Requiem (Mozart)

Werk von Wolfgang Amadeus Mozart
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Das Requiem in d-Moll (KV 626) aus dem Jahr 1791 war Wolfgang Amadeus Mozarts letzte Komposition. Es ist eines seiner beliebtesten und am höchsten geschätzten Werke, obwohl es nur zu etwa zwei Dritteln tatsächlich von Mozart stammt; die Entstehungsgeschichte und Qualität der nachträglichen Ergänzungen wird z.T. heftig diskutiert.

Komposition und Vervollständigung

Die Komposition ist angelegt für Sopran-, Alt-, Tenor- und Bass-Solisten, Chor und ein kleines klassisches Orchester, bestehend aus zwei Bassetthörnern (Altklarinetten), zwei Fagotten, zwei Trompeten, drei Posaunen, Pauken, Streichorchester und Basso continuo (Orgel). Bis zu seinem Tod am 5. Dezember 1791 hatte Mozart lediglich den Eröffnungssatz (Requiem aeternam) mit allen Orchester- und Vokalstimmen niedergeschrieben. Das folgende Kyrie und der größte Teil der Sequenz (vom Dies irae bis zum Confutatis) sind lediglich in den Gesangsstimmen und dem Continuo fertiggestellt, darüber hinaus sind verschiedentlich einige der wichtigen Orchesterpartien kurz skizziert. Der letzte Satz der Sequenz, das Lacrimosa, bricht nach acht Takten ab und blieb unvollständig. In den 1960er Jahren wurde eine Skizze für eine Amen-Fuge entdeckt, die offenbar die Sequenz nach dem Lacrimosa hätte beenden sollen. Die folgenden beiden Sätze des Offertorium, das Domine Jesu und Hostias sind wiederum in den Gesangsstimmen und dem Continuo ausgearbeitet.

Mozart wurde (durch Vermittler, die für den exzentrischen Grafen Walsegg-Stuppach agierten) anonym mit dem Requiem beauftragt und hatte die Hälfte der Bezahlung im Voraus erhalten, so dass seine Witwe Constanze begierig darauf war, dass das unvollständige Werk abgeschlossen wurde, um die Vorauszahlung nicht zurückzahlen zu müssen. Joseph Eybler war der erste Komponist, der mit der Vervollständigung beauftragt wurde, und er hatte auch an den Sätzen vom Dies irae bis zum Lacrimosa gearbeitet, gab den Auftrag dann aber aus unbekannten Gründen zurück.

Die Arbeit wurde einem anderen jungen Komponisten und Schüler Mozarts anvertraut, Franz Xaver Süßmayr, der einiges von Eyblers Notizen entlehnte, als er seine Vervollständigung machte. Süßmayr fügte die Orchestrierung des Kyrie und der Sequenz sowie des Offertoriums hinzu, komplettierte das Lacrimosa und komponierte weitere Sätze: Sanctus, Benedictus und Agnus Dei. Dann ergänzte er die Communio (Lux aeterna), indem er die beiden Eröffnungssätze, die Mozart noch selbst komponiert hatte, wiederholte und ihnen den Text des Lux aeterna unterlegte.

Es ist möglich, dass andere Komponisten Süßmayr geholfen haben könnten oder dass er Skizzen von Mozart unter den Unterlagen für das Requiem entdeckte. Es wird angenommen, dass der ältere Komponist Maximilian Stadler die Orchestrierung des Domine Jesu für Süßmayr vervollständigt hat.

Das komplette Werk, angefangen von Mozart, aber weitgehend von Süßmayr komplettiert, wurde mit einer gefälschten Unterschrift Mozarts versehen und an den Grafen Walsegg-Stuppach versandt – und auf 1792 datiert. Die verschiedenen vollständigen und unvollständigen Manuskripte wurden irgendwann im 19. Jahrhundert aufgefunden, aber viele der dabei Beteiligten hinterließen nur zweideutige Aussagen zu den dazugehörenden Umständen.

