Rajneesh Chandra Mohan (* 11. Dezember 1931; † 19. Januar 1990) nannte sich zuerst Acharya Rajneesh (Mitte der Sechziger Jahre bis Anfang der Siebziger Jahre) danach Bhagwan Shree Rajneesh (bis Anfang 1989) und danach bis zu seinem Tod Osho. Er war der Urheber und Mittelpunkt der Neo-Sannyas-Bewegung, einer neuen religiösen Bewegung mit Sitz in Indien und zeitweise auch den Vereinigten Staaten von Amerika und weiterhin vielen Anhängerinnen und Anhängern in der ganzen Welt.
Namen
Das Wort Bhagwan kommt aus dem Sanskrit und bedeutet „Gesegneter“. In Indien werden spirituelle Meister als Bhagwan bezeichnet. Es ist auch der erste Zusatztitel für den Buddha Gautama Siddharta. Shree (auch Shri oder Sri) kommt ebenfalls aus dem Sanskrit und bedeutet „spirituell vermögend“, es wird oft ähnlich wie das englische Wort „Lord“ verwendet. Osho ist ein Titel aus dem Zen-Buddhismus und bedeutet erleuchteter Meister.
Leben
Rajneesh Chandra Mohan wurde in Madhya Pradesh (Indien) als ältester Sohn eines jainistischen Tuchhändlers geboren und von seinen Großeltern aufgezogen.
Im Alter von 21 Jahren soll er nach eigenem Bekunden am 21. März 1953 in einer Vollmondnacht im Garten erleuchtet worden sein. Er erwarb den Magister-Grad in Philosophie und lehrte neun Jahre an der jainischen Universität von Jabalpur. In dieser Zeit entwickelte er meditative Techniken, die von Tantrismus, Buddhismus und westlichen Therapieformen beeinflusst waren.
Rajneesh Chandra Mohan unternahm unter der Bezeichnung „Acharya Shree Rajneesh“ ausgedehnte Vortragsreisen durch Indien, provozierte führende Persönlichkeiten der etablierten Religionen Indiens innerhalb von Diskussionen und entwickelte etliche neue Meditationstechniken - darunter die „Dynamische Meditation“, die „Kundalini-Meditation“ und die "Nataraj-Meditation". Seine unkonventionellen Lehrmethoden führten in der Öffentlichkeit zu einer Polarisierung. Die Presse berichtete durchweg negativ. Seine Methoden zur Entwicklung der Persönlichkeit sowie von Gruppen waren prägend für die westliche Psychotherapie und sind es für viele Therapeuten (humanistische Therapie) noch heute. Viele psychosomatische Kliniken nutzen seine Methoden erfolgreich.
1969 gründete er in Bombay (heute Mumbai) seinen ersten Ashram, den er 1974 nach Poona (heute Pune) verlegte. In der Folgezeit wurde er in Europa und Amerika, insbesondere durch die negative Pressedarstellung, sehr bekannt und fand dort viele Anhänger („Sannyasins“).
Der Ashram in Pune löste sich 1981 im Zuge von Auseinandersetzungen mit den indischen Steuerbehörden vorübergehend auf. Rajneesh siedelte mit seinen Anhängern nach Oregon (USA) über, unter anderem auch auf der Suche nach einer besseren medizinischen Behandlung, da er unter Diabetes und ernsthaften Rückenproblemen litt. Anhänger pachteten auf seinen Wunsch hin für sechs Millionen Dollar die Big Muddy Ranch (früherer Drehort einiger Westernfilme mit John Wayne), auf deren Grund die Gruppierung die Siedlung „Rajneeshpuram“ errichtete.
Es kam bald zu Streitigkeiten mit den Behörden über Bauvorschriften sowie zu Anfeindungen seitens der ansässigen Bevölkerung, die auch Morddrohungen gegen Rajneesh einschlossen. Seine Anhänger ließen sich in Antelope (Oregon), nieder und nutzten bei den Stadtratswahlen ihre Stimmenmehrheit. Kommentare der Sprecherin und Sekretärin Bhagwans, Ma Anand Sheela, verstärkten die Spannungen. Rajneesh selbst äußerte sich während dieser Zeit aufgrund einer Phase des Schweigens nicht. Aufsehen und Kontroversen erregte auch eine Flotte von zeitweise 93 Rolls-Royce, die ihm seine Anhänger schenkten, damit er jeden Tag ein neues Auto fahren konnte. Neben der beabsichtigten Wirkung in der Öffentlichkeit trugen diese PKW aber durch ihren wertgesteigerten Wiederverkauf zur Finanzierung der Kommune bei.
