Carl-Gottlieb Bennholdt-Thomsen

deutscher Pädiater und Hochschullehrer
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Carl-Gottlieb Bennholdt-Thomsen (* 31. März 1903 in Hamburg; † 25. April 1971 in Köln) war ein deutscher Pädiater und Hochschullehrer.

Leben

Der Kaufmannssohn beendete seine Schullaufbahn mit dem Abitur und begann danach ein Studium der Rechtswissenschaft und Nationalökonomie. Er wechselte bald zum Fach Medizin, das er in Hamburg, Freiburg, Berlin, Kiel und Tübingen studierte. Approbiert und zum Dr. med. promoviert verbrachte er seine Assistentenzeit von 1930 bis 1932 bei Meinhard von Pfaundler an der Universitäts-Kinderklinik München und als Oberarzt bei Bernhard de Rudder ab 1932 an der Universitäts-Kinderklinik in Greifswald, wo er sich 1935 habilitierte. Er folgte de Rudder 1935 an die Universitäts-Kinderklinik Frankfurt am Main, wo er unter diesem ebenfalls als Oberarzt und auch als Privatdozent wirkte.

Zur Zeit des Nationalsozialismus trat er 1935 dem NS-Dozentenbund, 1936 dem NS-Ärztebund und 1937 der NSDAP (Mitgliedsnr. 5.427.160) bei.[1] Er gehörte auch der NSV an.[2] Zudem war er als Gebietsarzt der HJ in Hessen-Nassau tätig.[3]

Während des Zweiten Weltkrieges übernahm er 1940 zunächst kommissarisch die Leitung der Universitäts-Kinderklinik in Prag. An der Reichsuniversität Prag wurde er 1942 zum außerordentlichen Professor ernannt und übernahm dort als Nachfolger von Hermann Mai 1943 das Ordinariat für Kinderheilkunde.[1] Bennholdt-Thomsen wurde angefragt, ob er im Rahmen der Kindereuthanasie die Leitung einer Kinderfachabteilung an der Prager Kinderklinik übernehmen wolle. Obwohl die Vorbereitungen dazu schon weit fortgeschritten waren ist nicht gesichert, ob und wann dort eine Kinderfachabteilung eingerichtet wurde. Bennholdt-Thomsenwar Kinderarzt der Kinder von dem Staatssekretär beim Reichsprotektor in Böhmen und Mähren Karl Hermann Frank.[4] Zudem war er Beratender Arzt der Reichsjugendführung im Protektorat Böhmen und Mähren.[3]

Zum 1. April 1945 wurde auf den vakanten Lehrstuhl für Kinderheilkunde der Universität Hamburg berufen, konnte das Hochschulamt jedoch erst nach Kriegsende antreten. Da der bisherige Rudolf Degkwitz nach seiner Flucht aus dem Zuchthaus Celle und anschließendem Abtauchen zeitgleich wieder in Hamburg eintraf, konnte er den Posten des Direktors der Universitäts-Kinderklinik nicht antreten.[5] Im November 1947 folgte er dem Ruf auf den Lehrstuhl für Kinderheilkunde an die Universität zu Köln, wo er zudem Direktor der Universitätsklinik Köln-Marienburg wurde.[1] Er wurde 1968 emeritiert.

Bennholdt-Thomsen gehörte diversen wissenschaftlichen Vereinigungen an und war Mitherausgeber pädiatrischer Fachzeitschriften. Seit 1952 war er Mitglied der Leopoldina.[6]

Schriften (Auswahl)

  • Über Blutungen in die weichen Hirnhäute, Hamburg, Med. Diss., 1930
  • Das Verhalten eines gegen den Bordet-Gengou-Bacillus spezifischen Amboceptors bei Mutter und Kind : (Tierexperiment. Studie), Greifswald, Med. Hab.-Schr. 1935 (Aus: Zeitschrift f. Kinderhellkunde Bd 57, 1935)
  • Das gefährdete Kind : sein Lebensraum in d. Massenges., Goldmann, München 1973

Literatur

  • Hans Reddemann: 100 Jahre Promotionen und Habilitationen an der Kinderklinik Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Vorpommern : zu Ehren der 550-Jahrfeier der Ernst-Moritz-Arndt-Universität der Hansestadt Greifswald/Vorpommern, Greifswald 2004, ISBN 3-00-013319-4.
  • Hubert Harbauer: Gedenkrede auf Carl-Gottlieb Bennholdt-Thomsen: gehalten am 3. Dezember 1971 zu Köln, Scherpe, Krefeld 1972.
  • Michal Simunek: Getarnt - Verwischt - Vergessen. Die Lebensgänge von Prof. Dr. med. Franz Xaver Luksch und von Prof. Dr. med. Carl Gottlieb Bennholdt- Thomsen im Kontext der auf dem Gebiet des "Protektorates Böhmen und Mähren" durchgeführten NS-Euthanasie. In: Karen Bayer, Frank Sparing, Wolfgang Woelk: Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit., Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004, S. 125ff.

Einzelnachweise

  1. a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 38
  2. Sascha Topp: Shifting Cultures of Memory: The German Society of Pediatrics in Confrontation of ist Nazi Past. In: Volker Roelcke, Sascha Topp, Etienne Lepicard (eds.): Silence, Scapegoats, Self-Reflection: The Shadow of Nazi Medical Crimes on Medicine and Bioethics, Vandenhoeck & Ruprecht / V & R unipress, Göttingen 2014, S. 162
  3. a b Michael Buddrus: Totale Erziehung für den totalen Krieg. Hitlerjugend und nationalsozialistische Jugendpolitik. Saur, München 2003, ISBN 3598116152, S. 914
  4. Sascha Topp: Geschichte als Argument in der Nachkriegsmedizin. Formen der Vergegenwärtigung der nationalsozialistischen Euthanasie zwischen Politisierung und Historiographie. V&R unipress, Göttingen 2013, ISBN 9783847001270, S. 145
  5. Hendrik van den Bussche (Hrsg.): Medizinische Wissenschaft im „Dritten Reich“. Kontinuität, Anpassung und Opposition an der Hamburger Medizinischen Fakultät, Berlin 1989, S. 93
  6. http://www.leopoldina.org/de/mitglieder/mitgliederverzeichnis/member/1884/