fordert die Entlassung von Untergrundkämpfern aus dem Gefängnis
  • legt eine Verringerung der britischen Truppenpräsenz in Nordirland fest
  • fordert eine Reform der nordirischen Polizei, der Royal Ulster Constabulary (z.B. erhöhung des Anteils der Katholiken)
  • legt fest, dass der Anspruch Irlands auf Nordirland aufgehoben wird, einer entsprechenden Verfassungsänderung stimmen in einem Referendum 94% der Wähler zu

Am 25. Juni 1998 wird entsprechend des Vertrages ein neues nordirisches Parlament gewählt. Am 1. Juli 1998 wählt das Parlament David Trimble, den Vorsitzenden der unionistischen Ulster Unionist Party, mit 61:27 Stimmen zum Ersten Minister, sein Stellvertreter wird Séamus Mallon von der katholischen Social Democratic and Labour Party gewählt.

Am 15. August verübt die Wahre IRA, ein Splittergruppe der IRA, im westlich von Belfast gelegenen Omagh einen schweren Bombenanschlag mit 29 Tote und 350 Verletzten.

Am 11. September 1998 werden erstmals gemäß dem Karfreitagsabkommen Terroristen entlassen.

Am 16. Oktober 1998 erhalten der Unionistenführer David Trimble und der Führer der gemäßigten katholischen Nationalisten John Hume den Friedensnobelpreis.

Am 29. November 1999 werden zehn Ministerposten nach der Anzahl der Sitze im Parlament vergeben und die erste protestantisch-katholische Regierung Nordirlans damit vervollständigt.

Autonomie unter Trimble

Zum ersten Mal seit 1972 erhält Nordirland am 2. Dezember 1999 Autonomie, aber bereits am 11. Februar wird Nordirland wieder unter britische Direktverwaltung gestellt, weil die Entwaffnung der IRA nciht funktioniert. Am 30. Mai 2000 erhält Nordirland die Autonomie zurück.

Bei den Wahlen zum Unterhaus am 7. Juni 2001 erleidet die Ulster Unionist Party von David Trimble schwere Verluste. Gewinner der Wahl sind die radikalen nordirischen Parteien, die katholische Sinn Fein die protestantische Democratic Unionist Party.

Am 1. Juli 2001 tritt David Trimble als Erster Minister zurück um gegen die ausbleibende Entwaffnung der IRA zu protestieren.

langsamer Fortschritt

Am 23. Oktober 2001 wird von einer internationale Entwaffungskommission bestätigt, dass die IRA mit der Abgabe ihrer Waffen begonnen hat.

Bei Wahlen zum irischen Parlament vom 15. Mai bis 17. Mai 2002 gewinnt Sinn Féin unter Gerry Adams vier Mandate hinzu und hat damit fünf Sitze.

Ungefähr dreißig Jahre nach dem Bloody Friday entschuldigt sich die IRA am 16. Juli 2002 für die zivilen Opfer ihrer Attentate, am nächsten Tag verübt die Real IRA einen neuen Anschlag.

Im Oktober kommt Nordirland nach Gerüchten über Spione der IRA in der nordirischen Regierung unter britische Direktverwaltung. Am 1. Mai 2003 wird durch die britische Regierung die Wahl zum Nordirischen Parlament, die eigentlich für Ende Mai geplant war, auf den Herbst verschoben. Der Grund für die Verschiebung ist die zögerliche Haltung der IRA bei der Ablehnung von weiteren paramilitärischen Aktionen.

Die Wahlen finden am 26. November statt. Sieger der Wahl sind die radikalen Parteien. Stärkste Partei ist die Democratic Unionist Party mit 30 Mandaten, vor der Ulster Unionist Party mit 27, der Sinn Féin mit 24 und der Social Democratic and Labour Party mit 18 Mandaten. Die restlichen Parteien erhalten 9 Mandate.

Premierminister Nordirlands

Der Premierminister Nordirlands war bis 1972 der Regierungschef Nordirlands. Er wurde vom britischen Gouverneur für Nordirland ernannt.

# Name Amtsantritt Ende der Amtszeit Partei
1.Sir James Craig 7. Juni 1921 25. November 1940 Ulster Unionist Party
2.John Miller Andrews 25. November 1940 1. Mai 1943 Ulster Unionist Party
3.Sir Basil Brooke 1. Mai 1943 25. März 1963 Ulster Unionist Party
4.Terence O'Neill 25. März 1963 1. Mai 1969 Ulster Unionist Party
5.James Chichester-Clark 1. Mai 1969 23. März 1971 Ulster Unionist Party
6.Brian Faulkner 23. März 1971 25. März 1972 Ulster Unionist Party

Erster Minister Nordirlands

Nach dem Karfreitagsabkommen wurde das Amt des Ersten Ministers von Nordirland geschaffen.