Als die Kommune später Obdachlose aus den ganzen USA in Rajneeshpuram ansiedeln wollte, sah die Bevölkerung darin einen Versuch, im Wasco County (Oregon) die politische Mehrheit zurück zu erringen.
1984 wurde eine bioterroristische Attacke mit Salmonellen, ausgebracht in verschiedenen Restaurants der Kleinstadt The Dalles in Oregon, bei der ca. 750 Menschen erkrankten, dem Führungskreis der Gruppierung zugeschrieben. Rajneesh trennte sich daufhin von Sheela, was auch mit ihrem autoritären Führungsstil begründet wurde.
Im Mai 1985 berief Sheela ein Treffen des Führungskreises ein um die Ermordung von Charles Turner, dem Bundesanwalt für Oregon, der Ermittlungen gegen die Gruppe leitete, zu planen. Catherine Jane Stubbs (Ma Shanti Bhadra) erklärte sich hierzu bereit.
1985 wurde Rajneesh in North Carolina verhaftet, als er die USA verlassen wollte. Am 23. Oktober 1985 wurden Rajneesh, Sheela und sechs Anhänger wegen Einwanderungsdelikten verurteilt. Rajneesh bekam eine Bewährungsstrafe, die unter der Bedingung das Land zu verlassen ausgesetzt wurde. Sein Leibarzt Swami Amrito behauptete danach, er sei im Gefängnis mit einem Schwermetall (Thallium) vergiftet worden, das später nicht mehr nachweisbar sei.
Der Gesundheitszustand Rajneeshs verschlechterte sich ständig. Nach längeren Irrflügen um den Globus, während denen ihm überall auf massives Betreiben der entsprechenden Stellen der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) die Einreise verweigert wurde, kehrte er schließlich in den Ashram in Pune zurück. Dort wurde ihm von seinen Schülern angetragen, den Namen Osho anzunehmen.
Er befasste sich ab dieser Zeit in seinen täglichen Vorträgen ausschließlich mit Zen-Meistern. Vier Jahre nach der Verhaftung starb er am 19. Januar 1990 im Alter von 58 Jahren, in Puna. Seine Asche befindet sich in einem weißen marmornen Meditationssaal des Ashrams. Auf einer Gedenktafel steht: "Never born, Never died: visited the planet Earth between December 11, 1931 and January 19, 1990."
1999 wurde Sheela von einem Schweizer Gericht verurteilt. Im September 2005 wurde Catherine Stubbs wegen einer Verschwörung zur Ermordung Turners schuldig gesprochen.
Werke
Oshos Vorträge und Initiationsgespräche wurden aufgezeichnet und in Buchform in unredigiertem Originalwortlaut und auch als Tonkasetten und Videofilme veröffentlicht. Die frühen in Hindi gehaltenen Vorträge wurden ins Englische übersetzt. Später sprach er durchwegs in druckreifem Englisch. Viele Bände sind auch in Deutsch und viele anderen Sprachen übersetzt worden. So entstanden über 400 Bände von durchschnittlich 250 Seiten (ohne Berücksichtigung der Übersetzungen und thematischen Neuzusammenstellungen). Zwei Jahre nach seinem Tod wurde die komplette Ausgabe seiner Bücher in die Bibliothek des indischen Parlaments aufgenommen.
Bekannt sind z.B.:
- Hammer on the Rock. Initiationsgespräche
- Diskurse zum Vigyan Bhairav Tantra, 5 Bde. ISBN 3933556163
- Meditation, die erste und letzte Freiheit, ISBN 3925205373
- Autobiographie eines spirituellen Provokateurs, ISBN 3453872878
- Guida Spirituale (Desiderata)
- The Book of the Books (Dhammapada)
- Tao, The Three Treasures
- The Book of the Secrets (Tantra)
- Philosophia Ultima (Mandukya Upanishad)
- The Rajneesh Upanishad (gemischt)
- No Water, no Moon (Zen)
- This very Body, the Buddha (Zen)
- Zen, The Special Transmission
- The Goose is Out (Zen)
Wertung
Die Faszination seines Wirkens - insbesondere auf westliche Menschen - liegt zum einen sicherlich in seiner charismatischen Persönlichkeit begründet, zum anderen in der spezifischen Mischung aus alternativen Therapieformen und Bezugnahmen auf verschiedene spirituelle Traditionen (u.a: Tantrismus, Zen). Er lehnte es entschieden ab, eine dogmatisierbare „Lehre“ zu erstellen. Deshalb äußerte er sich auch bewusst widersprüchlich.
