Robert Hackelöer-Köbbinghoff

deutscher Versicherungsmanager
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Robert Hackelöer-Köbbinghoff († 29. Januar 1924) war von 1909 bis zu seinem Tod Generaldirektor der Nordstern-Versicherung.

Leitung der Nordstern-Versicherung

Von 1871 bis 1901 wurde die „Nordstern“ durch Franz Gerkrath als Generaldirektor geleitet. Nach seinem Tode 1901 übernahm sein Sohn Albrecht Gerkrath (1872–1909) seine Nachfolge. Hackelöer-Köbbinghoff wurde 1909 als sein Nachfolger Generaldirektor der Nordstern-Versicherung. In den 15 Jahren unter seiner Leitung stieg der Konzern zu einem der größten Versicherer in Deutschland auf, überstand den Ersten Weltkrieg und die Hyperinflation.

1909 bestand die Nordstern-Gruppe aus zwei Gesellschaften. Die Nordstern Lebensversicherung und die Nordstern Unfall. Die Unfallversicherung gab nach dem Amtsantritt von Hackelöer-Köbbinghoff das Kleinlebensversicherungsgeschäft auf. Mit dieser strategischen Entscheidung entfiel die soziale Zielsetzung der Gesellschaft und die damit verbundene Dividendenbeschränkung. 1911 begann man mit dem neuen Geschäftsfeld der Autoversicherung, 1911/12 wurde die Feuer- und Einbruchdiebstahlsversicherung neu angeboten und die Firma entsprechend in Nordstern Unfall- und Haftpflicht-Versicherungsgesellschaft AG geändert. In diesem Zusammenhang erfolgte eine Kapitalerhöhung auf 6 Millionen Goldmark. Die Prämieneinnahmen erreichten 1914 5,9 Millionen Mark. 1914 hatte die Nordstern Lebensversicherung einen Marktanteil von 4 % und 28 Millionen Mark Prämieneinnahmen erreicht.

Wichtigstes Ereignis vor dem Krieg war der Erwerb der „Preußischen“ Versicherungsgruppe im Jahr 1914. Die 1866 gegründete Preußische Feuer-Versicherungs AG war mit einem Prämienvolumen von 4,8 Millionen Mark eines der wichtigsten Sachversicherungsunternehmen im Kaiserreich. Nach der Fusion ergab sich eine Dreiteilung im Konzern. Als Sachversicherer trat die Nordstern Preußische Versicherung auf, das Unfall- und Haftpflichtangebot wurde von der Nordstern Unfall angeboten, die Lebensversicherungsgesellschaft blieb unberührt. Mit der Übernahme der Essener Westdeutsche Versicherungs-Actien-Bank AG 1914 setzte man die Expansion im Westen Deutschlands fort.

Der Weltkrieg stellte die Nordstern-Versicherung vor neue Herausforderungen. Im Sachversicherungsgeschäft waren Kriegsschäden vertragsgemäß ausgeschlossen, nicht aber im Lebensversicherungsgeschäft. Auf Anregung von Hackelöer-Köbbinghoff gründeten die deutschen Lebensversicherungsgesellschaften gemeinsam die Bank Deutscher Lebensversicherungs-Gesellschaften. Diese sollte im Fall hoher Fälligkeiten von Lebensversicherungen durch Kriegstote die langfristigen Anlagen (insbesondere Hypotheken) der Versicherungsgesellschaften ankaufen und kurzfristig Liquidität bereit stellen. Die Finanzausstattung des Nordstern war jedoch gut genug, dass er diese Mittel nicht benötigte. Dennoch führte der Krieg zu hohen versicherungstechnischen Kosten. Bis 1916 waren 12 Millionen Mark an kriegsbedingten Schäden angefallen, für die Folgejahre fehlen die Zahlen.

Der Krieg führte auch zu neuen Produkten des Nordstern: So wurde ab 1915 eine Fliegerschadensversicherung angeboten. Die ebenfalls neue Kriegsanleiheversicherung versprach eine Auszahlung der Versicherungssumme in Kriegsanleihen; ein Angebot, dass mehr dem Patriotismus als dem Kundeninteresse geschuldet war.

