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Erdölraffinerie

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Datei:Schema der Erdoelaufarbeitung.png
Vereinfachtes Schema der Erdölaufarbeitung in einer Raffinerie

Eine Erdölraffinerie ist ein Industriebetrieb, der aus dem Naturstoff Erdöl durch Destillation, Reinigung (Entschwefelung) und Veredelung (Reformierung) höherwertige Produkte herstellt.

Das Naturprodukt Erdöl wird in der Raffinerie vor der Verarbeitung Rohöl und nach der Verarbeitung Mineralöl genannt.

Geschichte

Die ersten Raffinerien entstanden bereits zum Beginn der Mineralöl-Ära, also Mitte des 19. Jahrhunderts. Der erste Raffineriebetrieb soll 1856 in Ploieşti (Rumänien) eingerichtet worden sein. Die historische Bohrung von Edwin Drake im August 1859 in Titusville (Pennsylvania) (USA) gilt allgemein als Beginn der Petroleumindustrie. Sehr schnell begannen die aus Erdöl gewonnenen Leuchtöle die bis dahin aus Tierfetten, insbesondere Waltran, gewonnenen Lampenbrennstoffe zu ersetzen, wozu, zunächst durch einfache Destillation, eine Aufbereitung des Erdöls notwendig war. Die Verwertung weiterer aus dem Erdöl gewonnener Produkte und insbesondere die schnelle Verbreitung der Verbrennungsmotoren nach dem ersten Weltkrieg erforderte nicht nur den Bau zahlreicher neuer Raffinerien, sondern führte auch zu einer rasanten Weiterentwicklung der in einer Raffinerie verwendeten Verfahren. Wie in vielen anderen Industriezweigen haben sich die Anforderungen an eine Raffinerie, insbesonders an die Produkte im Laufe der Jahre geändert. Grundsätzlich ist hier das Anpassen der Produktspezifikation zu nennen, die sich in den letzten Jahren aufgrund der Gesetze ( Umwelt und Gesundheit ) geändert haben. So sank der erlaubte Schwefelgehalt bei den Kraftstoffen sowie beim Heizöl. Bei den Vergaserkraftstoffen sanken die Benzol- und die Aromatenspezifikationen.

Technik

Das von der Lagerstätte per Schiff oder Pipeline angelieferte Rohöl wird in den nachfolgenden Prozessschritten verarbeitet:

Erdölreinigung

Das Rohöl ist bereits an der Lagerstätte von Sand und Wasser abgetrennt worden. Um Korrosion in den Anlagen vorzubeugen wird das Rohöl entsalzt (auf Salzgehalte <10ppm), indem in Kugelentsalzern eine Rohöl-Wasser-Emulsion hergestellt wird. Das Salz löst sich in der wässrigen Phase dieser Emulsion. Die wässrige Phase wird danach vom Rohöl in der Raffinerie getrennt.

Primärverarbeitung

Datei:Öl.PNG

Destillationskolonne

Nach der Entsalzung wird das Rohöl in zwei Stufen erwärmt. Die Vorwärmung geschieht in Wärmetauschern durch Wärmerückgewinnung von ablaufendem Produkt. Die Spitzenvorheizung erfolgt durch Öfen bis auf etwa 400° C. Das erhitzte Öl wird durch Rektifikation in einer bis zu 50 m hohen Kolonne in seine Bestandteile aufgetrennt. Das Rohöl tritt in einer 2-Phasen Strömung ( Gas/Flüssig) in die Kolonne ein. Das Temperaturprofil fällt nach oben hin ab! Da die Temperatur im Sumpf am höchsten ist und die leichten Bestandteile somit nicht kondensieren steigen die leichten Bestandteile gasförmig weiter nach oben. Im Kopf der Kolonne fällt Gas und Leichtbenzin (Naphtha) an, darunter Kerosin, Zwischenprodukt für Flugbenzin, Dieselkraftstoff und leichtes Heizöl. Weiter unten Gasöl (Heizöl- und Diesel-Ausgangsstoffe) und im Sumpf – Fuß der Kolonne – der Rückstand. Diese erste Rektifikation findet bei atmosphärischem Druck statt und wird daher atmosphärische Rektifikation genannt. Der Rückstand wird in einer weiteren Rektifikationskolonne bei Vakuum erneut destilliert, um ihn in weitere Produkte aufzutrennen (siehe Vakuumdestillation). Eine Vakuumrektifikation ist nötig, da die Kettenlänge der schwersiedenden Kohlenwasserstoffe (KWs) größer ist und diese KWs bei hohen Temperaturen dazu neigen thermisch zu cracken als sich destillativ trennen zu lassen (Van der Waalsche Kräfte).

Veredelungsverfahren

Nach der Primärverarbeitung werden eine Reihe von Veredlungsverfahren angewendet, um Katalysatorschadstoffe abzutrennen und um die Qualität der Zwischenprodukte zu verbessern - fast alle Mineralölprodukte, die die Raffinerie verlassen sind nicht nur einfach aus Erdöl destilliert / rektifiziert. So werden Vergaserkraftstoffe, Dieselkraftstoff, das Heizöl (extraleicht) für Immobilien und das für Industrieanlagen ( Heizöl schwer ) aus verschiedenen Zwischenprodukten / Komponenten zusammengemischt, die bei unten genannten Herstellungsprozessen erzeugt werden.

