J-Rock

in Japan übliche Bezeichnung für einheimische Rockmusik
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J-Rock (Kurzform von Japanese Rock-Music oder Japan Rock) ist die in Japan übliche Bezeichnung für einheimische Rockmusik.

Definition

Zunächst einmal ist zu sagen, dass das Wort „Definition“ in diesem Zusammenhang ein sehr vager Begriff ist. In der westlichen Welt wird unter den Abkürzungen J-Rock/J-Pop kurzerhand alles zusammengefasst, was an moderner, japanischer Musik zu uns vordringt. Sie sind also eine Bezeichnung nichtjapanischer Fans. Dazu kommt, dass sich nicht klar sagen lässt, was nun genau J-Pop und was J-Rock ist. Die meisten Gruppen haben ein so breites Repertoire - angefangen bei Balladen, über Metal bis hin zu Gothic -, dass sie sich von Album zu Album, wenn nicht sogar von Lied zu Lied zwischen Pop und Rock hin und her bewegen und eine Definition so nahezu unmöglich machen. Nicht selten werden sogar verschiedene Stilrichtungen in einem Lied kombiniert. Trotzdem lässt sich im Allgemeinen sagen, ob eine Band mehr in Richtung Pop oder eher Richtung Rock tendiert. Oft hat J-Rock Shred Elemente mit vielen komplizierten, hohen und schnellen Gitarrensoli. J-Rock von Crush 40 (mit Jun Senoue) wird oft in Spielen von SEGA & Sonic Team wie z.B. Sonic Adventure 1 & 2 gespielt.

Geschichte

Neben Enka, das in Japan so etwas wie die Volksmusik in Deutschland darstellt und vor allem bei älterem Publikum beliebt ist, entwickelte sich die moderne japanische Musik Kayokyoku, die sich unter Einfluss westlicher Musikgruppen - die wichtigsten waren hier Bob Dylan, Jimi Hendrix, die Beatles, die Rolling Stones, Led Zeppelin, aber auch Pioniere der elektronischen Musik, wie beispielsweise Kraftwerk - veränderte. Innerhalb dieser modernen Musik gibt es die verschiedensten Sparten, die sich wiederum unter J-Rock und J-Pop zusammenfassen lassen. Im J-Pop gibt es sowohl männliche als auch weibliche Einzelkünstler, Jungengruppen, Mädchengruppen und gemischte Gruppen. Im J-Rock sind es dagegen überwiegend Gruppen von denen nur wenige weibliche Künstler vorweisen können. Die Fangemeinde ist überwiegend jugendlich und weiblich, auch bei Musikstilen wie Metal, die zum Beispiel in Deutschland zum Großteil männliche Zuhörer haben.

Die traditionell japanische Musik ist weitestgehend verloren gegangen, wobei jedoch vereinzelt auf traditionelle Kleidung und Musikinstrumente wie Koto und Shamisen zurückgegriffen wird.

Ebenso wie bei uns können japanische Gruppen treue, teilweise wirklich besessene Fangemeinden vorweisen, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass diverse Todesfälle berühmter Musiker, wie beispielsweise Hideto „hide“ Matsumoto von X-Japan zum Selbstmord von drei Fans führen.

Visual Kei

Visual Kei ist eine der wichtigsten und bekanntesten Sparten des J-Rock. Man könnte sagen, dass die Visual Kei-Szene in etwa der uns bekannten Gothic-Szene entspricht, die es in dieser Form in Japan nicht gibt. In diesem Genre gibt es vorherrschend Bands mit männlichen Musikern, wie X-Japan, Dir en grey oder Malice Mizer.

Der Name Visual Kei setzt sich zusammen aus dem englischen Wort „Visual“ und dem japanischen Wort „Kei“, was so viel wie Gruppe bedeutet. Wichtig an dieser Stilrichtung ist also nicht nur die Musik, sondern vor allem ihre visuelle Umsetzung. Ähnlich unserer Gothicmusik herrscht im Visual Kei eine eher düstere Atmosphäre vor, wobei die ideologische Komponente des Gothic fehlt. Ausnahmen sind jedoch nicht selten (Bsp.: Psycho le Cému).