Das über Jahrzehnte gewachsene Auslandsgeschäft brach durch den Krieg weitgehend zusammen. Das Geschäft in den Feindesländern wurde zu Kriegsbeginn unter Treuhandverwaltung gestellt und später konfisziert, das Geschäft in den befreundeten und neutralen Ländern reduzierte sich durch die territorialen Änderungen nach dem Krieg dramatisch.

Per Saldo ging das Geschäft in den ersten beiden Kriegsjahren zurück, stieg jedoch dann wieder an. Die Prämieneinnahmen lagen nach dem Krieg etwa auf dem Niveau von 1914.

1917 übernahm der Nordstern 87 % des Kapitals der Düsseldorfer Allgemeinen Versicherungs Actien-Gesellschaft und Hackelöer-Köbbinghoff wurde Aufsichtsrat dieses Unternehmens. Bereits 1921 wurden die Anteile jedoch wieder verkauft. Statt dessen wurde 1920 die Nordstern Transportversicherungs-Actien-Gesellschaft gegründet, in der das Transportversicherungsgeschäft gebündelt wurde.

Nach den Herausforderungen des Weltkrieges musste der Konzern in den letzten Amtsjahren von Hackelöer-Köbbinghoff diejenigen der Inflation meistern. In der Sachversicherung entstand hierdurch automatisch eine massive Unterversicherung. Vor allem aber verloren die Geldanlagen der Versicherung massiv an Wert.

Die Nordstern-Versicherung unter Hackelöer-Köbbinghoff unterschätzte die Inflation deutlich. Sichtbares Zeichen war eine Entscheidung, die für das Unternehmen existenzgefährdend war: 1920 erwarb der Nordstern die Teutonia Versicherungsgesellschaft zu Leipzig. Diese hatte bedeutendes Auslandsgeschäft, darunter einen Bestand von 28 Millionen Schweizer Franken, der nur mit 1,16 Millionen Franken kongruent abgesichert war. Der Nordstern selbst hatte vorher kein Valutenrisiko in den Büchern gehabt. In den Folgejahren brach der Kurs der Mark inflationsbedingt gegenüber dem Franken ein: Die Nordstern musste aber weiter die hohen Verpflichtungen in Auslandswährung bezahlen.

Dies erforderte eine Verbesserung der Kapitalausstattung. Nach umfangreichen Verhandlungen mit verschiedenen Unternehmern gelang es Hackelöer-Köbbinghoff 1923 Hugo Stinnes zu einer Beteiligung am Nordstern zu überzeugen. Stinnes übernahm ein Aktienpaket im Nominalwert von 22,5 Millionen Mark, welches aus einer Kapitalerhöhung stammte. Auch sollte der Nordstern durch diese Verflechtung von den internationalen Beziehungen des Stinnes-Konzerns profitieren. Nach Hackelöer-Köbbinghoffers Tod baute Stinnes seine Beteiligung zu einer Mehrheit am Nordstern aus.

1924 wurde Hans Riese als Nachfolger von Hackelöer-Köbbinghoff Generaldirektor.

Weiteres

Hackelöer-Köbbinghoff war mit dem Titel eines Regierungsrates ständiges Mitglied des Kaiserlichen Aufsichtsamtes für Privatversicherung.

Er war wohnhaft in Berlin-Dahlem und liegt auf dem dortigen Friedhof begraben. 1922 wurde ihm vom Architekten Paul Emmerich ein Wohnhaus (Villa) in der Riemeisterstraße errichtet.

Er galt als bekannte Person im Feuerversicherungswesen.[1]

Literatur

  • Horst Schmitz: 100 Jahre Nordstern-Versicherungen: 1866–1966, 1966, S. 34–47
  • Industrielle Vertreter Deutscher Arbeit in Wort und Bild – Biographische Sammlung, Berlin 1920.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Kesten: Feuerschadenverband rheinisch-westfälischer Zechen. S. 12 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).