Frankfurter Judengasse

ehemalige jüdische Siedlung in Frankfurt am Main
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Die Frankfurter Judengasse war das von 1462 bis 1796 bestehende jüdische Ghetto in Frankfurt am Main. In der frühen Neuzeit lebte hier die größte jüdische Gemeinde Deutschlands.

Datei:Frankfurt Judengase 1628.jpg
Die Judengasse auf einer Stadtansicht von Matthäus Merian aus dem Jahr 1628

Lage und Bebauung

Die Judengasse lag östlich der Staufenmauer, die die Frankfurter Altstadt von der nach 1333 entstandenen Neustadt trennte. Nur wenig mehr als 3 Meter breit und etwa 330 Meter lang, beschrieb sie einen Bogen, der ungefähr von der Konstablerwache bis zum heutigen Börneplatz reichte. Sie war rundum von Mauern umschlossen und nur über drei Tore zugänglich.

Da der Frankfurter Magistrat sich jahrhundertelang einer Erweiterung des Ghettos widersetzte, lebten auf dem Areal, das ursprünglich für 15 Familien mit etwas mehr als 100 Mitgliedern geplant war, am Ende des 18. Jahrhunderts rund 3.000 Menschen. Nicht weniger als 195 Häuser und Hinterhäuser bildeten je zwei doppelte Gebäudezeilen zu beiden Seiten der Gasse. Zeitgenossen schildern sie als äußerst drangvolles, düsteres Stadtquartier, so z.B. wie Johann Wolfgang von Goethe in Dichtung und Wahrheit . Aufgrund der engen Bebauung wurde die Judengasse allein im 18. Jahrhundert dreimal durch Feuersbrünste zerstört: 1711, 1721 und 1796.

Die Frankfurter Juden vor der Ghettoisierung

Juden gehörten wahrscheinlich bereits zu den ersten Bewohnern Frankfurts. Ihre erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1150, aus der Handschrift „Eben ha Eser“ des Rabbi Eliesers ben Nathan aus Mainz. Die Gemeinde war damals wahrscheinlich noch sehr klein. Rechtlich waren die Juden zu dieser Zeit Kammerknechte des Kaisers, was ihnen eine gewissen Schutz vor Übergriffen von christlicher Seite verlieh. Bis zum Spätmittelalter lebten sie inmitten der christlichen Bevölkerung in der heutigen Altstadt, im wesentlichen im Viertel zwischen Bartholomäuskirche, Fahrgasse und Main.

Die Judenschlacht von 1241

Trotz des kaiserlichen Schutzes kam es in den folgenden Jahrhunderten immer wieder zu antijüdischen Übergriffen. Während der so genannten Judenschlacht vom 24. Mai 1241 überfiel ein christlicher Mob die Häuser der Juden, schlug Fenster und Türen ein und tötete trotz heftiger Gegenwehr fast 180 Gemeindemitglieder, darunter deren drei Rabbiner. Nur wenige Juden konnten fliehen, etwa 24 nahmen zwangsweise die Taufe an und retteten dadurch ihr Leben. Der damalige Kaiser Friedrich II. unternahm nichts zum Schutz der Juden, sondern ließ es bei Ermahnungen bewenden, da er durch innen- und außenpolitische Konflikte mit seinem Sohn Heinrich (VII.) und Papst Gregor IX. in Anspruch genommen war.

Die Vernichtung der jüdischen Gemeinde 1349

Im 14. Jahrhundert erreichte die Stadt unter den Kaisern Ludwig der Bayer und Karl IV. ihre Unabhängigkeit als Freie Reichsstadt. Die Regierungsgewalt hatte der Rat, der von Patriziern dominiert wurde. Von seinen 42 Mitgliedern kamen 24 von der Ganerbschaft Alten Limpurg, die restlichen 18 Sitze teilten sich die zweite Ganerbschaft Frauenstein und die Vertreter der Zünfte.