Auch im Visual Kei zeigt sich wieder die Heterogenität, die sich in der gesamten modernen japanischen Musik widerspiegelt. Denn es gibt keinen festen Visual Kei-Look. Beim Aussehen sind den Künstlern keine Grenzen gesetzt, erlaubt ist, was gefällt und noch viel, viel mehr. Manche gleichen Mangafiguren, wirken durch die Kombination von männlicher und weiblicher Mode androgyn. Crossdressing ist nahezu Pflicht im Visual Kei. Die verschiedensten modischen Elemente, wie Punk und Gothic, aber auch Schuluniformen und Fantasiekostüme, werden mit einander kombiniert, stilisiert und so übertrieben, dass daraus vollkommen eigenständige, neue Stile entstehen (z. Bsp. Elegant Gothic Lolita, Elegant Gothic Aristocrat durch Mana).

Jede Band wechselt Modestil und Outfit, wie es ihr gefällt und wie es zu ihrer momentanen Musik am besten passt. Visual Kei ist also keinesfalls ein statisches Genre, sondern verändert sich mit jedem neuen Auftritt seiner Künstler. Trotzdem sollten Kostüm und Musik immer zueinander passen.

Die Visual Kei-Musiker hüllen sich zudem gern in Geheimnisse, um ihr undurchschaubares, äußerst wandelbares Images aufrecht zu erhalten. Daher können Interviews meistens nicht besonders ernst genommen werden. Gesicherte Infos über ihre Idole dringen so kaum zu den Fans vor, da in Interviews sehr oft gelogen wird. Manche Künstler, wie beispielsweise Gackt Camui, machen sogar aus ihrem Namen und ihrem Alter ein großes Geheimnis.

Major und Indies

Ob eine Band als "Indies" oder als "Major" bezeichnet wird, hängt eigentlich davon ab, ob sie unter einem "Major" Label produziert wird. Die Karriere beginnt entweder über Beziehungen oder über das Einsenden von Demo-Tapes, die teilweise auch als Erstes in kleiner Stückzahl zum Verkauf angeboten werden. Gute Bands werden dann gewöhnlich von einem Manager, nicht selten auch einer Managerin, unter einem Indies-Label produziert. Hat eine Indies-Band genug Anerkennung und Fans gesammelt, erhält sie ein Angebot von einem bekannteren Label und darf als "major" bezeichnet werden. Manche Labels vertreiben auch beide Arten von Bands und wiederum andere sind die eigenen Labels großer Künstler. Außerdem gibt es Major Bands, die Indies-Bands, die sie mögen, in ihre Obhut nehmen. Allerdings muss man sagen, dass sich "Indies" zwischenzeitlich fast zu einem eigenen Genre entwickelt hat, das sich in Clubs und auf kleineren Veranstaltungen verbreitet, anstatt auf großen Bühnen wie dem sehr wichtigen Shibuya AX, dem Tokyo Dome und natürlich dem Budokan zu spielen. Nicht alle Bands haben ein Interesse daran, "major" zu werden, da sie sich im Indies-Bereich, der sogar seinen eigenen Teil in Magazinen erhält, einen Namen machen können.

In Japan gibt es zudem Billig-Labels, die Bands fördern, die sowohl Musik als auch Aussehen bekannter Künstler imitieren, um damit Geld zu verdienen. Über die Qualität dieser Produkte und Künstler lässt sich streiten.

Bemerkung: Auf Konzerten japanischer Bands wird für gewöhnlich zwar mitgesungen, jedoch nicht geklatscht. Statt dessen wirft man die Arme im Rhythmus des Liedes nach vorne.

Texte

Die Texte der Lieder sind mindestens so vielfältig wie das gesamte Genre J-Rock/J-Pop. Viele Songs sind sehr poetisch oder sogar dem Muster traditioneller Japanischer Poesie nachempfunden (z.B. Silbenzahl 7;5). Besonders auffällig sind vielleicht die morbiden, poetischen und ungewöhnlichen Texte von Kyo, dem Leadsänger oder "Prophet" von Dir en grey. Oft kann man aber auch ganz gewöhnliche Liebessongs und unverblümten Lieder über Sex, wie das Lied "Vanilla" von Camui Gackt, finden. Viele Sänger nehmen dabei kein Blatt vor den Mund und kreieren sehr eindeutige Bilder.

