Airolo (in alpinlombardischer Mundart: Airö(u), Aire(u) [ ],[5] deutsch Eriels oder Jerels, rätoromanisch ) ist ein Dorf und eine politische Gemeinde im Kreis Airolo, Bezirk Leventina, im schweizerischen Kanton Tessin. Es ist Hauptort des gleichnamigen Kreises.
Airolo | |
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Staat: | ![]() |
Kanton: | ![]() |
Bezirk: | Bezirk Leventina |
Kreis: | Kreis Airolo |
BFS-Nr.: | 5061 |
Postleitzahl: | 6780 |
UN/LOCODE: | CH AIR |
Koordinaten: | 689766 / 153815 |
Höhe: | 1175 m ü. M. |
Höhenbereich: | 1028–2995 m ü. M.[1] |
Fläche: | 94,35 km²[2] |
Einwohner: | 1464 (31. Dezember 2023)[3] |
Einwohnerdichte: | 16 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) |
27,1 % (31. Dezember 2023)[4] |
Website: | www.airolo.ch |
![]() Airolo mit der Kaserne Motto Bartola (Bildrand unten links)
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Lage der Gemeinde | |
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Geographie
Airolo liegt am oberen Ende des Valle Leventina, 55 km nördlich von Bellinzona, am südlichen Fuss des Gotthardpasses. Es befindet sich damit an der Grenze sowohl zur Deutschschweiz (Kanton Uri) als auch zur rätoromanischen Schweiz (Kanton Graubünden). Westlich von Airolo erstreckt sich das Val Bedretto, von dem man über den Nufenenpass (Passstrasse) und den Cornopass (Wanderweg) in den benachbarten Kanton Wallis oder über den San Giacomo (Wanderweg) ins italienische Val Formazza gelangen kann. Zur Gemeinde gehören nebst dem Hauptort auch die Weiler Brugnasco, Fontana, Madrano,[6] Nante und Valle; unbewohnt sind heute Albinasca und Bedrina.
Wirtschaft
Die Landwirtschaft spielte lange eine wichtige Rolle, heute schafft sie jedoch nur noch wenige Arbeitsplätze. Durch den Bau 1995–1997 und Betrieb einer Schaukäserei (Caseificio dimostrativo del Gottardo) konnten die einheimischen Landwirtschaftprodukte besser vermarktet werden.[7] 2015 zählte die Schaukäserei über 77'000 Besuchende, die vorwiegend aus der Schweiz, Deutschland, den Niederlanden und Italien stammten. Im ehemaligen Bahnhofsgebäude hat sich die Molkerei Agroval SA eingerichtet.[8]
Im Industriesektor nimmt das Baugewerbe den ersten Platz ein. Die einzige wichtige Fabrik von Airolo ist eine Metallverarbeitungsfirma, welche etwa 100 Personen beschäftigt.
In Airolo befinden sich Dienstleistungsbetriebe für Bahn- und Strassenverkehr sowie ein grosser Waffenplatz, in der Sanitätstruppen der Schweizer Armee ausgebildet werden. Durch Sparmassnahmen beim Militär und den Bahnbetrieben gingen in Airolo zahlreiche Arbeitsplätze verloren, was zu einer sinkenden Bevölkerungszahl führte. Eine wichtige Rolle spielen darüber hinaus die Wasserkraftwerke.
Trotz der Belastungen durch den Transitverkehr ist Airolo ein vielbesuchter Ferienort. Airolo war der erste Skisportort im Tessin und ist heute sehr wichtig. Das Skigebiet Pesciüm am Nordhang im Süden des Dorfs umfasst fünf Skilifte, eine Sesselbahn und zwei Seilbahnen und erschliesst 30 anspruchsvolle Pistenkilometer auf 1175 bis 2255 Meter über Meer.[9] Im Sommer ist Airolo ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen (Strada Alta, Sentiero degli Alpi).
Verkehr
Airolo ist eine wichtige Bahnstation an der Gotthardbahn-Linie. Der Ort liegt am Südportal des Gotthardtunnel und des Gotthard-Strassentunnel der Autobahn A2.
