Multiview Video Coding (MVC) ist eine Ergänzung zum Videokompressionsstandard H.264/MPEG-4 AVC für stereoskopische Anwendungen.

Beschreibung
Nach den bereits im Jahre 2005 patentierten Entwicklungen, stereoskopische Videoaufnahmen mit MPEG-2-Kodierungen zu realisieren[1], wurde von der Moving Picture Experts Group und dem Joint Video Team gemeinsam der Multiview-Video-Coding-Standard entwickelt, um auch Signale von mehreren simultan aufgenommenen Videokameras in einem Codec abspeichern zu können. Im Juli 2008 hat die Moving Picture Experts Group offiziell die Ergänzung des Standards Advanced Video Coding (AVC) zum Multiview Video Coding verabschiedet.[2]
Anwendungen
Anwendungen sind insbesondere das 3D-Fernsehen und das stereoskopische Betrachten von Spiel- und Trickfilmen.[3] Auch für Anwendungen der virtuellen Realität, wie das sogenannte Free Viewpoint Video (FVV) beziehungsweise das Free Viewpoint Television (FTV), bei dem der Betrachter seinen Standpunkt und die Betrachtungsrichtung selber bestimmen kann, kann der Standard angewendet werden.
Wiedergabe
Das Multiview Video Coding ist dabei unabhängig vom Wiedergabeverfahren, kann also zum Beispiel mit digitalen Bildschirmen oder Projektoren wiedergegeben werden. Um die Bilder zu betrachten, werden meist Shutterbrillen verwendet, die die Bilder mit Hilfe von elektronisch steuerbaren Flüssigkristallschichten abwechselnd auf die beiden Augen des Betrachters lenken. Die Wechselfrequenz ist dabei so hoch, dass sie vom Betrachter nicht bemerkt wird.
Alternativ gibt es Verfahren, die die beiden stereoskopischen Bilder zum Beispiel mit zwei Projektoren gleichzeitig mit senkrechten Polarisationsrichtungen erzeugen, so dass diese mit Polarisationsbrillen betrachtet werden können, die mit zwei senkrecht zueinander ausgerichteten Polarisationsfiltern und demzufolge ohne elektronische Hilfsmittel ausgestattet sind.
Auch für mobile Wiedergabegeräte sind entsprechende Entwicklungen in Arbeit.[4]
Weiterhin kann MVC auch für die Betrachtung von dreidimensionalen Bildern ohne Hilfsmittel verwendet werden. Hierbei wird der Tiefeneindruck durch Autostereoskopie erzeugt.
Open Source Software
Seit 2011 hat die Verbreitung von MVC-Kodierten Videomaterial durch die Blu-ray Disc 3D sowie durch 3D-Camcorder der Firma Sony zugenommen
Wegen der Patente auf den MVC Codec gab es zunächst nur kommerzielle Software, die das Dekodieren bzw. Erstellen von MVC Videos ermöglicht. Seit Ende 2013 gibt es ein Kommandozeilen-Programm mit Namen FRIM [5] geschrieben von einem Software-Entwickler namens "videohelp3d" [6] Damit können MVC Videos in ein anderes Format und in Clips für jeweils das linke und rechte Auge umgewandelt werden.
So populär Open Source H.264 und HEVC (H.265) Dekoder sind, wie sie in den FFmpeg und Libav Bibliotheken vorhanden sind, ignorieren sie einfach die zusätzliche Information für den zweiten (rechtsäugigen) View und stellen diesen View für Stereoskopische Views nicht dar. In den meisten Fällen wurde in der Software-Designphase für die Kernfunktionalität von H.264 und HEVC Dekodern eine Erweiterung auf MVC nicht genügend berücksichtigt. Dies zieht nachträgliche aufwendige Umstellungen des Programm-Codes (Refactoring) und große Änderungen an der vorliegenden Software-Architektur nach sich, mit Aktivitäten, wie Entwirren und Neuanordnung von gewachsenem Quellcode sowie Aufspalten verschiedener Funktionen in vorhandenem Dekoder-Quellcode in kleinere Einheiten, um Software-Erweiterungen wie die MVC-Unterstützung einfacher hinzuzufügen.[7]
Im Rahmen von Forschungsarbeiten wurden bestehende Dekoder zwar um MVC-Unterstützung erweitert, jedoch flossen deren Ergebnisse bisher nicht in den Haupt-Entwicklungszweig für offizielle Releases von FFmpeg or Libav ein.[8][9]
Mit der Veröffentlichung der Version 0.98 der DirectShow Media Splitter and Decoders Collection LAV Filters [10] durch den Autor "Nevcairiel" (der auch an dem Media Player Classic - Home Cinema (MPC-HC) arbeitet) am 08.03.2016 verbesserte sich die Situation. Denn diese Version unterstützt das Demultiplexen und Dekodieren von H.264 MVC 3D. Mit Hilfe dieser Version und FRIM ist es möglich, ein AviSynth-Skript zu schreiben, welches einen H.264 MVC 3D Video Clip beim Öffnen in eine Nebeneinander-Ansicht umwandelt. Diese kann dann von dem freien 3D Video Player Bino [11] geöffnet und dann als beispielsweise als Rot-Cyan Anaglyph 3D Video dargestellt werden.
Die Verwendung des AviSynth Plugin (FRIMSource) ist auf der "videohelp3d" Homepage beschreiben. LAV Filters kann verwendet werden um den Ton des Original MVC-Videoclips zu verwenden. Dessen Entwickler [12] bekräftigte seine Absicht, in einem zukünftigen Release eine direkte Umwandlung eine MVC-Videoclips (ohne den Umweg über AviSynth in eine Nebeneinander-Ansicht.
Einzelnachweise
- ↑ TD Vision, Method and System for Digital Coding 3D Stereoscopic Video Images
- ↑ Mitsubishi Electric Research Laboratories – Multiview Video Coding project
- ↑ Technologies – Introduction to 3D Video
- ↑ NOKIA – Mobile 3D Video
- ↑ http://www.videohelp.com/software/FRIM Videohelp download page Abgerufen 2016-03-30
- ↑ http://forum.doom9.org/showthread.php?t=169651 developers page of "videohelp3d" Abgerufen 2016-03-30
- ↑ blogs.gentoo.org/lu_zero/2014/04/04/the-road-to-mvc/ The road to MVC
- ↑ http://www.nt.uni-saarland.de/fileadmin/file_uploads/theses/master/Optimized_implementation_of_a_MVC_decoder.pdf Jochen Britz – Optimized implementation of an MVC decoder – Master’s Thesis in Computer and Communication Technology
- ↑ https://github.com/Britz/FFmpeg Britz – In terms of my master thesis, I work on a H.264 MVC implementation in libvacodec based on H.264 Annex H.
- ↑ https://github.com/Nevcairiel/LAVFilters GitHub repository des Projekts LAV Filters Abgerufen 2016-03-30
- ↑ http://bino3d.org/index.html Home page of Bino - a free 3D video player Abgerufen 2016-03-30
- ↑ http://forum.doom9.org/showthread.php?t=156191&page=1029 Entwickler-Homepage von "Nevcairiel" (am Seitenende) Abgerufen 2016-03-30