Im Juni 1349 verpfändete Kaiser Karl IV. der Stadt Frankfurt das Judenregal, seine Herrschaftsrechte über die Juden, so dass diese rechtlich von kaiserlichen Kammerknecht zu Untertanen des Rates wurden. Die Urkunde darüber enthielt die Bestimmung, dass der Kaiser die Stadt nicht dafür zur Verantwortung ziehen werde, falls die Juden „von Todes wegen abgingen oder verdürben oder erschlagen würden“.

Tatsächlich wurden, am 14. Juli 1349, nur zwei Wochen nachdem der Kaiser die Stadt verlassen hatte, sämtliche Frankfurter Juden erschlagen oder in ihren Häusern verbrannt. Die Zahl der Opfer ist nicht genau bekannt, sie wird auf etwa 60 geschätzt. In der älteren Literatur werden durchweg Geißler, eine Schar umherziehender religiöser Fanatiker und Bußprediger, für die Tat verantwortlich gemacht. Bereits an anderen Orten waren sie die Urheber von Pogromen gewesen, weil man den Juden die Schuld für die zu dieser Zeit in Europa grassierende erste große Pestepidemie gab. Insgesamt wurden damals allein in Deutschland etwa 300 jüdische Gemeinden vernichtet.

Gegen die Urheberschaft der Geißler spricht aber zum einen die oben zitierte Formulierung aus Urkunde Karls IV. sowie die Tatsache, dass die Pest in Frankfurt erst im Herbst 1349 ausbrach. Nach neueren Forschungen handelte es sich bei dem Mordüberfall womöglich nicht um einen spontanen Aufruhr, sondern um ein von langer Hand vorbereitetes Massaker. Die Ermordung der Juden lag im wirtschaftlichen Interesse einiger Patrizier und Zunftmeister, die sich auf diese Weise ihrer Schulden entledigen und die Häuser der Juden aneignen konnten. Trotz der Morde ließen sich bereits wenige Jahre später erneut jüdische Familien in Frankfurt nieder.

Geschichte der Judengasse

Die Einrichtung des Ghettos

Unter dem Einfluß einer zunehmend judenfeindlichen Bevölkerung versuchte der Rat, die Juden mehr und mehr von der städtischen Gesellschaft zu isolieren. 1460 beschloß er die Einrichtung eines abgeschlossenen Ghettos, der Judengasse. 1462 mußten die Juden ihre angestammten Wohnviertel verlassen und in die neu erbaute Judengasse ziehen. Obwohl die Juden den Bau neuer Häuser dort selbst bezahlen mussten, blieben diese immer Eigentum der Stadt.

Der Fettmilch-Aufstand

  Soziale Spannungen zwischen Patriziern, die den Frankfurter Magistrat dominierten den Handwerkszünften führten 1612 zum so genannten Fettmilch-Aufstand - benannt nach seinem Anführer, dem Lebkuchenbäcker Vinzenz Fettmilch - in dessen Verlauf die Judengasse überfallen und geplündert und die Juden zeitweilig aus Frankfurt vertrieben wurden.

Die Proteste der Zünfte richteten sich zunächst gegen das finanzielle Gebahren des Rats und zielten auf eine stärkere Beteiligung an den städtische Angelegenheiten. Neben einer Regulierung der Getreidepreise verlangten die Zünfte aber auch antijüdische Maßnahmen, insbesondere eine Beschränkung der Zahl der in der Stadt ansässigen Juden sowie eine Halbierung des Zinssatzes, den die Juden bei ihren Geldgeschäften fordern durften. Damit fanden die Anhänger Fettmilchs Unterstützung bei Kaufleuten und Handwerkern, die von einer Vertreibung der Juden auch die Erledigung ihrer Schulden erhofften.

Ende 1613 schloß der Rat einen Bürgervertrag mit den Aufständischen, der im wesentlichen eine Verfassungsreform bedeutete, die den Vertretern der Zünfte mehr Rechte und mehr Einfluß gewährte. Als die hohe Verschuldung der Stadt öffentlich wurde und sich zugleich herausstellte, daß der Rat die von den Juden gezahlten Schutzgelder veruntreut hatte, ließ Fettmilch den Rat für abgesetzt erklären und die Stadttore besetzen. Es kam zu ersten Ausschreitungen gegen die Juden. Nun schaltete sich der Kaiser in den Konflikt ein, der sich bis dahin neutral verhalten hatte. Er forderte die Wiedereinsetzung des Rates und drohte allen Bürgern die Reichsacht an, falls sie sich nicht unterwerfen sollten.

Nach Bekanntwerden der kaiserlichen Drohung zogen am 22. August 1614 aufständische Handwerker und Gesellen protestierend durch die Straßen. Ihr Zorn richtete sich gegen das schwächste Glied in der Kette ihrer tatsächlichenn oder vermeintlichen Gegner: die Juden. Die Aufrührer stürmten die Tore der Judengasse, die von den jüdischen Männern verteidigt wurden, und drangen nach mehrstündigen Barrikadenkämpfen ins Ghetto ein. Alle Bewohner der Judengasse, insgesamt 1380 Menschen, wurden auf dem jüdischen Friedhof zusammengetrieben, ihre Häuser geplündert und teilweise zerstört. Am nächsten Tag mußten sie die Stadt verlassen. Sie fanden Zuflucht in den umliegenden Gemeinden, vor allem in Hanau, Höchst und Offenbach.

Daraufhin ließ der Kaiser am 28. September 1614 die Reichsacht über Fettmilch und mehrere seine Anhänger verhängen. Am 27. November wurde Fettmilch verhaftet. Ihm und 38 weiteren Angeklagten wurde der Prozeß gemacht. Das Gericht verurteilte sie jedoch nicht wegen der Ausschreitungen gegen die Juden, sondern wegen Majestätsverbrechen und Mißachtung der kaiserlichen Befehle. Am 28. Februar 1616 wurden Fettmilch und sechs seiner Anhänger auf dem Frankfurter Roßmarkt hingerichtet. Am selben Tag, dem 20. Adar nach jüdischem Kalender, wurden die geflohenen Juden in einer feierlichen Prozession in die Judengasse zurückgeführt. An ihren Toren verkündete fortan ein steinerner Reichsadler „Römisch kaiserlicher Majestät und des heiligen Reiches Schutz“. Den Jahrestag der feierlichen Rückführung begingen die Frankfurter Juden künftig als Freudenfest Purim Vinz.

Die zugesagte Entschädigung erhielten die zurückgekehrten Juden allerdings nie. Vielmehr wurden die Auflagen in einer neuen „Judenstättigkeit“ verschärft, so daß erst Anfang des 18. Jahrhunderts wieder so viele Juden in Frankfurt lebten wie 1614. Der Fettmilch-Aufstand war eines der letzten Judenpogrome in Deutschland vor der Zeit des Nationalsozialismus. Die zeitgenössische Publizistik zu den Ereignissen von 1612 ist insofern bemerkenswert, als erstmals auch christliche Kommentatoren mehrheitlich für die Juden Stellung bezogen.

Der Große Judenbrand von 1711

 
Stammhaus der Bankiersfamilie Rothschild in der Judengasse
 
Die Judengasse um 1868

Am 14. Januar 1711 ereignete sich in der Judengasse eine der größten Brandkatastrophen, die Frankfurt jemals betroffen haben. Sie blieb im kollektiven Gedächtnis der Stadt als Großer Judenbrand erhalten. Das Feuer brach gegen acht Uhr abends im Hause Eichel des Oberrabbiners Naphtali Cohen aus. Mit einer Frontbreite von über 9,50 Metern war das gegenüber der Synagoge gelegene Haus eines der größten in der ganzen Gasse. Der starke Wind und die Enge der Gasse begünstigten die rasche Ausbreitung des Feuers ebenso wie die Bauweise der Häuser in Fachwerk, ohne hinreichende Brandmauern und mit weiten Überhängen zur Mitte der Gasse hin.