Besonders hoch geschätzt werden der Einleitungssatz mit seiner Orchestereinleitung, die lebhafte Kyrie-Fuge, das kraftvolle Dies irae, das Confutatis mit seinen scharfen dynamischen Kontrasten und überraschenden harmonischen Wendungen und das piano beginnende und dann mächtig anschwellende Lacrimosa im Zwölf-Achtel-Takt mit seinen Seufzermotiven.

Ablauf

I. Introitus: Requiem aeternam, Adagio, d (Chor + Soli)

II. Kyrie, Allegro, d (Doppelfuge) (Chor)

III. Sequenz

  1. Dies irae, Allegro assai, d (Chor)
  2. Tuba mirum, Andante, B (Soloquartett)
  3. Rex tremendae, Grave, g (Chor)
  4. Recordare, Andante, F (Soloquartett)
  5. Confutatis, Andante, a (Chor)
  6. Lacrimosa, Larghetto, d (Chor)

IV. Offertorium

  1. Domine Jesu, Andante, g (Chor)
  2. Hostias, Andante, Es (Chor)

V. Sanctus, Adagio, D (Chor)

VI. Benedictus, Andante, B (Soloquartett + Chor)

VII. Agnus Dei, Larghetto, d (Chor)

VIII. Communio: Lux aeterna, Adagio, d + Allegro, d (Doppelfuge) (Chor + Soli)

Moderne Vervollständigungen

Etwa seit den 1970er Jahren haben verschiedene Musikwissenschaftler, unzufrieden mit der traditionellen Süßmayr-Arbeit, alternative Vervollständigungen des Requiems versucht.

  • Marius Flothuis (1941)
  • Franz Beyer (1971/79)
  • Duncan Druce (1992)
  • C. Richard F. Maunder (1986)
  • H. C. Robbins Landon (1991)
  • Robert D. Levin (1993)

"Traditionelle" Ausgaben, einschließlich der Beyer-Edition, versuchen lediglich, Aspekte der Süßmayrschen Orchestrierung in einen Mozart gemäßeren Stil zu bringen, wohingegen Robbins Landon sich für die Vervollständigung der bruchstückhaften Arbeit Eyblers als zuverlässigere Anleitung für Mozarts Intention bediente. Die "radikale" Ausgabe Maunders verwirft vollständig die Süßmayr-Kompositionen, behielt aber das Agnus Dei, nachdem eine umfangreiche Paraphrase aus einer früheren Messe entdeckt wurde. Die Levin-Version ist eher eine Synthese zwischen den beiden Extremen, indem hier die Grundthemen der Süßmayr-Sätze beibehalten, aber neu auskomponiert werden. Maunder und Levin benutzen ferner die Skizze der in den 1960er Jahren entdeckten Amen-Fuge, um ein passendes Ende für das Lacrimosa zu finden.

Mythen

Trotz des Beifalls und der Anerkennung ist das "Requiem" wohl eines der geheimnisvollsten Stücke, die Mozart komponierte – viele Legenden sind darum entstanden, die durch Peter Shaffers Stück Amadeus und den daraus entstandenen Film noch angefacht wurden:

  • Mythos: ein unbekannter Bote bestellt ein Requiem, das für Mozarts eigene Beerdigung zu sein scheint.
    • Realität: Der Auftraggeber war Graf Walsegg-Stuppach, der sich bei der Übergabe des Auftrags wohl tatsächlich anonymer Boten bediente. Die wahre Identität des Auftraggebers wurde Constanze Mozart erst im Jahr 1800 bekannt
  • Mythos: Antonio Salieri half Mozart auf seinem Totenbett bei der Vervollständigung
    • Realität: Vervollständigung durch Süßmayr auf Constanzes Drängen.
  • Mythos: Es wurde auf Mozarts Beerdigung gespielt

Literatur

  • C. Richard F. Maunder, Mozart's Requiem: On Preparing a New Edition, 1988
  • Christoph Wolff, Mozarts Requiem: Geschichte, Musik, Dokumente. Mit Studienpartitur, 1991; 4. korr. Auflage 2003. ISBN 3761812426