Geschichte
Schon im 2./3. Jahrhundert n. Chr. hielten sich in Airolo Menschen auf, wie römische Gräber in Madrano belegen. Die Geschichte von Airolo war stets vom Verkehr über den Gotthard geprägt. Dadurch erlangten Gastgewerbe und Säumerei grosse wirtschaftliche Bedeutung.
Die ältesten urkundlichen Belege für den Ort als Oriolo, Ur(i)olo, Irorio stammen aus dem 13. Jahrhundert, im 14. Jahrhundert erscheint er als Oriollo, Oirolo, Yroll(i)o, Airol(l)o, Ayrolio. Der Ortsname gehet wahrscheinlich auf volkslateinisch *oriolu ‚schmaler Rand, Kante‘ zurück.[5]
Die katholische Pfarrkirche Santi Nazario e Celso wurde im 12. Jahrhundert errichtet und erstmals 1224 zusammen mit der Pfarrei erwähnt. Das heutige Gebäude wurde 1879 neu gebaut, nachdem es 1877 von einem Brand zerstört worden war, bei dem ein grosser Teil des Dorfes niederbrannte. Der Kirchturm, der von doppelreihigen Zwillingsarkaden bekrönt ist, stammt aus romanischer Zeit.
1882 wurde der Eisenbahntunnel mit dem Südportal Airolo eingeweiht. Das Dorf war damals mit 3700 Einwohner die zweitgrösste Gemeinde im Tessin.[11] Nahe dem Bahnhof steht das Denkmal für die Opfer des Gotthardtunnelbaus, ein von Vincenzo Vela (1820–1891) geschaffenes bronzenes Flachrelief. Zum militärischen Schutz der Gotthardstrasse und des Gotthardtunnels wurden auf dem Gebiet von Airolo die Gotthardfestungen Motto Bartola (1890), Forte Airolo (1890) und Fort Hospiz (1894) gebaut.
Am 28. Dezember 1898 zerstörte ein Bergsturz einen Teil des Dorfes und forderte drei Tote. Zum Schutz des Dorfes wurde die grosse Schutzmauer oberhalb der Häuser errichtet. Eine riesige Lawine forderte am 12. Februar 1951 zehn Tote. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche Lawinenverbauungen errichtet; eine Arbeit, welche in neuerer Zeit fortgesetzt wird.
Bereits 1890 erhielt Airolo eine elektrische Strassenbeleuchtung. Airolo war auch die erste Gemeinde des Kantons Tessin, die eine Kläranlage baute (1969).
Im Zweiten Weltkrieg wurden auf dem Gemeindegebiet als Teil des Reduit die neuen Artilleriewerke San Carlo (1938), Foppa Grande (1940) und Festung Sasso da Pigna (1941) erstellt.
1980 wurde der Gotthard-Strassentunnel mit dem Südportal Airolo eröffnet. Danach setzte endgültig ein Rückgang an Einwohnern und Arbeitsplätzen ein. So wurde 2007 das einst berühmte Hotel Motta an der Piazza Motta geschlossen.[12]
Sehenswürdigkeiten
- Pfarrkirche Santi Nazario e Celso[13][14][15]
- Denkmal für die Opfer des Gotthardtunnelbaus (1886) von Pietro Andreoletti[13]
- Grabmal Giuseppe und Agostina Motta (1971) mit Sarkophag und Relief des Bildhauers Remo Rossi[13]
- Denkmal für die Opfer des Gotthardtunnelbaus (1882/1883) von Vincenzo Vela[13][16]
- Auf dem Gotthardpas: Adrien Guex Denkmal (1928) des Bildhauers Fausto Agnelli[13][17]
- Suworow-Denkmal (1999), Reiterstandbild des Bildhauers Dmitry Nikitovic Tugarinov[18][19]
- Prähistorische Siedlung auf dem Gotthardpass (Alpe Rodont)[20]
- Im Ortsteil Madrano: Oratorium Santi Gervasio und Protasio (17. Jahrhundert) renoviert 1992 mit Fresken (1931) des Malers Tita Pozzi und Kreuzweg (18. Jahrhundert)[13][21]
- Prähistorische Siedlung und römische Nekropole im Ortsteil Madrano (Motto Caslascio)[13][22]
