Tharangambadi (Tamil: தரங்கம்பாடி Taraṅkampāṭi [ ]), früher Tranquebar oder Trankebar, ist eine Stadt an der Koromandelküste im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu. Die Einwohnerzahl beträgt rund 23.000 (Volkszählung 2011). Von 1620 bis 1845 war Tharangambadi eine dänische Kolonie. Der Ort war Ausgangspunkt für die lutherische Missionstätigkeit in Tamil Nadu. Im 20. Jahrhundert war Tharangambadi eine Zeit lang Bischofssitz der Tamil Evangelical Lutheran Church (TELC). An die koloniale Vergangenheit Tharangambadis erinnern heute noch das Fort Dansborg, die Zionskirche und die Neu-Jerusalemkirche.
Tharangambadi தரங்கம்பாடி | ||
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Staat: | ![]() | |
Bundesstaat: | Tamil Nadu | |
Distrikt: | Nagapattinam | |
Subdistrikt: | Tharangambadi | |
Lage: | 11° 2′ N, 79° 51′ O | |
Höhe: | 4 m | |
Einwohner: | 23.191 (2011)[1] | |
Geografie
Tharangambadi liegt im Distrikt Nagapattinam des Bundesstaates Tamil Nadu an der Koromandelküste am Golf von Bengalen rund 250 Kilometer südlich von Chennai (Madras). Die nächstgrößeren Städte sind Karaikal 13 Kilometer südlich und Sirkazhi 30 Kilometer nördlich. Südlich von Tharangambadi mündet einer der zahlreichen Mündungsarme des Kaveri-Flusses in das Meer. Die Region von Tharangambadi ist besonders von Küstenerosion betroffen. Seit der dänischen Siedlungsperiode ist ein mehrere hundert Meter breiter Küstenstreifen abgetragen worden.[2]
Durch Tharangambadi führt der National Highway 45A, der von Viluppuram über Puducherry kommend entlang der Küste nach Nagapattinam verläuft.
Bevölkerung
77 Prozent der Einwohner Tharangambadis sind Hindus, 12 Prozent sind Christen und 10 Prozent Muslime.[3] Die Hauptsprache ist, wie in ganz Tamil Nadu, das Tamil, das von 99 Prozent der Bevölkerung als Muttersprache gesprochen wird.[4]
Geschichte
Tharangambadi war zwischen 1620 und 1845 unter dem Namen Tranquebar eine dänische Kolonie. 1620 erwarb die Dänischen Ostindien-Kompanie den Ort vom Raja von Thanjavur und gründete das Fort Dansborg. 1624 wurde die Kolonie auf den dänischen König übertragen. Der Ort war ein wichtiger Hafen und besaß eigene Münzen und eine bedeutende Missionsdruckerei für Literatur in Englisch und Tamil.
1801–1802 und 1808–1815 war Tranquebar von britischen Truppen im Zuge der napoleonischen Kriege, in denen Dänemark an der Seite Frankreichs stand, besetzt, was den Handel zum Erliegen brachte, der sich anschließend auch nicht mehr erholte. Im Jahr 1845 wurde Tranquebar dann an die Briten verkauft.[5] Nach der indischen Unabhängigkeit 1947 wurde Tharangambadi zu einem Teil des Bundesstaates Madras (heute Tamil Nadu).
Zur Erschließung des Tourismus wurden die Kirchen, die Festung und die Stadttore bis 2004 restauriert. Der Tsunami nach dem Seebeben im Indischen Ozean 2004 am 26. Dezember 2004 überflutete die Stadt, zerstörte die angrenzenden Fischerdörfer und riss viele Bewohner in den Tod. Der Wiederaufbau der Stadt Tharangambadi und der angrenzenden Fischerdörfer wird von verschiedenen einheimischen und internationalen Organisationen und Partnerkirchen durchgeführt.
Dänisch-Hallesche Mission
Tranquebar wurde bedeutsam als Ort der ersten deutschen protestantischen Mission. Die Deutschen Bartholomäus Ziegenbalg und Heinrich Plütschau wurden von der Dänisch-Halleschen Mission, einer Stiftung des dänischen Königs Friedrich IV. (1699–1730), als lutherische Missionare nach Tranquebar entsandt. Am 9. Juli 1706 in Tranquebar angelangt, tauften sie bereits ein Jahr später die ersten Tamilen und „Mischlinge“ (Portugiesen) und gründeten eine kleine lutherische Gemeinde, die bis 1712 etwa 221 Mitglieder umfasste. Von der dänischen Kolonialbehörde angefeindet, die durch die Missionsarbeit ihre Handelsinteressen gefährdet sah, wurde Ziegenbalg ein Jahr später mehrere Monate im Fort Dansborg inhaftiert (1708 bis 1709). Heute erinnern ein Denkmal und eine Büste von Bartholomäus Ziegenbalg in der Nähe der Festung an den Missionar. Die Dänisch-Hallesche Mission wirkte in Tranquebar von 1706 bis zum Verkauf der dänischen Niederlassung an die Engländer 1845. Zu ihren Missionaren hier gehörte unter anderem Christian Friedrich Schwartz. Bereits seit dem Ende der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts gab es keine der dänischen Krone unterstellten Missionare mehr in Tranquebar.
Leipziger Mission
Die 1836 in Deutschland gegründete Evangelisch-lutherische Missionsgesellschaft zu Dresden (ab 1848 Evangelisch-Lutherische Missionsgesellschaft zu Leipzig) verstand sich als Nachfolgeorganisation der Dänisch-Halleschen Mission und entsandte 1840 mit Heinrich Cordes ihren ersten Missionar. Die deutsch-lutherische Missionstätigkeit wurde auch unter britischer Kolonialhoheit bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges fortgesetzt, letzter Missionspfarrer war der aus dem Memelland stammende Wilhelm Kanschat (1899–1981).
Des Weiteren befand sich hier von 1760 bis 1803 eine Missionsstation der Herrnhuter Brüdergemeine, der „Brüdergarten“ in Porayar. Heute befinden sich dort verschiedene Einrichtungen der Tamil Evangelical Lutheran Church (TELC). Die TELC wurde 1919 in der Tradition der Leipziger Mission und der Mission von der Schwedischen (lutherischen) Kirche gegründet. Der TELC-Bischof führt den Titel „Bischof von Tranquebar“ und hat seinen Sitz in Tiruchirappalli
Sehenswürdigkeiten
An die dänische Zeit Tharangambadis erinnern mehrere Bauten aus der Kolonialzeit, die alle 2004 renoviert wurden. Direkt am Strand am Südrand Tharangambadis steht das Fort Dansborg. Die Festung wurde 1620 errichtet. Heute beherbergt sie ein archäologisches Museum. Am Ortseingang befindet sich ein Stadttor aus dem Jahr 1792; es ist der einzige Überrest der einstigen Stadtbefestigung. Ferner stehen in Tharangambadi zwei Kirchenbauten aus der dänischen Periode: Die Zionskirche (Zion's Church) stammt aus dem Jahr 1701 und ist damit die älteste protestantische Kirche Indiens. Die Kirche Neu-Jerusalem (New Jerusalem Church) wurde zwischen 1707 und 1718 erbaut. Auf ihrem Friedhof ist Bartholomäus Ziegenbalg bestattet.
Siehe auch
- Liste der Bischöfe von Tranquebar
- Catherine Grand wurde geboren in Tharangambadi.
- Peter Anker war ein norwegischer Diplomat und Gouverneur in der dänischen Kolonie Tranquebar.
Literatur
- Arno Lehmann: Es begann in Tranquebar. Die Geschichte der ersten evangelischen Kirche in Indien. Berlin 1956
- Roland Sckerl: Tranquebar. Bilder aus den ersten hundert Jahren lutherischer Mission in Indien. Drei Kurzbiographien nach alten Berichten. Durmersheim 2006
- Esther Fihl und A. R. Venkatachalapathy (Hrsg.): Beyond Tranquebar. Grappling Across Cultural Borders in South India. New Delhi 2014.
- Eugene F. Irschick: Conversations in Tarangambadi: Caring for the Self in Early Eighteenth Century South India. (PDF-Datei; 259 kB)
- Daniel Jeyaraj: Inkulturation in Tranquebar. Der Beitrag der frühen dänisch-halleschen Mission zum Werden einer indisch-einheimischen Kirche (1706-1730). (Missionswissenschaftliche Forschungen. Neue Folge Band 4.) Verlag der Ev. Luth. Mission, Erlangen 1996.
- M.A.Sultan: Reminiscences of Tranquebar, 5th ed. 2012.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Census of India 2011.
- ↑ Sundaresh, R. Manimurali und S. Jayakumar: Threatened coastal monuments at Tranquebar, Tamil Nadu. Fourth Indian National Conference on Harbour and Ocean Engineering, National Institute of Technology, Surathkal 2007, S. 461–466 (PDF; 44 kB)
- ↑ Census of India 2011: C-1 Population By Religious Community. Tamil Nadu.
- ↑ Census of India 2001: C-16 City : Population by Mother Tongue (Tamil Nadu), abgerufen unter Tabulations Plan of Census Year - 2001.
- ↑ Dänen in Indien (dänisch) und Handelskompanien