Aus Angst vor Plünderungen hielten die Bewohner die Tore der Gasse lange verschlossen, bis sich die Bevölkerung der christlichen Stadtviertel um die Judengasse aus Angst vor einem Übergreifen des Feuers gewaltsam Zutritt verschafften. Trotzdem gelang es nicht, den Brand unter Kontrolle zu bringen. Nach 24 Stunden waren alle Häuser des Ghettos bis auf eines verbrannt. Weil der Wind sich im letzten Augenblick gedreht hatte, griff der Brand nicht auf die umliegenden Viertel über.

Vier Menschen verloren ihr Leben bei dem Brand und zahlreiche Kostbarkeiten gingen verloren, darunter Bücher, Handschriften und Thorarollen. Nach der Katastrophe durften die Bewohner der Gasse bis zum Wiederaufbau ihrer Häuser zur Miete in christlichen Häusern Frankfurts wohnen. Wer sich das nicht leisten konnte, war gezwungen, in Offenbach, Hanau, Rödelheim und anderen Orten der Umgegend mit jüdischen Gemeinden Unterschlupf zu suchen. Juden, die ohne Stättigkeit in der Gasse gewohnt hatten, wurden ausgewiesen. Die jüdische Gemeinde Frankfurts beging den Jahrestag des Brandes, nach jüdischem Kalender der 24. Tewet, fortan als Buß- und Fasttag.

Für den Wiederaufbau der Gasse erließ der Rat strenge Bauvorschriften. Die erhaltenen Bauzeichnungen erlauben heute eine recht gute Rekonstruktion der alten Judengasse.

Der Gassenbrand von 1721

Nur 10 Jahre nach dem großen Judenbrand brach am 28. Januar 1721 erneut ein Feuer in der Gasse aus. Innerhalb von 11 Stunden stand der gesamte nördliche Teil der Gasse in Flammen. Über 100 Häuser brannten nieder. Weitere Häuser wurden bei den Rettungsarbeiten durch christliche Bewohner der Stadt geplündert und beschädigt, so daß Kaiser Karl VI. den Rat der Stadt ermahnte, gegen die Plünderer vorzugehen und die Juden besser zu schützen. Nach langen Verhandlungen verzichtete der Rat, der der jüdischen Gemeinde Geld schuldete, auf die Zahlung von ausstehenden Gemeindesteuern. Trotzdem ging der Wiederaufbau diesmal nur langsam voran, weil ein großer Teil der Gemeinde durch die erlittenen Katastrophen verarmt war.

Wieder hatte ein Teil der geschädigten Bewohner die Gasse verlassen und war bei christlichen Vermietern in Frankfurt untergekommen. 1729 zwang der Rat jedoch die letzten 45 außerhalb der Judengasse wohnenden Familien, ins Ghetto zurückzukehren.

Die Beschießung von 1796

 
Das Ende der Judengasse am 13./14. Juli 1796

Im Juli 1796 belagerten französische Revolutionstruppen unter General Jean-Baptiste Kléber Frankfurt. Da die Stadt von österreichischen Truppen besetzt gehalten wurde, fuhr die französische Armee Geschütze auf den Anhöhen nördlich der Stadt, zwischen Eschenheimer Tor und Allerheiligentor auf, Um den österreichischen Kommandeur Graf Wartensleben zur Kapitulation zu zwingen, ließ er die die Stadt am Abend des 12. Juli und am Mittag des 13. Juli beschießen. Besonders schwere Schäden richtete ein einstündiges Bombardement in der Nacht vom 13. auf den 14. Juli an. Vor allem der Nordteil der Judengasse wurde getroffen und geriet in Brand. Etwa ein Drittel ihrer Häuser wurde vollkommen zerstört. Die österreichische Besatzung mußte daraufhin kapitulieren.