Daneben gibt es, wie bei uns auch, sehr unsinnige Texte. Auffällig ist allerdings, dass die meisten Liedtexte vom jeweiligen Sänger der Band geschrieben werden, der es sozusagen als seine Aufgabe oder sein Privileg ansieht diese Rolle in der Gruppe zu übernehmen, auch wenn ein anderer die Musik komponiert hat. Zudem reimen sich die Zeilen der Lieder vergleichsweise selten (was auch früher in der Poesie nicht unbedingt üblich war). Es gibt, wie auch in der modernen japanischen Sprache selbst, kaum Texte, die nicht von Fremdsprachen beeinflusst sind. Dabei beschränkt sich der Einfluss aber nicht nur auf Englisch, sondern mitunter fließen auch deutsche oder französische Worte oder Satzfetzen in die Lieder mit ein – oder sogar Russisch. Meist handelt es sich dabei nur um Phrasen oder Worte. Viele Lieder erhalten auch fremdsprachige Titel oder Anhängsel, auch wenn sie fast komplett in Japanisch gehalten sind. Ein Lied, das komplett in einer Fremdsprache gesungen wird ist eher selten. Dies hängt vielleicht auch mit zuweilen recht schlechten Fremdsprachenkenntnissen der Textschreiber oder Sänger zusammen. Von englischsprachigen Fans wird diese oft schwerverständliche "Sprache" auch "Engrish" genannt.

Die Sprachbegeisterung macht selbst vor Bandnamen nicht halt.

Verkauf & Fangemeinde

Besonders unter Fans des Visual Kei findet sich ein Phänomen namens Cosplay. Der Name setzt sich aus "Costume" (engl. für Kostüm) und "Play" (engl. für Spiel) zusammen. An bestimmten Orten in großen Städten, zu Auftritten der Künstler und auf Fantreffen kostümiert man sich möglichst naturgetreu nach dem Vorbild seiner Idole – je komplizierter das Kostüm, desto besser. Manche Künstler sind bereits dazu übergegangen, ihre Kostüme so detailliert zu gestalten, dass eine perfekte Imitation unmöglich ist.

Andere haben wiederum einen eigenen Stil erfunden, wie zum Beispiel den der "Gothic Lolita" – ein mädchenhaft-süßer, und doch dunkler Kleider-Stil mit viel schwarzer Spitze und meist Plateau- und Handschuhen – denn, wie bereits erwähnt, was wir im Westen als "Gothic" bezeichnen ist in Japan eigentlich nicht präsent. Gothic Lolitas laufen angeblich auch täglich auf den Straßen der Städte herum und lassen sich gegen Geld mit Touristen fotografieren. Der eigentliche Trend stammt jedoch nicht aus einer Modewelle, sondern von einem Gitarristen Namens Mana, der den Stil für seine eigene Kostümierung erfunden hat und inzwischen in einem eigenen Laden vertreibt.

Wie Mana haben auch andere Musiker Designer-Fähigkeiten: Die Kostüme des Visual Kei werden von den Musikern selbst entworfen und nach ihren Wünschen gefertigt. Aber auch gewöhnliche J-Rock- und J-Pop-Künstler designen Krawatten, Gitatrrenmodelle und sogar Unterhosen.

Die Ware dient dem Merchendising und der Promotion, sowie des künstlerischen Ausdrucks. Wie auch in der westlichen Kultur gibt es in Japan eigene, bunte Musikzeitschriften (Vicious, ShoXX, Fool's Mate,...), Radioshows und Fernsehsendungen (HotWave, Bee Friday, Pink Paparazzi,...). Natürlich hat Japan auch seine eigenen "Charts". Die wichtigsten und meist-zitierten Tabellen für J-Rock und J-Pop sind dabei die "Oricon Charts", die den Erfolg einer Gruppe oder eines Künstlers am Verkauf seiner Ware messen.

Dazu kommen Werbeverträge und eine Ausbreitung auf andere Gebiete, die die Musiker nutzen, um ihrer Kunst auch auf andere Weise Ausdruck zu verleihen. Man findet ihre Stimmen in Anime-Vertonungen wieder oder als Models auf Hochglanzmagazinen, liest ihre Biographien oder hört sich ihre Vertonungen fremder Bücher an. 2003 entstand auch zum ersten Mal ein kompletter Film mit zwei der in Japan bekanntesten Sänger: Gackt, dem derzeit wohl bekanntesten Pop-Idol Japans, und Hyde, dem Lead-Sänger der Band "L'Arc~en~Ciel". Der moderne Vampirfilm "MoonChild" wurde von Gackt als Teil eines großen Projekts selbst geschrieben.

Am wichtigsten für die Promotion ist vermutlich die Produktion von Musikvideos der Singles für Sender wie das Japanische MTV. Sie werden "Promotion Video" – kurz PV – genannt und fallen mindestens so vielfältig aus, wie die Videos, die wir in Deutschland auf "Viva" und "MTV" zu sehen bekommen.

Man sieht also, dass J-Rock und J-Pop ein weites Gebiet umfassen, dass an Form und Vielfalt der westlichen Musikkultur stark ähnelt und teilweise auch über sie hinaus geht.

Bekannte J-Rock Gruppen/Sänger

Siehe auch