Im Zentrum seiner Reden standen Themen wie Liebe, Sexualität und Meditation, immer gewürzt mit Witzen, die seine Darlegungen illustrierten. Auch die Überbetonung des rationalen Elementes beim modernen westlichen Menschen unterzog er immer wieder unter Rückgriff auf die Humanistische Psychologie (z.B. Wilhelm Reich, Arthur Janov, Fritz Perls) der Kritik. „Die Erfahrungen in den therapeutischen Gruppen und die Tanzmeditation sollen nun die blockierten Energien lockern, aufgestaute Aggressionen und Sexualität freisetzen und dadurch Selbsterfahrung und Bewußtheit ermöglichen.“ (zit. nach: Reller/Kießig/Tschoerner: Handbuch Religiöse Gemeinschaften. Gütersloh 1993. S. 694). Diese Rationalitäts-Kritik sollte nicht, wie vielfach angenommen, den gesunden Menschenverstand und die Kritikfähigkeit ausschalten. Vielmehr sollte erreicht werden, dass der Verstand nicht den Menschen (damit auch seine Seele bzw. Gefühle) kontrolliert, sondern es zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Denken, Fühlen und Handeln kommt und der Mensch dadurch in der Lage ist selbstverantwortlich im hierjetzt zu leben, zu handeln und zu feiern.
In öffentlichen Debatten forderte er in Indien die führenden Schichten von Politik und Religionen heraus. Teilweise machte er sie während dieser Podiumsdiskussionen vor einer großen Zuhörerschaft lächerlich. Durch die Aussage, "dass alle Religionen nur die Vergiftung des menschlichen Verstandes zur Folge haben", sagte ihm vor allem die christliche Kirche den Krieg an.
Viele Anhänger Oshos haben immer wieder über öffentlich angeprangerte "Missstände und Verfehlungen" (Missbrauch von Macht und Geld, Steuerhinterziehung) in Poona und Oregon hinweggesehen. Tatsächlich war Osho jedoch zu keinem Zeitpunkt rechtlich an der Gesamtunternehmung seines Ashrams beteiligt, weder als Eigentümer, noch als Geschäftsführer. Vielmehr war er reine Privatperson und genoß den unabhängigen Status eines Gastes der Einrichtungen.
Ein Hauptkritikpunkt an Osho ist die anscheinend unpassend wirkende Verbindung von „erleuchtet sein“ und dem Besitz oder der Nutzung von Luxusgütern, wie beispielsweise den vielen Rolls-Royce (die rechtlich nicht sein Eigentum waren, sondern einem Kreis von Anteilseignern gehörten und durch ihren höherwertigen Wiederverkauf zur Finanzierung der Kommune beitrugen). Er bestritt entschieden, dass Religiosität mit Armut und materieller Enthaltung zusammen gehöre, weil ein Leben in Armut dem Streben nach innerem Wachstum nicht dienlich sei. So provozierte er die Anhänger einer - traditionell - enthaltsamen Religionsauffassung absichtlich durch seinen eigenen Lebensstandard und empfahl auch seinen Anhängern, ein Leben in Freude und Wohlstand anzustreben.
Nach Oshos Tod rückte ein enger Kreis von 21 Mitgliedern unter der Leitung von Swami Jayesh O'Byrne und Amrito, dem Leibarzt Oshos, an die Spitze der Bewegung. Entscheidungen durften nur einstimmig gefällt werden, was dazu führte, dass von den ursprünglichen Mitgliedern heute nur noch eine Handvoll die Geschicke des Ashrams bestimmt. Größtenteils befindet sich der Campus im Privatbesitz einiger „Sannyasins“. Besonders umstritten ist der Verstoß gegen die Anordnung des Meisters, seine Werke (Bücher und CDs), die in Millionenauflage erschienen sind und weiter erscheinen, nur gegen Selbstkostenpreis abzugeben. Mittlerweile besitzt „Osho International“ um O'Byrne das Copyright und ist damit alleiniger Nutznießer der Millionentantiemen.
Weblinks
- Osho offizielle Website
- The Rise and Fall of Rajneeshpuram
- Osho World
- Friends of Osho
- Sannyas World
- Sannyas News
- Osho-UTA-Institut Köln
- OSHOTIMES - "Sharing a Vision" (dt.)
- Osho Manjusha - das Meditationszentrum im Erzgebirge
- http://www.religioustolerance.org/rajneesh.htm
- "The Lost Truth" by Christopher Calder - a warts and all account
- "Bhagwan or The Dilemma of a Human Religion" - Article
- Osho Film Festival Archiv mit Beschreibungen zu Filmen über Osho
Personendaten | |
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NAME | Rajneesh Chandra Mohan |
ALTERNATIVNAMEN | Bhagwan Shree Rajneesh |
KURZBESCHREIBUNG | Gründer und Führer einer umstrittenen religiösen Bewegung in Indien und zeitweise auch den USA |
GEBURTSDATUM | 11. Dezember 1931 |
STERBEDATUM | 19. Januar 1990 |