Trotz der schweren Schäden hatte der Brand der Judengasse für die jüdische Gemeinde auch ein Gutes, da er de facto das Ende des Ghettozwangs bedeutete.

Das Ende des Ghettos

 
Abriß der Judengasse 1875, Aquarell von Carl Theodor Reiffenstein

Frankfurt hatte als eine der letzten Städte in Europa an der Ghettoisierung seiner jüdischen Bevölkerung festgehalten. Nach dem Brand von 1796 wurde den betroffenen Bewohnern jedoch gestattet, sich im christlichen Teil Frankfurts niederzulassen. 1806 verfügte der damalige Großherzog von Frankfurt Carl Theodor von Dalberg die Gleichberechtigung aller Konfessionen. Formell wurde der Ghettozwang jedoch erst 1811 aufgehoben.

Aufgrund der beengten Wohnverhältnisse verließen die meisten Juden im Laufe des 19. Jahrhunderts das ehemalige Ghetto und ließen sich überwiegend im benachbarten Ostend nieder. Die Judengasse wurde zu einem Armenviertel. Obwohl das pittoreske Straßenbild Touristen und Maler anzog, wollte sich die Stadt der Reste des Ghettos entledigen. So wurden 1874 zunächst die mittlerweile als unbewohnbar geltenden Häuser auf der Westseite abgerissen, 1884 bis auf wenige Ausnahmen auch die auf der Ostseite. Zu den wenigen Gebäuden, die vorerst erhalten blieben, gehörte das als Museum genutzte Stammhaus der Rothschilds.

Mit der Neubebauung wurde die Judengasse 1885 nach einem ihrer berühmtesten Bewohner, Ludwig Börne, in Börnestraße umbenannt. Dort stand bis zu den Novemberpogromen von 1938 auch eine der Hauptsynagogen der Stadt.

Leben im Ghetto

Das Leben in der Judengasse wurde bis ins Kleinste von der so genannten Judenstättigkeit reglementiert. Diese Verordnung des Frankfurter Rats legte unter anderem fest, dass die Juden das Ghetto nachts, Sonntags und an christlichen Feiertagen nicht verlassen durften. Über diese Isolierung hinaus enthielt die Judenstättigkeit eine Unzahl weiterer, zum großen Teil diskriminierender und schikanöser Bestimmungen.

Sie regelte Aufenthaltsrecht, die Erhebung von Abgaben, und die berufliche Tätigkeit der Juden ebenso wie ihr Verhalten im alltäglichen Leben. So war der Zuzug ins Ghetto von außerhalb Frankfurts streng begrenzt. Insgesamt durften nach der seit 1616 gültigen Judenstättigkeit nur 500 Familien in der Judengasse leben, und ihren Bewohnern waren pro Jahr nur zwölf Hochzeiten erlaubt. Selbst wohlhabende und angesehene Bewohner wie der Bankier Mayer Amschel Rothschild waren von den diskriminierenden Beschränkungen nicht ausgenommen.

Überreste des Ghettos

 
Alter jüdischer Friedhof Battonstraße
 
Nur wenige der Grabmäler sind der Zerstörung entgangen

Nachdem die Nationalsozialisten fast alle Frankfurter Juden vertrieben, deportiert oder ermordet hatten, wurde in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs auch die ehemalige Judengasse vollständig zerstört. Die Lage der früheren Judengasse ist im heutigen Straßenverlauf nicht mehr erkennbar, da das gesamte Gebiet nach den Zerstörungen des Krieges völlig neu gestaltet wurde. Es wurde durch die in den 1950er Jahren angelegten Straßendurchbrüche der Kurt-Schumacher-Straße und der Berliner Straße sowie durch Neubauten überbaut.