Hydrotreating

Beim Hydrotreating werden einzelne Zwischenprodukte ( z.B. Naphtha oder Gasöl) mit Wasserstoff in chemische Reaktion gebracht. Dabei werden sauerstoff-, stickstoff- und schwefelhaltige Kohlenwasserstoffmoleküle von den Heteroatomen (Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel) gereinigt.

Am Beispiel die Umsetzung von Merkaptanen:

Die Umsetzung von Alkoholen:

Die Umsetzung von Aminen:

Das Hydrotreating läuft bei Temperaturen von 300-400°C ab, eingesetzt werden dabei Katalysatoren aus Nickel, Molybdän oder Cobalt auf Aluminiumoxid. Der gewonnene Schwefelwasserstoff (H2S) wird in einer Claus-Anlage zu reinem Schwefel umgesetzt.

Reforming

Das Reforming hat zum Ziel, die Oktanzahl des Rohbenzins (Siedebereich 75- 180 °C) zu erhöhen und aromatische Kohlenwasserstoffe zu erzeugen. Weiterhin erhält man Wasserstoff als Produkt, der in den Hydrotreating-Prozessen und in Hydrocracking-Prozessen eingesetzt wird. Das Reforming läuft bei ca. 500 °C und 5-40 bar in einem Wanderbettreaktor ab. Eingesetzt werden dabei bifunktionelle Katalysatoren (Platin, Zinn auf Aluminiumoxid oder Zeolithen). Typische Reaktionen beim Reforming sind:

  • Ringschluß:
  • Dehydrierung:
  • Isomerisierung:

Daneben treten auch Hydrocracking-Reaktionen auf.

Konversionsverfahren

Konversionsverfahren sind Crack-Prozesse. Beim Cracken werden Kohlenwasserstoffe hoher Kettenlänge in Kohlenwasserstoffe niedriger Kettenlänge gespalten. Ursache dafür ist, dass der Markt mehr kurzkettige Kohlenwasserstoffe (Benzin, Diesel, leichtes Heizöl) fordert, als im Erdöl enthalten ist. Langkettige Kohlenwasserstoffe (schweres Heizöl) werden dagegen kaum noch angefordert, sodass Verfahren entwickelt wurden, langkettige Kohlenwasserstoffe in kurzkettige zu spalten.

Es gibt zwei Hauptgruppen beim Cracken: Thermisches Cracken und katalytisches Cracken. Diese beiden Gruppen unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass beim thermischen Cracken keine Katalysatoren eingesetzt werden. Dadurch können dem thermischen Cracken auch Rückstände der Erdöldestillation zugeführt werden, die wegen ihres Gehalts an Schwermetallen und Schwefel den Katalysator beim katalytischen Cracken beschädigen würden. Siehe auch Cracken.


Datei:Raffinerie.jpg
OMV Raffinerie Schwechat

Produkte

Die Fertigprodukte können gasförmig, flüssig oder fest sein. (Aggregatzustand)

Die Mengenanteile an Fertigprodukten ist einerseits von den eingesetzten Rohölsorten, andererseits von den in der Raffinerie vorhandenen Art an Verarbeitungsanlagen abhängig. So enthalten „leichte“ Rohöle relativ hohe Anteile an leichten Produkten, d. h. solche mit geringer Dichte (Flüssiggas, Kerosin, Benzin, Diesel), „schwere“ Rohöle dagegen größere Anteile an schweren Produkten, wie schweres Heizöl und Bitumen. In modernen Raffinerien kann ein Teil dieser schweren Bestandteile in leichtere umgewandelt werden (z. B. durch „Cracken“ - s. o.), so dass eine solche Raffinerie mehr schweres Rohöl verarbeiten kann, welches im allgemeinen billiger ist als leichtes.

  • Prozentual gestaltet sich die Ausbeute einer modernen Raffinerie in etwa wie folgt:
    • 3 % Flüssiggas (Propan, Butan)
    • 9 % Rohbenzin, Naphtha
    • 24 % Vergaser- / Ottokraftstoff
    • 4 % Flugturbinenkraftstoff, Kerosin
    • 21 % Dieselkraftstoff
    • 21 % leichtes Heizöl
    • 11 % schweres Heizöl
    • 3,5 % Bitumen
    • 1,5 % Schmierstoffe
    • Rest : sonstige Produkte, Eigenverbrauch, Verluste


Eine Raffinerie in der Dämmerung

Bestandteile einer Raffinerie

Die Verarbeitungsanlagen einer Erdölraffinerie bestehen aus vielen Anlagenteilen:

Außerdem gehört zu einer Raffinerie:

  • Die Verwaltung
  • Das Labor
  • Werkstätten und Ersatzteillager
  • Kraftwerk
    • Dampferzeugung
    • Stromversorgung
  • Abwasserkläranlagen
  • Werksfeuerwehr
  • Erste Hilfe Station
  • Wirtschaftsgebäude mit Kantine

Berufsbilder

Standorte deutscher, österreichischer und schweizerischer Raffinerien

MiRO Karlsruhe

Österreich:

Schweiz:

Wiktionary: Erdölraffinerie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Erdölraffinerie – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien