Loriot

deutscher Humorist (1923–2011)
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Loriot (* 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel), geboren als Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow, kurz Vicco von Bülow, Prof. Dr. h.c., ist ein deutscher Komiker, Zeichner, Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur.

Das Wappen der Familie von Bülow mit dem Pirol (Loriot) als Wappentier auf dem Helm

In seinen Cartoons und Sketchen nimmt er Stil, Erziehung und elaborierten Code gutbürgerlicher Kreise aufs Korn, um - so meinen einige Kritiker - deren Fassadenhaftigkeit zum Vorschein zu bringen.

Familie

Bülow entstammt einem alten mecklenburgischen Adelsgeschlecht und ist der Sohn des Polizeimajors Johann-Albrecht von Bülow (1899-1972) und dessen erster Ehefrau Charlotte von Roeder (1899-1929). Die Ehe der Eltern war am 26. Juli 1928 in Gleiwitz (Schlesien) geschieden worden.

Er heiratete am 8. Mai 1951 in Hamburg-Nienstedten die Modezeichnerin Rose-Marie Schlumbom (* 22. Juni 1929 in Manila, Philippinen), die Tochter des Kaufmanns Peter Schlumbom und der Frieda Kuß.

Leben

Bülow wuchs mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder Johann-Albrecht seit 1931 (?) bei Großmutter und Urgroßmutter auf, die in Berlin zusammen eine Wohnung hatten (schräg gegenüber, so Loriot, hätten Weizsäckers gewohnt, doch der spätere Bundespräsident, damals etwa zehn Jahre alt, sei ihm nicht aufgefallen).

1938 zog die Familie nach Stuttgart. Dort besuchte Bülow ein humanistisches Gymnasium, das er 1941 siebzehnjährig mit Notabitur verließ. Er begann entsprechend der Familientradition eine Offizierslaufbahn. Anschließend folgte ein dreijähriger Militäreinsatz an der Ostfront in der Sowjetunion.In einer Talkshow berichtete von Bülow vor Jahren, wie ihn damals auf dem Vormarsch im Kaukasus die Begegnung mit Kamelen beeindruckte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er kurzzeitig als Holzfäller in Niedersachsen, 1946 legte er das Abitur ab.

Auf Anraten des Vaters studierte er Malerei und Grafik an der Kunstakademie (Landeskunstschule) in Hamburg von 1947 bis 1949.

Nach dem Abschluss legte er erste Arbeiten als Werbegrafiker vor und erfand das charakteristische „Knollennasenmännchen“. Ab 1950 war Bülow als Cartoonist zunächst für das Hamburger Magazin „Die Straße“, im Anschluss für den Stern tätig. Seit dieser Zeit verwendete er den Künstlernamen Loriot, die französische Bezeichnung des Pirols, des Wappentiers der Familie von Bülow. Pirol ist gleichzeitig die französische Übersetzung für den Vogel Bülow, der hierzulande auch unter dem Namen Goldamsel bekannt ist.

Es folgten weitere Arbeiten für Weltbild und Quick. Die Aufträge waren jedoch nur jeweils von kurzer Dauer (er zeichnete beispielsweise nur sieben Folgen für den "Stern").

In der Folge versuchte Loriot, seine Zeichnungen als Buch herauszubringen; diverse deutsche Verleger (unter anderem Ernst Rowohlt) zeigten kein Interesse. Erst der Schweizer Diogenes Verlag sagte zu. 1954 erschien dort Loriots erster eigener Cartoonband (Auf den Hund gekommen).

1959 hatte er eine kleinere Rolle als Schauspieler in Bernhard Wickis Film Die Brücke, 1962 war er erneut mit einer Mini-Rolle als Meldeoffizier in Andrew Martons Kriegsfilm Der längste Tag vertreten.

1967 wechselte Loriot das Medium: Er moderierte zunächst die Fernsehsendung Cartoon für die ARD, die er auch als Autor und Co-Regisseur verantwortete. Loriots anfänglich reine Moderation wurde zunehmend zu einem eigenständigen humoristischen Element der Sendung; zudem brachte Loriot bald eigene Zeichentrickfilme ein und verließ damit künstlerisch die engen Rahmenbedingungen, die das Medium Zeitschrift seinen Zeichnungen auferlegt hatte.

1971 erschuf Loriot mit dem Zeichentrick-Hund Wum ein Maskottchen für die Aktion Sorgenkind in der ZDF-Quizshow Drei mal Neun, dem er selbst auch die Stimme verlieh. Zu Weihnachten 1972 wurde Wum dann zum Gesangsstar: Mit dem Titel Ich wünsch' mir 'ne kleine Miezekatze war er so erfolgreich, dass er für neun Wochen die Spitze der deutschen Hitparade innehielt. Dabei handelte es sich bei Wums Gesang um von Bülows Sprechgesang. Wum blieb auch in der Nachfolgesendung Der große Preis über all die Jahre bis in die 1990er Jahre hinein als Pausencartoon erhalten, bald schon als Duo zusammen mit dem Elefanten Wendelin und später mit einem Außerirdischen, der mit seiner Untertasse einschwebt, dem Blauen Klaus. Alle Sketche wurden von Loriot geschrieben, gezeichnet und gesprochen und endeten mit einer Aufforderung an die Zuschauer, sich an der Fernseh-Lotterie zu beteiligen. Mit dem Ende von Der große Preis endeten auch die Abenteuer von Wum und Wendelin. Heute sind Wum und Wendlin auf der letzten Seite des Gongs zu sehen.

1976 entstand die sechsteilige Fernsehserie Loriot, in der er sowohl gezeichnete wie auch selbst gespielte Sketche (letztere oft zusammen mit seiner Partnerin Evelyn Hamann) präsentiert. Diese Sketche erlangten einen legendären Ruhm in Deutschland, wurden noch 25 Jahre später regelmäßig wiederholt und sind inzwischen komplett auf DVD erhältlich.

Eine besondere Liebe verbindet Loriot auch mit der klassischen Musik und der Oper. 1982 dirigierte er das humoristische Festkonzert zum 100sten Geburtstag der Berliner Philharmoniker, mit deren Geschichte er auch durch familiäre Beziehungen verbunden ist (Hans Guido von Bülow, der erste Chefdirigent der Philharmoniker, war ein entfernter Verwandter von Loriot). Seine Erzählfassung von Camille Saint-Saëns' Karneval der Tiere führte Loriot wiederholt mit dem Scharoun Ensemble auf, einem Kammermusikensemble aus Musikern der Berliner Philharmoniker. Als Opernregisseur inszenierte Loriot Friedrich von Flotows Martha (Stuttgart) und Carl Maria von Webers Der Freischütz (Ludwigsburg).

1988 drehte Loriot als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller den Film Ödipussi, 1990 folgte dann Pappa ante Portas.

Loriot ist seit 2001 Ehrendoktor der Bergischen Universität Wuppertal, Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern (1998), des bayerischen Verdienstordens (1980) sowie etlicher Fernseh-, Film- und anderer Kulturpreise (Telestar 1986, Critici in erba 1986, Goldene Leinwand). Er wurde 1993 Ehrenbürger der Städte Brandenburg an der Havel und Münster sowie in seiner Wahlheimat Münsing am Starnberger See. Er ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (seit 1993) und Mitglied der Akademie der Künste (Berlin) (seit 1997). Im Juni 2003 wurde er Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin für das Fach Theaterkünste. Am 30. Oktober 2004 erhielt er den Jacob-Grimm-Preis.

Künstlerische Handschrift

Loriots Cartoons leben vom Kontrast zwischen der dargestellten Situation, der dabei zur Schau getragenen Würde der Knollennasenmännchen und den Legendentexten. Eines dieser Elemente fällt immer aus dem Rahmen, etwa der Legendentext „Wir fordern die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, auch wenn der Säugling dabei vorübergehend an Gewicht verlieren sollte“, unter der Darstellung eines sich distinguiert ein Kleinkind an die Brust legenden knollennasigen Herren. Themen der Cartoons sind insbesondere das Alltagsleben, Szenen aus Familie und der bürgerlichen Gesellschaft. Seine Werke beschäftigen sich hauptsächlich mit der zwischenmenschlichen Kommunikationsstörung. (Loriot: "Kommunikationsgestörte interessieren mich am allermeisten. Alles was ich als komisch empfinde, entsteht aus der zerbröselten Kommunikation, aus dem Aneinander-vorbei-reden."). Mit 82 Jahren sagt er: "das Fernsehen ist zu schnell geworden für meine Komik" (ZDF homepage, Aprilscherz 2006).

Werke

Loriots enorme Popularität, seine treffsichere Sprache und Komik, die jedoch nie verletzend wirkt, hat dazu geführt, dass manche seiner Formulierungen und Erfindungen im deutschen Sprachraum Allgemeingut wurden. Dazu gehören sicher das Jodel-Diplom, die Steinlaus und der Kosakenzipfel, aber auch Sätze wie "Die Ente bleibt draußen!", "Da hat man was eigenes!", "Ich möchte einfach nur hier sitzen!", "Bitte sagen Sie jetzt nichts ..." oder nur "Ach was!".

Bücher

Die ISBN-Nummer und der Verlag beziehen sich auf die aktuelle Ausgabe.

Kino/Fernsehen

Theater/Oper

Auszeichnungen (Auswahl)

Literatur

Siehe auch

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