- Im Ortsteil Stalvedro: Burgruine und Oratorium Santa Maria Vergine (1699), restauriert 1990[13][23]
- Im Ortsteil Albinengo: Elektrizitätswerk Lucendro (1945), Architekten: Carlo Tami, Rino Tami[13]
- Alte Tremolastrasse (1828/1831), Ingenieur Francesco Domenico Meschini[13]
- Im Ortsteil Fontana: Oratorium Santa Maria Maddalena (1882), restauriert 1972, Architekt: Alberto Finzi mit Glasmalereien des Malers fra' Roberto Pasotti[13][24]
Militärbauten
- Im Ortsteil Foppa: Forte Airolo (1887/1890), alte Festungsanlage, heute Museo Forte Airolo (1989)[13][25]
- Festung Foppa Grande[13][26]
- Im Ortsteil Motto Bartola Artilleriewerk Festung Motto Bartola (1888/1914)[13][27][28][29] mit Militärturnhalle (1995/1998), Architekten: Mario Campi, Franco Pessina
- Festung Fieud (1902/1911)[30][31]
- Forte Ospizio, alte Festungsanlage (1892/1917), renoviert als Museum, Architekten: Franco Moro, Paolo Moro[13]
- „Sasso San Gottardo“: am 25. August 2012 wurde in der Festung Sasso da Pigna auf dem Gotthardpass die Ausstellung zur Festungs- und Themenwelt des Sasso San Gottardo eröffnet[13][32][33]
- Im Ortsteil Bedrina: Kaserne und Waffenplatz (1989/1995), Architekten: Fabio Muttoni, Silvano Caccia mit Wandmalereien des Malers Livio Bernasconi[13]
- Festungen San Gottardo[34]
Kultur
Persönlichkeiten
Bilder
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Airolo
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Airolo 1835
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Airolo nach 1890, vor dem Bergsturz von 1898
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Das Denkmal für die beim Bau des Gotthardtunnels verunglückten Arbeiter am Bahnhof von Airolo
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Blick nach Airolo von der Gotthard-Südrampe aus. Im Vordergrund das Artilleriewerk Foppa Grande (Bildrand unten) und die Kaserne Motto Bartola
Literatur
- Allgemeines
- Comune di Airolo: Airolo. Arti Grafiche Arturo Salvioni & Co. SA, Bellinzona 1992.
- Flavio Maggi: Patriziati e patrizi ticinesi. Pramo Edizioni, Viganello 1997.
- Geschichte
- Mario Fransioli: Airolo.. In: Historisches Lexikon der Schweiz..
- Fabio Ballinari,: Storia di un disastro. Il grande incendio di Airolo del 17 settembre 1877. Edizione del Comune di Airolo, Airolo 2010.
- Mario Fransioli: Il vicinato di Airolo. Gli ordini del 1788. Patriziato di Airolo, Airolo 1994.
- Sprache
- Fabio Beffa: Vocabolario fraseologico del dialetto di Airolo. Humilibus Consentientes, Bellinzona 1998.
- Kunstgeschichte
- Johann Rudolf Rahn: Airolo. In: I monumenti artistici del medio evo nel Cantone Ticino. Tipo-Litografia di Carlo Salvioni, Bellinzona 1894, S. 1–2, (Brugnasco S. 73), (Madrano S. 194), (San Gottardo S. 266), (Stalvedro S. 278).
- Virgilio Gilardoni: Airolo. In: Il Romanico. Arte e monumenti della Lombardia prealpina. La Vesconta, Istituto grafico Casagrande, Bellinzona 1967, S. 30. 38, 40–43, 91, (Madrano S. 176, 251, 481), 176–178, 299, 342, 358, 476, 481, 484, 498, 509, (San Gottardo S. 543–544).
- Simona Martinoli und andere: Airolo. In: Guida d’arte della Svizzera italiana. Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, S. 113, 137, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 356.
