Homogene Funktion

mathematische Funktion
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Eine mathematische Funktion heißt homogen vom Grad , wenn bei proportionaler Änderung aller Variablen um den Proportionalitätsfaktor sich der Funktionswert um den Faktor ändert.

Funktionen dieses Typs sind zum Beispiel in den Wirtschaftswissenschaften und in den Naturwissenschaften wichtig.

Definition

Eine Funktion auf dem  -dimensionalen reellen Koordinatenraum

 

heißt homogen vom Grad   genau dann, wenn für alle  

 

gilt.

Beispiele aus den Wirtschaftswissenschaften

In der Mikroökonomie ist eine (Produktions-)Funktion homogen vom Grad  , wenn für eine beliebige reelle Zahl  

 

erfüllt ist.

Ist  , heißt die Funktion überlinear homogen, bei   linear homogen und sonst ( ) unterlinear homogen. Bei einer linear homogenen Produktionsfunktion führt eine Erhöhung des Faktoreinsatzes um   Prozent zur Erhöhung des Outputs um   Prozent.

Bei homogenen Produktionsfunktionen stimmt der Homogenitätsgrad mit der Skalenelastizität (nur in einer Richtung) überein. Überlinear homogene Produktionsfunktionen weisen steigende, linear homogene konstante und unterlinear homogene abnehmende Skalenerträge auf. Der Umkehrschluss, von Skalenerträgen auf den Homogenitätsgrad zu schließen, ist jedoch nicht möglich, weil bei Skalenerträgen auch das Faktoreinsatzverhältnis zu ihrer Erzielung geändert werden kann, zur Feststellung der Homogenitätseigenschaft jedoch nicht.

Individuelle Nachfragefunktionen   stellen einen Zusammenhang zwischen Preisen  , Einkommen   und den nachgefragten Mengen   nach den Gütern dar. Kommt es z. B. im Zuge einer Währungsumstellung (von DM zu Euro) zu einer Halbierung aller Preise und der Einkommen und wird dies von den Individuen vollständig berücksichtigt (Freiheit von Geldwertillusion), so werden sich die nachgefragten Mengen nicht ändern. Das heißt, es gilt:

 

Nachfragefunktionen sind somit homogen vom Grad 0 in den Variablen Preise und Einkommen (Nullhomogenität).

Produktionsfunktionen   stellen einen Zusammenhang zwischen Inputs   und dem zugehörigen Output   her. Kommt es dann in der Produktion jeweils bei proportionaler Änderung (z. B. Verdoppelung) aller Inputs zu einer entsprechenden proportionalen Änderung (Verdoppelung) des Outputs, so gilt:

 

Eine solche Produktionsfunktion wäre dann homogen mit dem Homogenitätsgrad 1 (linear homogen).

Homothetie

Bei ordinalen Nutzenfunktionen ist die Annahme der Homogenität nicht sinnvoll, weil eine streng monoton wachsende Transformation   einer Nutzenfunktion   dieselben Präferenzen repräsentiert wie die Funktion   selbst. Eine homothetische Nutzenfunktion ist eine streng monoton wachsende Transformation einer homogenen Nutzenfunktion.[1] Bei Nutzenfunktionen mit dieser Eigenschaft verlaufen die Engelkurven linear.

Beispiel: Sei   und  . Offensichtlich ist die Nutzenfunktion linear-homogen. Ihre Transformation ist inhomogen, aber homothetisch; sie repräsentiert dieselbe Präferenzordnung.

Positive Homogenität

Eine Funktion   heißt positiv homogen vom Grad  , falls

 

für alle   und alle   gilt.

Im Unterschied zu homogenen Funktionen brauchen positiv homogene Funktionen nur auf   definiert zu sein und der Homogenitätsgrad   kann jede beliebige reelle Zahl sein.

Für solche Funktionen gibt der Eulersche Satz (oder Euler-Theorem) über positiv homogene Funktionen eine äquivalente Charakterisierung an:

Eine differenzierbare Funktion   ist genau dann positiv homogen vom Grad   wenn gilt

 

für alle  .

Eine positiv homogene Funktion kann also auf einfache Weise durch die partiellen Ableitungen und Koordinaten dargestellt werden.

Diese Tatsache wird in der Physik sehr häufig benutzt, vor allem in der Thermodynamik, da die dort auftretenden intensiven und extensiven Zustandsgrößen homogene Funktionen nullten bzw. ersten Grads sind. Konkret benutzt man dies z. B. in der Herleitung der Euler-Gleichung für die innere Energie.

In den Wirtschaftswissenschaften folgt aus dem Euler'schen Theorem für Produktionsfunktionen vom Homogenitätsgrad 1 bei den Faktorpreisen   und dem Güterpreis  

 

Bei linear homogenen Produktionsfunktionen ist der Wert des Produkts gleich den Faktorkosten (siehe auch: Ausschöpfungstheorem).

Herleitung des Euler-Theorems

Gegeben sei zunächst eine positiv homogene differenzierbare Funktion  . Es gilt also  . Differentiation der linken Seite nach   liefert mit der Kettenregel

 

Differentiation der rechten Seite nach   liefert hingegen

 

Durch Einsetzen von   folgt die Eulersche Homogenitätsrelation.

Umgekehrt sei nun eine differenzierbare Funktion   gegeben, die die Eulersche Homogenitätsrelation erfüllt. Zu gegebenem   betrachten wir die reelle Funktion  . Wegen der Homogenitätsrelation erfüllt   die Differentialgleichung erster Ordnung

 

mit der Anfangsbedingung  . Die einzige Lösung dieses Anfangswertproblems ist offenbar  . Das bedeutet aber, dass  .

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Varian, Hal (1992) Microeconomic Analysis, S. 146 f.