Die nördliche Hälfte der Straße An der Staufenmauer, südlich der Konstablerwache, entspricht dem nördlichen Ende der Börnestraße und vormaligen Judengasse. Hier ist auch der letzte erhaltene Rest der Mauer selbst zu sehen, außerhalb (östlich) derer sich das Ghetto befand. Die recht breite Kurt-Schumacher-Straße schneidet den ehemaligen Verlauf der Judengasse in spitzem Winkel und bedeckt dadurch einen großen Teil des früheren Ghettobezirks. Der Standort der Hauptsynagoge befindet sich auf der Richtung Süden führenden Fahrbahn der Kurt-Schumacher-Straße sowie dem angrenzenden Gehsteig, genau gegenüber der Einmündung der Allerheiligenstraße. Das ehemalige südliche Ende der Judengasse liegt heute unter dem 1990 eröffneten Kundenzentrum der Stadtwerke und ist im Museum Judengasse zugänglich.

Museum Judengasse

Ende der 1980er Jahre wurden beim Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes für die Frankfurter Stadtwerke Fundamente von Häusern der Judengasse entdeckt. Daraufhin entwickelte sich eine bundesweite Debatte über den angemessenen Umgang mit den Überresten jüdischer Kultur. Beigelegt wurde der Streit, indem die archäologischen Zeugnisse gesichert und in das 1992 eröffnete „Museum Judengasse“ im Untergeschoss des Verwaltungsgebäudes integriert wurden. Das „Museum Judengasse“ ist eine Außenstelle des Jüdischen Museums Frankfurt.

Jüdischer Friedhof Battonnstraße

 
Gedenktafeln erinnern an die 11.134 ermordeten jüdischen Frankfurter

Ein weiteres Zeugnis des Ghettos ist der 11.850 m² große, alte jüdische Friedhof an der heutigen Battonnstraße. Er diente der jüdischen Gemeinde bis 1828 als Begräbnisstätte. Die ältesten Gräber stammen aus der Zeit um 1270. Damit ist der jüdische Friedhof von Frankfurt nach dem von Worms der zweitälteste in Deutschland. Das bekannteste Grab ist das von Mayer Amschel Rothschild.

Seit 1828 wurden die jüdischen Toten der Stadt auf dem zusammen mit dem Hauptfriedhof angelegten Jüdischen Friedhof an der Rat-Beil-Straße begraben. Der alte jüdische Friedhof wurde geschlossen, blieb aber erhalten, um die Totenruhe zu wahren.

Anfang des 20. Jahrhunderts standen hier noch rund 7.000 Grabsteine. Im November 1942 ordnete der nationalsozialistische Oberbürgermeister Friedrich Krebs ihre Zerstörung an. Bis Ende des Krieges wurden etwa zwei Drittel der Grabsteine zertrümmert. Nur ein kleiner Teil des Friedhofs befindet sich heute noch im Originalzustand. 1996 wurden in der Friedhofsmauer 11.134 kleine Namenssteine eingesetzt, um an die während des Holocaust ermordeten jüdischen Bürger Frankfurts zu erinnern.

Literatur

  • Fritz Backhaus, Gisela Engel, Robert Liberles, Margarete Schlüter (Hrsg.): Die Frankfurter Judengasse. Jüdisches Leben in der Frühen Neuzeit. Band 9 der Schriftenreihe des Jüdischen Museums Frankfurt am Main. Frankfurt am Main 2006. Societäts-Verlag, ISBN 3-973-0927-9
  • Amos Elon: Der erste Rothschild. Biographie eines Frankfurter Juden, Reinbek 1999 ISBN 3-4996-0889-8
  • Frankfurter Historische Kommission (Hrg.): Frankfurt am Main - Die Geschichte der Stadt in neun Beiträgen. Sigmaringen 1991. Jan Thorbecke Verlag, ISBN 3-7995-4158-6
  • Walter Gerteis: Das unbekannte Frankfurt. Neue Folge. Frankfurt am Main 1961. Verlag Frankfurter Bücher

Siehe auch

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