- Valeria Farinati: Centrali idroelettriche d’autore. In: «Arte&Storia», Il Ticino dell’acqua. Dalla formazione geologica del Cantone alle attività economiche, Edizioni Ticino Management, 12. Jahrgang, Nummer 54, April–Juli 2012, Lugano 2012.
Weblinks
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- Offizielle Website der Gemeinde Airolo
- Daten der Gemeinde Airolo
- Airolo: Kulturgüterinventar des Kantons Tessin
- Airolo auf der Plattform ETHorama
- Bundesinventar ISOS: Airolo (PDF; 2,6 MB)
- Bundesinventar ISOS: Fontana (PDF; 1,1 MB)
- Ospizio del San Gottardo (PDF; 785 kB)
- SF Videoportal: Augenzeuge über den Lawinenwinter 1951 in Airolo
- Museum und Ausstellung Sasso San Gottardo mit Öffnungszeiten
- Airolo auf elexikon.ch
Einzelnachweise
- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Höhenbereich aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ a b Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Hrsg. vom Centre de Dialectologie an der Universität Neuchâtel unter der Leitung von Andres Kristol. Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2005, ISBN 3-7193-1308-5 und Éditions Payot, Lausanne 2005, ISBN 2-601-03336-3, S. 80.
- ↑ Madrano auf portal.dnb.de (abgerufen am 2. Mai 2016.)
- ↑ Website Caseificio
- ↑ Anna Miller: Schöne Grüsse aus Airolo. Hat das Dorf am Gotthard-Südportal noch eine Zukunft? Das Magazin, Tamedia, Zürich 19. März 2016, Seiten 8-17
- ↑ Airolo Seilbahnen
- ↑ Braun, Adolphe: Photographische Ansichten der Gotthardbahn. Dornach im Elsass, ca. 1875.
- ↑ Anna Miller: Schöne Grüsse aus Airolo. Hat das Dorf am Gotthard-Südportal noch eine Zukunft? Das Magazin, Tamedia, Zürich 19. März 2016, S. 8–17.
- ↑ Anna Miller: Schöne Grüsse aus Airolo. Hat das Dorf am Gotthard-Südportal noch eine Zukunft? Das Magazin, Tamedia, Zürich 19. März 2016, S. 8–17.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q Simona Martinoli und andere: Guida d’arte della Svizzera italiana. Hrsg.Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, ISBN 978-88-7713-482-0, S. 143–147.
- ↑ Pfarrkirche Santi Nazario e Celso auf portal.dnb.de (abgerufen am 2. Mai 2016.)
- ↑ Pfarrkirche Santi Nazario e Celso (Foto)
- ↑ Denkmal für die Opfer des Gotthardtunnelbaus (Foto)
- ↑ Adrien Guex Denkmal (Foto)
- ↑ Suworow-Denkmal
- ↑ Suworow-Denkmal (Foto)
- ↑ Prähistorische Siedlung auf dem Gotthardpass (Alpe Rodont)
- ↑ Oratorium Santi Gervasio und Protasio (Foto)
- ↑ Prähistorische Siedlung und römische Nekropole bei Madrano (Motto Caslascio)
- ↑ Oratorium Santa Maria Vergine (Foto)
- ↑ Oratorium Santa Maria Maddalena (Foto)
- ↑ Forte Airolo (Foto)
- ↑ Festung Foppa Grande (Foto)
- ↑ Arsenale alto (Foto)
- ↑ Arsenale basso (Foto)
- ↑ Caserma (Foto)
- ↑ Festung Fieud auf festung-oberland.ch (abgerufen am 2. Mai 2016.)
- ↑ Festung Fieud (Foto)
- ↑ Festung Sasso da Pigna
- ↑ Forte San Gottardo (Foto)
- ↑ Festungen San Gottardo auf forti.ch, abgerufen 26. Juli 2015.
- ↑ Stiftung Pro Sankt Gotthard auf portal.dnb.de (abgerufen am 2. Mai 2016.)
- ↑ St. Gotthard-Museum
- ↑ Associazione Airolo in transizione